Umweltvölkerrecht

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Das Umweltvölkerrecht vereint beides: Völkerrecht und Umweltrecht.
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Die globalen Umweltprobleme sind allein durch nationale umweltrechtliche Regelungen nicht zu lösen. Ein effektiver Umweltschutz bedarf eines Handelns auf internationaler Ebene. Regelungsgegenstand des Völkerrechts ist daher auch das Umweltvölkerrecht, das dem Schutz der globalen Umwelt dienen soll.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsquellen für das Umweltvölkerrecht sind das Gewohnheitsrecht, allgemeine Rechtsgrundsätze des Umweltvölkerrechts und die völkerrechtlichen Verträge. Es gibt eine Vielzahl solcher Umweltabkommen auf internationaler, regionaler oder bilateraler Ebene, die sich mit ausgewählten Fragen des Umweltschutzes oder sonstigen Gegenständen unter Einbeziehung umweltschützender Nebenaspekte befassen. Neben Staaten als originäre Völkerrechtssubjekte und internationalen Organisationen, wie der ⁠UNO⁠, haben Nichtregierungsorganisationen (Non-Governmental Organisations – NGOs) eine wachsende Bedeutung im internationalen Umweltschutz.

 

Völkerrechtliche Steuerung von Geoengineering

Der ⁠Klimawandel⁠ ist eine der größten Herausforderungen der Gegenwart. Zur Bekämpfung des Klimawandels verfolgt die Menschheit traditionell zwei verschiedene Strategien: Minderung der Treibhausgasemissionen und Anpassung an unvermeidbare Klimaänderungen.

Seit einiger Zeit geraten zunehmend Ideen und Vorschläge in das politische Blickfeld, die durch technologische Einwirkungen auf die Erdsysteme helfen sollen, dem Klimawandel entgegen zu wirken. Diese Vorschläge werden unter den Begriffen Geoengineering oder Climate-Engineering zusammengefasst.

Siehe hierzu die ⁠UBA⁠-Themenseite "Geoengineering-Governance".

 

Völkerrechtliche Vorgaben für mehr Beteiligung der Zivilgesellschaft am Umweltschutz


Aarhus-Konvention

Um die Beteiligung der Zivilgesellschaft im Umweltschutz zu stärken, beschlossen die Staaten der europäischen Region im Juni 1998 die Aarhus-Konvention. Sie legt in den drei Bereichen („Säulen“) Zugang zu Umweltinformationen, Öffentlichkeitsbeteiligung und Zugang zu Gericht in Umweltangelegenheiten Mindeststandards für Bürgerinnen und Bürgern und Umweltvereinigungen fest. Darüber hinaus fördert die Aarhus-Konvention auch die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Verhandlung und Umsetzung internationaler Abkommen.

Die Aarhus-Konvention ist als gesamteuropäischer Prozess auf Ebene der ⁠UNECE⁠ angesiedelt. Mittlerweile hat sie 47 Vertragsparteien aus Europa, dem Kaukasus und Zentralasien, unter ihnen die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten. Deutschland hat die Aarhus-Konvention am 15. Januar 2007 ratifiziert.

Die Aarhus-Konvention wird seit 2009 durch ⁠PRTR⁠-Protokoll (Kiew Protocol on Pollutant Release and Transfer Registers) ergänzt. Dessen Ziel ist es, den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen zur Freisetzung und Verbringung von Schadstoffen zu verbessern. Das Umweltbundesamt stellt diese Informationen auf der Internetplattform thru.de zur Verfügung.

 

Umweltflucht und Völkerrecht

Weltweit bedrohen gravierende Umweltveränderungen Menschen und zwingen diese zur Migration. Ihre Zahl wird vor allem wegen des Klimawandels in Zukunft steigen. Wie das Völkerrecht mit dem Phänomen „Umweltflucht“ und den betroffenen Menschen derzeit umgeht und welche Verbesserungsmöglichkeiten es gibt, zeigt die im Auftrag des ⁠UBA⁠ erarbeitete Studie „Rechtsstellung und rechtliche Behandlung von Umweltflüchtlingen“.

 

Umwelt und internationaler Handel

Andere Rechtsgebiete des Völkerrechts, wie das Welthandelsrecht, können Wirkungen auf das Umweltrecht haben. Im Verhältnis von Umwelt und internationalem Handel ist u. a. von Bedeutung, ob und inwieweit bestehende Handelsregeln der Durchsetzung von Umweltbelangen entgegenstehen. So können Konflikte zwischen Regeln des Freihandels und des Umweltschutzes auftreten, sofern ein Staat ausländische Waren oder Herstellungsprozesse für umweltschädlich hält und den Import dieser Güter beschränkt.

