Bioenergie

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Aus Mais kann Bioenergie werden - besser ist jedoch die Nutzung von Reststoffen, wie Gülle
Quelle: Marc Rathmann / UBA

Die energetische Nutzung von Biomasse wird zunehmend kontrovers diskutiert. Denn Bioenergie hat teilweise zwar eine bessere Treibhausgasbilanz als fossile Energie. Jedoch kann der Anbau von Biomasse mit vielfältigen negativen Wirkungen auf Mensch und Umwelt verbunden sein.

Inhaltsverzeichnis

 

Bioenergie – ein weites und komplexes Feld

Der Begriff „Bioenergie“ umfasst unterschiedlichste Rohstoffe, Technikpfade und Anwendungsbereiche. So kann Bioenergie zum Beispiel aus eigens landwirtschaftlich angebauten Pflanzen (z.B. Mais, Weizen, Zuckerrübe, Raps, Sonnenblumen, Ölpalmen)

  • aus schnellwachsenden Gehölzen, die auf landwirtschaftlichen Flächen angebaut werden (sogenannte Kurzumtriebsplantagen),
  • aus Holz aus der Forstwirtschaft oder aber
  • aus biogenen Abfall- und Reststoffen aus Land- und Forstwirtschaft, Haushalten, Industrie  gewonnen werden.

Die Rohstoffe können regionaler Herkunft sein oder über globale Handelsströme zu uns gelangen.

Bioenergie kann gasförmig als Biogas oder Biomethan zur Verfügung gestellt werden. Sie kann aber auch flüssig zum Beispiel als reines Pflanzenöl für Heizkraftwerke oder als Biokraftstoff eingesetzt werden. Oder sie liegt in fester Form zum Beispiel als Scheitholz, Holzhackschnitzel und -pellets oder Strohpellets vor.

Die Vielfalt der Rohstoffe und Umwandlungstechniken ermöglicht einen Einsatz der Bioenergie in allen energierelevanten Sektoren: als Treibstoff im Verkehr (für Benzin, Diesel, Gas und Elektrofahrzeuge), zur Erzeugung von Heizwärme in Haushalten, von ⁠Prozesswärme⁠ in der Industrie und zur Stromerzeugung, wobei die Strom- und Wärmeproduktion gekoppelt erfolgen kann.

Und letztlich muss mit Blick auf die internationale Debatte in traditionelle und moderne Nutzungsformen unterschieden werden. Traditionell ist die einfache, überwiegend ineffiziente energetische Nutzung von Holz, Holzkohle, land- und forstwirtschaftlichen Reststoffen und Dung. Vor allem in den sogenannten Entwicklungsländern stellt dies häufig den einzigen Zugang zu Energie dar, insbesondere zum Kochen. Den aktuellen Stand zur Nutzung der Bioenergie in Deutschland finden Sie im Artikel „Erneuerbare Energien in Zahlen

Die Umweltfreundlichkeit von Bioenergie pauschal zu bewerten, ist angesichts ihrer Vielfältigkeit nicht sinnvoll. Vielmehr ist eine Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls nötig.

 

Anbaubiomasse – Die „Teller oder Tank“-Debatte

Grundsätzlich konkurriert die energetische Nutzung von ⁠Biomasse⁠ mit anderen Verwendungsmöglichkeiten. Eigens auf fruchtbaren Ackerflächen angebaute „Energiepflanzen“ stehen in direkter Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion, aber auch zu einer stofflichen Nutzung, zum Beispiel für biobasierte Kunststoffe oder Chemikalien.

Die drastische Steigerung der Nachfrage nach Anbaubiomasse verändert die globale ⁠Landnutzung⁠. Die Ausweitung der Bioenergienutzung in den Industrieländern ist jedoch nicht der einzige Nachfragetreiber. Sie wird von einer steigenden Nachfrage nach tierischen Produkten und entsprechendem hohen Futtermittelbedarf in Schwellenländern begleitet. Hinzu kommen die wachsende Bevölkerung und ein zunehmendes Interesse der chemischen Industrie an biogenen Rohstoffen.

Preisschwankungen und -spitzen bei Nahrungs- und Futtermitteln treten infolge von akuten Knappheiten auf, die beispielsweise durch Missernten entstehen. Dies gefährdet insbesondere die Versorgung besonders verwundbare Bevölkerungsgruppen und Staaten.

