Bergrecht

Kohlebagger im Kohletagebauzum Vergrößern anklicken
Auch die Gewinnung von Braunkohle im Tagebau unterliegt dem Bergrecht
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Jede industrialisierte Volkswirtschaft ist auf die sichere Versorgung mit Rohstoffen angewiesen. Gerade produzierende Industriezweige, das Baustoffgewerbe und auch die Energiewirtschaft benötigen immense Rohstoffmengen. Aus diesem Grund baut Deutschland heimische Lagerstätten ab und importiert außerdem in erheblichem Umfang die im Inland nicht verfügbaren Rohstoffe und Halbzeuge.

Inhaltsverzeichnis

 

Entwicklung und Herausforderung aus Sicht des Umwelt- und Ressourcenschutzes

Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Bundesberggesetz (BBergG) im Jahre 1982 die unübersichtliche Zahl von landesgesetzlichen Vorschriften zum Bergbau in ein einheitliches, wenn auch nicht abschließendes Regelungsregime überführt. Einige im Tagebaubetrieb gewonnene Bodenschätze, die vor allem für die Bauindustrie bedeutsam sind, wie bspw. bestimmte Kiese, Sande und Steine, werden weiterhin in den Abgrabungsgesetzen und anderen Rechtsvorschriften der Länder geregelt. Nur soweit sie unter Tage oder im Bereich des Festlandsockels sowie des Küstenmeeres gewonnen werden, greifen die Vorschriften des BBergG auch für sie.

Das BBergG dient vor allem dazu, die sichere Versorgung des Marktes mit Rohstoffen über ein effizientes Konzessions- und Genehmigungsverfahren zu fördern. Dies wird besonders deutlich durch die sogenannte Rohstoffsicherungsklausel. Hiernach sind öffentlich-rechtliche Vorschriften, die der Aufsuchung und der Gewinnung von Rohstoffen entgegenstehen, nur soweit anzuwenden, dass der Bergbau in möglichst geringem Maße beeinträchtigt wird.

Aus Umweltschutzsicht erweist sich das BBergG über die Jahrzehnte seines Bestehens als erstaunlich undurchlässig für die Integration von umwelt- und naturschutzrechtlichen Anforderungen. Bis auf die zwingende Umsetzung europarechtlicher Vorgaben, wie z. B. der europäischen Richtlinie 85/337/EWG zur Einführung einer ⁠Umweltverträglichkeitsprüfung⁠ für bestimmte bergbauliche Tätigkeiten, hat der Bundesgesetzgeber bisher wenig Reformwillen erkennen lassen. Es war daher im Wesentlichen die höchstrichterliche Rechtsprechung, die zur Klärung der Anwendung und Reichweite von Umweltvorschriften sorgte sowie Maßstäbe für die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Rechtsschutz im bergrechtlichen Verfahren setzte. In andere fachrechtliche Materien, wie bspw. das Bundesimmissionsschutzgesetz, wurden kontinuierlich auch Anforderungen des Umweltschutzes in den Regelungsgehalt integriert oder hinreichend klarstellende Schnittstellen zur Beachtung von umwelt- und naturschutzrechtlichen Anforderungen geschaffen.

Dabei ist der Bergbau regelmäßig mit unvermeidlichen und oftmals erheblichen Eingriffen in Natur, Landschaft und ⁠Biodiversität⁠ verbunden und kann auch zu Belastungen für die in den Bergbauregionen lebenden Menschen (zum Beispiel durch Feinstäube von Tagebauen, Rissbildungen an Wohnhäusern, Tagbrüche sowie Enteignungs- und Umsiedlungsmaßnahmen) führen. Es bedarf daher noch weiterer Anstrengungen, um bergbaubedingte negative Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt zu reduzieren. Auch die Folgenbewältigung stellt eine große Herausforderung dar: beispielhaft zu nennen sind langfristig abgesenkte Grundwasserleiter, Bodensenkungen und Hebungen, dauerhafter Verlust der natürlichen Bodenfruchtbarkeit auch bei abgeschlossener Renaturierung der von Tagebauen genutzten Flächen, eingeschränkte Nutzbarkeit von Wasserkörpern wegen ⁠Versauerung⁠ und Verockerung oder von Flächen wegen ungenügender Festigkeit der aufgeschütteten Böden. Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist daher neben bergtechnischen Maßnahmen auch der rechtliche Rahmen für den Bergbau zu prüfen und weiterzuentwickeln, um dessen negative Auswirkungen auf Anlieger und die Umwelt weiter zu verringern und insbesondere auch die Folgenbewältigung nach Beendigung der Abbautätigkeiten zu verbessern und finanziell abzusichern.