Gestaltungsmöglichkeiten und WTO-rechtliche Zulässigkeit eines Grenzsteuerausgleichs

Ein Beispiel für mögliche Kollisionen von Umweltschutz und Welthandelsrecht ist der Grenzsteuerausgleich für Mehrkosten infolge nationaler/europäischer Umweltschutzinstrumente. Klimaschutzinstrumente, wie der Emissionshandel, führen bei in der EU hergestellten Produkten zu Mehrkosten, die außerhalb der EU produzierte Waren nicht tragen müssen. Grenzausgleichsabgaben auf Importe in die EU und Erstattungen bei den Exporten sind daher grundsätzlich dazu geeignet, diese Zusatzbelastungen auszugleichen und faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Dadurch kann einer Abwanderung ⁠CO2⁠ -intensiver Produktionen (Carbon Leakage) begegnet werden und der EU-Emissionshandel seine volle Wirksamkeit entfalten. Dadurch kann einer Abwanderung CO2 -intensiver Produktionen (Carbon Leakage) begegnet werden und der EU-Emissionshandel seine volle Wirksamkeit entfalten. Außerdem kann dieses Instrument in den exportierenden Staaten Anreize setzen, vermehrt ⁠Klimaschutz⁠ zu betreiben.

Die EU führt zum 1. Oktober 2023 ein ⁠CO2⁠-Grenzausgleichssystem (⁠CBAM⁠) ein. Siehe auch DEHSt Themenseite. Die Einführung eines ⁠CBAM⁠ wirft komplexe Fragen hinsichtlich dessen praktischer und rechtlicher Umsetzbarkeit auf, einschließlich seiner WTO-rechtlichen Zulässigkeit. Eine wichtige Herausforderung ist dabei auch die Überwachung und Berichterstattung (⁠Monitoring⁠, Reporting and Verification - MRV) der im Ausland stattgefundenen Emissionen. Eine völkerrechtskonforme Ausgestaltung dieser Regeln hat jedoch verschiedene Zielkonflikte zu berücksichtigen (UBA Texte 154/2023)

Bereits 2008 hatte das UBA in einem Gutachten untersucht, welche ökonomischen und praktisch-gestalterischen Fragen bestehen und welche Anforderungen das WTO-Recht an einen solchen Grenzsteuerausgleich stellt.

Internationale Umweltschutzanforderungen an Produktionsverfahren in MEAs und deren Gleichwertigkeit mit WTO-Recht

Von grundsätzlicher Bedeutung ist das Verhältnis der Regelungen des WTO-Rechts und Multilateraler Abkommen zum Umweltrecht (Multilateral Environmental Agreements – MEAs) mit Handelsrelevanz. Zwischen internationalen Handelsabkommen, die die Staatengemeinschaft innerhalb der World Trade Organisation (WTO) geschaffen hat, und der Umsetzung von MEAs sind Kollisionen möglich. Welche Spielräume das WTO-Recht bietet, um prozess- und produktbezogene Anforderungen an Produkte für die Realisierung eines fortschrittlichen Umweltschutzes in MEAs international durchzusetzen, prüfte das UBA in einem Bericht an das ⁠BMU⁠ „Referenzfall für internationale Umweltschutzanforderungen an Produktionsverfahren in Multilateralen Abkommen zum Umweltrecht (MEAs) und deren Gleichwertigkeit mit WTO-Recht”. Die Ausarbeitung verdeutlicht anhand des Referenzfalls „Verbot der Zellstoffbleiche mit elementarem Chlor” die Bedeutung der handelsrechtlichen Legitimierung von prozess- und produktionsbezogenen Vorgaben für die Realisierung eines in einem MEA anerkannten Umweltziels.