Langfristig führen Bevölkerungszunahme, steigender Fleischkonsum in Schwellenländern, ⁠Klimawandel⁠ und auch Bioenergie sehr wahrscheinlich zu Preissteigerungen bei Agrarrohstoffen. Diese Preissteigerungen werden im Hinblick auf die globale Hungerproblematik kontrovers diskutiert. Einerseits ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, dass dadurch der ländliche Raum in Entwicklungs- und Schwellenländern seine Einkommenschancen verbessert. Andererseits kann es aber auch zu Verdrängungen von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und extensiven Nutzungsformen kommen. Zudem löst die gesteigerte Nachfrage eine Ausweitung der landwirtschaftlichen Produktionsfläche aus, die zu einem Verlust wertvoller Ökosysteme, wie Wälder, artenreiches Grünland oder Moore, führen kann. Auch eine Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion kann mit ökologischen Kosten verbunden sein. Wenn diese beispielsweise mit einem sehr hohen Einsatz von synthetischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, einem Humusabbau einhergeht oder dem Verlust von landschaftlichen Elementen, die für die biologische Vielfalt wertvoll sind.

Diesen Themenkomplex und Handlungsansätze zur Problemmilderung hat das Umweltbundesamt ausführlich im Positionspapier „Globale Landflächen und Biomasse nachhaltig und ressourcenschonend nutzen“ erörtert.

 

Nachhaltigkeitsanforderungen

Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2009/28/EG legt für flüssige Bioenergieträger verbindliche Nachhaltigkeitsanforderungen und eine Zielvorgabe von zehn Prozent erneuerbarer Energien im Verkehr bis zum Jahr 2020 fest. Nur Biokraftstoffe, die diese Kriterien erfüllen, dürfen Mitgliedsstaaten auf ihre Verpflichtungen zum Anteil erneuerbarer Energien anrechnen. Dies gilt auch für Importe.

Gemäß Artikel 3 Absatz 4 der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie 2009/28/EG muss jeder Mitgliedsstaat der Europäischen Union die Einhaltung der Zielvorgaben und die Anwendung der vorgegebenen Berechnungsmethoden gewährleisten. Die Einhaltung der Verpflichtung ist durch die Mitgliedsstaaten durch regelmäßige Fortschrittsberichte im Rahmen der Erneuerbare-Energien-Richtlinie sowie durch regelmäßige Übermittlung von Daten an Eurostat nachzuweisen. An dieser Stelle wird die entsprechend genutzte Berechnungsmethode in Übereinstimmung mit besagter EU-Richtlinie bereitgestellt.

Die Richtlinie enthält unter anderem die Bestimmung, dass ⁠Biomasse⁠ nicht von Flächen stammen darf, die durch Rodung oder Drainage von Moorböden erschlossen wurden oder die als Grünland mit hoher ⁠Biodiversität⁠ einzustufen sind. Außerdem müssen die Biokraftstoffe mindestens 35 Prozent Treibhausgase gegenüber der fossilen Referenz einsparen. Diese Einsparverpflichtung wird sukzessive verschärft. Deutschland hat die EU-Richtline 2009 in nationales Recht umgesetzt.

Neben diesen verbindlichen Vorgaben existieren freiwillige Initiativen für eine nachhaltigere Nutzung von Bioenergie. Das sind unter anderem der Prozess zur Erarbeitung der Norm ISO 13065 „Nachhaltige Bioenergie“ und die Global Bioenergy Partnership (GBEP). Dort wurden Nachhaltigkeitsindikatoren international vereinbart. An beiden Prozessen beteiligt sich das ⁠UBA⁠ mit Expertinnen und Experten.

Zu den Chancen und Grenzen der Zertifizierung der ⁠Nachhaltigkeit⁠ des Anbaus von Biomasse, insbesondere in der energetischen Nutzung, hat das Umweltbundesamt in seiner Studie „Globale Landflächen und Biomasse nachhaltig und ressourcenschonend nutzen“ Stellung genommen.

 

Der „iLUC“-Effekt

Unter indirekten Landnutzungsänderungen (englisch: indirect land use change; kurz iLUC oder iluc), werden Verdrängungseffekte verstanden, die durch eine zusätzliche Nachfrage (beispielsweise nach Bioenergieträgern) ausgelöst werden. Wegen der zusätzlichen Rohstoffnachfrage wird die vorangegangene Produktion (zum Beispiel von Nahrungsmitteln) auf andere Flächen verdrängt, wenn die Nachfrage nach den zuvor angebauten Produkten bestehen bleibt. Dies führt andernorts zur Erschließung neuer Anbauflächen, die im iLUC-Konzept der „neuen“ Nachfrage zugerechnet werden. Da die Umwandlung natürlicher Ökosysteme in Ackerflächen unter anderem mit zusätzlichen Treibhausgasemissionen verbunden ist, muss eine vollständige Treibhausgasbilanz diese indirekten Emissionen einbeziehen.

