Gefahrgüter: Transport gefährlicher Güter auf Land und Wasser

Schiff LKW Container Flugzeugzum Vergrößern anklicken
Gefahrgüter - Transport gefährlicher Güter auf Land und Wasser
Quelle: Travel mania / Adobe Stock

Gefahrgüter sind Güter, z.B. chemische Stoffe und Materialien, die gefährliche Eigenschaften in Bezug auf die Gesundheit des Menschen, der Tiere und/oder der Umwelt aufweisen. Gefahrgüter können sowohl auf dem Land, also auf Straßen, Schienen und Binnengewässern, als auch auf der See und in der Luft befördert werden. Hier greifen unterschiedliche Rechtssysteme.

Inhaltsverzeichnis

 

Was ist Gefahrgut?

Gefahrgüter sind Stoffe und Materialien, die gefährliche Eigenschaften in Bezug auf die Gesundheit des Menschen, der Tiere und/oder der Umwelt während des Transports aufweisen. Gefahrgüter können sowohl Rohstoffe und Chemikalien, aber auch kosmetische Produkte, z.B. Deodorant oder Haarspray, oder pharmazeutische Produkte, z.B. radioaktive Medikamente oder ansteckungsgefährliche Proben sein. Bei Gefahrgütern werden vor allem die Eigenschaften berücksichtigt, die bei einem Unfall eine direkte Gefahr darstellen.

Generell gilt es, Gefahrgüter von Gefahrstoffen abzugrenzen. Auch wenn viele Gemeinsamkeiten vorhanden sind, gelten hier unterschiedliche Rechtssysteme. Im Gegensatz zu Gefahrstoffen, deren gefährliche Eigenschaften in Bezug auf Gesundheit von Menschen, Tieren oder die Umwelt während der Lagerung und Handhabung im Fokus stehen, geht es bei Gefahrgütern um deren gefährliche Eigenschaften während des Transports.

Auch wenn eine Harmonisierung beider Rechtssysteme angestrebt wird, ist nicht jeder Gefahrstoff zwingend ein Gefahrgut und ein Gefahrgut nicht zwingend ein Gefahrstoff. So ist Zement z.B. aufgrund seiner reizenden Wirkung bei Hautkontakt ein Gefahrstoff, gilt aber nicht als Gefahrgut. Wohingegen Lithiumbatterien kein Gefahrstoff sind, jedoch aufgrund der leicht entzündlichen Eigenschaften während des Transports als Gefahrgut gelten.

 

Wie werden Gefahrgüter gekennzeichnet?

Die Kennzeichnung durch Piktogramme gleicht zwar auf den ersten Blick aufgrund ihrer Rautenform der der Gefahrstoffe, allerdings haben die Piktogramme für Gefahrstoffe immer einen roten Rahmen mit weißem Hintergrund und ein schwarzes Gefahrsymbol. Wohingegen die Gefahrzettel für Gefahrgüter eine nach innen versetzte schwarze oder weiße Umrandungslinie mit einem Gefahrsymbol in der oberen Hälfte und einer Angabe der Klasse/Unterklasse in der unteren Hälfte besitzen.

Für Gefahrstoffe gibt es neun Hauptgefahrklassen und verschiedene Unterklassen. Für die weitere Einstufung gibt es für manche Klassen einen weiteren Gefahrgrad.

Seit 2009 wird die Umweltgefahr bei Gefahrgütern als Nebengefahr eingestuft. Zuvor wurden Stoffe nur nach für die Umwelt relevanten Kriterien eingestuft, wenn sie keiner der anderen Klassen 1-9 zugeordnet werden konnten.

Weiterhin werden Gefahrgüter durch eine UN⁠-Nummer gekennzeichnet. Dies ist eine Kennnummer, die von einem Expertenteam der Vereinten Nationen festgelegt wird. Sie beschreibt die Gefährlichkeit eines Stoffes oder einer Stoffgruppe mit den gleichen gefährlichen Eigenschaften. Umweltgefährdende Stoffe umfassen flüssige (UN 3082) und feste (UN 3077) wasserverunreinigende Stoffe sowie genetisch veränderte Mikroorganismen und Organismen (UN 3245).

