Der Europäische Emissionshandel

Der Europäische Emissionshandel ist seit 2005 das zentrale Klimaschutzinstrument der EU. Ziel ist die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen der teilnehmenden Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie. Seit 2012 nimmt der innereuropäische Luftverkehr teil und ab 2024 auch der Seeverkehr. Neben Kohlendioxid sind seit 2013 auch Lachgas und perfluorierte Kohlenwasserstoffe einbezogen.

Inhaltsverzeichnis

 

Teilnehmer, Prinzip und Umsetzung des Europäischen Emissionshandels

Der Europäische Emissionshandel (EU-ETS) wurde 2005 zur Umsetzung des internationalen Klimaschutzabkommens von Kyoto eingeführt und ist das zentrale europäische Klimaschutzinstrument. Neben den 27 EU-Mitgliedstaaten haben sich auch Norwegen, Island und Liechtenstein dem EU-Emissionshandel angeschlossen (EU 30). Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (kurz: Großbritannien/GB) nahm bis zum 31.12.2020 am EU-ETS teil. Seit dem 01.01.2021 ist dort ein nationales Emissionshandelssystem in Kraft. Im EU-ETS werden die Emissionen von europaweit rund 9.000 Anlagen der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie erfasst. Zusammen verursachen diese Anlagen rund 40 % der ⁠Treibhausgas⁠-Emissionen in Europa.

Seit 2012 ist auch der innereuropäische Luftverkehr in den EU-ETS einbezogen und ab 2024 wird der Seeverkehr mit eingebunden. Seit 2020 ist das System außerdem mit dem Schweizer Emissionshandelssystem verlinkt. Ab 2027 soll ergänzend zum EU-ETS ein europäischer Emissionshandel für Brennstoffe eingeführt werden (EU-ETS 2), der insbesondere im Verkehrs- und Gebäudebereich zur Anwendung kommt.

Der EU-ETS funktioniert nach dem Prinzip des sogenannten „Cap & Trade“. Eine Obergrenze (Cap) legt fest, wie viele Treibhausgas-Emissionen von den emissionshandelspflichtigen Anlagen insgesamt ausgestoßen werden dürfen. Die Mitgliedstaaten geben eine entsprechende Menge an Emissionsberechtigungen an die Anlagen aus – teilweise kostenlos, teilweise über Versteigerungen. Eine Berechtigung erlaubt den Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid-Äquivalent (CO2-Äq). Die Emissionsberechtigungen können auf dem Markt frei gehandelt werden (Trade). Hierdurch bildet sich ein Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen. Dieser Preis setzt Anreize bei den beteiligten Unternehmen, ihre Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren.

Infolge wenig ambitionierter Caps, krisenbedingter Produktions- und Emissionsrückgänge und der umfangreichen Nutzung von internationalen Projektgutschriften hat sich seit 2008 eine große Menge überschüssiger Emissionsberechtigungen im EU-ETS angesammelt. Diese rechnerischen Überschüsse haben wesentlich zu dem bis 2017 anhaltenden Preisrückgang für europäische Emissionsberechtigungen (EUA) beigetragen, sodass der Emissionshandel in diesem Zeitraum nur eine eingeschränkte Lenkungswirkung entfaltet konnte. Zwischenzeitlich wurde mit unter 3 Euro das niedrigste Niveau seit dem Beginn der zweiten Handelsperiode (2008-2012) erreicht. Seit Mitte 2017 sind die EUA-Preise in Folge der letzten beiden Reformpakete zum EU-ETS deutlich gestiegen und haben neue Rekordwerte erzielt. Der bemerkenswerte Preisanstieg zeigt, dass die Reform des EU-ETS Vertrauen in den Markt zurückgebracht hat. Im ersten Quartal 2023 überschritt der EUA-Preis erstmals die 100 Euro-Marke und erreichte den höchsten Stand seit Beginn des EU-ETS im Jahr 2005 (siehe Abb. „Preisentwicklung für Emissionsberechtigungen (EUA) seit 2008).

