Die Güte der Gewässer in Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert. Trotzdem gelangen auch weiterhin viele Stoffe in die Gewässer. Eine Verminderung der Einträge ist zwingend. Woher kommen die Belastungen? Wo sind sie am höchsten? Welche Maßnahmen sind effizient? Um diese Fragen zu klären, sind geeignete Werkzeuge für eine ganzheitliche Betrachtung notwendig.
Stoffeinträge in die Gewässer – notwendige Informationen für die Politik
Informationen zu Stoffeinträgen in die Gewässer bilden eine Grundlage zur Planung von Maßnahmen, z.B. um die EU Wasserrahmen- und die EU Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie umzusetzen. Auch für die Arbeiten zu den Abkommen zum Schutz von Ost- und Nordsee (HELCOM – Helsinki Kommission, OSPAR – Oslo-Paris-Kommission) sind diese Informationen für eine effiziente Reduzierung der stofflichen Einträge unverzichtbar.
Die Europäische Union (EU) hatte sich mit der Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) vorgenommen, für alle Gewässer bis 2015 einen guten ökologischen und chemischen Zustand zu erreichen. Das Ziel hat Deutschland deutlich verfehlt (siehe „Ökologischer Zustand der Fließgewässer“ und „Chemischer Zustand der Fließgewässer“). Um bis zum Ende des kommenden Bewirtschaftungszeitraumes (2027) die anspruchsvollen Ziele zu erreichen, müssen auch die Einträge von Nährstoffen und Chemikalien zum Teil noch deutlich gesenkt werden. Um wirksame Minderungsmaßnahmen zu initiieren, müssen die Herkunft der Stoffe (Quellen), ihre Verwendung und Eintragspfade in die Gewässer sowie die Eintragsmengen bekannt sein.
Die Meere können zu Senken für viele der in den Flüssen transportierten Stoffe werden. Für den Schutz der Meere hat die EU mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL, 2008/56/EG) auch Vorgaben für Nährstoffe und einige Chemikalien verankert. Deutschland hat sich verpflichtet, Einträge dieser Stoffe über die Flüsse weiter zu reduzieren. Hierfür ist eine ganzheitliche Betrachtung aller Oberlieger und der dort verursachten Belastungen notwendig, denn Messwerte im Gewässer geben noch keine Auskunft über die Herkunft der Belastungen.
Das UBA verwendet für die deutschlandweite Quantifizierung der Stoffeinträge in die Gewässer die Regionalisierte Pfadanalyse. Sie liefert Aussagen zu den wichtigsten Eintragspfaden. Die Stoffeinträge werden dabei zeitlich und räumlich differenziert abgebildet. Dieser Ansatz ist komplex und erfordert eine Vielzahl an Informationen. Im Ergebnis können überregional Eintragsschwerpunkte und die wichtigsten Eintragspfade für die Umsetzung von Maßnahmen identifiziert werden. Als Werkzeug verwendet das UBA das Modell MoRE (Modelling of Regionalized Emissions) .
Abbildung 1. Schematische Darstellung des methodischen Ansatzes der regionalisierten Pfadanalyse beziehungsweise der Eintragspfade des Modellinstrumentes MoRE (Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Wasser und Gewässerentwicklung (IWG))
Das Modell MoRE
MoRE wurde als Open Source Werkzeug im Auftrag des UBA entwickelt. Es basiert methodisch auf dem Modellkonzept MONERIS (Modelling Nutrient Emissions in River Systems). Das Modell umfasst als Eintragspfade punktuelle Einleitungen (Punktquellen) und diffuse Eintragspfade. Als Punktquellen gelten:
Informationen zu Nährstoffeinträgen aus kommunalen Kläranlagen ab einer Größe von 2.000 Einwohnerwerten (EW) werden deutschlandweit zentral aus der Berichterstattung nach EU-Kommunalabwasserrichtlinie (UWWTD, 91/271/EG) bereitgestellt. Zur Berechnung ausgewählter Schadstoffeinträge können Ergebnisse eines deutschlandweiten Kläranlagen-Monitoring-Projektes verwendet werden. Informationen zu großen kommunalen Kläranlagen (größer 100.000 EW) und zu Einträgen aus Industriebetrieben liegen aus der EU-PRTR-Berichterstattung (Schadstofffreisetzungs- und –verbringungsregister; EG-PRTR Verordnung 166/2006) vor. Aussagen zu Altbergbaustandorten fließen von den Bundesländern in das Modell ein.
