Forschung und Logistik im ewigen Eis

Die deutsche Forschungsstation Neumayer 3 von der Seite photographiert. zum Vergrößern anklicken
Deutsche Forscher sind seit 1981 in der Antarktis vertreten.

Neumayer-Station-III

Quelle: M. Müller/UBA

Die Antarktis ist ein dem Frieden und der wissenschaftlichen Forschung gewidmetes Naturreservat. Die Antarktisvertragsstaaten – darunter auch Deutschland – betreiben in enger Zusammenarbeit kontinuierlich Wissenschaft im ewigen Eis. Die untersuchten Themengebiete decken eine große Bandbreite ab und reichen von Klimaforschung bis zur Meeresbiologie.

Inhaltsverzeichnis

Die wichtigste menschliche Aktivität in der Antarktis ist die Forschung. Sie konzentriert sich auf aktuelle Fragen der Klimatologie und Meteorologie (⁠Klimawandel⁠), Glaziologie, Ozeanographie, Geowissenschaften, Meeresbiologie, Sedimentologie / Seismologie und andere Fachdisziplinen. Die Erforschung des sensiblen und noch wenig bekannten Ökosystems der Antarktis nimmt international einen besonderen Stellenwert ein.

29 Konsultativstaaten unterhalten zurzeit über 80 Forschungsstationen in der Antarktis. Ungefähr die Hälfte davon ist ganzjährig besetzt, während die anderen nur in der Sommersaison genutzt werden. Die erste ganzjährig besetzte Station errichtete Argentinien im Jahr 1904 auf den South Orkney Inseln am nördlichsten Rand der Antarktis. Erst knapp 50 Jahre später folgten andere Nationen mit eigenen Stationen. Viele der frühen Forschungsstationen wurden auf den South Shetland Islands angelegt. Diese Inseln vor der Antarktischen Halbinsel sind nur knapp 900 km von der Spitze Südamerikas entfernt und mit dem Schiff, heute auch mit dem Flugzeug, vergleichsweise einfach und schnell zu erreichen. Bis heute herrscht in diesem Gebiet die höchste Stationsdichte der Antarktis. Eine detaillierte Liste der Forschungsstationen finden Sie beim „Rat der Leiter der nationalen Antarktisprogramme (Council of Managers of National Antarctic Programs - (COMNAP)“.

 

Deutsche Antarktisforschung

Im Jahre 1980 wurde in Bremerhaven das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) gegründet. Das AWI forscht in der Arktis, der Antarktis und den Ozeanen der mittleren und hohen Breiten. Es ist das zentrale und führende Zentrum der deutschen Polarforschung, an der sich andere deutsche Institute innerhalb ihrer Möglichkeiten beteiligen (siehe weitere Behörden und Institutionen). Das AWI stellt die grundlegende Infrastruktur für die nationale Wissenschaft und internationale Kooperationen zur Verfügung. Für wissenschaftliche Expeditionen und logistische Versorgungsfahrten betreibt das AWI den staatlichen Forschungseisbrecher „Polarstern”. Gleichermaßen liegt der Betrieb der polaren Forschungsstationen in der Arktis und Antarktis in der Verantwortung dieses Instituts

Die Neumayer-Stationen im Lauf der Jahre

Seit 1981 ist die deutsche Forschung ganzjährig in der Antarktis vertreten. Die erste deutsche Station "Georg von Neumayer", benannt nach dem bedeutenden Förderer der deutschen Südpolarforschung im 19. Jahrhundert (1826-1909), lag nordöstlich des Weddellmeeres auf dem Ekström-Schelfeis. Wegen Eisbewegungen und der jährlich wachsenden Schneelast auf der Tunnelröhrenkonstruktion wurde diese erste Station planmäßig aufgegeben, zurückgebaut und im März 1992 zehn Kilometer vom alten Standort entfernt durch eine neue Tunnelröhrenkonstruktion „Neumayer II” ersetzt. Die Neumayer-Station dient als logistische Basis für Sommerexpeditionen und ganzjährig als wissenschaftliches Observatorium für Geophysik, Meteorologie und Luftchemie. Die Neumayer-Station II” wurde 2008 abermals planmäßig aufgegeben und durch eine Neukonstruktion abgelöst.

Diese nur wenige Kilometer südlich der abgelösten Station errichtete neue Station – Neumayer III – ging am 20. Februar 2009 in Betrieb und ist ein kombiniertes Gebäude für Forschung, Betrieb und Wohnen auf einer Plattform oberhalb der Schneeoberfläche, verbunden mit einer in den Schnee gebauten Garage. Ein wesentliches Merkmal dieser neuen Station ist, die Beeinträchtigungen durch die wachsende Schnee- und Eisauflagerungen mit Hilfe hydraulischer Hebevorrichtungen zu kompensieren, ohne dabei Bauteile im Schneegrund zu hinterlassen. Die Gesamtlast von etwa 2.300 t verteilt sich auf 16 Stützen. Vor dem Anheben der gesamten Station werden diese einzeln hydraulisch hochgezogen und mit Schnee unterfüttert. Obwohl die neue Station deutlich vergrößert und allein die klimatisierte Fläche verdoppelt wurde, verbraucht sie weniger als die Hälfte der Energiemenge der Vorgängerstation.

Für den Bau der aktuellen Neumayer-Station III hat das Umweltbundesamt im Oktober 2005, nach einer umfangreichen ⁠Umweltverträglichkeitsprüfung⁠ unter internationaler Beteiligung, die Genehmigung erteilt.

Weitere AWI- Stationen

 Im Rahmen des European Project for Ice Coring in Antarctica (EPICA) errichtete das AWI im Jahr 2001 die Kohnen-Station – benannt nach Heinz Kohnen (1938 -1997), lange Zeit Leiter der Logistikabteilung des AWI – als logistische Basis für Eisbohrungen während des antarktischen Sommers. Die gezogenen Eisbohrkerne der Kohnen-Station liefern umfassende Daten über klimatische und atmosphärische Veränderungen der vergangenen 215.000 Jahre beispielsweise im Zusammenhang mit Treibhausgasen, Aerosolen und kosmogenen Radionukliden.

Auch BGR, DLR und BKG forschen auf dem weißen Kontinent

Das AWI ist nicht das einzige Forschungsinstitut, das in der Antarktis Stationen betreibt. Auch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben ihre eigenen Einrichtungen. So betreibt die BGR in der Terra-Nova-Bucht am Rossmeer die Gondwana-Station mit einem Schwerpunkt auf geologischen Untersuchungen in dieser Region. Die DLR ist hingegen an der Nordspitze der Antarktischen Halbinsel aktiv und hat dort in Kooperation mit dem Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) die Station GARS O’Higgins (German Antarctic Receiving Station O‘Higgins) eingerichtet. Dort werden mit Hilfe einer 9-Meter-Antenne Satellitendaten gesammelt, Satelliten gesteuert und geodätische Radioteleskop-Beobachtungen gemacht.

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Forschung bedeutet auch Belastungen für die Umwelt

Die Forschung in der Antarktis bringt durchaus auch Umweltbelastungen mit sich. Mit steigender Zahl der Forschungsstationen nehmen Flug-, Schiffs- und Fahrzeugbewegungen für Personentransport und Logistik sowie die Gefahr potentieller (Öl-)Unfälle zu. Emissionen in die Luft (Abgase), den Boden (Müll), Eis und Meer (Abwässer) steigen ebenfalls an. Darüber hinaus erhöhen Schiffsverkehr und seismische Untersuchungen die Schallemissionen in den antarktischen Ozean.

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