Nutzung aufbereiteten Wassers zur Ressourcenschonung in der Europäischen Union
Wasserwiederverwendung ermöglicht es, Wasser in Kreisläufen zu nutzen, Schadstoffe und Keime zu entfernen und so den Wassergebrauch und den Schmutzwasseranfall zu verringern. In Deutschland findet sich die Kreislaufführung von Wasser vor allem in der Industrie, z.B. bei der Papierherstellung. In einigen, überwiegend mediterranen Ländern der Europäischen Union werden landwirtschaftliche Flächen mit aufbereitetem kommunalem Abwasser bewässert. Die Europäische Kommission sieht im „Blueprint für den Schutz der europäischen Wasserressourcen“ von 2012 ein großes Potential der Wasserwiederverwendung zur Anpassung an den Klimawandel und zur Verringerung der Wasserknappheit, jedoch ein Hindernis für die breite Umsetzung in fehlenden einheitlichen Anforderungen. Konkrete Aktivitäten zur Förderung der Wasserwiederverwendung sind in dem 2015 verabschiedeten europäischen Kreislaufwirtschaftspaket formuliert. Dazu gehörte die Erarbeitung einer europäischen Leitlinie für die „Einbeziehung der Wiederverwendung von Wasser in die Wasserplanung und -bewirtschaftung“ (2016 veröffentlicht) sowie die Festlegung europäischer Mindestanforderungen an die Wasserwiederverwendung für die landwirtschaftliche Bewässerung und Grundwasseranreicherung. 2018 schlug die Europäische Kommission vor, die Bewässerung mit aufbereitetem kommunalem Abwasser gemeinschaftlich zu regeln. 2020 verabschiedeten die EU-Mitgliedstaaten die Verordnung über Mindestanforderungen für die Wasserwiederverwendung. Sie gilt seit dem 26. Juni 2023 in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und damit auch in Deutschland. Genaueres dazu finden Sie hier.
Bewässerungsbedarf in Deutschland
In Deutschland nutzen wir nur 11,4 Prozent des hier zur Verfügung stehenden Wasserdargebots. Für die landwirtschaftliche Bewässerung wurden 2019 0,4 Milliarden Kubikmeter entnommen. Dies entspricht einem sehr geringen Anteil von rund 2,2 Prozent der Gesamtwasserentnahmen (Stand: 2019), zeigt aber eine leichte Steigerung gegenüber 2016. Bei den tatsächlich bewässerten Flächen wurde von 2009 zu 2019 eine Zunahme um 36 % verzeichnet. Aufgrund klimatischer Veränderungen kann sich der Bewässerungsbedarf in der Landwirtschaft zudem regional erhöhen und die Grundwasserneubildung übersteigen. Schon jetzt gibt es Gebiete in Deutschland, auf die das zutrifft (siehe dazu auch „Trockenheit in Deutschland – Fragen und Antworten“).
2016 hat das Umweltbundesamt die Studie „Rahmenbedingungen für die umweltgerechte Nutzung von aufbereitetem Abwasser zur landwirtschaftlichen Bewässerung“ veröffentlicht. Auf Grundlage der dort betrachteten Daten zeigte sich (noch) kein flächendeckender Bedarf für zusätzliche Bewässerung in Deutschland.
Risiken für Mensch und Umwelt
Wasserwiederverwendung zur Bewässerung birgt für die menschliche Gesundheit, die Böden und das Grundwasser zahlreiche Risiken. Mit der konventionellen Abwasserbehandlung können Krankheitserreger, insbesondere Viren, und viele Schadstoffe, darunter vor allem Spurenstoffe, nicht vollständig abgebaut werden. In Braunschweig und Wolfsburg hat man beispielsweise Rückstände von Arzneimitteln und Röntgenkontrastmitteln im Grundwasser nachgewiesen. Dort wurden seit Jahrzehnten Flächen mit behandeltem Abwasser aus kommunalen Kläranlagen bewässert. Um Krankheitserreger und Schadstoffe aus dem Abwasser zu entfernen, ist daher eine zusätzliche Aufbereitung wichtig. Ansonsten können diese durch die Bewässerung von den Feldern in die Pflanzen, Böden, Gewässer oder ins Grundwasser gelangen. Menschen können Schadstoffe, Viren und Bakterien durch Aerosole bei der Beregnung und beim Verzehr bewässerter Produkte aufnehmen. Die tatsächlichen Risiken sind aber von einer Vielzahl standort- und projektspezifischen Gegebenheiten abhängig. Eine wesentliche Rolle spielen beispielsweise die klimatischen Bedingungen, Boden- und Grundwasserbeschaffenheit, die Zusammensetzung des Abwassers und dessen Aufbereitung sowie die Anbaupflanzen, Bewässerungstechnik und -menge.
