Invasive Arten

Maßnahmen zur Verhinderung der Verschleppung von Arten

Vor allem durch die Einschleppung der Zebra- und Quaggamuschel in die deutschen Gewässer ist im Sportbootbereich das Problem der Invasion gebietsfremder Arten stärker in das Bewusstsein gerückt worden. Beide Muschelarten haben sich inzwischen in fast allen deutschen Gewässern ausgebreitet und verursachen dort wesentlich heftigere Bewuchsprobleme als vor ihrer Verbreitung. Eine Verschleppung von aquatischen Organismen erfolgt durch Sportboote überwiegend kleinräumig, ist aber trotzdem sehr effektiv, da so die Organismen von Gewässer zu Gewässer weitergeschleppt werden.

Inhaltsverzeichnis

 

Wie verhindere ich eine Verschleppung von gebietsfremden Arten beim Umsetzen eines Bootes?

Was ist bei einem Wechsel des Gewässers vor dem Einsetzen und nach dem Auswassern zu beachten?

Reinigen (Boot, Trailer und Zubehör)

Nutzen Sie am besten einen Hochdruckreiniger, der mit Frischwasser versorgt wird, welches auf 60 °C erhitzt werden kann. Das heiße Wasser tötet Aufwuchsorganismen ab. Entfernen Sie allen anhaftenden Bewuchs wie Algen, Seepocken, Muscheln usw. von allen äußerlich zugänglichen Bereichen und Nischen des Rumpfes wie Stringer, Ruderkopf und Z-Antrieb. Ebenso muss der Trailer gründlichst gereinigt werden. Besprühen Sie jede Stelle mindestens 10 sec lang.

Alle Ausrüstungsgegenstände, die mit Wasser in Kontakt gekommen sind, müssen gründlichst gereinigt werden. Hierzu gehören: Schwimmwesten, Rettungsinseln und Beiboote, Wurfkörper und – Leinen, Wasserskis, Surfbretter, Angel- und Tauchausrüstung.

Achten Sie darauf, dass bei der Entsorgung von Bewuchs und Waschwasser an Land nichts ins Gewässer oder in den Boden fließt. Die Reinigung sollte entweder direkt nach dem Auswassern oder in einem Zwischenlager erfolgen. Eine Reinigung in der Nähe des Gewässers, in das das Boot eingesetzt werden soll, ist nicht zulässig.

Spülen und Leeren (Kühlkreislauf, Bilge und Wassertanks)

Entwässern Sie abgeschlossene Bereiche des Rumpfes wie interne Kühlwasser-Leitungen und den Kühlkreislauf von Außenbordmotoren. Ansaug- und Austrittsöffnungen können ausgekratzt werden. Kühlflüssigkeit sollte durch Leitungswasser ersetzt werden und das Kühlwassersystem für einige Sekunden durchgespült werden. Lassen Sie den Motor nie trocken laufen. Bei Außenbordern kann ein mit Leitungswasser gefüllter Eimer untergehalten werden.

Die Bilge muss vollständig entleert und getrocknet werden. Bilgewasser muss in den dafür vorgesehenen Einrichtungen entsorgt werden.

Trocknen

In einigen Gewässern ist vorgeschrieben, dass das Boot eine Woche vor dem Wiedereinsetzen an Land trocknen muss. Je länger das Boot außerhalb eines Gewässers trockensteht, umso geringer sind die Überlebenschancen für noch aufsitzende Bewuchsorganismen.

 

Sportboote als Ursache der Verschleppung von gebietsfremden Arten

Nur ein sehr geringer Anteil von Sportbooten sind sogenannte Blauwasserfahrer und global unterwegs. Da es sich bei diesen um Boote > 25 m handelt, unterliegen sie in vielen Küstenstaaten ähnlichen Auflagen wie die Großschifffahrt und müssen ein aktives Bewuchs-Management sowie vor dem Einlaufen eine Bewuchsfreiheit nachweisen.

