Die online Plattform „Renaturierung von Fließgewässern“ stellt Informationen für potenzielle Maßnahmenträger von Renaturierungsprojekten zusammen. Ziel der Fließgewässerrenaturierung ist es, Flüsse und Bäche wieder naturnäher zu gestalten und ihren ökologischen Zustand zu verbessern.
Bei Gewässerrenaturierungen geht es darum Gewässer nachhaltig zu entwickeln. Natürliche und naturnahe Fließgewässer haben viele Vorteile, z. B.:
Sie steigern die Lebensqualität als prägende Elemente in Stadt und Land.
Sie reduzieren die Hochwassergefahr für Unterlieger.
Sie bieten zahlreichen Pflanzen- und Tierarten einen Lebensraum.
Sie unterstützen den Abbau umweltbelastender Stoffe (z. B. Abwasser, Düngemittel).
Sie tragen zur Anpassung an den globalen Klimawandel bei.
Die Informationsplattform richtet sich insbesondere an potenzielle Maßnahmenträger von Gewässerrenaturierungen wie z. B. Städte und Gemeinden, Wasserwirtschaftsbehörden, Gewässerunterhaltungsverbände, Angelvereine oder Bürgerinitiativen. Insbesondere kleine und mittelgroße Flüsse und Bäche sind häufig im Eigentum der Städte und Gemeinden und müssen von ihnen unterhalten werden. Zudem haben die Kommunen die örtliche Planungshoheit (Raum- und Umweltplanung) und spielen deshalb eine zentrale Rolle bei der Bewirtschaftung und nachhaltigen Entwicklung von Fließgewässern.
Die Informationsplattform Renaturierung von Fließgewässern bietet Inhalte zu:
Projektbeispielen von Renaturierungen mit einer Fülle möglicher Einzelmaßnahmen.
Eine Broschüre bietet einen Einblick in die Inhalte der Informationsplattform.
Intakte Fließgewässer nützen uns
Intakte Fließgewässer sind komplexe, sehr artenreiche Ökosysteme. Sie beherbergen vielfältige Pflanzen- und Tiergemeinschaften und stellen auch für uns eine wichtige Lebensgrundlage dar. Sie versorgen uns beispielsweise mit Wasser und Nahrung. Andere Vorteile, die uns natürliche Flüsse und Bäche bringen, sind nicht so offensichtlich. So werden beispielsweise viele Stoffe im Gewässer und in der Gewässersohle abgebaut und Abwasser gereinigt.
Wenn Flüssen genügend Fläche überlassen wird und sie fernab von Siedlungen über die Ufer treten können, werden Auen überflutet und Hochwasserwellen abgeschwächt. Naturnahe Auen speichern zudem Kohlenstoff und tragen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen bei. Renaturierungen helfen uns bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels und fördern die Biodiversität. Naturnahe Gewässerabschnitte in Städten können das Stadtklima verbessern und das Wohnumfeld aufwerten. (Mehr dazu: Leistungen und Nutzen renaturierter Flüsse)
Naturnahes Fließgewässer
Die Rur bei Monschau ist ein typischer naturnaher Fluss im Mittelgebirge. Sie bietet mit ihren reich strukturierten Ufern und Gewässerbetten einer Vielzahl von Pflanzen- und Tiergemeinschaften einen Lebensraum.
Quelle: Georg Lamberty / Planungsbüro Zumbroich
Radfahren an der renaturierten Ruhr in Binnerfeld (2018)
Die Renaturierung der Ruhr bei Arnsberg bietet neben dem neu geschaffenen Lebensraum für Tiere und Pflanzen auch dem Menschen neue Möglichkeiten die Natur zu erleben. Erholungssuchende nutzen die Rad- und Fußwege entlang des renaturierten Flusses und erhalten abwechslungsreiche Einblicke in die Natur.
Quelle: Marco Linke / Medieningenieurbüro Manntau
Renaturiertes Fließgewässer im ländlichen Raum – Wümme mit Entwicklungskorridor (2012)
Großräumig renaturierte Flüsse und Bäche wie die Wümme dienen als ökologische Korridore in der Kulturlandschaft. Gewässerrandstreifen und Saumstreifen aus Gehölzen trennen das Gewässer von angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen ab und sind wichtige Puffer gegenüber Schadstoffeinträgen.
Quelle: Wolfgang Kundel (terra-air services) / Landkreis Verden
Renaturierte Murg in Rastatt (2018)
Seit der Renaturierung kann sich die Murg in Rastatt innerhalb des eingedeichten Bereichs eigendynamisch entwickeln. Dadurch wird sie auch attraktiver für die Naherholung.