Diagramm: Die Preisentwicklung der frühen Jahre (2008 bis 2017) ist geprägt durch ein Überangebot an Berechtigungen und damit niedrige Preise meist unter 20€. Erst durch Reformen des Systems stiegen die Preise ab 2018 sukzessiv, bis 2023 auf 80 bis 100€.
Preisentwicklung für Emissionsberechtigungen (EUA) seit 2008
Quelle: ICE / Darstellung Deutsche Emissionshandelsstelle Diagramm als PDF
 

Vergleich von Emissionen und Emissionsobergrenzen (Cap) im EU-ETS

Für die im April 2021 abgeschlossene dritte Handelsperiode des EU-ETS (2013-2020) wurde erstmals eine europaweite Emissionsobergrenze (Cap) von insgesamt 15,6 Milliarden Emissionsberechtigungen festgelegt. Diese Berechtigungen wurden auf die acht Jahre der Handelsperiode verteilt, allerdings nicht gleichmäßig. Vielmehr wurde die Menge jedes Jahr um rund 38 Millionen Berechtigungen reduziert. Hierdurch ergibt sich ein sinkender Verlauf des Caps (siehe blaue durchgezogene Linie in Abb. „Gesamt-Cap und Emissionen im Europäischen Emissionshandel“). In den ersten beiden Handelsperioden (2005-2007 und 2008-2012) hatte jedes Land sein Cap selbst festgelegt. Das gesamteuropäische Cap ergab sich dann aus der Summe der nationalstaatlichen Emissionsobergrenzen. Zusätzlich zu den Emissionsberechtigungen konnten die Betreiber im EU-ETS bis zum Ende der dritten Handelsperiode in einem festgelegten Umfang auch internationale Gutschriften aus CDM- und JI-Projekten (CER/ERU) nutzen. Durch diese internationalen Mechanismen wurde das Cap erhöht (siehe blaue gestrichelte Linie in Abb. „Gesamt-Cap und Emissionen im Europäischen Emissionshandel“). Die Abbildung zeigt deutlich, dass mit Ausnahme des Jahres 2008 die Emissionen im EU-ETS (siehe blaue Säulen in Abb. „Gesamt-Cap und Emissionen im Europäischen Emissionshandel“) bislang immer unterhalb des Caps lagen: So unterschritten die Emissionen im EU-ETS bereits im Jahr 2014 den Zielwert für das Jahr 2020. Damit haben sich das Cap und die Emissionen im EU-ETS strukturell auseinanderentwickelt. Durch das sog. Backloading (Zurückhalten von für die Versteigerung vorgesehenen Emissionsberechtigungen) in den Jahren 2014 bis 2016 und ab 2019 durch die sogenannte Marktstabilitätsreserve (MSR) wurde dieser Überschuss an Emissionsberechtigungen schrittweise abgebaut.

Das „Fit for 55“ Paket ist maßgeblich durch eine Stärkung des Europäischen Emissionshandels (EU-ETS) geprägt. Nach einer politischen Einigung im Dezember 2022 zwischen Mitgliedsstaaten, Kommission und dem EU-Parlament sind die Änderungen an der Emissionshandelsrichtlinie am 16. Mai 2023 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden. In erster Linie wird die Klimaschutzambition für die laufende vierte Handelsperiode (2021-2030) deutlich erhöht. Das Minderungsziel für 2030 wurde von aktuell 43 % auf 62 % gegenüber 2005 verschärft (inkl. Luft- und Seeverkehr). Dieses Ziel soll durch eine Erhöhung des linearen Reduktionsfaktors (LRF) von 2,2 % auf 4,3 % ab 2024 und auf 4,4 % ab 2028 erreicht werden. Außerdem wird zu zwei Zeitpunkten (2024 und 2026) eine zusätzliche Reduktion des Caps durchgeführt. Im Jahr 2024 wird das Cap um 90 Millionen Zertifikate abgesenkt und im Jahr 2026 um 27 Millionen Zertifikate (siehe schwarze Linie in Abb. „Gesamt-Cap und Emissionen im Europäischen Emissionshandel“).

