Start

Ein Yachthafen
© pure-life-pictures / Fotolia

Ziel des Bewuchs-Atlas

Der Bewuchs-Atlas soll Sie als Bootsbesitzende über den Bewuchs am Liegeplatz Ihres Bootes und in Ihrem Revier informieren. Mit Hilfe der Karte können Sie die lokalen Bewuchsverhältnisse vor Ort oder in Ihrer Region recherchieren. Dafür wurden Regionen mit vergleichbarem Bewuchsdruck identifiziert und in einem Ampelsystem (Rot/Gelb/Grün) zusammenfassend dargestellt. Die zugrundeliegenden Bewuchsanalysen, meist innerhalb von Sportboothäfen erfasst, können Sie direkt über die interaktive Karte auswählen oder in der Liste aller Marina einsehen. Dort werden Ihnen neben einer kurzen Darstellung der Bewuchsanalysen auch allgemeine Bewuchsschutzempfehlungen ausgesprochen. Mit diesen Empfehlungen möchten wir Ihnen zeigen, dass auch biozidfreie Antifouling-Produkte oder zumindest mindertoxische Produkte in vielen Revieren einen ausreichenden Bewuchsschutz bieten können. Die derzeit bekannten und praktikablen biozidfreien Bewuchsschutzsysteme werden Ihnen unter Bewuchsschutz noch einmal kurz vorgestellt. Wenn Sie noch mehr zum Thema Antifouling und Bewuchs wissen möchten, empfehlen wir Ihnen die an jeder Station aufgeführten Literaturhinweise und den Antifouling Leitfaden.

Warum der lokale Bewuchsdruck so unterschiedlich ist

Untergetauchte Oberflächen werden von zahlreichen Organismen schnell besiedelt. Für die Bestimmung des Bewuchsdrucks in einer bestimmten Region ist es wichtig zu wissen, dass die Zusammensetzung der Bewuchsgemeinschaft saisonal als auch von Jahr zu Jahr variieren kann. In gemäßigten Breitengraden wird die Bewuchsentwicklung in den Wintermonaten weitgehend unterbrochen und setzt sich im Frühjahr fort, wenn die Wassertemperatur ca. 10 °C erreicht. Im Sommerhalbjahr ist der Bewuchsdruck in den gemäßigten Breitengraden mit dem der Tropen vergleichbar. Die Entwicklung des Bewuchses ist jedoch nicht jedes Jahr gleich. In einigen Jahren wird z. B. in der Ostsee eine große Anzahl von Larven einzelner Seepockenarten beobachtet, in anderen Jahren werden nur wenige Larven beobachtet und andere Arten dominieren. Die jährliche Zusammensetzung der Bewuchsgemeinschaft in den Tidengewässern von Nord- und Ostsee hängt stark von den zum Zeitpunkt des jeweiligen Larvenfalls herrschenden Wind- und Strömungsverhältnissen ab. So können Larven das ganze Jahr über ins Meer, aber auch direkt in die Häfen getrieben werden.

Regionen mit vergleichbarem Bewuchsdruck

An der deutschen Nordseeküste bilden die Salzwasser-Bewuchs-Gemeinschaften schon nach wenigen Wochen eine dichte und raue Oberfläche auf Bootsrümpfen. Salzwasserbewuchs ist insbesondere durch das Vorkommen hartschaliger Organismen mit kalkhaltigen Strukturen auf der Körperoberfläche oder schützenden Wohnröhren gekennzeichnet. Daher kann die deutsche Nordseeküste als eine Region mit starkem Bewuchsdruck eingestuft werden.

