LW-R-1: Anpassung von Bewirtschaftungsrhythmen

Landwirtinnen und Landwirte beachten bei ihrer Bewirtschaftungsplanung veränderte Klimabedingungenzum Vergrößern anklicken
Eine gute Bewirtschaftungsplanung bedarf genauer Beobachtung der Pflanzenentwicklung und Witterung.
Quelle: encierro / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

Anpassung der Bewirtschaftungsplanung

Mit den sich im Zuge des Klimawandels vollziehenden Veränderungen jahreszeitlicher Witterungsverläufe müssen die Landwirtschaftsbetriebe ihre Bewirtschaftungsplanung umstellen. Sie müssen die günstigsten Zeitpunkte für Bestellung, Aussaat und Ernte sowie für die Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln in jedem Jahr neu ermitteln. Die Witterungsverhältnisse spielen dabei sowohl direkt als auch indirekt eine entscheidende, wenn auch nicht die alleinige Rolle für die Terminierung der einzelnen Bewirtschaftungsgänge. Direkten Einfluss nimmt die ⁠Witterung⁠ insofern, als beispielsweise der günstigste Zeitpunkt für die Bodenbearbeitung stark von der ⁠Bodenfeuchte⁠ abhängig ist, oder im Frühjahr die Aussaat bestimmter Kulturpflanzen wie Mais erst bei Erreichen bestimmter Bodentemperaturen erfolgen kann. Indirekte Einflüsse veränderter Witterungsverhältnisse werden wirksam, indem die Landwirtschaftsbetriebe mit ihrer Kulturarten- und Sortenwahl beziehungsweise der Fruchtfolge auf die sich verändernden klimatischen Rahmenbedingungen reagieren.
Für die Landwirtschaft stellen diese Anpassungen keine grundsätzlich neuen Herausforderungen dar, da sie mit der Durchführung von Bewirtschaftungsgängen schon immer auf die Jahreszeiten und phänologischen Entwicklungsphasen ihrer Kulturen reagiert hat. Möglicherweise nehmen aber unvorhersehbare ⁠Wetter⁠- oder Witterungssituationen zu.

Das Liniendiagramm zeigt den mittleren Zeitpunkt des Beginns der Maisaussaat als Kalendertag von 1970 bis 2017. Die Zeitreihe zeigt einen deutlichen Abwärtstrend mit leichten Schwankungen zwischen den Jahren.
LW-R-1: Anpassung von Bewirtschaftungsrhythmen

Die in der Landwirtschaft Tätigen reagieren mit der Terminierung der einzelnen Bewirtschaftungsgänge in den Kulturen auf die sich verändernden Witterungsbedingungen. Die Bestellung von Mais verfrühte sich in den letzten fünfzig Jahren um mehr als eine Woche. Der Trend dieser Verfrühung ist signifikant. Für die Maiskultur selbst ist die frühere Aussaat von Vorteil, weil dies die Reifebedingungen verbessert.

Quelle: DWD (phänologisches Beobachtungsnetzwerk)

Das bundesweite phänologische Beobachtungsnetz des ⁠DWD⁠ erfasst neben den zeitlichen Veränderungen der Entwicklung von Pflanzen auch Änderungen bei der Durchführung von Bewirtschaftungsgängen in landwirtschaftlichen Kulturen. Je nach betrachtetem Bewirtschaftungsgang sind die Einflüsse auf die Terminierung unterschiedlich. Neben der ⁠Witterung⁠ spielen in der Regel auch zahlreiche andere Faktoren eine Rolle. Relevant sind zuallererst die Sorten- und Fruchtfolgenwahl. Gesät werden kann erst dann, wenn die Vorfrucht in der Fruchtfolge geräumt ist. Auch organisatorische Anforderungen in den Betrieben können entscheidend sein. Je nach Größe der Betriebsfläche und Umfang des eigenen Maschinenparks oder der erforderlichen Fremdarbeit können sich Bewirtschaftungsgänge zeitlich verändern. Dies bedeutet, dass sich solche Verschiebungen von Bewirtschaftungsgängen nicht allein mit veränderten Witterungsverhältnissen erklären lassen. Dennoch können entsprechende Beobachtungen Hinweise auf Anpassungen in der Bewirtschaftungsplanung geben.

