Die CLP-VO regelt die Einstufung und Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen und Gemischen. Mit der Einführung neuer zusätzlicher Gefahrenklassen im April 2023 und der im Rechtsetzungsverfahren befindlichen Revision der CLP-VO wird das Einstufungs- und Kennzeichnungsrecht weiterentwickelt.
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Die Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen ist durch die am 20. Januar 2009 in Kraft getretene CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 geregelt. Sie löste das bis dahin bestehende System der Einstufung und Kennzeichnung nach den Richtlinien 67/548/EWG (Stoffrichtlinie) und 1999/45/EG (Zubereitungsrichtlinie) ab. Am 31. März 2023 wurde die delegierte Verordnung (EU) 2023/707 der Kommission zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in Bezug auf die Gefahrenklassen und die Kriterien für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen veröffentlicht. Dadurch werden wichtige bisher nicht abgedeckte gefährliche Eigenschaften eingeführt (siehe unten). Die neuen Gefahrenklassen sind für Stoffe spätestens ab 01. Mai.2025 und für Gemische ab 01. Mai 2026 anzuwenden. Zusätzlich hat die EU-Kommission am 19. Dezember 2022 einen Vorschlag zur Revision der CLP-VO vorgelegt. Dadurch soll die CLP-VO modernisiert und erkannte Defizite beseitigt werden.
Harmonisierte Einstufung und Selbsteinstufung Die CLP-Verordnung unterscheidet zwei Arten von Einstufungen: Die harmonisierte Einstufung, auch Legaleinstufung genannt, und die Selbsteinstufung. Legaleinstufungen sind innerhalb der EU verbindlich und werden im Anhang VI Teil 3 der CLP-Verordnung aufgeführt. Stoffe, für die keine Legaleinstufung vorliegt oder die Legaleinstufung sich nur auf bestimmte Gefahrenklassen beschränkt, sind eigenverantwortlich zu bewerten und einzustufen. Gemische unterliegen grundsätzlich einer Selbsteinstufung.
Datengrundlage Für die Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und Gemischen ist die Verfügbarkeit von Informationen zu den intrinsischen Eigenschaften eine Grundvoraussetzung. REACH unterstützt die Datengenerierung, indem für alle zu registrierenden Stoffe auch Informationen zur Einstufung und Kennzeichnung übermittelt werden müssen. Diese Informationen werden von der ECHA im Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis der EU veröffentlicht, wodurch die Aktualität und Qualität von Selbsteinstufungen transparent wird. Darüber hinaus enthält das Verzeichnis alle auf EU-Ebene harmonisiert eingestuften Stoffe.
Gefahrenklassen Es gibt Gefahrenklassen zu physikalischen, Gesundheits- und Umweltgefahren. Umweltgefahren werden durch die Gefahrenklassen (1) „Gewässergefährdend“, (2) „die Ozonschicht schädigend“, (3) „Endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt“, (4) „PBT- und vPvB-Eigenschaften“ und (5) „PMT- und vPvM- Eigenschaften“ charakterisiert. Wobei die drei letztgenannten erst mit dem delegierten Rechtsakt am 20.April 2023 eingeführt wurden und die entsprechenden Übergangsfristen gelten.
„Gewässergefährdend“ Die Gefahrenklasse umfasst Stoffe und Gemische, die akute und/oder langfristige Schadwirkungen gegenüber Wasserorganismen aufzeigen. Sie unterteilt sich in eine akute Gefahrenkategorie und vier langfristige Gefahrenkategorien.
Basis für die Ermittlung der Umweltgefahren ist die aquatische Toxizität von Wasserorganismen. Stellvertretend für alle Wasserorganismen werden die drei trophischen Ebenen Fische, Krebstiere und Algen/Wasserpflanzen betrachtet.
Für die Einstufung in die Kategorie Akut 1 werden ausschließlich akute Toxizitätsdaten (EC50/LC50) herangezogen.
Die Einstufung in die Kategorien Chronisch 1-3 folgt einem Stufenkonzept. In der ersten Stufe wird geprüft, ob die vorliegenden Daten zur chronischen Toxizität (NOEC oder gleichwertige ECx) eine Einstufung aufgrund einer langfristigen Gefahr rechtfertigen. Sind keine geeigneten chronischen Toxizitätsdaten vorhanden, werden im nächsten Schritt zwei Arten von Informationen kombiniert: akute Toxizitätsdaten und Informationen über Verbleib und Verhalten in der Umwelt (Abbaubarkeit, Bioakkumulationspotenzial). Liegen für mindestens eine trophische Ebene (jedoch nicht für alle) chronische Toxizitätsdaten vor, erfolgt die Einstufung sowohl mit chronischen Daten als auch über akute Toxizitätsdaten (in Kombination mit Abbaubarkeit und Bioakkumulationspotenzial). Die Einstufung erfolgt auf Basis des strengeren Ergebnisses.