Quelle: Marco Linke / Medieningenieurbüro Manntau
Ökologische Aufwertung eines Baches in Siedlungslage
Selbst massiv ausgebaute Gewässer in der Stadt können durch eine Revitalisierung der Sohle und Ufer ökologisch aufgewertet werden.
Seit jeher nutzt und verändert der Mensch Fließgewässer und Auen mit den unterschiedlichsten Zielen. Dazu zählen beispielsweise die Landgewinnung für Siedlungen und für die Produktion von Nahrungsmitteln, die Energieerzeugung, die Wasserversorgung, der Schutz vor Hochwasser, die Abwasserableitung, der Warentransport und die Erholung. Um diese vielfältigen Nutzungen zu ermöglichen sind erhebliche Eingriffe in die Flüsse und ihr Umfeld nötig. Sie können dabei zur Verarmung der Biotop- und Artenvielfalt bis hin zur Zerstörung der sensiblen Ökosysteme führen.
Von Eingriffen wird gesprochen, wenn Gewässerläufe begradigt, eingeengt oder durch Verbau in ein starres Korsett gezwungen werden. Oftmals sind auch die Auen bis unmittelbar an das Ufer genutzt oder versiegelt. Diese Eingriffe wirken auf die natürlichen Prozesse im Gewässerraum. Abflussgeschwindigkeiten erhöhen sich und der Wasserrückhalt der Aue wird verringert. Die Gewässer tiefen sich ein und die Verzahnung zwischen Fluss und Aue wird unterbrochen. Aus strukturreichen Naturräumen werden eintönige Gerinne. Übermäßige Wasserentnahmen, die Einleitung von Abwässern oder der Eintrag von Düngemitteln und Pestiziden aus der Landwirtschaft, belasten die Fließgewässer zusätzlich.
Begradigter Fanggraben in Hessen
Dieses Gewässer wurde zu einem eintönigen Gerinne begradigt und eingedeicht. Es hat keine Verbindung mehr zur Aue und geht für die Hochwasserrückhaltung verloren.
Quelle: Georg Lamberty / Planungsbüro Zumbroich
Uferverbau am Godesberger Bach in Bonn
Die verbauten Ufer und die intensiv besiedelte Aue bieten diesem nordrhein-westfälischen Bach keinen Platz mehr für eine dynamische Gewässerentwicklung.
Quelle: Georg Lamberty / Planungsbüro Zumbroich
Verrohrter Abschnitt des Mehlemer Baches
Durch die Verrohrung wurden Sohle und Ufer dieses Baches in Nordrhein-Westfalen komplett verbaut und damit die natürliche Gewässerstruktur zerstört.
Quelle: Georg Lamberty / Planungsbüro Zumbroich
Bebauung der Spree-Aue in Berlin
Die bebaute Spree-Aue wird im Berliner Regierungsviertel bis an die Gewässerkante genutzt. Pflanzen und Tiere haben hier keinen Lebensraum mehr.
Quelle: Georg Lamberty / Planungsbüro Zumbroich
Wehr mit Rückstau am Regen
Querbauwerke wie hier in Bayern behindern das Wanderungsverhalten von Fischen. Durch die Aufstauung wird zudem die jahreszeitliche Gewässerdynamik verändert.
Die Eingriffe in unser Gewässernetz gingen mit einem Verlust von etwa 80 Prozent der ursprünglichen Auen- und Gewässerentwicklungsfläche einher. Fläche bedeutet jedoch Lebensraum. Bäche und Flüsse können ihre typischen Strukturen, die von zahlreichen Organismen als Lebensraum genutzt werden, nur ausbilden, wenn ihnen dafür Fläche zur Verfügung steht. Mit einem naturwissenschaftlich begründeten Berechnungsverfahren (Müller et al. 2025) wurde die Fläche ermittelt, die ein Fließgewässer mindestens benötigt, um typische Strukturen und ein ausreichendes Lebensraumangebot wieder ausbilden zu können. Auf Basis dieser Berechnungen empfiehlt das Umweltbundesamt ein bundesweites Flächenziel für die Gewässerentwicklung
Gewässerzustand durch Renaturierung verbessern
Gewässerrenaturierung ist die Rückführung eines vom Menschen veränderten Gewässers hin zu einem natürlicheren Zustand.