Es ist weitgehend anerkannt, dass der iLUC-Effekt ein bedeutender Faktor für die Ökobilanz von Biokraftstoffen ist. Allerdings ist seine genaue Bestimmung seiner Größenordnung und die damit zusammenhängenden Emissionen nur über komplexe Modellrechnungen möglich, deren Methodik kontrovers diskutiert wird.

Flächeneffizienz erneuerbarer Energien – Schlusslicht Bioenergie

Beim Vergleich der verschiedenen Techniken zur Nutzung erneuerbaren Energien ist die jeweilige Flächeninanspruchnahme ein wichtiges Kriterium. Denn insbesondere fruchtbare Flächen sind zunehmend knappe Ressourcen mit entsprechendem Konfliktpotenzial. Verschiedene Studien, wie die „Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien“, haben bereits vor einigen Jahren gezeigt, dass Wind- und Solarenergie der ⁠Biomasse⁠ in der Flächeneffizienz um ein Vielfaches überlegen sind. Während die Flächeneffizienz der Bioenergie wenig steigerungsfähig ist, sind die Stromerträge von Photovoltaikanlagen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Unseren Rechnungen zu Folge kann pro Hektar im Jahr rund 40-mal mehr Strom durch Photovoltaik-Neuanlagen (ca. 800 MWh) erzeugt werden, als beispielsweise beim Maiseinsatz in Biogasanlagen (im Mittel 20 MWh). Auch wenn für Photovoltaik zum Ausgleich der fluktuierenden Stromerzeugung Speicherverluste (Annahme: 10% für kurzfristige Batteriespeicherung) oder die Umwandlung in chemische Energieträger (Annahme: 40% Speicher- und Umwandlungsverlust zu ⁠PtG⁠) berücksichtigt werden, bleibt die Flächeneffizienz von Bioenergie aus Anbaubiomasse deutlich geringer. Zudem kann Wind- und Solarenergie entgegen der Energiepflanzen auch auf bebauten oder unfruchtbaren Böden genutzt werden. Aufgrund des enormen Bedarfs an fruchtbaren Flächen kann die Anbaubiomasse auch künftig rein rechnerisch nur sehr gering zur Energieversorgung beitragen.

 

Energie aus Abfall- und Reststoffen – Doppelter Nutzen möglich

Doch es gibt neben der konfliktbehafteten Anbaubiomasse andere Biomassequellen, die zum Teil sogar ökologisch günstige Nebeneffekte haben. Beispielsweise liefert die Vergärung von Gülle nicht nur Energie, sondern wandelt die Gülle in einen bodenverträglicheren Dünger um. Auch die energetische Nutzung von Grünschnitt aus der Landschaftspflege, biogenen Siedlungs- und Industriebfälle ist nicht mit gravierenden ökologischen und sozioökonomischen Risiken verbunden – sofern bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden.

Die Potenziale für Energie aus biogenen Abfall- und Reststoffen sind insgesamt relativ klein. Sie können jedoch in der Transformation in ein neues Energiesystem eine durchaus relevante Funktion einnehmen. Allerdings kann es auch hier zu Nutzungskonkurrenzen kommen, was eine Abwägung im Einzelfall erfordert.

Vorrang für stoffliche Nutzung

Aufgrund der zahlreichen Risiken und Nachteile der Nutzung von Energie aus Anbaubiomasse im großen Maßstab empfiehlt das Umweltbundesamt, deren energetische Nutzung nicht auszuweiten und stattdessen der stofflichen Nutzung den Vorrang einzuräumen. Diese Empfehlung haben wir im Positionspapier „Globale Landflächen und Biomasse nachhaltig und ressourcenschonend nutzen“ dargelegt.

 

Bioenergie und die Energiewende

Die Bioenergie stellt derzeit den mengenmäßig größten Anteil unter den erneuerbaren Energien in Deutschland zur Verfügung. Für den Strombereich haben wir in der Studie „Energieziel 2050: 100% Strom aus erneuerbaren Quellen“ gezeigt, dass eine regenerative Stromversorgung ohne Bioenergie im Jahr 2050 möglich ist. Im Wärmebereich können enorme Einsparpotenziale durch Gebäudesanierungen erschlossen werden und der verbleibende Bedarf ebenfalls durch Solar- und Geothermie, regenerativen Strom, Wasserstoff oder Methan gedeckt werden.

