Glas- und Mineralfaserindustrie

Die Glas- und Mineralfaserindustrie ist ein sehr vielseitiger Sektor. Er umfasst die Herstellung von Behälter-, Flach-, Wirtschafts- und Spezialglas sowie von Endlosglasfasern und Mineralwolle.

Inhaltsverzeichnis

 

Struktur der Glas- und Mineralfaserindustrie


Glasprodukte nutzen wir in vielen Bereichen unseres Lebens: als Fensterglas, Trink- oder Marmeladengläser, Bildschirm oder Dämmmaterial. Diese Produktpalette zeigt die Vielfältigkeit der Glas- und Mineralfaserindustrie. Im Jahr 2010 wurden von der deutschen Glas- und Mineralfaserindustrie an circa 90 Hüttenstandorten knapp 7,5 Millionen Tonnen Glas hergestellt. Den größten Anteil an der Gesamtproduktion haben die Behälterglasindustrie mit 54 Prozent und die Flachglasindustrie mit 27 Prozent. Weitere wichtige Bereiche der Glasindustrie sind die Wirtschafts-, Spezialgläser und Glasfasern (einschließlich Glaswolle). Zu den Mineralfasern gehören neben der Glas- auch die Steinwolle sowie die Hochtemperaturwollen. Weitere spezielle Formen des Glases sind Fritten als Grundstoff für die Herstellung von Glasuren und Wasserglas für die Herstellung von Waschmitteln, die in vielen technischen Verfahren Anwendung finden.

Kreisdiagramm zum Anteil der Subsektoren an der Glasproduktion im Jahr 2011. Behälterglas hält den größten Anteil mit 54%, gefolgt von Flachglas mit 27%.
Anteile der Subsektoren an der Glasproduktion im Jahr 2011
Quelle: Umweltbundesamt
 

Herstellungsprozess und Umweltauswirkungen

Die Zusammensetzung von Glas kann sehr verschieden sein. Allen Gläsern gemeinsam ist jedoch, dass sie aus diversen natürlichen und synthetischen Rohstoffen sowie einigen Zuschlagstoffen bestehen. Die wichtigsten natürlichen Rohstoffe für die Herstellung von Glas sind Sand (Siliciumdioxid – SiO2), Kalkstein (Calciumcarbonat – CaCO3), Dolomit (CaMg(CO3)2), Feldspat ((Ba,Ca,Na,K,NH4)(Al,B,Si)4O8) sowie Eruptivgesteine wie Phonolith und Basalt für die Steinwolleproduktion.

Der wichtigste synthetische Rohstoff insbesondere bei der Hohl- und Flach- sowie Wasserglasherstellung ist Soda (Na2CO3). Des Weiteren werden für die Glasherstellung noch diverse Zuschlagstoffe wie Läuter-, Färbe- und Entfärbemittel verwendet. Von Bedeutung ist der Einsatz des Sekundärrohstoffs Altglas. Er hat seinen größten Anteil bei der Herstellung von Behälterglas (siehe „Recycling“).

Alle Ausgangsstoffe werden nach deren Vermischung im Gemengehaus über Transportbänder zur Glaswanne transportiert. Zur Vermeidung von Staubemissionen sind die Gemengehäuser geschlossen und mit einer Absaugvorrichtung versehen. Die Transportbänder sind ebenfalls zur Vermeidung von Staubemissionen eingehaust. In der Glaswanne wird das Gemenge abhängig von der entstehenden Glasart bei einer Temperatur zwischen 900 und 1600 Grad Celsius geschmolzen. Es steht dazu eine Vielzahl von Ofen- oder Wannentypen zur Verfügung. Grundsätzlich werden kontinuierlich arbeitende Wannen oder Öfen von diskontinuierlich arbeitenden unterschieden. Für Gläser, die in sehr geringem Umfang produziert werden, kommen in der Regel diskontinuierlich arbeitende Wannen oder Öfen zum Einsatz. Der Hafenofen ist ein Beispiel für die diskontinuierliche Herstellung von Glas. Dabei wird in speziellen Gefäßen (Häfen) das Glas zum Schmelzen gebracht. In einem Ofen können sich mehrere Häfen befinden, so dass verschiedene Gläser mit gleichen Schmelzbedingungen hergestellt werden können. Auch Tageswannen gehören zu den diskontinuierlichen Anlagen zur Glasherstellung, sind aber nur noch von sehr geringer Bedeutung, da die handwerkliche Glasherstellung zurückgeht.