 

Gesetzessystematik und Anknüpfungspunkte für Umwelt- und Ressourcenschutz

Eine Besonderheit im bergrechtlichen Regelungsinstrumentarium ist die grundsätzliche Unterscheidung zwischen sog. bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen. Das Gesetz benennt in einem abschließenden Katalog, welcher Bodenschatz welcher Kategorie unterfällt, wobei grundsätzlich die wirtschaftlich interessanteren Bodenschätze als bergfrei eingestuft werden. Folge ist, dass bergfreie Bodenschätze dem Grundeigentum nicht zugerechnet werden, sondern das Recht zu ihrer Aneignung in einem eigenständigen Verwaltungsverfahren (Berechtigungsverfahren) vor Erteilung von Betriebsgenehmigungen übertragen werden muss. Vorteil dieses Rechtskonstrukts ist jedoch, dass der Staat an die Vergabe und Ausnutzung der Konzessionen Abgabenpflichten geknüpft hat, die mit entsprechender gesetzgeberischer Lenkungsfunktion versehen, auch umwelt- und ressourcenschonendere Explorations- und Abbautätigkeiten fördern könnten. Z. B. kann die Abgabepflicht schon heute reduziert oder sogar auf sie verzichtet werden, damit eine im Abbau befindliche Lagerstätte vollständig ausgefördert werden kann, was ansonsten für den Betreiber unwirtschaftlich wäre.

Das bergbauliche Berechtigungsverfahren funktioniert nach dem „Windhundprinzip“. Die Abbauunternehmen stecken ihre „Claims“ ab und haben mit Antragstellung grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung von Aufsuchungserlaubnissen, Gewinnungsbewilligungen oder der Verleihung von Bergwerkseigentum. Prinzipiell können sie schon ab Erteilung des Erlaubnisbescheides exklusiv auf die vermutete Lagerstätte zugreifen, womit bereits eine zeitlich befristete Vorentscheidung zugunsten einer bestimmten Nutzung des Untergrundes getroffen wurde. Ein Ermessen der zuständigen Bergbaubehörde oder Beteiligung der Öffentlichkeit sind im BBergG hierbei nicht vorgesehen. Auf diese Weise wird der Konflikt zwischen den Interessen von betroffenen Grundstückseigentümern und den Gewinnerzielungsinteressen der Unternehmen in vielen Fällen schon vor Zulassung des eigentlichen Abbaubetriebes zugunsten Letzterer entschieden. Denn mit Erteilung von Berechtigungen für das Aufsuchen und Gewinnen bergfreier Bodenschätze wird auch die Rechtsstellung der Bergbauunternehmen weiter gestärkt. Neben ihrer über Artikel 12 Absatz 1 GG geschützten Freiheit zur Ausübung bergbaulicher Tätigkeiten wird ihnen mit Erteilung der Bergbauberechtigungen ein nach Artikel 14 Absatz 1 GG geschütztes Recht am bergfreien Bodenschatz mit der Wirkung übertragen, dass die Ausübung dieses Rechtes nicht unwahrscheinlich oder gar von vornherein unmöglich sein darf. Sollte sich herausstellen, dass die Gewinnung des Bodenschatzes ohne Zugriff auf fremde Grundstücke nicht möglich ist, gewährt die Gewinnungsbewilligung zudem auch das Recht, die spätere Grundabtretung (bergrechtliche Enteignung) zu verlangen.
 