Für diese Verbesserung eines Gewässers gibt es zahlreiche Bezeichnungen wie z. B. Regeneration, Rekonstruktion oder Revitalisierung (Zerbe & Wiegleb 2008). Diese Konzepte können umgangssprachlich zum Begriff „Gewässerrenaturierung“ zusammengefasst werden. Zumeist bedarf es einer Initialmaßnahme durch den Menschen, wie z. B. der Entfernung von Beton am Ufer oder im Flussbett, damit eine eigendynamische Entwicklung hin zu einem naturnahen Zustand einsetzen kann.
Wie funktioniert Fließgewässerrenaturierung?
Zumeist bedarf es einer Initialmaßnahme durch den Menschen, wie z. B. der Entfernung von Beton am Ufer oder im Flussbett, damit eine eigendynamische Entwicklung hin zu einem naturnahen Zustand einsetzen kann.
Die natürliche Form jedes Baches und Flusses entsteht nicht zufällig, sondern wird durch die Natur geprägt. Grundsätzlich sollten Renaturierungen dem Prinzip „Entwickeln lassen statt Umbauen“ folgen. Denn jede Baumaßnahme greift in das Ökosystem „Fließgewässer“ ein.
Bei jeder Renaturierung wird der natürliche Referenzzustand mit dem Machbaren abgeglichen und ein realistisches Entwicklungsziel entworfen (Mehr dazu: Renaturierungen planen, umsetzen und kontrollieren, Planungsziele festlegen). Die Planung und Durchführung von Gewässerrenaturierungen kann langwierig sein. Darüber hinaus dauert es oftmals viele Jahre, bis ein Fließgewässer wieder einen naturnahen Zustand erreicht. Deshalb ist es besonders wichtig, langfristig zu planen und alle betroffenen Akteure und Interessengruppen frühzeitig einzubinden. (Mehr dazu: Kooperation und Partizipation für erfolgreiche Renaturierungen)
Renaturierung durch Initialmaßnahme an der Fulda (2018)
Oftmals reicht eine relativ kleine Maßnahme aus, um eine eigendynamische Gewässerentwicklung auszulösen. An der Fulda wurden Steine als Strömungslenker schräg in das Gewässerbett eingebaut. Durch die Ableitung der Strömung beginnt das Ufer auf der gegenüberliegenden Seite zu erodieren und der Fluss gestaltet sein Gewässerbett naturnah selbst.
Quelle: Georg Lamberty / Planungsbüro Zumbroich
Verfallende, naturnahe Uferbefestigung des Schierenbaches (2018)
Die im Rahmen der Renaturierung des Schierenbaches eingebrachte Uferbefestigung verrottet mit der Zeit und lässt mehr Eigendynamik des Gewässers zu. Zudem dient das sich zersetzende Holz als Nahrung für zahlreiche Insektenlarven.
Quelle: Georg Lamberty / Planungsbüro Zumbroich
Renaturierte Ruhr in Oeventrop kurz nach Fertigstellung (2018)
Durch die Profilaufweitung entstand ein reich strukturierter Abschnitt mit guten Zugangsmöglichkeiten für die Bevölkerung.
Quelle: Marco Linke / Medieningenieurbüro Manntau
Baumaßnahme zur Renaturierung der Dhünn (2003)
Für die Renaturierung des Mündungsbereiches der Dhünn in Nordrhein-Westfalen waren bauliche Initialmaßnahmen notwendig.
Quelle: Thomas Zumbroich / Planungsbüro Zumbroich
Kleine Initialmaßnahme mit großer Wirkung
Initiiert durch eine Stammbuhne hat das Wasser einen Kolk ausgehoben und eine Kiesbank abgelagert: Zwei Lebensräume für Fische und Fischnährtiere.
Quelle: Werner H. Baur
Nebel zwischen Dobbin und Linstow während der Bauarbeiten (2013)
Störelemente wie Totholz wurden in das Gewässer eingebracht. Dadurch soll die eigendynamische Entwicklung des Gewässers gefördert und die Habitatvielfalt verbessert werden.
Um Fließgewässer zu renaturieren, muss nicht immer der Bagger kommen. Dynamische Gewässer gestalten ihre Renaturierung selbst, wenn man ihnen Entwicklungsraum gibt und Initialmaßnahmen durchführt. Kann der Gewässerlauf nicht verändert werden, so können kleine Maßnahmen dennoch die Struktur des Gewässers wesentlich verbessern. Über 90 % der deutschen Flüsse und Bäche sind über weite Strecken begradigt, eingeengt, verrohrt oder von Bauwerken unterbrochen. Durch Renaturierungen kann der ökologische Zustand und die Attraktivität der Gewässer verbessert werden.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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