Im Juni 2025 veranstaltete das Umweltbundesamt einen Erfahrungsaustausch zum Thema: „Tapinoma magnum und Asiatische Hornisse: Erfahrungen zum kommunalen Management invasiver Arten.“ Zum Nachlesen gibt es im Folgenden eine Darstellung der besprochenen Themen sowie konkreter Erkenntnisse.
In den letzten Jahren mehren sich die Berichte über Probleme im Zusammenhang mit invasiven Arten in Deutschland. Neben dem allgemein bekannten Waschbären und einigen problematischen Pflanzenarten (zum Beispiel dem Götterbaum, Ailanthus altissima) haben zuletzt vor allen die Große Drüsenameise (Tapinoma magnum) und die Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) viel Aufmerksamkeit in den Medien bekommen.
Und das nicht ohne Grund: Wie der Name schon vermuten lässt, stammt die Asiatische Hornisse ursprünglich aus Südostasien und wurde über Warentransporte nach Europa eingeführt. In Deutschland wurde sie erstmals 2014 in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nachgewiesen und hat sich seitdem über mehrere Bundesländer großräumig ausgebreitet. Einzelfunde gab es aber zum Beispiel auch in Hamburg. Sie ist seit 2016 auf der Unionsliste der Invasiven Arten (Artikel 4, Verordnung EU Nr. 1143/2014, siehe unten) aufgeführt.
Die Große Drüsenameise stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und hat sich von dort vor allem über den Transport von Pflanzen in die EU ausgebreitet. In Deutschland kommt sie seit 2009 vor. Da sie in einigen EU-Ländern wie zum Beispiel Spanien und Italien heimisch ist, kann sie nicht in die Liste invasiver gebietsfremder Art von unionsweiter Bedeutung aufgenommen werden. Die naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung durch das Bundesamt für Naturschutz sieht die Art aber als „potentiell invasive Art“ für Deutschland und führt sie auf der nationalen Beobachtungsliste. Es gibt mehrere Gründe, warum diese Art so erfolgreich ist: Zum einen bildet sie sogenannte Superkolonien und ist daher sehr schwer zu bekämpfen. Weiterhin verfügt sie über ein sehr hohes Ausbreitungs- und Reproduktionspotential. Eine Kolonie hat mehrere (bis zu Tausende) Königinnen. Und auch im Bezug auf die Nahrung sind Tapinoma Ameisen nicht anspruchsvoll.
Ziel des Workshops war es, Kommunen über invasive Insektenarten in Deutschland zu informieren und ihnen eine Gelegenheit zu praktischen Erfahrungsberichten und Austausch zu geben.
In der EU gilt seit 2014 die „Verordnung Nr. 1143/2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten“. Ihr zentrales Element ist die Liste invasiver Arten von unionsweiter Bedeutung (Artikel 4). Um aufgenommen zu werden, muss eine Art mehrere Bedingungen erfüllen: Sie muss unter anderem unionsweit, also in allen Mitgliedsstaaten, gebietsfremd sein. Es muss möglich sein, dass sie sich etabliert und ausbreitet. Es muss der Verdacht bestehen, dass sie sich negativ auf die biologische Vielfalt und Ökosysteme wirkt. Und für eine Aufnahme ist auch wichtig, dass mögliche Schäden abgeschwächt, minimiert oder verhindert werden können. Die Kosteneffizienz wird also auch mitberücksichtigt.
Die EU schreibt in der Verordnung einen dreistufigen Ansatz vor:
Das Vorsorgeprinzip, also die Prävention, steht vornean. Das gilt für alle Arten der Unionsliste: Sie sollen nicht in das Gebiet der EU verbracht, gehalten, gezüchtet, gehandelt, verwendet, getauscht, zur Fortpflanzung gebracht oder in die Umwelt freigesetzt werden.
