Fragen und Antworten zur Wasserwiederverwendung

Die Wiederverwendung von aufbereitetem Abwasser kann helfen, Wasserknappheit zu verringern. Aber wiederverwendetes Wasser kann Krankheitserreger und Schadstoffe enthalten. Fragen und Antworten zum Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission vom 28. Mai 2018.

Inhaltsverzeichnis

 

1. Was ist Wasserwiederverwendung?

Eigentlich verwenden wir Wasser kontinuierlich wieder. Schließlich ist alles Wasser Teil eines großen Wasserkreislaufs. Wenn also von Wasserwiederverwendung gesprochen wird, ist damit die vom Menschen bewusst gesteuerte Verwendung von Abwasser in kleineren Kreisläufen gemeint, um regionalen Knappheiten zu begegnen. Dies kann durch die in Deutschland bereits weithin gebräuchliche Kreislaufführung von Wasser bei industriellen Produktionsvorgängen geschehen, aber auch durch die Nutzung von aufbereitetem Wasser für die landwirtschaftliche Bewässerung.

Dafür wird das Wasser nach einer konventionellen Behandlung in der Kläranlage für den weiteren Verwendungszweck zusätzlich aufbereitet.

Die Verordnung (EU) 2020/741 über Mindestanforderungen für die Wasserwiederverwendung adressiert nur die Bewässerung mit aufbereitetem Wasser in der Landwirtschaft.

 

2. Welche Risiken bestehen bei der Bewässerung mit aufbereitetem Wasser?

Als Kommunalabwasser wird das Abwasser bezeichnet, das entsprechend der europäischen Kommunalabwasserrichtlinie 91/271/EWG in kommunalen Kläranlagen behandelt wird. Dies umfasst Abwasser aus Haushalten, Regenwasser (bei Mischkanalisation) sowie Abwasser einiger ausgewählter Industriebranchen (siehe Anhang III von 91/271/EWG z.B. Herstellung von Obst- und Gemüseprodukten und Getränken).

Das kommunale Abwasser enthält Krankheitserreger sowie Nährstoffe, Metalle sowie chemische Schadstoffe. Werden diese nicht ausreichend aus dem Abwasser entfernt, ergeben sich Gefährdungen für die menschliche Gesundheit, Boden, Grundwasser, Pflanzen und Tiere.

Die heute in Deutschland übliche dreistufige Abwasserbehandlung ist für die Reduzierung von Nährstoffen optimiert worden, weshalb schwer abbaubare Schadstoffe (z. B. Schwermetalle, polyzyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (⁠PAK⁠) und andere organische Mikroverunreinigungen) nicht vollständig eliminiert werden. Bakterien werden in konventionellen Kläranlagen um 2-3 Zehnerpotenzen reduziert. Da die Konzentrationen aber im ungereinigten Abwasser sehr hoch sind, sind im Kläranlagenablauf auch nach dreistufiger Abwasserbehandlung noch relevante Mengen an Bakterien enthalten.

Somit hängt das Risiko bei der Nutzung von aufbereitetem Abwasser zum einen deutlich von den eingesetzten Abwasseraufbereitungsverfahren ab. Zum anderen spielt die mögliche ⁠Exposition⁠ der Umwelt und Menschen eine Rolle – z-B. ist die Gefährdung für den Menschen bei rohverzehrten Lebensmitteln höher als bei gekochten oder verarbeiteten Produkten, die mögliche Verunreinigungen des Grundwassers hängt u.a. von Boden und ⁠Klima⁠ ab. Untersuchungen belegen, dass Wasserwiederverwendung Grundwasserverunreinigungen (z.B. mit Arzneimitteln) verursachen kann. Im Interesse des nachhaltigen Grundwasser- und Bodenschutzes muss Wasserwiederverwendung daher dem Vorsorgeprinzip Folge leisten.

Für weitere Ausführungen zu den möglichen Risiken durch Wasserwiederverwendung siehe auch UBA-Texte 34/2016.  

 

3. Wo wird schon heute aufbereitetes Wasser für die Bewässerung genutzt?

Wasserwiederverwendung wird vor allem in semi-ariden und ariden Regionen genutzt.

Eines der führenden Länder ist Israel, wo schon seit den 1950er Jahren Abwasser für eine weitere Nutzung recycelt wird. Rund 75–80 Prozent des Abwassers wird dort aufbereitet und deckt über die Hälfte des landwirtschaftlichen Bedarfs. Auch in den USA, vor allem in Kalifornien, und Australien bestehen langjährige Erfahrungen im Bereich der Wasserwiederverwendung für die Bewässerung von Grünflächen und Landwirtschaft sowie der Grundwasseranreicherung. In Windhoek, Namibia, wird seit 1969 Abwasser für Trinkwasserzwecke aufbereitet. Innerhalb der EU ist Spanien mit über 500 Millionen Kubikmetern pro Jahr das Land mit der größten Menge an aufbereitetem Abwasser, das einer weiteren Nutzung zugeführt wird (BIO 2015). Ebenso besteht diese Praxis in Portugal, Italien, Griechenland, Zypern und Frankreich – in unterschiedlichem Umfang und für verschiedene Anwendungsmöglichkeiten, die in nationalen Gesetzen beziehungsweise Normen geregelt sind. Darüber hinaus bestehen auch außerhalb der mediterranen Mitgliedstaaten Erfahrungen. Zum Beispiel werden in Torreele, Belgien, 2,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr aufwendig aufbereitetes Abwasser zur Grundwasseranreicherung für die indirekte Trinkwassergewinnung genutzt.

