Die Minamata-Konvention zu Quecksilber

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Globaler Quecksilberhaushalt:

Einfluss anthropogener Aktivitäten auf den Quecksilberkreislauf und den daraus resultierenden Anstieg der Quecksilberakkumulation in Böden und Meeren.

Quelle: UN Environment Programme / www.unep.org

Quecksilber, das in einem Land emittiert wird, kann sich aufgrund seiner Eigenschaften über den gesamten Globus verteilen. Das macht Quecksilber zur globalen Herausforderung. Zudem ist Quecksilber in einigen Formen sehr giftig. Daher ist es wichtig, dass alle Länder an einem Strang ziehen. Aus diesem Grund wurde das globale Umweltübereinkommen, die Minamata-Konvention, abschließend verhandelt.

Inhaltsverzeichnis

 

Was sind die Quellen von Quecksilber?

Natürliche Vorkommen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen (in Folge: Quecksilber) sind hauptsächlich Gesteine, v.a. Zinnober. Auf natürliche Weise wird Quecksilber durch Vulkanausbrüche, Gesteinsverwitterung und Waldbrände in die Umwelt emittiert.

Die anthropogenen Einträge von Quecksilber in die Umwelt sind etwa 4- bis 6-mal so hoch. Wichtige Quellen sind kleingewerblicher Goldbergbau, Zementproduktion, Kohleverbrennung und Nicht-Eisenmetall-Produktion.

Auch das durch den ⁠Klimawandel⁠ bedingte Auftauen der Permafrostböden kann zu einem erheblichen Teil der Quecksilberemissionen beitragen, da hier nach heutigem Wissensstand etwa 50 % des weltweiten Quecksilbervorkommens gespeichert sind.

 

Warum muss Quecksilber reguliert werden?

Elementares Quecksilber ist ein flüssiges Metall, das in kleinen Mengen bereits bei Raumtemperatur verdampft. Neben der elementaren Form tritt es in zwei weiteren Formen auf: als anorganische und organische Quecksilberverbindungen. Die drei Formen unterscheiden sich stark in ihren physikochemischen Eigenschaften und weisen deshalb unterschiedliche Verteilungsmuster in der Umwelt auf. Aus diesem Grund und aufgrund der langen Verweilzeiten ist Quecksilber in unterschiedlichen Umweltkompartimenten zu finden. Die unterschiedlichen Formen des Quecksilbers unterscheiden sich aber auch bezüglich ihrer Giftigkeit gegenüber Umweltorganismen und dem Menschen. So ist die Toxizität von elementarem Quecksilber, mit Ausnahme der Quecksilberdämpfe, relativ gering und nimmt über anorganische Quecksilberverbindungen hin zu den organischen Quecksilberverbindungen zu. Dies liegt vor allem an der stark lipophilen Eigenschaft der organischen Quecksilberverbindungen, d.h. der Fähigkeit sich Fetten zu lösen. Diese Eigenschaft ermöglicht es, dass sich die Quecksilberverbindungen über die Nahrungskette anreichern (Bioakkumulation) und in hohen Konzentrationen in beispielsweise Fischen, u.a. Thunfisch, Schwertfisch, vorkommen und dann über die Nahrung vom Menschen aufgenommen werden.

 

Was ist die Minamata-Krankheit?

Die Aufnahme von Quecksilber, insbesondere Methylquecksilber, über die fischreiche Nahrung führte dazu, dass die Bevölkerung der japanischen Kleinstadt Minamata hohen Mengen an Quecksilber aufnahmen. Damals leitete ein Chemiewerk der Firma Chisso große Mengen Methylquecksilber in die Gewässer. Durch Bioakkumulation erreichte das Methylquecksilber hohe Konzentrationen im Fettgewebe von Fischen. Viele Menschen zeigten damals Vergiftungssymptome wie Zittern und Zucken, viele Kinder kamen mit Fehlbildungen zur Welt. Insgesamt litten rund 17000 Menschen an massiven Quecksilbervergiftungen und rund 3000 Menschen starben an der nach der Stadt benannten Minamata-Krankheit.

