Recht der Oberflächengewässer

Der Schutz der Oberflächengewässer wird durch ein Zusammenspiel verschiedener Vorschriften auf europäischer und nationaler Ebene gewährleistet. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), die detaillierte Bewirtschaftungsvorgaben zur Nutzung der Gewässer beinhaltet, bildet den Kern. Deren Anforderungen wurden durch das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in nationales Recht umgesetzt.

Das grundlegende Bewirtschaftungskonzept der EU-⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠ (WRRL) für Oberflächengewässer findet sich in den Paragrafen 27 bis 31 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) wieder. Geregelt werden hier die für Oberflächengewässer zu erreichenden Bewirtschaftungsziele: guter ökologischer Zustand bzw. Potenzial und guter chemischer Zustand, einschließlich der einzuhaltenden Fristen sowie der zulässigen Ausnahmen.

Im Hinblick auf die umfangreichen Vorgaben des EU Rechts hat das WHG die Regelung wichtiger Detailfragen zur Bewirtschaftung der Oberflächengewässer auf die Verordnungsebene verlagert. Nach § 23 Absatz 1 Nummern 1 bis 3 und 8 bis 12 sowie Absatz 2 des WHG sind konkrete Anforderungen an die Gewässereigenschaften, an die Benutzung von Gewässern sowie Ermittlung, Beschreibung, Festlegung und Einstufung sowie Darstellung des Gewässerzustands durch eine Bundesverordnung zu regeln. Dasselbe gilt für die Überwachung der Gewässereigenschaften, die Anforderungen an Messmethoden und –verfahren sowie die wirtschaftliche Analyse.

Auf Grundlage dieser Ermächtigung wurde am 20. Juni 2016 die Verordnung zum Schutz der Oberflächengewässer verabschiedet (Oberflächengewässerverordnung – OGewV). Die Verordnung regelt bundeseinheitlich die detaillierten Aspekte des Schutzes der Oberflächengewässer und enthält Vorschriften zur Kategorisierung, Typisierung und Abgrenzung von Oberflächenwasserkörpern entsprechend den Anforderungen der WRRL. Damit führt die Verordnung die Vorgaben der OGewV 2011 fort und ergänzt diese um neue europarechtliche Vorgaben.

Die wesentlichen Neuregelungen und Änderungen gegenüber 2011 sind:

  1. Bestandsaufnahme/Ergänzung der Stofflisten:

Die Regelungen über die Bestandsaufnahme der Emissionen, der Einleitungen und der Verluste prioritärer Stoffe und bestimmter anderer Schadstoffe, die der Umsetzung entsprechender Vorgaben aus der Richtlinie 2008/105/EG dienen, werden ergänzt (§ 4 Absatz 2 OGewV). So werden nunmehr Informationen zu Stoffeinträgen aus Abwassereinleitungen und Modellbetrachtungen zur Analyse von Eintragspfaden und der ⁠Exposition⁠ erhoben, um ein umfassendes Bild der Risiken und Belastungen der Oberflächengewässer zu erzeugen.

Die entsprechenden Stofflisten werden fortgeschrieben, d. h. um Stoffe und neue Umweltqualitätsnormen aus der durch die Richtlinie 2013/39/EU geänderten Richtlinie 2008/105/EG (im Folgenden geänderte UQN-RL) ergänzt (Anlage 8 OGewV). Die Umweltqualitätsnormen sind mit Blick auf die Erreichung der Bewirtschaftungsziele auch im Rahmen von Bewirtschaftungsentscheidungen, insbesondere bei der Erteilung von Erlaubnissen für Gewässerbenutzungen nach § 9 Absatz 1 Nummer 4 WHG, zu berücksichtigen. Sie dienen auch der Ableitung von Maßnahmen zur Einhaltung der Bewirtschaftungsziele nach § 27 des WHG.

Die bisherige Liste flussgebietsspezifischer Schadstoffe wird gestrafft; die Umweltqualitätsnormen wurden hinsichtlich ihrer Risikorelevanz überprüft und - soweit zur Umsetzung der ⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠ erforderlich – unter Berücksichtigung des Standes der Wissenschaft fortgeschrieben (Anlage 6 OGewV). Die Fristen bei den neu identifizierten Stoffen und den aktualisierten Umweltqualitätsnormen werden an die Fristen der Bewirtschaftungsplanung (§ 84 Absatz 1 WHG) angepasst.

