Galvanische Oberflächenbeschichtung

Bei der galvanischen Oberflächenbeschichtung werden funktionale Schichten mit einer Dicke von nur wenigen µm auf die Grundmaterialien von Werkstücken aufgebracht. Das spart Ressourcen.

Inhaltsverzeichnis

 

Was ist galvanische Oberflächenbeschichtung?

Aufgabe der Oberflächentechnik ist es, Werkstücke und Produkte mit geeigneten Oberflächen zu versehen, wobei der sparsame Umgang mit Rohstoffen und Energie angestrebt wird. In der Galvanotechnik wird dieses Ziel auf ideale Weise erreicht, da hier funktionale Schichten, die die Eigenschaften eines Werkstücks weitgehend bestimmen, mit einer Dicke von nur wenigen µm auf die Grundmaterialien aufgebracht werden. Die wertvollen Rohstoffe werden also äußerst sparsam und gezielt nur dort eingesetzt, wo sie wirklich benötigt werden.

Die Branche Oberflächentechnik ist in Deutschland ein erheblicher wirtschaftlicher Faktor. Sie gilt als Schlüsseltechnik für viele andere Industriebereiche (z.B. Elektro- u. Automobilindustrie). Mehr als 2000 galvanotechnische Betriebe, Zulieferer und Dienstleistungsunternehmen mit ca. 100.000 Beschäftigten erwirtschaften einen Jahresumsatz von ca. 5 bis 6 Mrd. €. Ökonomen schätzen, dass die galvanische Oberflächenveredelung allein in Deutschland jährlich Korrosions- und Verschleißschäden in Höhe von150 Mrd. € verhindert.

Die Arbeitsprozesse in der Galvanik wurden weiterentwickelt und den Anforderungen unserer Zeit angepasst. Energiesparende Automaten, weitgehend geschlossene Wasserkreisläufe, sorgfältige Reinigung des Restabwassers und Rückgewinnung von Wertstoffen aus Abfällen sind heute Stand der Technik.

In der überwiegend mittelständisch geprägten Branche findet man Betriebe mit durchschnittlich 10 – 80 Beschäftigten. Sie betreiben Anlagen unterschiedlichster Größenordnung. Wirkbadvolumina, beginnend mit wenigen Litern in der Edelmetallbeschichtung bis hin zu Einheiten mit 500 m³ und mehr bei Autozulieferern oder in der Luftfahrtindustrie, sind im Einsatz.

 

Herstellungsprozess

Bei der Behandlung von metallischen und nichtmetallischen Oberflächen durch chemische und elektrochemische Verfahren unterscheidet man grundsätzlich drei Verfahren

  • Schichtabtragende Verfahren, wie das Beizen oder Brennen
  • Schichtauftragende Verfahren, wie die galvanische und chemische Abscheidung von Metallen und Metalllegierungen
  • Schichtumwandelnde Verfahren, wie das Anodisieren, Chromatieren oder Phosphatieren

Der Arbeitsablauf ist bei allen Verfahren vom Prinzip her identisch. Dem prozessbestimmenden Arbeitsschritt geht immer eine Vorbehandlung voraus; in der Regel schließt sich eine Nachbehandlung an.

Bei allen Verfahren werden die Werkstücke im Verlauf des Prozesses nacheinander mit verschiedenen Prozesslösungen behandelt.

Vorbehandlung

Zu den wichtigsten Vorbehandlungsverfahren zählen Entfetten, Beizen, Dekapieren sowie das Aktivieren von Kunststoffoberflächen. Diese Vorbehandlungsschritte sind notwendige Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Oberflächenbeschichtung.

Beschichtung

Die Metallabscheidung ist der Prozess bestimmende Schritt jeder galvanischen Produktion. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen chemischen und elektrochemischen Verfahren.

Chemische Verfahren arbeiten ohne äußeres elektrisches Feld. Die Reduktion der Metallionen zu Metall erfolgt durch chemische Reduktionsmittel und wird durch aktivierte Stellen auf dem Basismaterial ausgelöst. Metallionen und Reduktionsmittel müssen in Salzform ständig nachdosiert werden, was dazu führt, dass die Standzeit chemischer Metallisierungslösungen begrenzt ist.

Elektrochemische Verfahren basieren darauf, dass die Metallionen in einem von außen angelegten elektrischen Feld zur Kathode wandern und dort zum Metall reduziert werden. In der Galvanotechnik wird das zu beschichtende Werkstück als Kathode geschaltet, während die Anode in der Regel aus dem abzuscheidenden Metall besteht. Beim Anlegen eines elektrischen Feldes geht im Idealfall anodisch die gleiche Menge Metall in Lösung, wie kathodisch abgeschieden wird, so dass die Zusammensetzung der Prozesslösung im Wesentlichen konstant bleibt. Das bedeutet, dass die Standzeit der Prozesslösungen von elektrochemischen Prozessen zumindest theoretisch unendlich ist. In der Praxis erleiden die Prozesslösungen jedoch Qualitätsverluste durch Eintrag und Bildung von Störstoffen, was unterschiedliche Ursachen haben kann, wie z.B.:

  • Einschleppung von Störstoffen aus vorausgehenden Prozessbädern infolge unzureichender Spültechnik
  • Ablösen von Basismetall (insbesondere bei sauer arbeitenden Prozesslösungen)
  • Chemische Veränderung der Prozesslösung (Reduktion von CrVI zu CrIII bei der Verchromung, Carbonatbildung durch Aufnahme von CO2 aus der Luft in alkalische/cyanidische Prozesslösungen)
  • Höhere Auflösung von Anodenmetall als Abscheidung an der Kathode
  • Zersetzung organischer Bestandteile der Prozesslösung

Durch diese Vorgänge kann sich die Qualität einer Prozesslösung so weit verschlechtern, dass sie verworfen werden muss, es sei denn, es gelingt durch Anwendung von Aufbereitungstechniken, die Qualität der Prozesslösungen konstant zu halten.