Die Kategorie Chronisch 4 erfüllt die Funktion eines „Sicherheitsnetzes“. Sie wird verwendet, wenn die verfügbaren Informationen eine Einstufung nach formalen Kriterien als Akut 1 oder Chronisch 1-3 nicht erlauben, aber dennoch Anlass zur Besorgnis besteht. Hierzu gehören beispielsweise schwer lösliche Stoffe, die im Bereich bis zur Wasserlöslichkeit keine akute Toxizität zeigen, jedoch nicht schnell abbaubar sind und ein Bioakkumulationspotenzial aufweisen, sofern sonstige wissenschaftliche Erkenntnisse eine Einstufung nicht als unnötig belegen.
„die Ozonschicht schädigend“ Ein Stoff wird als „die Ozonschicht schädigend“ eingestuft, wenn die verfügbaren Nachweise für seine Eigenschaften und seinen erwarteten oder beobachteten Verbleib bzw. sein erwartetes oder beobachtetes Verhalten in der Umwelt darauf hinweisen, dass er eine Gefahr für die Struktur und/oder die Funktionsweise der stratosphärischen Ozonschicht darstellen kann. Gemische die solche Stoffe zu mindestens 0,1% enthalten sind ebenfalls entsprechend einzustufen.
„Endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt“ Die neue Gefahrenklassen für Endokrine Disruptoren in der Umwelt umfasst Stoffe und Gemische, die laut der Definition der Weltgesundheitsorganisation negative Effekte im intakten Organismus, hormonwirksame Aktivität, sowie ein biologisch plausibler Zusammenhang zwischen der hormonwirksamen Aktivität und dem negativen Effekt besitzen. Sie wird in zwei Kategorien nach Beweislast unterteilt. Neben einer Kategorie 1 für bekannte/mutmaßliche Endokrine Disruptoren („known/presumed“ ED) gibt es eine Kategorie 2 für ED-Verdachtsstoffe („Suspected ED“). Beide Kategorien orientieren sich an den wissenschaftlich etablierten Kriterien der WHO/IPCS-Definition zur Identifizierung von Endokrinen Disruptoren (d.h. negative Effekte im intakten Organismus, endokrine Aktivität, sowie ein biologisch plausibler Zusammenhang zwischen der endokrinen Aktivität und dem negativen Effekt). Hierzu werden Daten aus (öko-)toxikologischen Tests und tierversuchsfreien Methoden genutzt.
„PBT- und vPvB-Eigenschaften“ Die neue Gefahrenklasse für „PBT- und vPvB-Eigenschaften“ umfasst Stoffe und Gemische, die in der Umwelt (sehr) langsam abgebaut werden, in der Umwelt und in Organismen (stark) anreichern und ggf. auch toxisch sind. Die Bewertung dieser Umweltgefahr basiert auf den bereits existierenden PBT/vPvB-Kriterien der REACH-Verordnung. Diese Kriterien erlauben die Berücksichtigung aller relevanten Informationen im Rahmen eines sogenannten „Weight-of-Evidence“ Ansatzes, in dem alle verfügbaren Daten eingeschätzt und entsprechend gewichtet berücksichtigt werden müssen. Neu ist, dass das Toxizitätskriterium nun auch explizit Endokrine Disruptoren der Kategorie 1 berücksichtigt. Außerdem werden auch Daten zur terrestrischen Toxizität als relevante Informationen hervorgehoben.
„PMT- und vPvM- Eigenschaften“ Die neue Gefahrenklassen für „PMT- und vPvM-Eigenschaften“ umfasst Stoffe und Gemische, die in der Umwelt (sehr) langsam abgebaut werden, in Wasser (sehr) mobil und ggf. toxisch sind. Sie stellen eine Gefahr für Wasserressourcen durch mögliche langanhaltende und diffuse Verschmutzung dar. Die P/vP- und T-Kriterien der Gefahrenklasse PMT/vPvM und PBT/vPvB sind identisch. Die Mobilität von Stoffen und Gemischen als völlig neues Bewertungskriterium, beschreibt, wie leicht eine persistente Chemikalie z.B. durch Bodenauswaschung ins Grundwasser oder durch Uferfiltration aus dem Vorfluter in Trinkwasserbrunnen gelangen kann. Als Kriterium wird der Verteilungskoeffizient zwischen Wasser und organischer Substanz (LogKoc) des Bodens oder Sedimentes verwendet, wobei der Grenzwert für vM LogKoc ≤ 2 und für M LogKoc ≤ 3 ist. Eine Liste von zusätzlichen Informationen kann im Rahmen des „Weight-of-Evidence“ genutzt werden, um die Mobilität einer Chemikalie zu bewerten. Die Entwicklung eines Leitfadens zur Bewertung der Gefahrenklasse steht noch aus.
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