Dagegen operiert der größte Anteil der Sportbootbesitzenden in Deutschland immer bzw. überwiegend in denselben Gewässerrevieren (Nordsee, Ostsee oder in Binnenrevieren) und muss kein aktives Bewuchs-Management nachweisen. Boote, die häufig die Gewässer wechseln und mit Hilfe eines Trailers neue Gewässer ansteuern, sind hinsichtlich einer Verschleppung die wichtigsten Vektoren (Martens & Grabow, 2008; de Ventura et al. 2016). Daher existieren in zahlreichen Ländern sehr strenge Auflagen zum Reinigen der Boote und Trailer, sobald ein Gewässer verlassen wird (Barton 2016; de Ventura 2017). Auch in Deutschland ist es dringend geboten alle Boote, die aus einem Gewässer in ein anderes überführt werden, vorher inklusive Trailer gründlichst zu reinigen.

Anders ist die Situation im Mittelmeer, wo 2/3 der gesamten Sportflotte der Welt beheimatet ist. Dort operieren die Boote großräumiger und das Mittelmeer ist durch die Straße von Gibraltar und durch den Suez-Kanal offen für den Atlantik und den Indischen Ozean. In den Häfen des Mittelmeers wird deutlich, dass nicht nur die dort liegenden Boote, sondern auch die Hafenstrukturen, Stege, Spundwände etc. entscheidende Ansiedlungsflächen für neue sessile Arten bilden. Die Sportboothäfen des Mittelmeers stellen daher entscheidende „Trittsteine“ für verschleppte Arten dar (Ulmann et al. 2017). Hat sich eine invasive Art erst einmal in einem Sportboothafen etabliert, kann sie von dort leicht weiterverbreitet werden. Diese Einwanderung von Arten erfolgt im Mittelmeer, obwohl dort Antifouling-Produkte mit hohen Biozidgehalten eingesetzt werden, was häufig als wirksame Barriere gegen eine Invasion angeführt wird.

Durch den Bau des Suezkanals wie auch durch den Bau des Rhein-Main-Donau Kanals wurden geradezu „Autobahnen“ für den Transport von Organismen durch Boote und Schiffe geschaffen. Durch den Suezkanal erreichten indopazifische Organismen das Mittelmeer, durch den Rhein-Main-Donau Kanal erreichten pontokaspische Organismen Zentraleuropa (Martens & Grabow, 2008; Glaubrecht et al. 2020). Durch den ⁠Klimawandel⁠ können zahlreiche Organismen aus südlicheren Bereichen in den nördlicheren Gewässern überleben. So wurde z. B. von der Pazifischen Auster angenommen, dass sie die Winter in den deutschen Wattenmeeren nicht überstehen würde. Dieses ist inzwischen keineswegs der Fall, und die Pazifische Auster überwächst massiv die hiesigen Miesmuschelbänke. Ähnliches ist bei dem Australischen Kalkröhrenwurm zu befürchten, der zwar schon vor 100 Jahren an die europäischen Küsten transportiert wurde, aber bisher nur sporadisch auftrat. Inzwischen häufen sich Berichte über ein Auftreten dieses Wurms, der möglicherweise durch die milden Winter bessere Überlebensbedingungen gefunden hat.

 

Verhinderung der Verschleppung von gebietsfremden Arten durch aktives Bewuchs-Management

Entscheidend für eine effektive Verhinderung der Verschleppung von aquatischen Organismen durch Sportboote ist ein aktives Bewuchs-Management. Dieses wird nicht allein durch eine biozidhaltige Antifouling-Beschichtung erreicht, da auch biozidhaltige Beschichtungen nicht immer und nicht auf allen Rumpfbereichen eine vollständige Bewuchsfreiheit erreichen können. Fällt die Wahl auf eine biozidhaltige Antifouling-Beschichtung, so sind die Empfehlungen der Hersteller hinsichtlich notwendiger Schichtdicke, Bewuchsdruck am Liegeplatz bzw. im Revier, Aktivitätsgrad und voraussichtliches Operationsprofil zwingend einzuhalten, damit diese bestmöglich wirken. Aber nach Erfahrung von LimnoMar kommen trotzdem ca. 10 % der Boote mit einer biozidhaltigen Beschichtung nach der Saison mit einem bewachsenen Rumpf aus dem Wasser. Eine vollständige Verhinderung der Verschleppung von aquatischen Organismen kann folglich nicht allein mit biozidhaltigen Antifouling-Produkten erzielt werden (Barton, 2016).