Außerdem wird der Seeverkehr mit eingebunden, weshalb das Cap im Jahr 2024 um 78,4 Millionen Zertifikate erhöht wird. Dies ist aufgrund der verschiedenen Kürzungen in Abb. „Gesamt-Cap und Emissionen im Europäischen Emissionshandel“ nicht zu erkennen.

Die Abbildung „Gesamt-Cap und Emissionen im Europäischen Emissionshandel“ weist die Emissionen und das Cap auf Basis der tatsächlichen Anwendungsbereiche in den jeweiligen Handelsperioden aus. Dies ist bei der Interpretation der Daten zu berücksichtigen. So wurde der Anwendungsbereich des EU-ETS im Jahr 2013 ausgeweitet, seitdem müssen auch Anlagen zur Metallverarbeitung, Herstellung von Aluminium, Adipin- und Salpetersäure, Ammoniak und andere Anlagen der chemischen Industrie ihre Emissionen berichten und eine entsprechende Menge an Emissionsberechtigungen abgeben. Weiterhin gilt seit der dritten Handelsperiode die Berichts- und Abgabepflicht nicht mehr nur für Kohlendioxid, sondern zusätzlich sowohl für die perfluorierten Kohlenwasserstoff-Emissionen der Primäraluminiumherstellung als auch für die Distickstoffmonoxid-Emissionen der Adipin- und Salpetersäureherstellung. Bei Berücksichtigung der (geschätzten) Emissionen dieser Anlagen (sogenannte „scope-Korrektur“) würden die Emissionen zwischen 2012 und 2013 nicht steigen, sondern sinken. Die scope-Korrektur ist ein Schätzverfahren der Europäischen Umweltagentur. Außerdem ist Großbritannien ab der vierten Handelsperiode nicht mehr in den angegebenen Werten für das Cap und die Emissionen enthalten.

Diagramm: Die Emissionen lagen in der zweiten und dritten Handelsperiode mit Ausnahme des Jahres 2008 in allen Jahren unter dem Cap. Das Cap des Jahres 2020 wurde bereits seit 2014 in allen Jahren unterschritten.
Gesamt-Cap und Emissionen im Europäischen Emissionshandel
Quelle: Umweltbundesamt / Deutsche Emissionshandelsstelle Diagramm als PDF
 

Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen im stationären EU-ETS

Nach Angaben der Europäischen Kommission sind die Emissionen der ETS-Anlagen im Jahr 2022 EU-weit um 1 % gegenüber dem Vorjahr auf rund 1,32 Milliarden Tonnen CO2-Äq gesunken. Ursächlich für diese Entwicklung war vor allem ein Anstieg der Emissionen bei der Stromerzeugung um 2 %, während bei den Emissionen der Industrieanlagen ein Rückgang um 5 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen war. Die Emissionen der 1.731 vom Emissionshandel erfassten deutschen Anlagen veränderten sich nicht: Mit rund 354 Millionen Tonnen CO2-Äq lagen die Emissionen 2022 auf dem Vorjahresniveau.

Über einen längeren Zeitraum betrachtet, sind die ETS-Emissionen europaweit stärker zurückgegangen als in Deutschland: Während die Emissionen der Anlagen in Deutschland seit Beginn des Emissionshandels im Jahr 2005 um etwa 31 % gesunken sind, lagen die ETS-Emissionen europaweit um rund 38 % unterhalb des Ausgangswerts von 2005. Dabei hat sich der Rückgang der Emissionen im Zeitraum 2013 bis 2021 allerdings europaweit verlangsamt: Im Jahr 2021 lagen die Emissionen um etwa 22 % unterhalb des Werts von 2013. In Deutschland gingen die Emissionen im selben Zeitraum um etwa 26 % zurück (siehe Abb. „Minderungen im EU-ETS seit 2005“).