Für den Transport von Gefahrgütern müssen sowohl die Verpackungen, als auch die Verkehrsträger gekennzeichnet werden.

Verpackungskennzeichnung

Verpackungen müssen das Gefahrgut sicher transportieren, d.h. die Verpackung muss stabil, dicht, inert und bauartgeprüft sein. Derartige Verpackungen müssen mit einer Prüfnummer versehen werden, die die Eigenschaften der Verpackung angeben.

Verpackungen müssen mit den gefahrstoffspezifischen Piktogrammen und UN-Nummer versehen werden.

Kennzeichnung des Verkehrsträgers

Verkehrsträger werden mit Warntafeln gekennzeichnet. Warntafeln müssen vorne, hinten und ggf. seitlich an Straßen- und Eisenbahnfahrzeugen sowie Containern und Tankcontainern angebracht werden. Diese ist orange mit einer schwarzen Umrandung.

Für verpackte Güter, in denen sich mehrere Güter mit unterschiedlichen Gefahren befinden, wird eine neutrale Warntafel ohne Zahlencode verwendet.

Für unverpackte Güter (z.B. in loser Schüttung oder in Tankcontainern) werden Warntafeln mit zwei übereinander angebrachten Zahlencodes angebracht.

Die obere Nummer des Zahlencodes kann zwei- oder dreistellig sein. Dabei gibt die erste Ziffer die Gefahrenklasse an und die zweite und ggf. dritte Ziffer kennzeichnen die Gefahr. Wenn ein „X“ vor der oberen Nummer steht, bedeutet dies, dass die Substanz in gefährlicher Weise mit Wasser reagiert und im Brandfall nicht mit Wasser gelöscht werden darf. Die untere Nummer ist die bereits beschriebene UN-Nummer.

Die Fahrzeuge und Container können außerdem zusätzlich mit den oben beschriebenen Piktogrammen versehen sein.

Zur einfachen Entschlüsselung von Piktogrammen und Warntafeln bietet das Umweltbundesamt hier unterschiedliche Tools und Apps an.

Für Binnen- und Seeschiffe gelten zusätzliche Maßnahmen:

  • Binnenschiffe

Binnenschiffe, die Gefahrgüter transportieren, müssen mit blauen Kegeln bei Tag und blauen Lichtern bei Nacht ausgestattet werden. Die Anzahl der Kegel/Lichter variiert mit dem zu transportierenden Gefahrgut. Ein Kegel wird für entzündbare Stoffe angebracht, zwei Kegel für gesundheitsschädliche Stoffe und drei Kegel für explosive Stoffe.

  • Seeschiffe

Seeschiffe, die Gefahrgut transportieren müssen bei Tag die rote Flagge B hissen und bei Nacht ein rotes Rundumlicht einschalten.

<>
 

Wie sind Gefahrgüter international geregelt?

Internationale Grundlage des Gefahrgutrechts und gleichzeitig die Basis für regionale, nationale und internationale Regularien ist die Empfehlung des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen „UN⁠ Recommendation on the Transport of dangerous goods“. Im Rahmen der „Regulation for the Safe Transport of Radioactive Material“ erarbeitet das Transport Safety Standards Committee (TRANSSC) der Internationalen Atomenergie-Organisation Empfehlungen. Diese sind an die zuständigen UN-Organisationen und UN-Kommissionen adressiert, die wiederum für den Gefahrguttransport auf den jeweiligen Verkehrsträgern verantwortlich sind (IMO, UNECE, OTIF, ICAO).

In Europa gelten folgende Bestimmungen für die vier unterschiedlichen Verkehrsträger:

  • ADR: Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße
  • ADN: Europäisches Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen
  • RID: die Regelung zur internationalen Beförderung gefährlicher Güter im Schienenverkehr
  • IMDG: Internationaler Code für die Beförderung gefährlicher Güter im Seeschiffverkehr

Letzterer ist weitestgehend konform zu ADR/RID, unterscheidet jedoch zwischen verpackten Gefahrgütern (IMDG), Schüttgütern (IMSBC) und flüssigen Massengütern (IBC).