Die Bestellung von Mais erfolgt in der Regel im Laufe des April und Mai, wenn der Boden warm, gut abgetrocknet und tragfähig ist und die ⁠Bodentemperatur⁠ rund 8 bis 10 °C erreicht hat. Die Aussaat zur richtigen Zeit ist wesentlich für die Pflanzenentwicklung, ein gesundes Wachstum und damit auch für die späteren Erträge. Im Frühjahr sind bewirtschaftungsbedingte Einflüsse noch vergleichsweise gering, und die Witterungseinflüsse spielen eine bedeutendere Rolle als bei der Terminierung der Bewirtschaftungsgänge im Sommer und Herbst. Daher sind für Sommerkulturen die Veränderungen der Bestelltermine im Frühjahr auch ein geeigneter Indikationsgegenstand im Klimawandelkontext.
Neben der Frühjahrswitterung spielt für die Aussaat der Sommerkulturen auch eine Rolle, ob und wie gut in den Wintermonaten beziehungsweise am Ende des Winters die Zwischenfrüchte abgefroren sind. Wenn dieses Abfrieren bei zu milden Wintern nicht mehr gewährleistet ist, können zusätzliche Arbeitsgänge für die Saatbettbereitung der Hauptkultur Mais notwendig werden.
In den zurückliegenden fünfzig Jahren wurde mit der Maisbestellung immer früher begonnen. Im Vergleich zu den 1970er-Jahren wurde der Mais im Mittel der zurückliegenden zehn Jahre um mehr als eine Woche früher ausgesät. Auffallend ist auch, dass seit der Jahrtausendwende die Schwankungen zwischen den Jahren sehr deutlich sind. Zu extrem frühen Aussaaten kam es in den Jahren 2014 und 2020. Diese Jahre zeichneten sich auch durch eine überdurchschnittlich hohe Anzahl von Tagen mit Bodentemperaturen von über 5 °C aus.
Eine frühe Aussaat beim Mais ist von Vorteil, da der Mais zum Erreichen der Silo- oder Körnerreife eine bestimmte Wärmesumme benötigt. Die optimalen Erntetermine für Silomais lassen sich dann früher erreichen. Beim Körnermais werden bei einer längeren ⁠Vegetationsperiode⁠ in der Regel niedrigere Wassergehalte im Korn erreicht und damit auch höhere Marktleistungen erzielt. Zudem kann ein früherer Aussaattermin die Unkrautkonkurrenz deutlich reduzieren, und der Boden ist früher im Jahr besser vor ⁠Erosion⁠ geschützt.
Neben der Planung der Bewirtschaftungsgänge spielen für den Bodenschutz und die Verbesserung der Wuchsbedingungen für die Kulturpflanzen auch weitere Maßnahmen eine bedeutende Rolle: Um die Folgen von Extremwetterereignissen abzupuffern, Erosion zu vermeiden und die Nachlieferung von Wasser- und Nährstoffen in Trockenperioden zu gewährleisten, müssen mit der Bewirtschaftung eine hohe Infiltrationsrate, die Wasser- und Nährstoffspeicherfähigkeit sowie ein gutes Aggregatgefüge der Böden bewahrt werden. Wichtig ist, die organische Bodensubstanz zu erhalten beziehungsweise standortbezogen zu erhöhen. Stabilisierende Maßnahmen in den Betrieben sind Zwischenfruchtanbau, Untersaaten, vielfältige Artenkombinationen, Einarbeitung von Ernterückstanden, Anbau von mehrjährigen Kulturen, organische Düngung und angepasste Bodenbearbeitung. Auf höherer Organisationsebene sind wesentliche Elemente einer klimaangepassten Landwirtschaft Futter-Wirtschaftsdünger Kooperationen, die Integration und Nutzung von mehrjährigen Futterpflanzen in Fruchtfolgen, die Erhaltung des Grünlands, die Erhaltung viehhaltender Gemischtbetriebe sowie ökologischer Landbau und Landschaftsgestaltung (beispielsweise Agroforstsysteme, Konturbewirtschaftung und Randstreifen).

 

Schnittstellen

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LW-R-4 Anbau wärmeliebender Ackerkulturen

BO-I-4 Temperatur im Oberboden

BO-R-1 Humusgehalte von Acker- und Grünlandböden (Fallstudie)

BO-R-2 Dauergrünlandfläche