Die deutsche Ostseeküste hat einen leicht abnehmenden Bewuchsdruck von West nach Ost, wobei bis zur polnischen Grenze Seepocken und Miesmuscheln ebenfalls hartschalige Krusten bilden, die von Jahr zu Jahr mit wechselnder Dominanz auftreten können. Daher kann die deutsche Ostseeküste von West nach Ost als Region mit starkem bis mäßigem Bewuchsdruck eingestuft werden. Außerdem gibt es an der Ostseeküste in Travemünde, in der Warnow-Mündung, dem Strelasund und der Ryck-Mündung vor Greifswald „Bewuchs-Hot-Spots“ mit starkem Bewuchsdruck.

Obwohl die deutschen Binnengewässer mittlerweile fast überall hartschalige Organismen wie die Zebramuschel und die Quaggamuschel enthalten, kann die gesamte Bewuchssituation als viel weniger rau und weniger fest eingestuft werden. Daher können die deutschen Süßgewässer als eine Region mit schwachem bis mäßigem Bewuchsdruck eingestuft werden. Inzwischen sind nur wenige Gewässer noch frei von diesen Muscheln, und es kommt auf die Achtsamkeit der Bootsbesitzenden an, in diese Gewässer keine Muscheln einzuschleppen. Siehe auch das Kapitel zu Maßnahmen zur Verhinderung der Verschleppung von Arten.

Ampelsystem

Um den Bewuchsdruck zu visualisieren, werden die Bereiche mit ähnlichem Bewuchsdruck in den Farben der Ampel in rot, gelb und grün dargestellt:

  • Starker Bewuchsdruck (rot): Entspricht einem Bewuchs, der mit harten, kalkschalenartigen Organismen wie Seepocken, Miesmuscheln oder Kalkröhrenwürmern durchsetzt ist, der sehr fest am Rumpf haftet, einen hohen Reibungswiderstand erzeugt und schwer zu entfernen ist. Diese Bewuchsgemeinschaft kann sich aus zahlreichen Gruppen von Organismen zusammensetzen, aber sie kann auch nur aus Organismen einer Art wie z. B. Seepocken oder Muscheln bestehen.
  • Mäßiger Bewuchsdruck (gelb): Entspricht einer Bewuchsgemeinschaft, die sich aus Zebra- und Quaggamuscheln zusammensetzt. Zudem vorkommende Bewuchsorganismen haben eine weiche Konsistenz und haften nicht sehr fest.
  • Schwacher Bewuchsdruck (grün): Entspricht einer Bewuchsgemeinschaft, die kaum über das Stadium eines Biofilms hinausgeht, jedoch von Algen mit einer Schalen- oder Thalluslänge von höchstens 4-5 mm durchsetzt sein kann. Muscheln kommen in diesen Gewässern bisher nicht vor.

Bewuchsschutz

Aus der Klassifizierung der Bewuchsregionen in stark, mäßig und schwach folgt, dass es keine Region gibt, in dem ein Bewuchsschutz völlig entbehrlich wäre. Stattdessen sollten abgestufte Maßnahmen in Abhängigkeit von den jeweiligen Bewuchsbedingungen getroffen werden, um die Rümpfe der Boote frei von Bewuchs zu halten. Die hier aufgeführten Bewuchsschutzmaßnahmen zielen aber nicht darauf ab, die Bildung eines Biofilms zu verhindern, der in den meisten Fällen nur zu einer leichten Verfärbung oder im schlimmsten Fall zu einer dicken, schleimigen Schicht führt. Der Biofilm gilt allgemein als tolerierbar, da er den Reibungswiderstand nur gering erhöht und die Manövrierfähigkeit nicht beeinträchtigt.