Der frühzeitigen Übertragung des Rechts zur Aneignung des bergfreien Bodenschatzes steht keine entsprechende frühzeitige Rechtsschutzmöglichkeit des evtl. betroffenen Grundstückseigentümers gegenüber. Dieser ist weitgehend darauf beschränkt, sich erst im zeitlich nachgelagerten Grundabtretungsverfahren, zumeist wird der Abbaubetrieb dann schon viele Jahre durchgeführt, substantiell gegen seine drohende Enteignung mit Rechtsmitteln zu wehren. Aber auch für bergbaubedingte Schäden am Oberflächeneigentum ist der bergrechtliche Rechtsschutz historisch geprägt durch den Grundsatz des „dulde und liquidiere“ und damit aus Sicht der betroffenen Grundstückseigentümer durchaus verbesserungsbedürftig. Eine Stärkung des Rechtsschutzes hat nicht der Gesetzgeber, sondern das Bundesverwaltungsgericht mit seiner Entscheidung (Az: 7 C 11.05) aus dem Jahre 2006 bewirkt, die mittlerweile auch vom Bundesverfassungsgericht in seiner Garzweiler-Entscheidung von 2013 (Az: 1 BvR 3139/08; Az: 1 BvR 3386/08) bestätigt wurde. Geschützte Eigentümerinteressen können nach Auffassung der Senate bereits bei der Zulassung eines Rahmenbetriebsplans gerügt werden und müssen damit bereits auf dieser Verfahrensstufe von der Bergbehörde ermittelt und in die Interessenabwägung eingestellt werden. Es ändert sich jedoch nichts daran, dass die faktische Entscheidung über das „Ob“ des Abbaus oftmals zu einem früheren Zeitpunkt gefallen ist und Rechtsmittel zum Beispiel gegen die Umsiedlung von Betroffenen vor dem Hintergrund eines bereits laufenden Bergbaubetriebes regelmäßig kaum Aussicht auf Erfolg haben dürften.

Eine weitergehende Vorverlagerung des Rechtsschutzes auf die Verfahrensstufe der Berechtigungserteilung könnte geeignet sein, die Effektivität des Rechtsschutzes und die Rechtssicherheit im bergrechtlichen Verfahren insgesamt zu erhöhen. Dies könnte sich nicht nur zugunsten der potentiell Bergbaubetroffenen auswirken, sondern auch zu mehr Rechts- und Investitionssicherheit für die Bergbautreibenden führen. Diese müssen nach bisheriger Rechtslage fürchten, dass bereits zugelassene und ggf. seit vielen Jahren mit entsprechend erheblichen Investitionsaufwand in Betrieb befindliche Vorhaben gerichtlich abgeändert oder sogar gestoppt werden könnten. Aus Sicht des Umweltschutzes kommt gerade auch den nach § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) anerkannten und mit Mitwirkungs- und Klagerechten ausgestatteten Umwelt- und Naturschutzvereinigungen eine wichtige Kontrollfunktion zu. Als professionelle Sachwalter von Umweltbelangen können sie sich frühzeitig mit umwelt- und naturfachlichen Stellungnahmen in das gestufte bergrechtliche Zulassungsverfahren einbringen und damit einen Beitrag dafür leisten, den Vollzug von Umweltschutzvorschriften auch im Bergbau zu verbessern.

 

Gesetzesänderungen

Nach einem zunächst gescheiterten Anlauf in der 17. Legislaturperiode hat die Bundesregierung im Frühjahr 2015 erneut ein Vorschriftenpaket zur Regelung von „Fracking“ (BT-Drs. 18/4713, 18/4714, 18/4949, 18/4952, 18/8916, 18/8907) zur Abstimmung in den Bundestag eingebracht. Mit Verspätung von mehr als einem Jahr wurde das Paket, in dem auch der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen vom 23.04.2015 (BT-Drs. 18/4714) enthalten ist, verabschiedet. Damit wird die Beweiserleichterung zumindest auf die genannten Fälle des Bohrlochbergbaus und Kavernenspeicher-Nutzungen ausgedehnt. Es bleibt aber auch künftig dabei, dass potentiell Geschädigte von Bergbautätigkeiten im Tagebau die vollständige Beweislast dafür tragen, dass Schäden an ihrem Eigentum von tagebauspezifischen Tätigkeiten (bspw. Grundwasserabsenkung) und infolge dessen Bodensenkungen auf Grundstücken in der Umgebung der Tagebaue verursacht wurden. Der Nachweis eines Ursache-/Wirkungszusammenhangs dürfte für die potentiell Geschädigten schwierig und finanziell aufwendig sein.