Diffuse Eintragspfade sind:
Einträge über das Grundwasser,
Einträge über den Oberflächenabfluss (Abschwemmung),
Einträge aus urbanen Systemen (Mischwasserüberläufe, Regenwassereinleitungen und Kleinkläranlagen),
Einträge aus der Atmosphäre direkt auf Gewässeroberflächen und
Einträge aus der Binnenschifffahrt.
Zur Bilanzierung der Stoffeinträge über die diffusen Eintragspfade ist eine Vielzahl von Informationen (Daten) notwendig. Um einige Beispiele zu nennen:
Depositionsdaten zur Abschätzung der Einträge direkt auf Gewässerflächen (z.B. Schwermetalldepositionen) und
Bodendaten zur Ableitung der erosiven Bodenabträge und der sedimentgebundenen Stoffeinträge (Erosion) in die Gewässer.
Stoffeinträge - Ergebnisse
Ergebnisse liegen deutschlandweit in einer fortlaufenden Zeitreihe seit 1983 für die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor sowie die Metalle Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Quecksilber und Zink vor. Für Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) liegen Ergebnisse seit 2003 vor. Stoffspezifisch können die wichtigsten Eintragspfade identifiziert werden (siehe: Einträge von Nähr- und Schadstoffen). Abbildung 2 zeigt dies am Beispiel der sogenannten EPA-PAK (Summe der 16 PAK, gelistet durch die US-Environmental Protection Agency (EPA)). Hauptherkunftsbereich für PAK sind Verbrennungsprozesse. Das betrifft die Emissionen in die Luft und anschließende Deposition z.B. auf versiegelte Flächen. Das spiegelt sich in der Dominanz der Eintragspfade atmosphärische Deposition auf Gewässerflächen und Kanalisationssysteme in urbanen Gebieten wieder (Abbildung 2). Diese Eintragspfade bieten das größte Minderungspotential für Maßnahmen. Die Frage, wo überregional die größten Belastungsschwerpunkte liegen und daher Maßnahmen notwendig sind, kann in der räumlichen Betrachtung beantwortet werden (Abbildung 3). Höhere PAK-Einträge treten u.a. in dicht besiedelten Gebieten und Gebiete mit einem hohen Anteil an Wasserflächen auf.
Auch für weitere Stoffe, wie den Weichmacher DEHP, die Substanz Triclosan, die einzelne Biozide und Pflanzenschutzmittel (Isoproturon, Terbutryn und Diuron), die Chemikalie Nonylphenol oder einzelne Arzneimittelstoffe (Diclofenac, Ibuprofen, Iomeprol und Sulfamethoxazol) liegen Modellergebnisse vor (siehe auch UBA-Publikationen: Bestandsaufnahme prioritäre Stoffe und Maßnahmen zur Verminderung des Eintrags von Mikroschadstoffen).
Zur räumlichen Darstellung der vorliegenden Ergebnisse wurde eine App entwickelt (Abbildung 4). In der App finden sich bisher die Ergebnisse für ausgewählte Metalle. Die Einbindung weiterer Stoffe erfolgt fortlaufend. Eine Möglichkeit die Daten herunterzuladen ist ebenfalls geplant und in der Umsetzung.
Abgeschlossene Forschungsvorhaben
Phosphoreinträge in die Gewässer bundesweit modellieren – Neue Ansätze und aktualisierte Ergebnisse von MoRE-DE (FKZ: 3718 72 211 0, Factsheet zum Projektabschluss)
Aktuelle Forschungsvorhaben
Methodische Entwicklung einer satellitendatengestützten bundesweiten Erfassung von Drainageflächen und Gewässerrandstreifen zur Weiterentwicklung der Modellierung von Stoffeinträgen in Gewässer (FKZ: 3722 24 201 0, Projektsteckbrief, Laufzeit 06/2022 - 06/2025)
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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