Um die Emissionen der ersten (2005-2007), zweiten (2008-2012),dritten Handelsperiode (2013-2020) und vierten Handelsperiode (2021-2030) vergleichbar zu machen, wurden die Ergebnisse eines Schätzverfahrens der Europäischen Umweltagentur zur Bereinigung der verschiedenen Anwendungsbereiche im EU-ETS genutzt (sogenannte „scope-Korrektur“). Außerdem wurden die Emissionen Großbritanniens aus den Werten aller Jahre seit 2005 herausgerechnet. Die Abbildung „Minderungen im EU-ETS seit 2005“ zeigt so die relative Emissionsentwicklung auf Basis des Anwendungsbereichs der laufenden vierten Handelsperiode.

Diagramm: Die ETS-Emissionen der Anlagen in Deutschland sind seit Beginn des Emissionshandels im Jahr 2005 um etwa 31 Prozent gesunken. Im Vergleich dazu lagen die ETS-Emissionen europaweit um rund 38 Prozent unterhalb des Ausgangswerts von 2005.
Minderungen im EU-ETS seit 2005 (EU 30 und Deutschland)
Quelle: Umweltbundesamt / Deutsche Emissionshandelsstelle Diagramm als PDF
 

Treibhausgas-Emissionen deutscher Energie- und Industrieanlagen im Jahr 2022

Im Jahr 2022 stießen die 1.731 im EU-ETS erfassten deutschen Anlagen rund 354 Millionen Tonnen ⁠Kohlendioxid-Äquivalente⁠ (Mio. t CO2-Äq) und damit etwa so viel wie 2021 aus. Die Emissionsentwicklung im EU-ETS war 2022 maßgeblich durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundenen Verwerfungen auf den Energiemärkten geprägt: Die Emissionen der Energieanlagen stiegen in Folge des vermehrten Brennstoffwechsels von Erdgas auf Stein- und Braunkohle bei der Stromerzeugung um 3 %, die Emissionen der Industrieanlagen sanken konjunkturell getrieben um 6 % gegenüber dem Vorjahr. Dabei wird die im Emissionshandel geltende Abgrenzung zwischen Industrie und Energie zugrunde gelegt (siehe Abb. „Verhältnis zwischen den Emissionshandels-Sektoren Energie und Industrie“).

Mit rund 242 Mio. t CO2-Äq stammen rund zwei Drittel der Emissionen aus Energieanlagen, obwohl diese mit 873 Anlagen nur etwas mehr als die Hälfte des deutschen Anlagenbestandes ausmachen. Dabei werden rund 98 % der Emissionen aus Energieanlagen von Großfeuerungsanlagen, das heißt von Kraftwerken, Heizkraftwerken und Heizwerken mit einer Feuerungswärmeleistung von über 50 Megawatt, verursacht.

Die 858 deutschen Industrieanlagen verursachten mit knapp 112 Mio. t CO2-Äq gut ein Drittel der Emissionen. Sowohl die Eisen- und Stahlindustrie als auch die mineralverarbeitende Industrie haben mit etwa 30 % den größten Anteil an den Industrieemissionen, gefolgt von den Raffinerien (21 %) und der chemischen Industrie (13 %). Die Emissionen der energieintensiven Industrie (siehe Tabelle „Emissionen der Anlagen in Deutschland nach Branchen“) betrugen im Jahresdurchschnitt der dritten Handelsperiode 2013 bis 2020 knapp 124 Mio. t CO2-Äq. 2019 sanken sie erstmals unter dieses Niveau auf 120 Mio. t ⁠CO2⁠-Äq und lagen seitdem darunter. 2020 sanken die Emissionen aufgrund der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf 115 Mio. t CO2-Äq. Im Jahr 2021 stiegen die Emissionen infolge der konjunkturellen Erholung wieder auf knapp 120 Mio. t CO2-Äq und erreichten damit fast das Niveau vor der COVID-19-Pandemie. Im Jahr 2022 sanken die Emissionen erneut, auf nun 112 Mio. t CO2-Äq, dem niedrigsten Stand seit 2013, als mit Beginn der dritten Handelsperiode der derzeitige Anwendungsbereich eingeführt wurde. Dies entspricht 90 % der Emissionen des Jahresdurchschnitts der dritten Handelsperiode. Gegenüber dem Jahresdurchschnitt der dritten Handelsperiode (2013 bis 2020) sanken die Emissionen der Energieanlagen in 2022 um 21 %. Der Rückgang der gesamten deutschen ETS-Emissionen um 18 % gegenüber dem Jahresdurchschnitt der dritten Handelsperiode ist damit überwiegend auf den Emissionsrückgang der Energieanlagen zurückzuführen.