Verhältnis der Streitbeilegungsverfahren nach WTO-Recht und in MEAs

Offene Fragen bestehen im Hinblick auf das Verhältnis zwischen MEAs und der WTO bei der Ausgestaltung der Streitbeilegungsverfahren, bei der Anwendung unterschiedlicher Streitbeilegungsverfahren in potenziellen Konfliktfällen sowie hinsichtlich der Wirkungen von Mitgliedschaften bei unterschiedlichen Organisationen/Abkommen. Neben dem Streitbeilegungsverfahren der WTO gibt es in den MEAs eine Vielzahl unterschiedlicher Streitbeilegungsverfahren, von denen jedoch keines an die Regelungstiefe und die Anwendungshäufigkeit des Verfahrens der WTO heranreicht. Das UBA gab zu diesen Fragen die Studie ”Harmonization of the Dispute Settlements Mechanisms of the Multilateral Environmental Agreements and the World Trade Agreements” in Auftrag. Die Studie untersucht mögliche Konfliktfelder zwischen den wichtigsten MEAs und dem Streitbeilegungsverfahren der WTO. Zur Verbesserung der Beachtung von Umweltaspekten unterbreitet die Studie verschiedene konkrete Änderungsvorschläge für das Streitbeilegungsverfahren der WTO. Dazu gehören die Einbeziehung von NGOs und der Öffentlichkeit in Streitbeilegungsverfahren sowie Maßnahmen zur Verbesserung umweltbezogener Expertise in der WTO. Gerade die Einbeziehung von MEAs erscheint als plausible Möglichkeit, umwelt- und handelspolitische Fragen zu harmonisieren. Dabei zeigt sich, dass auch in unterschiedlichen Vertragswerken eine gegenseitige Bezugnahme möglich ist und zur Vereinheitlichung des internationalen Rechts erstrebenswert erscheint. Für langfristige Überlegungen enthält die Studie Vorschläge zur Reform des internationalen Systems der Streitbeilegung und diskutiert neben einer Aufwertung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (⁠UNEP⁠) zu einer ⁠UN⁠-Organisation oder der Neugründung einer Weltumweltorganisation auch eine Neuorganisation der UN. Im Ergebnis schlägt die Studie aber keine neue Organisation vor, sondern eine Verbesserung der bestehenden Streitschlichtungsorganismen, sei es durch eine Stärkung des internationalen Gerichtshofs oder eine Reform anderer geeigneter Streitschlichtungsorgane.

 

Erfüllungskontrolle multilateraler Umweltschutzabkommen

Viele Seiten attestieren dem Umweltvölkerrecht ein großes Erfüllungsdefizit. Effektive Durchsetzungsmechanismen in multilateralen Abkommen zum Umweltschutz (Multilateral Environmental Agreements - MEAs) sind daher von zentraler Bedeutung. Dafür, dass die Staaten die Übereinkommen tatsächlich einhalten, etablieren sich international zunehmend Erfüllungskontrollmechanismen. Diese sind eine wirkungsvolle Alternative zur traditionellen Streitschlichtung, denn sie setzen früher an als eine Streitschlichtung und helfen damit, mögliche Erfüllungsdefizite frühzeitig aufzudecken und in einem nicht-konfrontativen Verfahren zu lösen. Im Regelfall versuchen Erfüllungskontrollmechanismen Erfüllungsdefizite durch Berichtspflichten aufzudecken und über positive Anreize – wie Technologietransfer, Capacity Building sowie die Ausarbeitung von Erfüllungsplänen – oder über negative Anreize – wie Handelssanktionen – zu lösen.

Das im Auftrag des ⁠UBA⁠ durchgeführte Forschungsprojekt ”Ensuring Compliance with Multilateral Environmental Agreements – A Dialogue between Practitioners and Academia” von Ulrich Beyerlin, Peter-Tobias Stoll, Rüdiger Wolfrum zeigt, dass die Integration von Erfüllungskontrollmechanismen in multilateralen Umweltabkommen ein viel versprechender Ansatz ist. Die Studie enthält Erfahrungsberichte zu den Durchsetzungsmechanismen einer Reihe teils sehr unterschiedlicher MEAs. Diese verdeutlichen, dass die nicht-konfrontative Erfüllungskontrolle im Umweltvölkerrecht alles in allem bessere Chancen für die tatsächliche Befolgung der eingegangenen Vertragspflichten bietet, als die eher auf Konfrontation angelegten traditionellen Streitbeilegungsmethoden. Zudem zeigt die Studie, dass die Frage, wie die Parteien die Vertragserfüllung am besten gewährleisten können, in hohem Maße vom jeweiligen Vertragsgegenstand und vor allem von der inhaltlichen Ausgestaltung der jeweiligen Vertragspflichten abhängig ist. Die Studie ist in englischer Sprache bei Martinus Nijhoff Publishers 2006 erschienen.

 

Umwelt und Internationales Haftungsrecht

Grenzüberschreitende Umweltschäden nehmen zu. Für viele Bereiche – etwa für den Schutz der Meeresumwelt – gibt es Instrumente, die die Haftung für Umweltschäden bereichsbezogen regeln und unterschiedliche Haftungsvoraussetzungen enthalten. Dadurch kann es für einzelne Bereiche zu sachlich nicht begründeten Regelungsunterschieden oder – was noch schwerwiegender ist – zu Regelungslücken kommen.