 

Die Minamata-Konvention

Die 2013 beschlossene Minamata-Konvention ist das Ergebnis der seit den 1970ern anhaltenden Bestrebungen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), die anthropogenen Quecksilberbelastungen zu reduzieren. Das seit August 2017 in Kraft getretene Übereinkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag mit dem Ziel, die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor den anthropogenen Einflüssen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen zu schützen. Bis Ende September 2021 waren 134 Vertragsstaaten dem Übereinkommen beigetreten. Sitz des Sekretariats der Minamata-Konvention ist in Genf bei den Vereinten Nationen.

Die Regelungen des Übereinkommens adressieren den gesamten Lebenszyklus von Quecksilber, von der Gewinnung von Quecksilber, über dessen Verwendung in Produkten und Prozessen, bis hin zur Entsorgung quecksilberhaltiger Abfälle. Dabei verbietet die Konvention die Errichtung neuer Quecksilberbergwerke sowie dessen Verwendung in bestimmten Prozessen, z.B. Chloralkali-Elektrolyse, und Produkten, z.B. Batterien, elektrische Schalter und Relais, quecksilberhaltige Messinstrumente, Kosmetika und ⁠Pestizide⁠. Weiterhin werden die Vertragsparteien verpflichtet, die Nutzung von Dentalamalgam schrittweise zu reduzieren und den In- und Export von Quecksilber zu reglementieren. Außerdem dürfen quecksilberhaltige Abfälle nur unter strengen Auflagen gelagert und entsorgt werden.

Im kleingewerblichen Goldbergbau kommen erhebliche Mengen Quecksilber zum Einsatz und in der Folge sind alle Beteiligten starken Quecksilberbelastungen ausgesetzt. Deshalb sind Vertragsparteien mit kleingewerblichem Goldbergbau verpflichtet, wirksame Schutzmaßnahmen für die Betroffenen zu ergreifen und diese in einem Nationalen Aktionsplan festzulegen.

Um die Emissionen und Freisetzungen von Quecksilber aus der Kohleverbrennung und Nicht-Eisenmetall-Produktion zu minimieren, sind die Vertragsparteien verpflichtet, die besten verfügbaren Techniken (Best Available Techniques, BAT) und die besten Umweltpraktiken (Best Environmental Practices, BEP) in neuen Anlagen zu nutzen. Für alte Anlagen ist diese Nutzung freiwillig.

Das oberste Gremium ist die Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the parties, COP), welche laut Artikel 23 der Minamata-Konvention für die Prüfung und Bewertung der Durchführung und zur Ergreifung weiterer Maßnahmen zur Zielerreichung zuständig ist. Weitere untergeordnete Gremien helfen bei der Umsetzung dieser Aufgaben, z.B. der Ausschuss für die Wirksamkeitsbewertung (Artikel 22) sowie der Ausschuss für die Durchführung und Einhaltung des Übereinkommens (Artikel 15). Darüber hinaus gibt es weitere intersessional agierende Expertengremien, z.B. zu Dentalamalgam, Abfällen und Zollindizes.

 

Wie werden Entwicklungs- und Schwellenländer unterstützt?

Zur finanziellen und technischen Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern bei der Umsetzung der geforderten Maßnahmen wurde ein Finanzierungsmechanismus (Artikel 13) entwickelt. Dieser besteht aus zwei Teilen: aus der Globalen Umweltfazilität (Global Environment Facility, GEF) und dem Spezifischen Internationalen Programm (Specific International Programme, SIP). Zusammen mit anderen Ländern unterstützt Deutschland diese Finanzierungsmechanismen.

Im Rahmen der GEF erfolgen periodische Wiederauffüllungen des Treuhandfonds (derzeit 7. Wiederauffüllung). Hier sollen in erster Linie Nationale Aktionspläne für den handwerklichen und kleingewerblichen Goldbergbau ausgearbeitet werden. Darüber hinaus werden die „Minamata Initial Assessments“ (MIAs) erstellt, z.B. zur Evaluierung des nationalen Status-quo und die Entwicklung der sich daraus ergebenden nationalen Anforderungen und Prioritäten.