In der Tabelle „Emissionen der Anlagen in Deutschland nach Branchen“ sind die handelspflichtigen Kohlendioxid-Emissionen der Jahre 2018 bis 2022, sowie der Jahresdurchschnitt der zweiten Handelsperiode (2008 bis 2012) und dritten Handelsperiode (2013 bis 2020) für die Sektoren Energie und Industrie sowie für die einzelnen Industriebranchen angegeben. Für die ausgewiesenen Emissionen im Gesamtzeitraum 2008 bis 2022 wird der tatsächliche Anlagenbestand des jeweiligen Jahres zugrunde gelegt. Das heißt die Emissionen stillgelegter Anlagen werden berücksichtigt. Von der Erweiterung des Anwendungsbereichs des Emissionshandels sind bis auf die Papier- und Zellstoffindustrie sowie die Raffinerien sämtliche Industriebranchen voll oder teilweise betroffen. Dies ist beim Vergleich der Emissionen aus der zweiten und dritten Handelsperiode zu beachten (zum Beispiel nehmen seit 2013 Anlagen zur Nichteisenmetallverarbeitung und zur Herstellung von Aluminium am EU-ETS teil).

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Luftverkehr im Emissionshandel

Seit Anfang 2012 ist auch der Luftverkehr in den Europäischen Emissionshandel einbezogen. Berücksichtigt sind grundsätzlich alle Flüge, die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) starten oder landen („full scope“). Im Jahr 2012 wurde der Anwendungsbereich durch den sogenannten Stop-the-clock-Beschluss der EU eingeschränkt. In diesem Jahr verzichtete die EU auf die Sanktionierung von Verstößen gegen Berichts- und Abgabepflichten für Flüge, die außerhalb des EWR, der Schweiz und Kroatiens begannen oder endeten. Eine darüberhinausgehende Einschränkung des Anwendungsbereichs erfolgte zunächst für die Jahre 2013 bis 2016, wurde dann von 2017 bis 2023 und zuletzt im Rahmen der Novellierung der EU-Emissionshandelsrichtlinie (EHRL) bis Ende 2026 verlängert. Dadurch sind Betreiber für die Emissionen von Flügen, die außerhalb des EWR beginnen oder enden, de facto nicht mehr emissionshandelspflichtig („reduced scope“). Damit unterstützte die EU wiederholt die Bemühungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), ein globales marktbasiertes Klimaschutzinstrument zur Minderung der internationalen Luftverkehrsemissionen zu etablieren. Eine Evaluierung dieser Bemühungen wird auf EU-Ebene im Jahr 2026 erfolgen. 2021 ist die Einführung des ICAO-Systems zur Kompensation und Minderung von Treibhausgasemissionen der Internationalen Luftfahrt (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation, kurz ⁠CORSIA⁠) erfolgt. Ab 2024 erfolgt außerdem die weitgehende Rücknahme der EU-ETS-Ausnahmeregelung für Flüge in Gebiete in äußerster Randlage des EWR, die ab 2013 galt.