An zweiter Stelle stehen die Früherkennung von und Sofortmaßnahmen gegen Arten, die nicht etabliert sind und sich in einer frühen Phase der Invasion befinden (Art. 16 EU-VO).
Die dritte Stufe befasst sich mit etablierten Arten der Unionsliste (Art. 19 EU-VO) und deren Management mittels Management- & Kontrollmaßnahmen.
Für die Asiatische Hornisse war die Bekämpfung ihrer Nester bis zum Frühjahr 2025 Pflicht, wenn Nester den zuständigen Behörden gemeldet wurden. Da die Asiatische Hornisse bis zum Frühjahr 2025 in Deutschland als noch nicht etabliert, sondern sich noch in der Frühphase der Etablierung befindend, galt, unterlag die Art der Früherkennung und Sofortmaßnahmen (Meldung, Bekämpfung, Erfolgskontrolle). Deutschland hat der EU-Kommission Anfang 2025 mitgeteilt, dass diese Art in Deutschland nicht mehr der Früherkennung (Art. 16) unterliegt, sondern auf eine dem Management unterliegende Art umgestuft wurde (Art. 19). In Folge dessen wurde für den weiteren Umgang mit der Art ein Managementplan für Deutschland erarbeitet.
Da die Große Drüsenameise nicht als invasive Art nach Unionsliste gilt, gibt es nach der EU-Verordnung keine Verpflichtung zum Bekämpfen. Dennoch sind Maßnahmen gegen die Ameisen unerlässlich um Schaden an Gebäuden oder der Infrastruktur zu verhindern.
Für beide Arten gilt, dass für eine chemische Bekämpfung Biozidprodukte verwendet werden. Neben dem Einsatz von Bioziden können aber auch nicht-chemische (zum Beispiel physikalische) Verfahren zum Einsatz kommen.
Welche Biozidprodukte können zur Bekämpfung eingesetzt werden?
Biozidprodukte enthalten in der Regel hoch potente Wirkstoffe, die auch auf andere Organismen in der Umwelt unbeabsichtigte Auswirkungen haben können. Um sichere Verwendungsbedingungen festzulegen, unterliegen Biozidprodukte einem in der EU harmonisierten Prüf- und Zulassungsverfahren. Wegen der derzeit noch geltenden EU-Regelungen dürfen aber auch solche Biozidprodukte verkauft und verwendet werden, die das Zulassungsverfahren noch nicht durchlaufen haben. Daher muss daher zwischen bereits zugelassenen (also behördlich geprüften) Biozidprodukten und solchen, die zwar registriert aber noch nicht behördlich geprüft und zugelassen sind, unterschieden werden.
Grundsätzlich ist empfiehlt das Umweltbundesamt immer zugelassene Biozidprodukte zu verwenden. Nur so ist sichergestellt, dass die Biozidprodukte hinreichend wirksam sind und keine unannehmbaren Risiken für Mensch, Tier und Umwelt aus ihrer vorschriftsmäßigen Verwendung resultieren. Zugelassene Biozidprodukte sind an der Zulassungsnummer auf dem Etikett (DE-12345678) zu erkennen. Ein Zulassungsantrag für ein Produkt kann jedoch erst dann gestellt werden, wenn alle im Produkt enthaltenen Wirkstoffe in einem EU-weiten Prüfverfahren genehmigt wurden. Da dieses Prüfverfahren für biozide Wirkstoffe noch nicht abgeschlossen ist, gibt es auf dem deutschen Markt weiterhin Biozidprodukte, die den Zulassungsprozess nicht durchlaufen haben. Diese Produkte müssen bei der deutschen Zulassungsstelle für Biozidprodukte, der Bundesstelle für Chemikalien bei der BAuA (Bundesanstalt für Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin) registriert werden und sind an der Registrierungsnummer auf dem Etikett (N-12345) zu erkennen.
