Wie läuft die Zulassung eines Biozidproduktes ab?
Biozidprodukte, die in Deutschland auf dem Markt sind und bleiben sollen, müssen nach Biozid-Meldeverordnung (ChemBiozidMeldeV) bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gemeldet werden. Die entsprechende BAuA-Registriernummer muss auf dem Produktetikett aufgebracht sein - diese besteht aus einem Buchstaben (N-) und einer fünfstelligen Nummer. Nach erfolgter Zulassung des Produktes in Deutschland wird die Registrierungsnummer durch die Zulassungsnummer ersetzt.
Das Verfahren zur Risikobewertung von Bioziden ist zweistufig gestaltet: Zunächst werden Wirkstoffe, die in Biozidprodukten verwendet werden, in einem EU-weiten Verfahren geprüft und anschließend in eine Positiv-Liste (Unionsliste genehmigter Wirkstoffe) aufgenommen. Erst danach können Zulassungsanträge für Produkte gestellt werden, die diese bereits bewerteten und genehmigten Wirkstoffe enthalten. Für Biozidprodukte, die einen Altwirkstoff enthalten, der nicht genehmigt wurde, können nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung zur Nichtgenehmigung noch 12 Monate vermarktet und 18 Monate verwendet werden. Eine Ausnahme davon besteht, wenn bereits in der Entscheidung ein konkretes Datum für das Ende der Vermarktungsfähigkeit genannt wird.
Der Antrag auf Zulassung eines Biozidproduktes wird vom Hersteller in einem EU-Land seiner Wahl gestellt. Dieser Mitgliedstaat (Referenzmitgliedstaat) bewertet das Produkt und erteilt eine Zulassung, die zunächst nur in diesem Staat gilt (Erstzulassung). Die Anerkennung der Erstzulassung durch andere Mitgliedstaaten (gegenseitige Anerkennung) kann entweder parallel zur Erstzulassung beantragt werden oder erst nach erfolgter Zulassung im Referenzmitgliedstaat. Die Staaten, die eine Zulassung anerkennen sollen, müssen prüfen, ob der Erstzulassung gefolgt werden kann. Diese Prüfung erfolgt innerhalb einer Frist von maximal 120 Tage. Die Mitgliedstaaten können während dieser Frist Kommentare und Einwände an den erstzulassenden Mitgliedstaat übermitteln. Somit wird gewährleistet, dass die Zulassung eines Produktes in mehreren Mitgliedstaaten auf harmonisierten Bewertungsgrundsätzen beruht. Erst wenn zwischen allen beteiligten Mitgliedstaaten Konsens erreicht wurde, werden die nationalen Zulassungen in den betroffenen Mitgliedstaaten ausgesprochen. Biozidprodukte werden für einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren genehmigt, wenn im Bewertungsbericht gezeigt wird, dass von der vorgesehenen Anwendung keine unannehmbaren Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt ausgehen. Ergibt dagegen die Bewertung ein unannehmbares Risiko für Mensch oder Umwelt, können Auflagen und Bedingungen für die festgelegt werden, um das Risiko negativer Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren. Gibt es für die betrachtete Anwendung keine sinnvollen und umsetzbaren Risikominderungsmaßnahmen, kann das Produkt nicht genehmigt werden.
Im Zulassungsverfahren wird ein Enddatum festgelegt, bis wann das entsprechende Produkt zugelassen ist. Soll das Biozidprodukt auch über das Ende der Erstzulassung weiter vermarktungsfähig bleiben, muss der Antragsteller einen Antrag auf Verlängerung der nationalen Zulassung und der damit gegebenenfalls verbundenen gegenseitigen Anerkennungen in anderen Mitgliedstaaten stellen.
Vereinfachte Zulassung und Unionszulassung
Gemäß Artikel 25 der Biozid-Verordnung gibt es des Weiteren die Möglichkeit einer vereinfachten Zulassung für Biozidprodukte. Diese enthalten Wirkstoffe, die in den Anhang 1 der Verordnung aufgenommen wurden. Diese Wirkstoffe geben keinen Grund zur Besorgnis, das heißt sie sind zum Beispiel nicht als gefährlich für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt eingestuft. Zu diesen Wirkstoffen gehören unter anderem Stoffe, die auch als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen sind (zum Beispiel Essigsäure) oder traditionell verwendete Stoffe natürlichen Ursprungs wie Lavendel- oder Pfefferminzöl. Des Weiteren dürfen Biozidprodukte, die das Verfahren der vereinfachten Zulassung durchlaufen sollen, keine bedenklichen Beistoffe und keine Nanomaterialien enthalten, müssen ausreichend wirksam sein und für die Anwendung der Produkte darf keine persönliche Schutzausrüstung erforderlich sein.
Für Biozidprodukte, für die in der gesamten EU ähnliche Verwendungsbedingungen gelten, können Antragsteller eine Unionszulassung beantragen. Diese Zulassung hat Gültigkeit in der gesamten EU, gegenseitige Anerkennungen sind nicht notwendig. Einige Produktarten (zum Beispiel Rodentizide, Mittel zur Bekämpfung von Vögeln, Fischen oder sonstigen Wirbeltieren sowie Antifoulingmittel) sind jedoch von dieser Form der Zulassung ausgenommen.
Vorgaben für das Produktetikett
Für Biozidprodukte müssen, entsprechend den Vorgaben der Biozid-Verordnung (Artikel 69), besondere Vorschriften zur Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung beachtet werden. Auf dem Produkt-Etikett muss daher unter anderem angegeben werden, welche Wirkstoffe in welchen Konzentrationen enthalten sind. Weiterhin muss auch die Art der Produktformulierung (zum Beispiel Gel, Granulat), Angaben zu den Aufwandmengen und dem Verwendungszweck (zum Beispiel Anwendung gegen Ameisen auf Terrassen) beschrieben sein. Wichtig sind auch die Angaben zur sicheren Entsorgung des Produktes beziehungsweise von Produktresten sowie Informationen über besondere Gefahren für die Umwelt.
Die Angaben müssen deutlich sichtbar und lesbar sowie unverwischbar und in deutscher Sprache angebracht sein. Ist ein Biozidprodukt gemäß der europäischen Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung (CLP-Verordnung, VO (EG) Nr. 1272/2008) als „Gewässergefährdend“ (akut gewässergefährdend der Kategorie 1 bzw. chronisch gewässergefährdend der Kategorien 1 ("Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung") oder 2 ("Giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung") eingestuft, findet sich der entsprechende Hinweis in Form eines Piktogramm (GHS09 für die Umwelt) deutlich sichtbar auf dem Etikett.