Eine fallspezifische Risikobewertung ist auch ein Kernelement der Verordnung (EU) 2020/741 zu Wasserwiederverwendung.
Mögliche Risiken ergeben sich auch aus der „indirekten Wasserwiederverwendung“.
Darunter versteht man beispielsweise die Bewässerung mit Flusswasser, das nicht zusätzlich aufbereitet wurde. Wenn es einen hohen Anteil an Kläranlageneinleitungen - sogenanntes Klarwasser - enthält, kann die Bewässerung nachteiliger auf die Umwelt wirken als mit aufbereitetem Wasser, das entsprechenden Anforderungen und Kontrollen unterliegt. Für die Qualität von Bewässerungswasser (mit Ausnahme von aufbereitetem Wasser im Sinne der Wasserwiderverwendung) gibt es aktuell keine gesetzlich festgelegten Qualitätsanforderungen. Dass viele Teile von Flusseinzugsgebieten in Deutschland vor allem unter Niedrigwasserbedingungen einen hohen Klarwasseranteil aufweisen, hat die UBA-Studie „Dynamik der Klarwasseranteile in Oberflächengewässern und mögliche Herausforderung für die Trinkwassergewinnung in Deutschland“(2018) gezeigt. Die möglichen abwasserbürtigen mikrobiellen und chemischen Schadstoffe im Flusswasser erfordern folglich nicht nur bei der Bewässerung, sondern auch bei der Trinkwassergewinnung über Uferfiltration eine eingehendere Betrachtung.
Aktuelle Forschung zur Wasserwiederverwendung
Für ein besseres Verständnis von Risiken, erforderlichen Anforderungen und Einsatzmöglichkeiten von aufbereitetem Wasser wird in der BMBF-Fördermaßnahme WavE bzw. WavE II „Zukunftsfähige Technologien und Konzepte zur Erhöhung der Wasserverfügbarkeit durch Wasserwiederverwendung und Entsalzung“ geforscht. In der 1. Phase der Fördermaßnahme (2016-2021) war das Umweltbundesamt an dem Projekt TrinkWave beteiligt. Die landwirtschaftliche Bewässerung mit aufbereitetem Wasser wurde in den Forschungsarbeiten MULTI-ReUse und „HypoWave – Neue Wege zur Wasserwiederverwendung in der Landwirtschaft“ untersucht. Mit der BMBF Folgemaßnahme „Wassertechnologien: Wiederverwendung“ (WavE II seit 02/2021) wird das Thema weiter erforscht. Daran beteiligt sich UBA mit den Vorhaben PU2R „Point-of-Use Re-Use: Dezentrale landwirtschaftliche Wiederverwendung von häuslichem Abwasser zur Verringerung von Nutzungskonkurrenzen“ und „FITWAS - Wiederverwendung von Filterspülwässern aus der Grundwasseraufbereitung zur Sicherung der Trinkwasserversorgung“. In dieser Phase beschäftigen sich zudem die Projekte Nutzwasser und FlexTreat mit der landwirtschaftlichen Bewässerung und teils mit der urbanen Bewässerung (Nutzwasser).
Chancen und Risiken der Grünflächenbewässerung mit aufbereitetem Wasser werden auch in dem Projekt WadKLIM (AP 4) untersucht.