Das Problem der Stoffrückführung liegt in der Einstellung des richtigen Verhältnisses der Rückführquote zu den auszuschleusenden Störstoffen. Der Einsatz von Rückführungstechniken mit dem Ziel einer vollständigen stofflichen Kreislaufführung ist wegen der problematischen Abtrennung der Störstoffe nicht in jedem Fall Stand der Technik. Praxisbeispiele belegen, dass zur Gewährleistung eines stabilen Dauerbetriebs eine detaillierte Abstimmung der gesamten Prozessführung auf die Stoffrückführung stattfinden muss.

 

Umweltauswirkungen

Abwasser

Das Abwasser der Galvanikbetriebe setzt sich zusammen aus den verschiedenen Teilströmen der einzelnen Prozessschritte. Die wesentlichen Bestandteile sind Metallionen, toxische Anionen wie Cyanid oder Chromat und Neutralsalze. Die Behandlung (Reinigung des Abwassers) umfasst im Wesentlichen Überführung der gelösten Metallionen in schwerlösliche Verbindungen durch chemische Fällung. In einer der Fällung vorangehenden Vorbehandlung werden toxische Anionen durch Oxidation oder Reduktion zerstört. Neutralsalze können nur durch energieaufwendiges Verdampfen des Abwassers abgetrennt werden. Bei der gemeinsamen Fällung, in der Regel mit Natronlauge und/oder Kalkmilch, fallen die im Galvanikprozess verwendeten Metalle als Hydroxide bzw. Oxidhydrate aus. Als Fällungsmittel setzt man aber auch Carbonate und Sulfide ein.

Abfall

Im Allgemeinen werden alle wässrigen Teilströme, die im Galvanikbetrieb anfallen, in die Abwasseranlage eingeleitet. Die Behandlung der metallhaltigen Teilströme in der Abwasseranlage umfasst im Wesentlichen die Überführung der gelösten Metallionen in schwerlösliche Verbindungen durch chemische Fällung. Bei der gemeinsamen Fällung, in der Regel mit Natronlauge und/oder Kalkmilch, fallen die im Galvanikprozess verwendeten Metalle als Hydroxide bzw. Oxidhydrate aus. Als Fällungsmittel setzt man aber auch Carbonate und Sulfide ein, die zu den Fällprodukten Metallcarbonate- bzw. Sulfide führen. Der bei der Fällung entstehende Dünnschlamm mit einem Wassergehalt von meist über 95 % wird mittels Entwässerungsverfahren bis zu 40 % Feststoffgehalt entwässert und als Galvanikschlamm entsorgt (verwertet oder beseitigt).

Abluft

Zum Schutz der Mitarbeiter vor Gefahrstoffen steht in galvanotechnischen Betrieben die Arbeitssicherheit im Mittelpunkt. Zur Vermeidung von Schadstoffbelastungen der Atemluft ist es erforderlich durch lüftungstechnische Maßnahmen (Randabsaugung) an den Bädern und in den Hallen eine Einhaltung der vorgegebenen Emissionswerte sicherzustellen.

Zu den emittierten Stoffen zählen im Wesentlichen toxische Gase wie Stickoxide (NOx), Salzsäure (HCl), Fluorwasserstoff (HF), sowie ⁠Aerosole⁠ beladen mit Schwefelsäure (SOx), Natronlauge, Chrom(VI)-Verbindungen. Durch den Einsatz geeigneter Absaugeinrichtungen an den jeweiligen Prozessbädern ist es möglich, die gesetzlich vorgegebenen Konzentrationen für diese und andere Gefahrstoffe dauerhaft zu unterschreiten und damit eine schädliche Einwirkung auf die Beschäftigten zu verhindern. Die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Emissionswerte wird durch Abgaswäscher sichergestellt.

 

Rechtliche Grundlagen

Anlagen zur galvanischen Behandlung von metallischen Oberflächen sind im Wesentlichen abwasserrelevant. Die Einleitung der Abwässer wird durch die Allgemeine Abwasserverordnung (AbwV) geregelt, speziell durch Anhang 40 „Metallbearbeitung, Metallverarbeitung”.

Die emissionsbegrenzenden Anforderungen in die Luft regelt die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft).

Vermeidung, Verminderung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen aus dem Bereich der Galvanik regelt das das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW/AbfG).

Die Anlagen zur Herstellung von Galvanische Oberflächen mit einem Wirkbadvolumen > 30 m3 gehören zu den in Anhang 1 der IVU-Richtlinie aufgeführten industriellen Tätigkeiten. Ein BVT-Merkblatt, das die Besten Verfügbaren Techniken und die damit erreichbaren Emissionswerte beschreibt, gibt es ebenfalls für die Galvanik. Es wurde im Jahr 2006 im europäischen Amtsblatt veröffentlicht. Allgemeine Informationen rund um die IVU-Richtlinie und auch das BVT-Merkblatt (in deutscher Übersetzung) zum Herunterladen finden Sie unter Beste verfügbare Techniken - (BVT) Merkblätter zur europäischen IVU-Richtlinie.

 

Innovationen

Diverse innovative Verfahren im Bereich der Galvanik sind im Portal „Cleaner Production Germany” unter „Technologiebereiche” und „Metalle” aufgelistet und beschrieben. Außerdem werden Bezugsquellen für die jeweiligen Abschlussberichte genannt.

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