Grundsätzlich dürfen sowohl zugelassenen als auch registrierte Biozidprodukte verwendet werden. Voraussetzung ist immer, dass die Angaben auf dem Etikett (zum Beispiel Zielorganismus, Anwendungsort) zur geplanten Bekämpfungsmaßnahme passen. Ein Produkt, das beispielsweise laut Etikett zur Bekämpfung von Schaben im Innenraum ausgelobt ist, darf somit nicht zur Bekämpfung von Ameisen im Außenbereich verwendet werde.
Aktuell gibt es auf dem deutschen Markt kein zugelassenes Biozidprodukt, das speziell für die Bekämpfung von Nestern der Asiatische Hornisse zugelassen ist. Es gibt allerdings dennoch Biozidprodukte, die verwendet werden dürfen.
Folgende Hinweise sind für die Auswahl von Produkten zur Bekämpfung der Asiatischen Hornisse zu beachten:
Es dürfen nur Produkte verwendet werden, die gegen die folgenden Zielorganismen ausgelobt sind:
Asiatische Hornisse (Vespa velutina)
Hornissen (Vespa spp.)
Echte Wespen (Vespinae)
generell gegen „Fliegende Insekten“
Auch sollte das Produkt explizit für die Bekämpfung von Nestern und die Anwendung im Außenbereich ausgelobt sein. Nicht zur Bekämpfung der Asiatischen Hornisse eingesetzt werden dürfen Produkte, die ausschließlich zur Bekämpfung anderer Zielorganismen ausgelobt sind, unter anderem Produkte gegen Wespen (Vespula spp., zum Beispiel Deutsche Wespe (Vespula germanica) oder die Gemeine Wespe (Vespula vulgaris)) oder die Rote Vogelmilbe. Auch Produkte, die ausschließlich zur Bekämpfung einzelner Individuen ausgelobt sind oder die nur im Innenbereich verwendet werden dürfen, dürfen legal nicht eingesetzt werden.
Die Zulassungssituation für Biozidprodukte, die gegen die Große Drüsenameise eingesetzt werden können, stellt sich etwas anders dar. Zwar gibt es bislang ebenfalls keine Biozidprodukte, die speziell zur Bekämpfung der spezifischen Art Tapinoma magnum zugelassen sind, es gibt aber eine Reihe zugelassener Produkte mit anderen Auslobungen gegen Ameisen, die eingesetzt werden dürfen, wenn folgende Angaben auf dem Etikett stehen:
Schwierig ist die Situation momentan, wenn es um Fraßköder geht: Aufgrund der Anforderungen an die Wirksamkeitsbewertung im Rahmen der Biozidzulassung werden diese immer nur gegen eine spezifische Ameisenart zugelassen, und dürfen somit legal nicht gegen andere Ameisenarten verwendet werden. Zukünftig wird sich das voraussichtlich ändern, zum Beispiel wenn Hersteller ihre Fraßköder auch zur Verwendung gegen Tapinoma magnum beantragen oder bereits erteilte Zulassungen von Köderprodukten entsprechend anpassen lassen. Denn zugelassen werden kann immer nur, was auch beantragt wurde.
Erfahrungen beim Management der Großen Drüsenameise
Ihre unterschiedlichen Erfahrungen beim Management der Großen Drüsenameise stellten während des Workshops Mitarbeitende der Städte Kehl (Gregor Koschate, Baden-Württemberg) und Zürich (Schweiz, Werner Tischhauser) vor.
Sowohl in Kehl als auch in Zürich kommt die Große Drüsenameise seit einigen Jahren vor und hat die Städte vor große Herausforderungen gestellt. Während in Kehl auf den Einsatz von Heißwasser gesetzt wird, hat Zürich in den letzten Jahren Erfahrung mit dem Einsatz von unterschiedlichen Biozidprodukten gesammelt. Aufgrund der abweichenden Zulassungssituation in der Schweiz sind die eingesetzten Produkte allerdings nicht direkt auf die deutsche Situation übertragbar.