Große Mengen an Glas werden in kontinuierlich betriebenen Wannen hergestellt, die in der Regel mit Gas oder Öl beziehungsweise einer Mischung der beiden Brennstoffe befeuert werden. Zusätzlich kann eine elektrische Heizung installiert sein. Kleinere Wannen können auch ausschließlich elektrisch beheizt werden. Um Energie einzusparen, sind diese Wannen meist mit einer Form von Luftvorwärmung und Wechselflammen ausgestattet. Dies hat in den vergangenen Jahren zu einer Steigerung der Energieeffizienz beziehungsweise Senkung des spezifischen Energiebedarfs geführt.

 

Der Herstellungsprozess

Trotz dieser und weiterer Maßnahmen wie die Wannenabdichtung gehört die Glasherstellung zu den energieintensiven Herstellungsprozessen. Entsprechend hoch sind auch die energiebedingten ⁠CO2⁠-Emissionen und durch die hohen Schmelztemperaturen auch die NOx-Emissionen. Weiterhin treten Staubemissionen sowie je nachverwendetem Heizöl SOx-Emissionen auf. Durch die fallfreie Gemengeeingabe in den Ofen sowie den Einsatz von elektrostatischen Abscheidern oder Gewebefiltern kann die Staubemission reduziert werden. Gleichzeitig kann der abgeschiedene Staub aus Rohstoffen zumeist auch wieder in der Glasschmelze eingesetzt werden. NOx-Emissionen werden meist mit Primärmaßnahmen wie Wannenabdichtung, Optimierung des Verbrennungsprozesses oder Brennstoff-Sauerstoff-Beheizung gemindert. Deutliche Minderungen der NOx-Emissionen können mit Sekundärmaßnahmen wie der Selektiven Katalytischen Reduktion (SCR) oder Selektiven Nichtkatalytischen Reduktion (SNCR) erreicht werden.

Nach dem Erschmelzen der Rohstoffe wird die Glasschmelze weiterverarbeitet. Dieser Teil des Herstellungsprozesses kann je nach Glasart und Produkt sehr unterschiedlich sein. Behältergläser werden in Formen geblasen oder gepresst, Flachgläser gewalzt beziehungsweise über ein Zinnbad (Floatbad) gezogen und Mineralwollen zerfasert.

Damit die verschiedenen Glasprodukte nach dem Formgebungsprozess nicht beim Abkühlen zerspringen, werden sie auf sogenannten Kühlbahnen spannungsfrei abgekühlt. Teilweise müssen die Produkte nach dem Formgebungsprozess sogar wieder erhitzt werden. Die Kühlbahnen sind dafür in der Regel mit Erdgasbrennern und/oder Gebläsen zum Einblasen der Umgebungsluft ausgerüstet. Die davon den Kühlbahnen ausgehenden energiebedingten Schadstoffkonzentrationen sind sehr gering.

Für Behälterglas erfolgt vor der Abkühlung noch ein anderer sehr wichtiger Schritt: die Heißendvergütung. Dabei werden nach der Formgebung Zinntetrachlorid oder Titantetrachlorid in einem über dem Transportband angeordneten Tunnel als Vergütungsmittel aufgesprüht. Die dadurch gebildete Zinn- beziehungsweise Titanoxidschicht hat eine festigende Wirkung und dient als Haftvermittler bei der Kaltendvergütung. Dort wird eine Wachsemulsion aufgesprüht, die den Reibungskoeffizienten der Gläser erniedrigt. Sowohl das überschüssige Zinn- und Titanoxid als auch die bei der Kaltendvergütung entstehende Salzsäure (HCl) werden abgesaugt, behandelt und anschließend über Kamine in die Umgebungsluft geleitet.

Neben den Emissionen entstehen auch noch Abwässer, die allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Kühlwässer, die zur Kühlung der verschiedenen Maschinen eingesetzt werden. Diese werden im Kreislauf geführt. Weiterhin entstehen Abwässer, wenn in der Weiterverarbeitung Teile geschliffen werden. Diese Abwässer sind dann mit Schleifpartikeln belastet, die durch Sedimentation entfernt werden können.