Im Gegensatz zum Jahr 2012 galt die Einschränkung des Anwendungsbereichs bis 2019 auch für Flüge aus dem EWR in die Schweiz oder zurück. Ab 01.01.2020 gilt das Linking-Abkommen zwischen der EU und der Schweiz. Gemäß diesem Abkommen unterfallen Flüge aus dem EWR in die Schweiz dem EU-ETS. Flüge aus der Schweiz in den EWR sowie innerhalb der Schweiz unterfallen hingegen dem Schweizer Emissionshandels­system (CH-ETS). Durch den Austritt Großbritanniens aus der EU und dem Auslaufen der Übergangsphase am 31.12.2020 nimmt Großbritannien seit dem 01.01.2021 nicht mehr am EU-ETS teil. Aufgrund des Handelsabkommens zwischen der EU und Großbritannien fallen Flüge nach Großbritannien jedoch auch weiterhin unter das EU-ETS. Flüge aus Großbritannien in den EWR sowie innerhalb Großbritanniens fallen hingegen nun unter das Emissionshandelssystem Großbritanniens (UK-ETS).

Durch die Reform der Emissionshandelsrichtlinie (EHRL) im Rahmen von „Fit for 55“ werden auch für den Sektor Luftverkehr die Regeln deutlich ambitionierter. Dies geschieht zum einen dadurch, dass das Cap durch den angehobenen linearen Reduktionsfaktor (ab 2024: 4,3 %, ab 2028: 4,4%) deutlich reduziert wird, sowie durch das schnelle Auslaufen der kostenlosen Zuteilung bis Ende 2025. Ein weiterer großer Baustein der EHRL-Novelle ist die Einführung einer kostenlosen Zuteilung von maximal 20 Mio. Emissionsberechtigungen für Luftfahrzeugbetreiber zur Kompensation ihrer Mehrkosten durch die verpflichtende Beimischquote nachhaltiger Kraftstoffe ab 2024 (ReFuelEU Aviation). Darüber hinaus werden ab 2025 die sogenannten Nicht-CO2-Effekte des Luftverkehrs, zunächst über ein ⁠Monitoring⁠, später voraussichtlich auch mit einer Abgabepflicht, in den EU-ETS einbezogen. Zudem wird ⁠CORSIA⁠ für die Flüge von und zu sowie zwischen Drittstaaten im Rahmen der EU-Emissionshandelsrichtlinie im EWR implementiert. 

Die Abbildung „Luftverkehr (von Deutschland verwaltete Luftfahrzeugbetreiber), Entwicklung der emissionshandelspflichtigen Emissionen 2013 bis 2022“ zeigt die Emissionen der von Deutschland verwalteten Luftfahrzeugbetreiber zwischen 2013 und 2022. Die Emissionen 2022 entsprechen nur gut 80% des durchschnittlichen Emissionsniveaus im Zeitraum 2013 bis 2019 (etwa 9 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr). Insgesamt liegt im Berichtsjahr 2022 das drittniedrigste Emissionsniveau seit Einführung des reduzierten Anwendungsbereichs 2013 vor. Wie gravierend sich der Emissionsrückgang aufgrund des starken Verkehrseinbruchs in Folge der COVID-19-Pandemie darstellt, ist in der Abbildung ersichtlich. Auch der starke Erholungseffekt im Luftverkehr hin zum Emissionsniveau des Jahres 2019 (dem letzten vor der COVID-19 Pandemie) ist deutlich zu erkennen.

Diagramm: Im Jahr 2022 betrugen die berichtspflichtigen Emissionen der von Deutschland verwalteten Luftfahrzeugbetreiber 7,2 Mio. t Kohlendioxid-Äquivalente.
Luftverkehr (von Deutschland verwaltete Luftfahrzeugbetreiber), Entwicklung der ...
Quelle: Umweltbundesamt / Deutsche Emissionshandelsstelle Diagramm als PDF