Nationale Luftreinhaltung

Inhaltsverzeichnis

 

Historische Entwicklung in Deutschland

Luftreinhaltung als Gegenstand der Politik manifestierte sich erstmalig umfassend im 1. Umweltprogramm der Bundesregierung von 1971 durch Festlegung von Grundprinzipien der Umweltpolitik. Im Bundes-Immissionsschutzgesetz von 1974 kam es dann erstmalig zu einer systematischen Regelung, insbesondere der Emissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik für Neuanlagen und für bestehende Anlagen in Belastungsgebieten. Die 80er Jahre waren gekennzeichnet durch umfassende Sanierungsprogramme für alle Kraftwerke und größere Industrieanlagen. In den 90er Jahre wurden die Emissionsquellen in den neuen Ländern saniert bzw. stillgelegt und durch neue Anlagen mit Emissionsminderungseinrichtungen nach dem Stand der Technik ersetzt. Darüber hinaus wurden die Instrumente des Luftqualitätsmanagements und des integrierten Umweltschutzes entwickelt. Wesentlich für die gegenwärtige Luftreinhaltepolitik ist auch, dass mit ⁠Klimaschutz⁠ und Energieeffizienzinitiativen erhebliche Beträge auch zur Luftreinhaltung geleistet werden.

Im Laufe der Zeit wechselten auch die relevanten Schadstoffe. In den 1960er Jahren waren es Ruß und grober Staub (Ziel: „Blauer Himmel über der Ruhr”), in den 1970er Jahren Schwefeldioxid (Problem: saurer Regen), später sommerlicher Photosmog mit der Leitsubstanz Ozon und ab Mitte der 1990er Jahre zunehmend der Feinstaub.

 

Grundlegende Betrachtung zur Luftreinhaltung

Heute basiert Luftreinhaltung in Deutschland im Wesentlichen auf drei Strategien:
  1. Festlegung von Luftqualitätsstandards vor allem zum Schutz und der Gefahrenabwehr, deren Einhaltung durch geeignete Instrumente (Luftreinhaltepläne, immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung) sicherzustellen ist.

  2. Emissionsbegrenzende Anforderungen

    für emissionsrelevante Quellen nach dem Stand der Technik bzw. bestverfügbarer Technik und in einzelnen Fällen auch Produktverbote.

  3. Festlegung von Emissionshöchstmengen

    durch Begrenzungen der nationalen Emissionsfrachten für relevante Massenschadstoffe (nationale Deckelung der Emissionen aller Quellen).

Da ein wesentlicher Anteil der Schadstoffbelastung durch weiträumige Transporte mit der Luft aus Nachbarländern verursacht wird, ist die Gestaltung der grenzüberschreitenden Luftreinhaltepolitik von strategischer Bedeutung für die Luftqualität in Deutschland.

Luftreinhaltung berücksichtigt alle relevanten Quellen und Schadstoffe und bekämpft Luftverschmutzung von vielen Seiten, einige wichtige Instrumente sind:

  • Qualität von Brennstoffen (z. B. Schwefelgehalt von Benzin und Heizöl) und Einsatzstoffen (z. B. lösemittelarme Lacke)

  • Emissionsgrenzwerte nach dem Stand der Technik für einzelne Quellen (vom Motorrad bis zum Kraftwerk)

  • Typprüfungen für kleine Quellen (PKW), Genehmigungsverfahren für große Anlagen und Straßenbauprojekte, regelmäßige Überwachung der Emissionen

  • Flächendeckende, kontinuierliche Überwachung der Luftqualität (Immissionskonzentrationen) durch Messnetze und zunehmend durch Modellrechnungen und Satellitenbeobachtung

  • Immissionsgrenzwerte und Regulationsmechanismen, falls die Grenzwerte überschritten werden (Luftreinhaltepläne, Aktionspläne)

 

Nationale Umsetzung europäischer Luftreinhaltepolitik

In Deutschland wurden zum Zweck der Einhaltung der Europäischen Richtlinien vom Bundestag das Bundes-Immissionsschutzgesetz (⁠BImSchG⁠) geändert und von der Bundesregierung die Zweiundzwanzigste und die Dreiunddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (22. ⁠BImSchV⁠ und 33. BImSchV) erlassen. Mit Inkraftreten der 39. Bundes-Immissionsschutzverordnung wurden diese abgelöst und damit die Regelungen der Europäischen Richtlinie 2008/50/EG in nationales Recht umgesetzt.