Auch ein Einsatz von angeblich wirksameren Produkten aus der Großschifffahrt ist erstens nicht zulässig und auch nicht zu empfehlen, da diese Produkte überwiegend für höhere Aktivitätsgrade ausgelegt sind als bei Sportbooten üblich. Bei Sportbooten, die zu 80 % in der Saison nicht bewegt werden, sind die meisten professionellen Produkte unwirksam (EBA, 2019). Es ist auch falsch anzunehmen, dass das Auftragen einer größeren Schichtdicke die Wirksamkeit eines Produktes erhöht. Diese Praxis wurde z. B. an der Ostseeküste dokumentiert ist (Eklund & Watermann, 2018; Wrange et al. 2020; Zabrocki et al. 2021). Höhere Schichtdicken bewirken aber keine höheren Leachingraten und deshalb auch keine höhere Wirksamkeit. Ebenso ist durch den Einsatz von Antifouling-Produkten mit höheren Biozidgehalten nicht zwangsläufig ein 100%iger Bewuchsschutz erreichbar, dies führt aber in jedem Fall zu einem Anstieg der Einträge von Kupfer und anderer Biozide in die Gewässer.

Daher ist im Grunde immer eine aktive Kontrolle der Effektivität der Bewuchsverhinderung während der Saison notwendig. Hierzu gibt es zahlreiche Empfehlungen (Barton, 2016; Watermann et al. 2020), die aber nach aktuellem Wissen bisher nicht ausreichend umgesetzt werden. In der professionellen Schifffahrt ist eine permanente Bewuchskontrolle als Bestandteil des Fouling Managements heute schon gängige Praxis. Im privaten Sportbootbereich ist die Etablierung einer aktiven Bewuchskontrolle dagegen eine größere Herausforderung. Eine Möglichkeit besteht in dem Aushängen von Kontroll-Platten am Liegeplatz, die mit derselben Antifouling-Produkt beschichtet sind wie der Rumpf. Diese Platten können regelmäßig (alle 2 Wochen) kontrolliert werden. Wenn sich die Platte rau wie Sandpapier anfühlt, zeigt dies einen Befall mit Seepockenlarven oder Muschelsaat an. Zeigt sich auf der Platte ein brauner oder grüner Belag, so zeigt dies einen beginnenden Algenbewuchs an. In Gewässern mit ausreichender Sichtigkeit können zudem wasserdichte Kameras, die an das Handy angeschlossen werden, zur Kontrolle der Bewuchsentwicklung eingesetzt werden. Diese Methode hat zudem den Vorteil, dass der Bewuchszustand dokumentiert werden kann.

Falls auf der Kontrollplatte am Liegeplatz Bewuchs auftritt oder die Kamerauntersuchung Bewuchs zeigt, sollte das Boot aus dem Wasser genommen und auf einem Waschplatz gereinigt werden. Ist das Boot mit einer biozidfreien Hartbeschichtung geschützt, kommt grundsätzlich auch eine stationäre Reinigungsanlage in Frage. Da bekanntlich die Reinigung auf einer erodierenden bzw. selbstpolierenden biozidhaltigen Antifouling immer mit einem Abrieb verbunden ist, kann eine Reinigung nur 1- bis 2-mal in der Saison erfolgen, sodass noch genügend Schichtdicke vorhanden ist. Eine Reinigung von erodierenden bzw. selbstpolierenden biozidhaltigen Antifouling-Beschichtungen darf aber nur außerhalb des Wassers erfolgen und es muss sichergestellt werden, dass es durch das Reinigungswasser und das Reinigungsgut zu keiner Kontamination des Bodens oder des Gewässers kommt. Eine unkontrollierte Reinigung ohne Auffangen des Bewuchses und der Farbpartikel ist zwar immer wieder zu beobachten, jedoch in allen deutschen Marinas verboten.

Alle aufgeführten Maßnahmen sind bisher in Deutschland und in der EU nur vereinzelt oder gar nicht gängige Praxis. Dagegen werden Bootseigner z. B. in mehreren Bundesstaaten der USA mit harten Strafen belegt, wenn sie nach Verlassen eines Gewässers Trailer und Boote nicht einer gründlichen Reinigung unterziehen (Rothlisberger et al. 2010). Ähnliches gilt für Yachten, die australische oder neuseeländische Häfen anlaufen wollen. Falls sie in einem ‚boat check‘ nicht ein aktives Fouling Management nachweisen, können sie nicht einlaufen oder müssen sich zur Inspektion des Rumpfes kranen lassen. Auch in Deutschland und in der EU muss mehr Wert auf gründliche Reinigung gelegt werden und bei den Sportbootbesitzenden muss das Bewusstsein wachsen, dass ein aktives Bewuchs-Management notwendig ist.

