TOU-I-3: Wärmebelastung in heilklimatischen Kurorten

Das Bild zeigt einen von hohen Bäumen gesäumten Weg, an dessen Rand Sitzbänke stehen. Ein Mensch sitzt auf einer der Bänke und blickt in die sich angrenzende Waldlandschaft.  zum Vergrößern anklicken
Heilklimatische Kurorte nutzen Klimafaktoren, um Erkrankungen zu heilen, lindern oder vorzubeugen.
Quelle: lotharnahler / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

TOU-I-3: Wärmebelastung in heilklimatischen Kurorten

In den beiden Zeiträumen 1971–2000 und 1981–2010 wurde in je vier der 62 heilklimatischen Kurorte der Schwellenwert für die Wärmebelastung überschritten. Die nächste Auswertung wird erst für den Monitoringbericht 2023 vorliegen.

Dargestellt ist in zwei Stapelsäulen die Anzahl heilklimatischer Kurorte, in denen eine Schwellenwertüberschreitung oder -unterschreitung vorliegt. Es gibt Daten zum Zeitraum 1971 bis 2000 sowie 1981 bis 2010. Dargestellt ist außerdem in Form von Punkten das Mittel der Tage über dem Schwellenwert in heilklimatischen Kurorten mit Schwellenwertüberschreitung. Es lag 1971 bis 2000 bei rund 24 und 1981 bis 2010 bei rund 36 Tagen.
TOU-I-3: Wärmebelastung in heilklimatischen Kurorten

Dargestellt ist in zwei Stapelsäulen die Anzahl heilklimatischer Kurorte, in denen eine Schwellenwertüberschreitung oder -unterschreitung vorliegt. Es gibt Daten zum Zeitraum 1971 bis 2000 sowie 1981 bis 2010. Dargestellt ist außerdem in Form von Punkten das Mittel der Tage über dem Schwellenwert in heilklimatischen Kurorten mit Schwellenwertüberschreitung. Es lag 1971 bis 2000 bei rund 24 und 1981 bis 2010 bei rund 36 Tagen.

Quelle: DWD (Kurortklimagutachten)
 

Bleibt das heilende Klima in Kurorten erhalten?

Der Urlaub in Kurorten hat eine große Bedeutung für den innerdeutschen Tourismus. Das Angebot dieser Orte beschränkt sich dabei nicht allein auf die durch die Sozialversicherungsträger finanzierten Kur- und Rehabilitationsmaßnahmen, auch Gesundheits- und Wellnessurlaub genießen einen zunehmend bedeutenden Stellenwert und finden auch in Kurorten statt. Im Jahr 2017 beispielsweise erfolgten etwa 40 % aller touristischen Übernachtungen in Deutschland in Gemeinden mit einem entsprechenden Prädikat, d. h. in Heilbädern, Seebädern, Luftkurorten oder Heilklimatischen Kurorten.71 Auch wenn das vorhandene Prädikat und die angebotenen Kurleistungen für einen Teil der Übernachtungen nicht ausschlaggebend sind (z. B. ist der Familienurlaub an der Nordsee wahrscheinlich oftmals anders motiviert), so stellen Übernachtungen allein in Vorsorge- und Rehabilitationszentren immerhin noch einen Anteil von über 10 % an allen Übernachtungen bundesweit. Gerade diese Einrichtungen sind in starkem Maße abhängig von dem Prädikat einer Gemeinde als Kurort.

Allen Kurorten ist eigen, dass sie besondere Anforderungen u. a. an bioklimatische und lufthygienische Bedingungen erfüllen müssen, um ihr Prädikat weiterhin erhalten zu können. Das lokale ⁠Klima⁠ soll als natürliches ortsgebundenes Heilmittel angewendet werden können. In heilklimatischen Kurorten und Seeheilbädern müssen darüber hinaus die natürlichen Heilmittel des Klimas eine Eignung für Kuren zur Heilung, Linderung oder Vorbeugung menschlicher Erkrankungen aufweisen. Das bedeutet, stimulierende Reize oder Schonfaktoren überwiegen. Als stimulierende Reize gelten z. B. Kältereize, starke Temperaturschwankungen oder böiger Wind; Schonfaktoren sind z. B. weitgehende Luftreinheit oder thermische ausgeglichene Bedingungen. Belastungsfaktoren, zu denen neben einer geringen Intensität der Sonnenstrahlung und einer schadstoffhaltigen Luft auch die Wärmebelastung zählt, dürfen auf lange Sicht nur minimal sein. Je nach Krankheit und nach individueller Konstitution nutzt die Therapie im Heilklima stimulierende Reize und Schonfaktoren so, dass der Körper sich regenerieren oder aber auch abhärten und vor Erkrankungen schützen kann.