Im Blickpunkt dabei steht die angestrebte Verminderung und Vermeidung von schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt durch Luftschadstoffe. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Immissionswerte und Emissionshöchstmengen wird die Schadstoffbelastung weiter mindern. Die Bevölkerung ist umfassend über die Luftqualität zu informieren.

 

Pflicht zur Information

Für die Beurteilung der Luftqualität sind in Deutschland die Bundesländer zuständig. Die in den Messnetzen der Länder ermittelten Konzentrationen der wichtigsten Luftschadstoffe werden täglich dem Umweltbundesamt übermittelt und von diesem als aktuelle Immissionssituation im Internet veröffentlicht.

Die 3. Tochterrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten außerdem, die Öffentlichkeit zu informieren, wenn vorhergesagt wird, dass die Ozonkonzentration in den Folgetagen die Informationsschwelle (1-Stundenmittelwert von 180 µg/m³) oder die Alarmschwelle (1-Stundenmittelwert von 240 µg/m³) überschreitet. Selbst wenn die genannten Schwellen nicht überschritten werden, veröffentlicht das ⁠UBA⁠ täglich modellgestützte 3-Tages-Vorhersagen der maximalen Ozonkonzentrationen im Internet.

 

Erarbeitung von Luftreinhalte- und Aktionsplänen

Alle EU-Mitgliedstaaten sind dazu verpflichtet, im Falle von Überschreitungen der Luftqualitätsgrenzwerte nach Gemeinschaftsrecht Luftreinhalte- und Aktionspläneaufzustellen. In Deutschland arbeiten Landes- und kommunale Behörden bei der Aufstellung der Pläne eng zusammen.

Die Rahmenrichtlinie sieht zwei Konzepte vor, die sicherstellen sollen, dass die Luftqualitätsgrenzwerte einhalten werden.

Zum einen enthält die Rahmenrichtlinie ein Verfahren, um Gebiete zu identifizieren, in denen ein Grenzwert voraussichtlich nicht eingehalten werden kann. Für solche Gebiete muss vor Inkrafttreten des Grenzwertes ein Plan ausgearbeitet werden, aufgrund dessen dieser Grenzwert ab dem festgelegten Zeitpunkt eingehalten wird (Luftqualitätsrahmen-Richtlinie, Artikel 8).

Nach deutschem Recht sind die zuständigen Behörden verpflichtet, in den betreffenden Fällen Luftreinhaltepläne zu erstellen (⁠BImSchG⁠, § 47, Absatz 1). In diesen müssen sie Maßnahmen benennen, die zu einer dauerhaften Minderung der Schadstoffkonzentrationen führen können.

Zum anderen müssen die verantwortlichen Behörden Aktionspläne erarbeiten, falls nach dem Inkrafttreten der Schadstoffgrenzwerte die Gefahr besteht, dass diese überschritten werden (Luftqualitätsrahmen-Richtlinie, Artikel 7 und BImSchG, § 47, Absatz 2).

Städte und Gemeinden können in Luftreinhalteplänen auch Maßnahmen der Stadt- und Regionalplanung einsetzen. So haben viele Kommunen zum Beispiel die Ausweisung von „Umweltzonen”, den Bau von Umgehungsstraßen oder die Einrichtung von Stadtlogistik-Zentren beschlossen. Zahlreiche Städte und Gemeinden haben Anforderungen an einen umweltgerechten öffentlichen Nahverkehr – etwa die verpflichtende Beschaffung von Bussen mit Partikelfiltern – in ihren Ausschreibungen für ÖPNV-Verkehrsleistungen festgeschrieben.

Aktionspläne enthalten als „kurzfristige” Maßnahme oft die Sperrung hoch belasteter Straßen für den Lkw-Verkehr, wobei häufig nur der Transitverkehr ausgesperrt wird (Lkw-Durchfahrtsverbot). „Kurzfristige” Maßnahmen bedeuten hier, dass sie binnen kurzer Zeit in Kraft gesetzt werden, jedoch in aller Regel dauerhaft eingerichtet und wirksam bleiben.

Eine Sammlung von Links zu den Internetseiten, auf denen die Pläne veröffentlicht sind, hat das Umweltbundesamt veröffentlicht. Für die Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben zu den Umweltzonen sind die jeweiligen Kommunen verantwortlich.

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