Einen umfassenden englischsprachigen Leitfaden über aktives Bewuchs-Management im Ostseeraum finden Sie auf der Webseite des COMPLETE Projekts. Auf der Webseite des GloFouling Partnerships Projekts können Sie einen englischsprachigen Leitfaden zum Bewuchs-Management im Wassersport herunterladen. Weitere Informationen zu dem Thema finden Sie auf der Webseite des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie.

 

 

Literatur

Barton, E. (2016): European Code of Conduct on Recreational Boating and Invasive Alien Species. Council of Europe, 17pp.

Bester, K., Bollmann, U.E., Koning, J.T., Cai, Y. (2022). Antifouling Biocides, Leaching, Degradation and Fate. The Danish Environmental Protection Agency, 100 pp.

Daehne, D., Fürle, C., Thomsen, A., Watermann, B., Feibicke, M. (2017): Antifouling Biocides in German Marinas: Exposure Assessment and Calculation of National Consumption and ⁠Emission⁠. Integrated Environ. Assess. Manag. 13, 893-905.

De Ventura, L., Weissert, N., Tobias, R., Kopp, K., Jokela, J. (2016): Overland transport of recreational boats as a spreading vector of zebra mussel Dreissena polymorpha. Biol Invasions 18:1451–1466.

De Ventura, L., Weissert, N., Tobias, R., Kopp, K., Jokela, J. (2017): Identifying target factors for interventions to increase boat cleaning in order to prevent spread of invasive species. Management of Biological Invasions, 8, 1: 71–84.

EBA (2019): EBA Position Statement Hull Fouling, 5 pp.

Eklund, B., Watermann, B. (2018): Persistence of TBT, and copper in excess on leisure boat hulls around the Baltic Sea. Environ. Sci. Pollut. Res. 25 (15), 14595–14605

GEF-UNDP-IMO GloFouling Partnerships Project, 2022. Biofouling Management for Recreational Boating: Recommendations to Prevent the Introduction and Spread of Invasive Aquatic Species.

Glaubrecht, M., Golani, D., Hofrichter, R. (2020): Biogeographie und ⁠Biodiversität⁠. In: Hofrichter, R. (Hrsg.) Das Mittelmeer, Springer Nature, 854 – 901.

Martens, A. & Grabow, K. (2008): Das Risiko der Verschleppung neozoischer Amphipoda beim Überlandtransport von Yachten. Lauterbornia 62: 41-44.

Rothlisberger, J. D., Chadderton, W. L., McNulty, J. & Lodge, D. M. (2010): Aquatic Invasive Species Transport via Trailered Boats: What is being moved, who is moving it, and what can be done, Fisheries Magazine 35: 121–132

Ulman et al. (2017): A massive update of non-indigenous species records in Mediterranean marinas. PeerJ 5: e3954; DOI 10.7717/peerj.3954

Watermann, B.T., Broeg, K., Krutwa, A., Heibeck, N. (2020): Guide on Best Practices of Biofouling Management in the Baltic Sea. HELCOM, Baltic Marine Environment Protection Commission, Maritime Working Group, 103 pp.

Wrange, A.L., Barboza, F.R., Ferreira, J., Eriksson- Wiklund, A.K., Ytreberg, E., Jonsson, P.R., Watermann, B., Dahlström, M. (2020): ⁠Monitoring⁠ biofouling as a management tool for reducing toxic antifouling practices in the Baltic Sea. J. Environ. Manag., 264, 110447- 57.

M. Zabrocki, N. Heibeck, K. Broeg (2021) Exoten im Bewuchs – Bedeutung der Freizeitschifffahrt für die Verbreitung nicht-einheimischer Arten. Schlussbericht der Sportbootuntersuchungen im Themenfeld 2 des ⁠BMVI⁠-Expertennetzwerks. 48S.

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