 

Recycling & Nachhaltigkeit

Recycling

Ein wichtiger „Rohstoff“ in der Behälter- und auch der Flachglasindustrie sind Scherben. In der Regel können in allen Produktionsstätten die Scherben wiedereingesetzt werden, die als Bruch während der Produktion entstehen. Zusätzlich dazu werden in der Behälterglasindustrie fast alle eigentlichen Rohstoffe durch Scherben ersetzt. Seit den 1970er-Jahren gibt es für diese Branche ein Sammelsystem, bei dem in der Regel nach drei Farben (weiß, braun, grün) Behälterglas getrennt gesammelt wird. Mit der Verpackungsverordnung von 1991 bekam dieses Sammelsystem einen rechtlichen Rahmen. Es wurde für Behälterglas eine Verwertungsquote von 75 Prozent festgelegt. Zwischenzeitlich wurde die Quote weiter angehoben. Mit Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes (VerpackG) zu Jahresbeginn 2019 müssen mindestens 80 Masseprozent des Behälterglases zur Wiederverwendung vorbereitet oder dem Recycling zugeführt werden. Ab dem Jahr 2022 steigt die Verwertungsquote für Behälterglas auf 90 Prozent.

Im Jahr 2006 hat jeder Bundesbürger im Durchschnitt 24 Kilogramm Altglas gesammelt und in Containern entsorgt. Insgesamt wurden in Deutschland 2,6 Millionen Tonnen Altglas gesammelt – davon 1,9 Millionen Tonnen in den privaten Haushalten. Bei einer Produktionsmenge von 3,9 Millionen Tonnen im gleichen Jahr mit einem Inlandsabsatz von 2,9 Millionen Tonnen Behälterglas betrug die Sammelquote circa 84 Prozent.

Nach der Sammlung werden die Altglasfraktionen in sogenannten Drei-Kammer-Fahrzeugen zur den Aufbereitungsanlagen gefahren, wo die Scherben von Störstoffen (Keramik, Steine, Porzellan etc.) befreit, farblich nachsortiert und granuliert werden. Von dort aus wird das Altglas-Granulat zu den Glashütten transportiert, wo es Rohstoffe ersetzt. Aber der Einsatz von Glasscherben trägt nicht nur zur Ressourcenschonung bei, er verringert auch noch die prozessbedingten ⁠CO2⁠-Emissionen und den Energieverbrauch. Pro ein Prozent Scherben werden 0,2 bis 0,3 Prozent Energie eingespart. Dies bedeutet eine zehnprozentige Einsparung bei einem Scherbeneinsatz von 50 Prozent, die in der Behälterglasindustrie durchschnittlich erreicht wird. Bei Grünglas kann der Scherbenanteil sogar über 70 Prozent liegen, da diese Glasfarbe einen relativ hohen Anteil an Fehlfarben toleriert.

Auf dem Weg zur Nachhaltigen Produktion in der Glasindustrie

Im sogenannten Brundtland-Report aus dem Jahre 1987 wurde der Begriff „Nachhaltige Entwicklung“ folgendermaßen definiert: „Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, dass die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können." Was bedeutet das nun für die Produktion von Glas und Mineralfasern? Bei einem solch energieintensiven Herstellungsprozess bedeutet dies, dass Glas- und Mineralwolle wohl niemals nachhaltig produziert werden kann. Nur eine Annäherung an dieses Ziel ist durch intensive Anstrengungen unter anderem bei der Energie- und Rohstoffeinsparung möglich. Viele Ansätze gibt es in diesem Bereich für die Industrie. Verschiedene Projekte wurden durchgeführt, um zum Beispiel durch die direkte Vorwärmung der Altglasscherben mit Abluft den Energieverbrauch in der Schmelze zu senken. Optimierungspotenziale im Bereich Scherbeneinsatz und -aufbereitung wurden ermittelt und realisiert. Aber noch gibt es hier einiges zu tun. Das Umweltbundesamt unterstützt die Weiterentwicklungen mit Investitionsprojekten.

Aber auch jeder Bürger kann einen Beitrag zur ⁠Nachhaltigkeit⁠ leisten. Kaufen Sie zum Beispiel Mehrwegflaschen , die bis zu 50-mal wieder befüllt werden können, bevor sie wieder eingeschmolzen werden. Wenn es sich nicht um regionale Spezialitäten handelt, verzichten Sie besser auf Flaschen mit speziellen Formen, Farben oder Prägungen. Denn diese müssen über lange Transportstrecken zu speziellen Brauereien zurückgebracht werden. Greifen Sie einfach zu sogenannten Einheitsflaschen, wie zum Beispiel der Perlglasflasche, die zum nächstgelegenen Abfüller zurückgebracht werden kann.