Um bestehende Risiken für Umwelt und Gesundheit von Mensch und Tier zu verhindern, bestehen internationale (z.B. ISO 16075) und nationale Regelwerke (z.B. US EPA 2012; NHMRC 2006). Innerhalb der EU haben bisher die oben genannten sechs Mitgliedstaaten Regelungen für die Wasserwiederverwendung erlassen.

 

4. Welche Relevanz hat Wasserwiederverwendung in Deutschland?

In Deutschland wird nur ein sehr geringer Anteil des gesamt entnommenen Wassers für die landwirtschaftliche Bewässerung eingesetzt (Wassernutzer). Eine Analyse des gegenwärtigen und zukünftigen Bewässerungsbedarfs kam 2016 zu dem Ergebnis, dass kein flächendeckender Bedarf für die Nutzung von aufbereitetem Wasser besteht (UBA-Texte 34/2016). Aufgrund der zunehmenden Trockenheit in den letzten Jahren besteht diese Einschätzung nicht mehr uneingeschränkt fort. Es ist regional ein zunehmendes Interesse an dem Einsatz von aufbereitetem Wasser zu beobachten. Um mögliche Anwendungen genauer zu erforschen, hat das ⁠BMBF⁠ die Fördermaßnahme WavE/ WavE II etabliert.

An zwei Standorten in Deutschland wird aufbereitetes Kommunalabwasser genutzt. In Wolfsburg und Braunschweig ist diese Praxis historisch gewachsen. In Braunschweig wird das im Klärwerk Steinhof behandelte Abwassers auf landwirtschaftlichen Flächen verregnet (Abwasserverband Braunschweig ). In Wolfsburg wird behandeltes nährstoffreiches Abwasser im Sommer für die Bewässerung und im Winter nährstoffarmes Wasser zur Grundwasseranreicherung genutzt (Wolfsburger Entwässerungsbetriebe ). An beiden Standorten ist der Anbau von Obst- und Gemüse zum Rohverzehr untersagt. Im Gegensatz zu der Verordnung (EU) 2020/741 über Mindestanforderungen für die Wasserwiederverwendung fand in Braunschweig und Wolfsburg bisher keine Desinfektion und Filtration bei der Wasseraufbereitung statt. Im Grundwasser unter den bewässerten Flächen hat der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz Rückstände von Arzneimittelrückständen bzw. Röntgenkontrastmitteln nachgewiesen.

 

5. Was ist über die Qualität von Bewässerungswasser in der EU bekannt?

Die Qualität des Bewässerungswassers in der EU unterscheidet sich entsprechend der Wasserquellen und der vorherrschenden Belastungen. Es gibt EU-weit keine Regelung für Bewässerungswasser und keine Aufzeichnung der eingesetzten Wasserqualitäten.

Wird Wasser aus Oberflächengewässern für die Bewässerung entnommen, spielt die Beeinflussung durch Einleitungen aus Kläranlagen eine wesentliche Rolle. Entsprechend der Abwasseranteile und der Kläranlagentechnik können Flüsse und Kanäle durch Krankheitserreger und Schadstoffe beeinträchtigt sein.  Laut einer Untersuchung der TU München (2017) weisen europäische Flüsse, die 10 % aufbereitetes Abwasser aus Kläranlagen mit einer 2. Reinigungsstufe (Einhaltung der EU Kommunalabwasser-Richtlinie 91/271/EWG) enthalten, hohe Konzentrationen von Krankheitserregern auf, die die Grenzwerte des oben genannten EU-Leitfadens deutlich überschreiten. Auch die Anforderungen des Kommissions-Vorschlags für eine Verordnung zu Wasserwiederverwendung für die Klassen A und B wären damit nicht eingehalten. Dies zeigt, dass auch für Bewässerung aus “konventionellen” Quellen eine weitergehende Aufbereitung und ein Risikomanagement nötig sind. In Deutschland bestehen (rechtlich nicht verpflichtende) DIN-Normen für Toleranzbereiche ver-schiedener Metalle und Halbmetalle für Bewässerungswasser (DIN 19684-10) und Anforderungen für hygienische Belange von Bewässerungswasser (DIN 19650). Letztere unterscheidet Eignungsklassen entsprechend der vorgesehenen Anwendung.

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