Das Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL-Übereinkommen) in der Fassung des Protokolls von 1978 enthält in 6 Anhängen verschiedene Regeln zum Schutz der Meeresumwelt und ist weltweit gültig.

ein Übersichtsschema
Übersicht Gremien und Organisationen
Quelle: Umweltbundesamt
 

Wie erfolgt die Umsetzung in nationales Recht?

Innerhalb Deutschlands ist die Beförderung gefährlicher Güter durch das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG) als Grundlage aller Gefahrgutregelungen festgelegt.

Nationale Ausnahmen können für kurze Strecken oder kleine Mengen beantragt werden. Genehmigte Ausnahmen sind in den Anhängen ADR/RID/ADN und in der Gefahrgut-Ausnahme-Verordnung (GGAV) gelistet und beschrieben.

Die Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) führt ADR/RID/ADN in das deutsche Recht ein. Hier werden behördliche Zuständigkeiten sowie Pflichten der Unternehmen, die Gefahrgut transportieren geregelt.

Die Gefahrgutverordnung Seeschifffahrt (GGVSee) führt das internationale Seerecht mit seinen Codes in das deutsche Recht ein. Neben der Einführung des IMDG-Codes in deutsches Recht werden unter anderem Regelungen zu Zuständigkeiten, Pflichten und Ordnungswidrigkeiten getroffen.

Der Transport über den Luftverkehr ist über das Luftverkehrsgesetz (LuftVG), die Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO) und die Nachrichten für Luftfahrer (NfL) geregelt.

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) ist die federführende Behörde im Bereich Gefahrgut. Die Umsetzung der nationalen und Kontrolle von Gefahrgütern sind das Bundesamt für Güterverkehr (Straßen), das Eisenbahn-Bundesamt (Schienen), das Luftfahrt-Bundesamt (Luft) das Wasser- und Schifffahrtsamt (Bundeswasserstraßen und bundeseigene Häfen). In Deutschland ist die BAM für die Prüfung, Zulassung und Qualitätssicherung von Verpackungen für den Transport gefährlicher Güter zuständig.

 

Was sind die Aufgaben des Umweltbundesamtes?

Die Aufgaben des Umweltbundesamtes bezüglich Gefahrgut reichen von der Einschätzung der Gefahr von Gefahrgütern auf die Umwelt bis hin zu Gremienarbeiten in verschiedenen Arbeitsgruppen.

Das Umweltbundesamt befasst sich speziell mit der Einstufung von Gefahrgütern nach umweltrelevanten Kriterien, wofür die aquatische Toxizität bewertet wird. Die einstufungsrelevanten Kriterien der aquatischen Toxizität sind die Ökotoxizität gegenüber Fischen, Daphnien und Algen, die biologische Abbaubarkeit sowie das Bioakkumulationspotenzial.

Weiterhin hat das Umweltbundesamt Vollzugsaufgaben im Seeverkehr. Das Umweltbundesamt ist beispielsweise für die Prüfung eines Antrags auf Streichung als Meeresschadstoff und für die HME-Einstufung (HME = harmful to the marine environment) von Schüttgütern zuständig. Die Umweltbewertung von Gefahrgütern zur See umfasst im Wesentlichen die nationale Umsetzung des Anhangs II des Internationalen Übereinkommens von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL-Übereinkommen) und des Protokolls von 1989 für die Beurteilungen der Umweltrisiken von transportierten flüssigen Massengütern auf See gemäß MARPOL-Übereinkommen, Anlage II, für eine vorläufige (Tripartite Agreement) und eine dauerhafte Genehmigung. ⁠UBA⁠ ist in diesen Bereichen die deutsche Einvernehmensstelle für den Umweltbereich.

Das Umweltbundesamt ist nicht für den Luftverkehr zuständig.

Teilen:
Artikel:
Drucken
Schlagworte:
 Landtransport  Seetransport  Gefahrgutverordnung  Chemikaliensicherheit  Bewertung der Umweltgefährdung