Mit der zunehmenden Nutzung des Untergrundes (zum Beispiel Speichermedium, natürliche Senke, Tiefengeothermie, ⁠CCS⁠-Prozesskette) oder des Einsatzes unkonventioneller - bislang nicht oder nur unzureichend erprobter - Bergbautechnologien (bspw. Fracking in bestimmten geologischen Schichten, tertiäre Ölförderung) sind künftig neue Konflikte mit geschützten nachbarlichen Interessen und weitere Risiken für die Umwelt absehbar, die einer stärker am Vorsorgeprinzip ausgerichteten Regulierung durch den Bundesgesetzgeber bedürfen. Hinsichtlich des Einsatzes von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen aus Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein sowie Kohleflözgestein hat der Bundesgesetzgeber reagiert und das Wasserhaushaltsgesetz, das BBergG und andere untergesetzliche Vorschriften punktuell angepasst. Weiterführende Informationen zu Umweltwirkungen und Rechtsänderungen bzgl. „Fracking“ können Sie hier nachlesen.

 

Forschung / Aktivitäten des UBA

Nach Jahrzehnten punktueller Gesetzesanpassungen, einer immer unübersichtlicheren Judikatur und sich aufgrund der Energiewende- und Klimaschutzpolitiken der Bundesregierung ändernder Rahmenbedingungen für den Bergbau, wird von Vertretern aus der Wissenschaft, den Ländern, Verbänden und auch vom Umweltbundesamt (vgl. ⁠UBA⁠-Positionspapiere) eine umfassendere Reform des BBergG gefordert, auch unter dem Aspekt des effektiveren Schutzes endlicher abiotischer Ressourcen. So ist zum Beispiel nach Auffassung des Umweltbundesamtes zu untersuchen, wie die rechtliche Steuerung der Gewinnung und des Einsatzes von Rohstoffen in Deutschland weiterentwickelt werden kann, so dass sowohl der Bedarf heutiger als auch künftiger Generationen gedeckt wird und hohe Umwelt- und Arbeitsschutzstandards effektiv eingehalten werden. Aufgrund der hohen Importabhängigkeit Deutschlands arbeitet das Umweltbundesamt zudem an Maßnahmen und Instrumenten, wie die mit der Rohstoffgewinnung in Entwicklungs- und Schwellenländern häufig verbundenen Umweltbelastungen und Menschenrechtsverletzungen möglichst vermieden und wirksam verringert werden können.

Rechtswissenschaftliche Forschungsvorhaben des Umweltressorts zum Themenbereich

  • Entwicklung eines Regelungskonzeptes für ein Ressourcenschutzrecht des Bundes

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  • Rechtliche Instrumente des allgemeinen Ressourcenschutzes – (FKZ 3711 18 102 veröffentlicht in UBA-Texte 23/2017)

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  • Instrumente zur umweltverträglichen Steuerung der Rohstoffgewinnung / INSTRO - FKZ: 3715 17 105 0

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  • Internationale Governance für eine umweltgerechte Rohstoffversorgung / InGoRo – FKZ: 3716 32 103 0

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  • Politikempfehlungen für eine verantwortungsvolle Rohstoffversorgung Deutschlands als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung: Teil 1 – Handlungsvorschläge für eine umwelt- und ressourcenschonende Rohstoffgewinnung in Deutschland

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  • Umweltverträgliche Nutzung des Untergrundes und Ressourcenschonung

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  • Positionspapier Ressourcenschutzrecht

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  • Umweltverträgliche Nutzung des Untergrunds und Ressourcenschonung – Anforderungen an die untertägige Raumordnung und das Bergrecht (Dokumentation der Fachtagung am 25. November 2014 in Kassel)

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  • UBA-Fachtagung „Umweltverträgliche Nutzung des Untergrunds und Ressourcenschonung – Anforderungen an die untertägige Raumordnung und das Bergrecht“ am 25. November 2014

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