Das SIP trägt direkt zum Kapazitätsausbau und der technischen Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern bei, indem Projekte zur Umsetzung der Verpflichtungen, die sich aus der Minamata-Konvention ergeben, finanziert werden. In der dritten Antragsphase wurden neun Projekte genehmigt.

 

Wie erfolgt die rechtliche Umsetzung?

Generell gibt es keine Sanktionen bei Nichterfüllung der geforderten Maßnahmen durch die Minamata-Konvention. Dies wird ggf. von den Ländern durch deren nationales Recht reguliert.

Deutschland und die übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union setzen das Übereinkommen von Minamata seit 1. Januar 2018 durch die in allen EU-Ländern unmittelbar geltende Quecksilberverordnung 2017/852 um.

Generell gelten für Quecksilber und Quecksilberverbindungen parallel die Regelungen und Bestimmungen anderer Verordnungen und Konventionen:

  • Die CLP-Verordnung regelt die Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrenmerkmalen von Stoffen und Gemischen, um eine sichere Verwendung von Chemikalien zu ermöglichen. So sind alle bekannten Quecksilberverbindungen durch Gefahrensymbole gekennzeichnet und mit Gefahren- und Sicherheitshinweisen (H- und P-Sätze) hinterlegt.
  • Die REACH-Verordnung regelt Registrierungs-, Zulassungspflichten und Beschränkungen sowie Informationspflichten von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen in der Lieferkette. Quecksilber-(Verbindungen) unterliegen den Bestimmungen der REACH-Verordnung und können von allen Regelungsinstrumenten betroffen sein. So ist die Verwendung von fünf Phenylquecksilberverbindungen bereits seit dem 10. Oktober 2017 verboten (Anhang XVII Eintrag 62).
  • Im Baseler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung sind Quecksilber und Quecksilberverbindungen als gefährlicher Abfallbestandteil gelistet. In dem hinterlegten Technischen Leitfaden sind mögliche umweltgerechte Entsorgungsverfahren für quecksilberhaltige Abfälle aufgeführt.
  • Die PIC-Verordnung, die aus dem Rotterdamer Übereinkommen entstand, regelt die Ein- und Ausfuhr von gefährlichen Chemikalien aus bzw. in die EU. So wurden in Anhang V auch quecksilberhaltige Lampen aufgenommen, deren Verwendung nur noch im Labormaßstab zulässig ist.
  • Das OSPAR-Übereinkommen wurde als Kooperationsgrundlage für alle Anrainerstaaten der Nordsee und des Nordostatlantiks geschaffen. Hierbei gilt es vor allem landseitige Verschmutzungen durch Vorsorge- und ⁠Verursacherprinzip⁠ zu minimieren und zu verhindern. Quecksilber und organische Quecksilberverbindungen sind als prioritäre Chemikalien gelistet.
  • Auf Basis der Genfer Luftreinhaltekonvention entstand das Aarhus-Protokoll zu Schwermetallen, welches Ende 2003 in Kraft trat und vor allem die drei Schwermetalle Cadmium, Blei und Quecksilber behandelt. Die Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, die Emissionen der Schwermetalle zu senken und definiert Grenzwerte dafür.
 

Was sind die Aufgaben des Umweltbundesamtes?

Das Umweltbundesamt ist die Nationale Anlaufstelle (National Focal Point) und damit Kontakt- und Kommunikationsstelle für regionale, nationale und internationale Akteure.

Im Rahmen der Berichterstattung zur Umsetzung der Minamata-Konvention in Deutschland und der Wirksamkeitsbewertung sowie im Rahmen der Vorbereitungen für die Vertragsstaatenkonferenzen arbeitet das Umweltbundesamt eng mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zusammen.

Außerdem unterstützt das Umweltbundesamt im Rahmen von Forschungsvorhaben die Umsetzung der Minamata-Konvention in Deutschland.

Zusammen mit weiteren multilateralen Umweltübereinkommen (MEA) zu Chemikalien (wie z.B. Basel, Rotterdam, Stockholm oder Montreal-Protokoll zum Wiener Übereinkommen) trägt das Minamata Übereinkommen zu den Zielen des Global Framework on Chemicals – For a planet free of harm from chemicals and waste bei.

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