Die im Auftrag des ⁠UBA⁠ erstellte Studie „Environmental Liability in International Law: Towards a Coherent Conception” von Prof. Dr. Dr. h.c. Rüdiger Wolfrum, Prof. Dr. Christine Langenfeld und Dr. Petra Minnerop beschreibt und bewertet umfassend viele dieser Haftungstatbestände, die sich vor allem in multilateralen Umweltabkommen, aber auch in internationaler Rechtsprechung finden. Die Autoren analysieren nationale Umwelthaftungsregeln in Deutschland und den Vereinigten Staaten und zeigen, wie das internationale Privat- sowie Verfahrensrecht die Umwelt bestmöglich schützen kann. Dazu sollte – so die Autoren – immer das verhältnismäßig strengste inländische Umwelthaftungsrecht zur Anwendung kommen. Ein eigenes Kapitel führt die wesentlichen Elemente der verschiedenen internationalen, europäischen und nationalen Haftungssysteme vergleichend zusammen. Nach Ansicht der Autoren hängen das internationale und europäische Niveau der Standardsetzung und die Verbesserung der Einhaltung von Umweltrecht im internationalen Umweltrecht immer stärker voneinander ab. Die Autoren versuchen daher, die im Europarecht verankerte subsidiäre und ergänzende Staatenverantwortlichkeit bei Nichtumsetzung etwa von EU-Richtlinien als Grundlage für neue internationale Haftungssysteme zu nutzen. Daraus sei nicht nur eine internationale Haftung für Private, sondern auch für Staaten zu entwickeln. Die Studie ist in englischer Sprache als Band 2/05 der BERICHTE-Reihe des UBA beim Erich Schmidt Verlag erschienen.

Die Studie baut auf die bereits vorhandene Arbeit ”Environmental Protection by Means of International Liability Law” von Prof. Dr. Dr. h.c. Rüdiger Wolfrum und Prof. Dr. Christine Langenfeld auf, die ebenfalls in englischer Sprache beim Erich Schmidt Verlag erschienen ist.

Das jüngste Forschungsprojekt im Auftrag des UBA zur Internationalen Umwelthaftung untersucht neben dem internationalen Recht auch nationale Regelungsansätze, die für eine Inpflichtnahme der Verursacher grenzüberschreitender Umweltschäden von Bedeutung sind. Siehe hierzu die UBA-Themenseite „Umwelthaftungs- und Umweltschadensrecht“.

 

Umwelt und Militär

Militärische Aktivitäten und Interessen haben häufig negative Wirkungen auf den Umweltschutz. Während in Friedenszeiten ein umfassender Katalog an internationalen Umweltschutzvorschriften besteht, stellt sich in bewaffneten Konflikten die Frage, wie der Schutz der Umwelt auch in solchen Situationen am besten zu gewährleisten ist. Dabei ist auch zu klären, ob und wie ökologisch besonders wertvolle Gebiete geschützt und welche Maßnahmen zur Schadensbegrenzung bereits im Vorfeld bewaffneter Konflikte ergriffen werden können. Kommt es zu Umweltbeeinträchtigungen infolge militärischer Aktivitäten stellt sich die Frage, wie eine Schadensbeseitigung erfolgen soll und wer welche Lasten zu tragen hat.

Die im Auftrag des ⁠UBA⁠ erstellte Studie ”Legal Regulation of the Effects of Military Activity on the Environment” von Prof. Daniel Bodansky zeigt anhand von Beispielen, dass das geltende Kriegs- und Umweltvölkerrecht selbst schwere Umweltschäden – zum Beispiel infolge der Zerstörung eines Ölfeldes oder einer chemischen Fabrik – nicht verhindert hat. Der Autor schlägt neben einer besseren Anwendung der bestehenden internationalen Vorschriften, ein neues, kurzfristig greifendes Schutzinstrument vor, das unter anderem militärische Verfahrensregeln zur besseren Beachtung der Umweltbelange bei der Kriegsführung enthält (zum Beispiel ein Verbot militärischer Aktivitäten in anerkannten Naturschutzgebieten). Derartige Verfahrensregeln, die als Handlungsanleitungen Eingang in die militärische Praxis finden könnten, versprächen eine Verbesserung des Umweltschutzes. Gleichzeitig könnten die militärischen Verfahrensregeln das Bewusstsein für die Belange der Umwelt in Kriegszeiten stärken, und so ein erster Schritt zur langfristig verbesserten Anwendung schon bestehender Kriegs- und Umweltrechtsvorschriften sein. Die Studie ist in englischer Sprache als Band 5/03 der BERICHTE-Reihe des Umweltbundesamtes im Erich-Schmidt Verlag erschienen.

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 Umweltvölkerrecht  Internationaler Handel  Umweltschutz  Umweltgut  World Trade Organization  Internationales Übereinkommen