 

Gesetze und Innovationen

Gesetzliche Grundlagen

Anlagen zur Herstellung von Glas und Mineralfasern fallen unter das BImSchG. Nach der vierten Bundes-Immissionschutzverordnung (4. BImSchV ) ist für Anlagen zur Herstellung von 20 Tonnen Glas oder mehr pro Tag (Nummer 2.8) ein Genehmigungsverfahren gemäß Paragraf 10 BImSchG (mit Öffentlichkeitsbeteiligung) und für Anlagen zur Herstellung von weniger als 20 Tonnen Glas pro Tag ein vereinfachtes Verfahren gemäß Paragraf 19 BImSchG (ohne Öffentlichkeitsbeteiligung) vorgeschrieben. Für Anlagen zum Schmelzen mineralischer Stoffe (einschließlich Mineralfasern - Nummer 2.11) gilt das Gleiche.
Konkretisiert werden die Anforderungen an Anlagen zur Herstellung von Glas und Mineralfasern in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft ). Dabei handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, die die Vermeidung, die Minderung, die Erfassung, die Behandlung, die Messung sowie die Ableitung von Abgas regelt. Die Nummern 5.4.2.8 und 5.4.2.11 der TA Luft enthalten spezifische Anforderungen an Anlagen zur Herstellung von Glas und Mineralfasern. Dort befinden sich Emissionswerte für die relevanten Schadstoffe, die bei Einsatz bestimmter Herstellungsverfahren und Brennstoffe erreicht werden sollen. Sind in diesen anlagenspezifischen Teilen für bestimmte Parameter nur ergänzende oder keine Anforderungen festgelegt, gelten die allgemeinen Anforderungen der Nr. 5.2 ff. uneingeschränkt fort.
Die Abwässer aus der Glas- und Mineralfaserindustrie werden über die Abwasserverordnung (AbwV ) im Anhang 41 geregelt.
Für Behälterglas ist eine Recyclingquote von 80 Prozent und ab 2022 eine Recyclingquote von 90 Prozent im Verpackungsgesetz (VerpackG) festgelegt.
Die Anlagen zur Herstellung von Glas- und Mineralfasern mit einem Produktionsvolumen von 20 Tonnen pro Tag und mehr gehören zu den in Anhang 1 der IE-Richtlinie aufgeführten industriellen Tätigkeiten (Nummern 3.3 und 3.4). Ein BVT-Merkblatt , das die Besten Verfügbaren Techniken und die damit erreichbaren Emissionswerte beschreibt, gibt es ebenfalls für die Glasindustrie. Die Schlussfolgerungen über die besten verfügbaren Techniken (BVT) wurden als Durchführungsbeschluss der EU-Kommission veröffentlicht und derzeit in nationales Recht im Luft- und Abwasserbereich umgesetzt. Allgemeine Informationen zur ⁠IVU-Richtlinie⁠ und auch das BVT-Merkblatt zum Herunterladen finden Sie unter BVT.

Innovationen

Diverse innovative Verfahren im Bereich der Glas- und Mineralfaserindustrie sind im Portal „Cleaner Production Germany“  unter „Steine und Erden“ aufgelistet und beschrieben. Außerdem werden Bezugsquellen für die jeweiligen Abschlussberichte genannt. Das letzte Projekt trägt den Titel „Reduzierung der ⁠Emission⁠ von Gesamtkohlenstoff insbesondere Glykol in der Abluft der Glasfaserherstellung“. Den Abschlussbericht  können Sie herunterladen.
Um den Revisionsprozesse des BVT-Merkblattes für die Glasherstellung zu unterstützen, führte die Hüttentechnische Vereinigung der deutschen Glasindustrie e.V. (HVG) in den Jahren 2005 und 2006 ein Forschungsprojekt durch. Dabei sollte der Stand der Technik in der deutschen Glas- und Mineralfaserindustrie festgestellt werden. Die Ergebnisse werden für den Revisionsprozess des BVT-Merkblattes für die Glasindustrie in Sevilla verwendet.