Die Einteilung in Bewuchsregionen kann auf folgende Weise mit Empfehlungen zu Bewuchsschutzmaßnahmen verknüpft werden:

  • Starker Bewuchsdruck (rot): Geeignet sind alle für starke Bewuchsverhältnisse ausgelegte biozidfreie Verfahren wie Antihaftfolien, Antihaftbeschichtungen und Hebeanlagen. Ebenso möglich sind biozidhaltige Antifouling-Produkte mit Herstellerempfehlung für den Einsatz im entsprechenden Gewässertyp.
  • Mäßiger Bewuchsdruck (gelb): Fast alle biozidfreien Verfahren bieten einen ausreichenden Bewuchsschutz. Nach einer Übergangs- und Erprobungsphase für das jeweilige Gewässer können die meisten biozidfreien Verfahren auch in problematischen Gewässern wie z. B. den Voralpenseen eingesetzt werden. Ebenso können biozidhaltige Antifouling-Produkte mit einer Herstellerempfehlung für den Einsatz im entsprechenden Gewässertyp verwendet werden.
  • Schwacher Bewuchsdruck (grün): Alle biozidfreien Verfahren und Systeme können sofort eingesetzt werden. Biozidhaltige Antifouling-Produkte sind kurzfristig bzw. längerfristig entbehrlich.

Aufgrund der technischen Entwicklung ist es heutzutage nicht mehr so, dass nur biozidhaltige Antifouling-Produkte bei starkem Bewuchsdruck ausreichend Schutz bieten. Einige biozidfreie Verfahren und Systeme sind auch in Regionen mit starkem Bewuchsdruck wirksam. Darüber hinaus haben Antihaftfolien und Beschichtungen auf Silikonbasis den Vorteil, dass sie in fast allen Bewuchsregionen wirksam sind.

Datenbasis und Vorgeschichte

Die Grundlage für den Bewuchs-Atlas wurde im Rahmen eines Gutachtens [1] (Projektnummer 93478) durch das Labor für Limnische und Marine Forschung (LimnoMar) im Auftrag des Umweltbundesamts entwickelt. Basierend auf diesem Gutachten hat das Umweltbundesamt diese Internetseite entwickelt und die wichtigsten Informationen aus dem Gutachten interaktiv dargestellt. Aus praktischen Gründen mussten einige Textpassagen zusammengefasst oder gekürzt werden. Detailliertere Informationen zum Thema Bewuchs und Bewuchsschutz können Sie in dem veröffentlichten Gutachten nachlesen.

Der Bewuchs-Atlas basiert auf Bewuchsanalysen, die von LimnoMar für verschiedene Standorte in Deutschland zur Verfügung gestellt wurden sowie auf veröffentlichter Literatur. Die Daten stammen im Wesentlichen aus Forschungsprojekten, die zwischen 1997 und 2000 durchgeführt wurden, sowie aus einem Projekt mit dem Deutschen Seglerverband (DSV) aus dem Jahr 2008. Von 1997 bis 2001 und von 2007 bis 2008 förderte der DSV das Aufhängen von Kontrollplatten in Vereinshäfen zur Bestimmung des lokalen Bewuchsdrucks. Zudem verfügt LimnoMar über weitere Bewuchsdaten aus nationalen und europäischen Forschungsprojekten für zahlreiche Gewässer in Deutschland. Damit wurde der Grundstein für den Bewuchs-Atlas für deutsche Gewässer gelegt. Die Ergebnisse wurden von 1997 bis 2017 auf der Homepage von Bewuchs-Atlas e.V. und LimnoMar veröffentlicht. Das Umweltbundesamt setzt nun in Zusammenarbeit mit LimnoMar den Bewuchs-Atlas fort. Im Jahr 2022 wurde die Datenbasis des Bewuchs-Atlas von LimnoMar aktualisiert, um neue Literatur und veränderte Bewuchsverhältnisse zu berücksichtigen.

Wir möchten an dieser Stelle gerne Allen, die bei den Versuchen mit biozidfreien Alternativen mitgewirkt haben, für Ihre aktive Unterstützung und Teilnahme danken.

Literatur

[1] Watermann, B., A. Thomsen, B. Daehne, C. Fürle, Gutachten zum regionalen Bewuchsdruck von Biofouling-Organismen in Deutschland, 2018, ⁠UBA⁠-Projektnummer 9348

 

 

 

 

 

 

 

 

Teilen:
Artikel:
Drucken