Und auch im Verkehr ist eine regenerative, treibhausgasneutrale Energieversorgung prinzipiell ohne Biokraftstoffe möglich. Der Land-, Schiffs- und Flugverkehr kann durch einen Kraftstoffmix versorgt werden. Dieser Mix kann erneuerbaren Strom sowie im begrenzten Umfang flüssige Biokraftstoffe aus Alt- und Reststoffen enthalten. Außerdem kann gasförmiger oder flüssiger Kraftstoff genutzt werden, der mit erneuerbarer Energie aus atmosphärischem CO2 (⁠PtG⁠ bzw. ⁠PtL⁠) hergestellt wird. Für diesen Weg wären jedoch auch bei effektiver Umsetzung von Energiesparmaßnahmen Importe von Strom, Wasserstoff beziehungsweise Kohlenwasserstoffen in großem Umfang erforderlich. Diese können und sollten aus regenerativen Quellen stammen.

Zusammenfassend bedeutet dies, dass der Erfolg der Energiewende nicht an den Ausbau der Bioenergie gebunden ist.

 

Energie aus Holz – Auf nachhaltige Forstwirtschaft kommt es an

Holz gilt gemeinhin als ein klimafreundlicher Brennstoff. Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn höchstens so viel Holz aus dem Wald entnommen wird wie im gleichen Zeitraum nachwächst. Auch leistet die stoffliche Nutzung von Holz einen größeren Beitrag zum ⁠Klimaschutz⁠, da hierbei ebenfalls fossile Alternativen ersetzt werden können.

Wenn Stamm- und Schwachholz energetisch genutzt werden, sollte dies so effizient und emissionsarm wie möglich geschehen. Insbesondere die üblichen, „traditionellen“ Kleinfeuerungsanlagen stoßen heute jedoch noch viel gesundheitsschädlichen Feinstaub aus. Dies kann durch eine moderne Anlagentechnik reduziert werden. Das Umweltzeichen „Blauer Engel” kennzeichnet Pelletöfen und Pelletheizkessel, die deutlich weniger Feinstaub und andere Emissionen als herkömmliche Produkte ausstoßen.

Mehr Informationen zum umweltfreundlichen Heizen mit Holz bietet der Ratgeber zum richtigen und sauberen Heizen.

 

Energieerzeugung aus Biogas

In Biogasanlagen wird Biomasse  mit Hilfe von Bakterien unter Ausschluss von Sauerstoff (anaerob) abgebaut, wobei Biogas entsteht. Je nach eingesetzten Material produzieren die Bakterien Biogas mit einem Methangehalt von 50 bis 75%. Die Gärreste können als Dünger in der Landwirtschaft verwertet werden.

Aus dem Rohbiogas können direkt vor Ort in einem Blockheizkraftwerk Strom und Wärme gewonnen werden oder es kann auf Erdgasqualität aufbereitet und in das Erdgasnetz eingespeist werden, wodurch es ortsunabhängig im Strom- Wärme. und Verkehrssektor genutzt werden kann.

Die Stromerzeugung aus Biogas wird durch das Erneuerbare-Energien Gesetz (EEG) gefördert. In den Jahren 2007 – 2014 kam es zu einem starken Zubau der Biogasanlagen. Mit EEG 2014 wurde die Förderung für Biogasanlagen gesenkt. Seit Inkrafttreten des EEG 2017 müssen sich Biogasanlagen größer als 150 kW an Ausschreibungen beteiligen, um eine Finanzierung des produzierten Stroms nach dem EEG zu erlangen. Seitdem ist der Zubau von Biogasanlagen sehr stark zurückgegangen.

Ende 2016 wurden in Deutschland rund 8.700 Biogasanlagen inklusive Betriebsstätten mit Aufbereitung zu Biomethan betrieben (DBFZ 2017). Den aktuellen Stand zur Rolle von Biogas bei der Stromerzeugung in Deutschland finden Sie im Artikel „Erneuerbare Energien in Zahlen“.

Die anlagenbezogenen Umweltprobleme bei der Produktion von Biogas und die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an Biogasanlagen sind im Artikel „Biogasanlagen“ zu finden.