Der Schädlingsbekämpfer Patrick Gerlach hat seine Erfahrungen mit der Bekämpfung von Tapinoma magnum geschildert, unter anderem zu einem Vorkommen in der Gemeinde Germersheim (OT Sondernheim). Er hebt hervor, dass Kommunikation mit beziehungsweise zwischen den Betroffenen Parteien sehr wichtig ist und das gebündelte Handlungsinstruktionen sinnvoll wären. Auch über das Thema Finanzierung sollte offen gesprochen werden.
Erfahrungen beim Management der Asiatischen Hornisse
Für die Bekämpfung der Asiatischen Hornisse können mechanische oder chemische Verfahren (Biozide) zum Einsatz kommen. Erfahrungsberichte zum Umgang mit Nestern der Asiatischen Hornisse gab es zum einen aus Hamburg (Kai Schütte), wo das Vorkommen im Moment noch lokal begrenzt ist, und aus Nordrhein-Westfalen (Thomas Beissel), wo sie sich seit 2020 rasant ausgebreitet hat. In beiden Regionen werden erreichbare Nester manuell bekämpft: Die Tiere werden abgesaugt, der Nesteingang verschlossen und das Nest anschließend abgenommen. Sowohl die abgesaugten Tiere als auch die Nester mit der Brut werden anschließend zum Abtöten der Hornissen entweder eingefroren oder verbrannt. Thomas Beissel berichtet zudem, dass auch Teleskoplanzen zur Anwendung kommen, auch in Kombination mit dem sogenannten Zerstörer (Destructor) um Nestern manuell zu zerstören. Laut Thomas Beissel kommt die manuelle Zerstörung aber nur bei sehr frühen Primärnestern und sehr späten Sekundärnestern zum Einsatz. Biozide wurden nur eingesetzt, wenn sich Nester unzugänglich (zum Beispiel unter Dächern oder hinter Verschalungen) befinden.
Abschließend berichtete Benjamin Waldmann vom Landesumweltministerium in Stuttgart von seinen Erfahrungen mit der Bekämpfung der beiden invasiven Arten bezogen auf die Länderebene, speziell zu Zuständigkeiten und zu den Änderungen, die sich für die Asiatische Hornisse durch die Umstufung in Artikel 19 ergeben hatten.
Beide Arten sind wohl gekommen um zu bleiben. Umso wichtiger ist, jegliche Vorkommen schnell zu erkennen und früh aktiv zu werden.
Bei der Asiatischen Hornisse bedeutet das konkret, dass die Entfernung beziehungsweise Bekämpfung von Gründungs- und Primärnestern Priorität hat, da dies wesentlich einfacher und kostengünstiger ist als die aufwendige Suche und Entfernung von Sekundärnestern, die meist gut versteckt und schlecht erreichbar hoch in Bäumen gebaut werden. Dafür ist die Mitarbeit der Bürgerinnen und Bürger erforderlich, die frühe Nester melden sollen. Wichtig ist auch, dass alle Akteure, zum Beispiel die zuständigen Behörden vor Ort und die Grundstückseigentümer, an einem Strang ziehen und eng zusammenarbeiten. Deutlich wurde zudem, dass es bei der Bekämpfung der Großen Drüsenameise nicht funktioniert, sich auf eine Methode, die für alle Fälle geeignet sein soll, zu fokussieren. Wichtig ist immer die Vor-Ort-Befassung von Fachpersonal mit der Situation und die Entwicklung einer jeweils geeigneten ganzheitlichen Bekämpfungsstrategie. Die Erfahrungsberichte haben gezeigt, dass es für das Management beider Arten sowohl wirksame nicht-chemische Bekämpfungsmethoden (zum Beispiel Heißwasser gegen Tapinoma magnum, Absaugen und Einfrieren gegen die Asiatische Hornisse) als auch geeignete Biozidprodukte gibt.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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