  1. Interkalibrierung:

Der Beschluss 2013/480/EU der Kommission zur Interkalibrierung wird in § 5 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 5 der OGewV in deutsches Recht überführt. Damit soll die Vergleichbarkeit der biologischen Überwachungsergebnisse als grundlegendes Element zur Einstufung des ökologischen Zustands zwischen den Mitgliedstaaten gewährleisten werden.

  1. Anforderungen chemischer Zustand/Fristen:

Die Anforderungen zur Erreichung des guten chemischen Zustands bei überarbeiteten Umweltqualitätsnormen und Umweltqualitätsnormen für neue Stoffe dienen dazu, die entsprechenden Vorgaben aus der geänderten UQN-RL umzusetzen (§ 7 OGewV).

  1. Überwachung:

Die Vorschrift zu Methoden zur Überwachung bestimmter Qualitätskomponenten des ökologischen Zustands bzw. Potenzials ist neu und setzt den durch die Richtlinie 2014/101/EU novellierten Anhang V Nummer 1.3.6 der WRRL um (§ 9 Absatz 1 OGewV). Damit sollen konsistente und EU-einheitliche Überwachungsverfahren mit dem Ziel der Vergleichbarkeit der Informationen erreicht werden.

Neu sind zudem Vorschriften zur Überwachung von Stoffen der Beobachtungsliste. Mit diesen Regelungen werden ebenfalls die entsprechenden Vorgaben aus der geänderten UQN-RL in deutsches Recht umgesetzt (§ 11 in Verbindung mit Anlage 11 OGewV). Mit der Beobachtungsliste sollen in allen Mitgliedstaaten Belastungsdaten erhoben werden, die eine Ableitung von EU-relevanten UQN bei zukünftiger Überarbeitung der Richtlinie über prioritäre Stoffe ermöglichen soll.

  1. Kartendarstellung:

Die Regelungen für die kartografische Darstellung der Zustandsbewertung auf der Grundlage der Gewässerüberwachung werden dahingehend ergänzt, dass der chemische Zustand in weiteren Karten dargestellt werden kann (§ 12 Absatz 2 OGewV). Diese Ergänzung dient der Umsetzung der geänderten UQN-RL in deutsches Recht und dient ebenfalls der Vergleichbarkeit innerhalb der EU bei der Darstellung der Daten.

  1. Ergänzung Bewirtschaftungspläne/Portal:

Mit den neuen Vorschriften zu zusätzlichen Inhalten der Bewirtschaftungspläne und zu einem elektronisch zugänglichen Portal werden ebenfalls die entsprechenden Vorgaben aus der geänderten UQN-RL in deutsches Recht umgesetzt (§ 13 OGewV). Dies dient Einheitlichkeit und der verbesserten Berichterstattung an die Kommission.

  1. Reduzierung Stickstoffbelastung (Küstengewässer)

Die Verordnung trifft neue Regelungen zur Reduzierung der Stickstoffbelastung (§ 14 OGewV). Es werden Jahresmittelwerte für Gesamtstickstoff festgelegt, die insbesondere an den Übergangsstellen limnisch/marin gelten. Damit setzt die Verordnung Werte fest, die bei der Bewirtschaftung der Flussgebiete für das Erreichen des guten Zustands der Übergangs- und Küstengewässer nach der WRRL eingehalten werden müssen. Ziel ist der Schutz der Meere vor Verschmutzung/⁠Eutrophierung⁠ durch Stickstoff.

  1. Physikalisch-chemische Qualitätskomponenten

Die überarbeiteten Vorgaben zu den allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten (Anlage 7 OGewV) tragen den verbesserten Erkenntnissen zu den Anforderungen an den guten bzw. sehr guten ökologischen Zustand oder das gute bzw. höchste ökologische Potenzial Rechnung. Erstmalig wurden biologische Daten, die mit den WRRL-konformen Verfahren erhoben wurden, mit den physikalisch-chemischen Parametern nach Anlage 3 Nummer 3.2. OGewV in Beziehung gesetzt. Die neuen Werte entsprechen nun dem aktuellen Stand des Wissens.

Gewässerrandstreifen

Eine wichtige Regelung zum Schutz der Oberflächengewässer vor Stoffeinträgen (vor allem vor Pestiziden und Düngemitteln) ist die Regelung in § 38 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) zu den ⁠Gewässerrandstreifen⁠. Diesen haben die Bundesländer in ihren Landeswassergesetzen unterschiedlich umgesetzt. Eine Übersicht über diese Regelungen finden Sie hier.