Klimawandel und psychische Gesundheit

Frau steht mit Rücken zugewandt im Wald.zum Vergrößern anklicken
Der Klimawandel kann auch die psychische Gesundheit beeinträchtigen.
Quelle: Free-Photos / pixabay.com / CC0

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: der Klimawandel wird sich deutlich auf die menschliche Gesundheit auswirken. Neben den körperlichen Folgen etwa von Extremwetterereignissen kann dabei auch die psychische Gesundheit direkt oder indirekt betroffen sein, wie die American Psychological Association bereits 2009 betonte. Die Forschung in Deutschland steht hier noch am Anfang.

Inhaltsverzeichnis

Der ⁠Klimawandel⁠ ist eine zentrale Bedrohung für die menschliche Gesundheit und wirkt sich direkt und indirekt auf die menschliche Psyche aus. Um den Kenntnisstand zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit in Deutschland zu erfassen, wurde, im Rahmen der Beitragsreihe zum Sachstandsbericht Klimawandel und Gesundheit, ein Scooping Review für die Schwerpunktthemen Extremwetterereignisse, Temperaturerhöhung, innerpsychische Verarbeitung, soziologische Aspekte und Resilienzfaktoren durchgeführt: Journal of Health ⁠Monitoring⁠ | S4/2023 | Scooping Review zu Klimawandel und psychischer Gesundheit in Deutschland – Direkte und indirekte Auswirkungen, vulnerable Gruppen, Resilienzfaktoren.

 

Belastung durch die Bedrohung

Unsere Umwelt wird sich im Zuge des Klimawandels stark verändern. Bereits vor dem persönlichen Erleben solcher Veränderungen kann der Gedanke an die Bedrohung durch den ⁠Klimawandel⁠ Gefühle von Angst, Hilflosigkeit oder Sorgen auslösen. Begriffe wie „Eco-Anxiety“ oder „Eco-Grief“ werden genutzt, um solche emotionalen Reaktionen zu beschreiben. Zu unterscheiden ist hier zwischen einer angemessenen Reaktion auf eine ernst zu nehmende Bedrohung, die klimafreundliches Verhalten motivieren kann, und sehr starken emotionalen Reaktionen, die unter anderem in eine Vermeidungshaltung, ein Gefühl der Handlungslähmung, Appetitverlust, Schlaflosigkeit oder Panikattacken münden können.

 

Belastung als Reaktion auf Extremwetterereignisse

Psychische Folgen können eine direkte Reaktion auf Naturkatastrophen und Extremwetterereignisse sein, für die sich das Risiko aufgrund des Klimawandels zunehmend erhöht. So kommt es im Nachgang von Extremwetterereignissen und den damit einhergehenden ökonomischen und sozialen Folgen zu einer erhöhten Häufigkeit und Schwere psychischer Störungen wie Depressionen und Angststörungen. Auch posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) treten nach solchen einschneidenden Ereignissen gehäuft auf. Ein wissenschaftlich häufig untersuchtes Beispiel sind die Auswirkungen des Hurrikans Katrina in New Orleans im Jahre 2005. Hier berichteten 30 % der Befragten im Nachgang des Hurrikans über PTBS-Symptome und bis zu 50% über Angst- oder depressive Symptomatiken (Galea et al., 2007). Vermutet wird auch, dass Ereignisse wie Hitzewellen verstärkte Gewalt, vermehrte Konflikte und erhöhte Suizidraten mitbedingen können.

Auch graduelle langfristige Veränderungen der heimischen Umwelt, etwa durch anhaltende Trockenheit, können psychische Stressreaktionen auslösen. Unter dem Begriff der „Solastalgie“ werden auch solche Emotionen zunehmend erforscht. Solastalgie bezeichnet dabei ein Gefühl des Verlustes, der Trauer und den empfundenen emotionalen Distress, der entsteht, wenn es zu Umweltveränderungen oder -zerstörungen im vertrauten Lebensraum kommt. Im Unterschied zum Begriff „Eco-Anxiety“ bezieht sich die Solastalgie auf das, was bereits verändert oder verloren ist, wohingegen die Eco-Anxiety antizipativ ist, also eine Angst vor dem, was kommen könnte, darstellt.

 

Indirekte Folgen

Mit dem ⁠Klimawandel⁠ einhergehende Veränderungen können die psychische Gesundheit zusätzlich indirekt beeinflussen, zum Beispiel indem sie sich ökonomisch auswirken, Personen zur Migration zwingen oder der körperlichen Gesundheit schaden. Auch eine Schwächung des gesundheitlichen Versorgungssystems kann die psychische Gesundheit gefährden.

 

Risikogruppen und Interventionen

Dabei sind nicht alle Personen gleichstark von klimawandelbedingten psychischen Folgen betroffen. Ziel für die Forschung der nächsten Jahre sollte es sein, Risikogruppen für eine besonders hohe psychische Belastung durch den ⁠Klimawandel⁠ zu identifizieren. Das ist eine wichtige Grundlage für die Entwicklung wirksamer Interventionen. So gibt die Australien Psychological Society basierend auf psychologischer Literatur verschiedene Verhaltensratschläge für alle Individuen, bei denen es aufgrund der Bedrohung durch den Klimawandel zu einem Stresserleben kommt (Fritze et al., 2008). Dabei wird unter anderem die Rolle von sozialen Kontakten und dem eigenen Engagement gegen den Klimawandel betont, um psychische Belastungen abzumildern. Generell gilt außerdem: Alle individuellen und politischen Handlungen gegen den Klimawandel helfen auch gleichzeitig, die negativen psychischen Folgen zu begrenzen.

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Schlagworte:
 Klimawandel  Gesundheit  Umweltpsychologie  Umweltangst  Psychische Wirkung  Extremwetterereignis