Ein wichtiger Aspekt bei der Beurteilung der bioklimatischen Situation in Kurorten ist die Wärmebelastung. Wärmebelastungen entstehen i. d. R. an Tagen mit sommerlichen, gering bewölkten Hochdruckwetterlagen mit hohen Temperaturen, hoher Luftfeuchte und schwachem Wind. Unter diesen Bedingungen ist die Wärmeabgabe des Körpers erschwert und das körpereigene Thermoregulationssystem muss verstärkt arbeiten, um die Wärmebilanz auszugleichen und eine Überhitzung zu vermeiden.

Statistische Auswertungen von Klimadaten zeigen für Deutschland, dass sich überdurchschnittlich warme Tage und Monate im Lauf des 20. Jahrhunderts häufen und extreme Wärmeereignisse zunehmen. Durch den ⁠Klimawandel⁠ wird für die Zukunft mit einer weiteren Zunahme der Häufigkeit und Intensität sowie der mittleren Temperaturen von Wärmeperioden gerechnet. Im Zuge dieser Entwicklung können sich in den heilklimatischen Kurorten die bioklimatischen Faktoren verändern, so dass das Klima keine heilsame Wirkung für den Kurgast mehr entfaltet und es nicht mehr als Heilmittel angewendet werden kann. Im schlimmsten Falle kann dies dazu führen, dass einzelnen Gemeinden ihr Prädikat aberkannt wird.

Zur Beurteilung des Klimas in heilklimatischen Kurorten wurde die in einem 30-jährigen Zeitraum auftretende Anzahl der Tage mit Wärmebelastung herangezogen. Als solche galten bislang Tage, an denen der Schwellenwert der Gefühlten Temperatur von etwa 29 °C überschritten wurde. In heilklimatischen Kurorten darf dies im langjährigen Durchschnitt höchstens an 20 Tagen der Fall sein. Im Zeitraum 1971–2000 wurde in vier der 62 heilklimatischen Kurorte der Schwellenwert für die Wärmebelastung an mehr als 20 Tagen überschritten, maximal wurden in einer Gemeinde im langjährigen Durchschnitt 23,3 Tage mit Wärmebelastungen ermittelt. Zu einer Aberkennung des Prädikats hat dies bislang aber nicht geführt.

Für den Zeitraum 1981–2010 wurde die Untersuchungsmethode grundlegend überarbeitet und der Wärmebelastungstag neu definiert. Dabei wurde zum einen der hohen gesundheitlichen Bedeutung der Schwüle ein stärkeres Gewicht verliehen, zum anderen eine mögliche Anpassung des Menschen an ein sich änderndes Klima in Anlehnung an das Hitzewarnsystem des ⁠DWD⁠ eingeführt. Als Tag mit Wärmebelastung gilt nun ein Tag, an dem die Schwelle zu starker Wärmebelastung oder die Schwelle zu mäßiger Wärmebelastung bei gleichzeitiger Schwüle überschritten wurde. Mit dieser Definition berechnen sich für dieselben meteorologischen Zeitreihen deutlich weniger Tage mit Wärmebelastung als bei der früheren Auswertung. Auch ändert sich die regionale Verteilung. Ein statistisches Verfahren ermöglicht die Berechnung eines ortsspezifischen Richtwerts für die Anzahl der Tage mit Wärmebelastung, der sich an den 20 Tagen des früheren Zeitraums orientiert. Damit lässt sich die Beurteilung der Kurorte trotz aller Änderungen in Kontinuität zu den früheren Auswertungen auch für den Zeitraum 1981–2010 fortsetzen.

71 - ⁠StBA⁠ 2018: Tourismus in Zahlen 2017. Tabelle 2.1 Ankünfte und Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben 2017

 

Schnittstellen

BAU-I-1: Wärmebelastung in Städten

GE-I-1: Hitzebelastung

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