Internationale Klimafinanzierung

Weltweit müssen Volkswirtschaften und Infrastrukturen umgebaut werden, damit die Ziele des Übereinkommens von Paris erreicht werden können. Dafür sind enorme Geldmengen erforderlich. Industrieländer haben sich verpflichtet, die Entwicklungs- und Schwellenländer finanziell zu unterstützen. Wie groß ist diese Unterstützung und welche Rolle spielt dabei das "NCQG"?

Inhaltsverzeichnis

 

Worum geht es bei der internationalen Klimafinanzierung?

Das für die internationale Klimapolitik zentrale Übereinkommen von Paris (ÜvP) sieht vor, dass der Anstieg der Temperatur der Erdatmosphäre auf deutlich unter 2 °C, möglichst auf 1,5 °C gegenüber vorindustrieller Zeit begrenzt werden soll. Gleichzeitig sollen die Anpassung an den ⁠Klimawandel⁠ gefördert und die Widerstandsfähigkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels gestärkt werden.

Die Kosten zum Erreichen der Klimaziele sind enorm, wie eine Reihe unterschiedlicher Studien und Erhebungen zeigt. Die Climate Policy Initiative (CPI) hat die relevanten Studien ausgewertet und kam zu dem Schluss, dass in den Jahren bis 2030 durchschnittlich jährliche Investitionen für ⁠Klimaschutz⁠ und Anpassung in Höhe von etwa 8.000 Milliarden US-Dollar anfallen. (CPI (2023) "Global Landscape of Climate Finance 2023. Methodology", S. 24 ff.) Ein wesentlicher Teil dieser Kosten fällt in Entwicklungs- und Schwellenländern an, die in den meisten Fällen nur einen geringen Anteil der Kosten selbst aufbringen können.

Bereits in der ⁠UN⁠-Klimarahmenkonvention (⁠UNFCCC⁠) von 1992 haben Industrieländer den Entwicklungs- und Schwellenländern zugesagt, sie bei der Bewältigung der Herausforderungen durch die globale Erwärmung zu unterstützen. Diese Vereinbarung wurde im ÜvP noch einmal bekräftigt (Artikel 9): Die Industrieländer verpflichten sich, Entwicklungs- und Schwellenländern finanzielle Mittel bereitzustellen, um sie bei der Minderung von Treibhausgasen und der ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ zu unterstützen.

Als "internationale Klimafinanzierung" wird somit im Allgemeinen die finanzielle Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern bei Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen bezeichnet.

 

Wie viel Klimafinanzierung haben die Industrieländer den Entwicklungs- und Schwellenländern zugesagt?

Bei der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen verpflichteten sich die Industrieländer zu einem konkreten Klimafinanzierungsziel: Bis zum Jahr 2020 sollten die jährlich bereitgestellten Mittel auf 100 Milliarden US-Dollar steigen. Darunter sollten nicht nur staatliche, sondern auch "mobilisierte private Mittel" zählen. Der Hintergrund: Die für die Klimatransformation erforderlichen Gelder können nur zum geringen Teil durch staatliche Gelder aufgebracht werden. Staatliche Gelder werden auch als "bereitgestellte Mittel" (provided funds) bezeichnet. Gleichzeitig sind Klimaprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern für private Investoren oft nicht interessant: Die Risiken werden oft als deutlich höher eingeschätzt als in wirtschaftlich weiter entwickelten Staaten. Allerdings kann der Zufluss privater Gelder in Klimaprojekte gefördert werden, etwa durch Instrumente wie Garantien. Werden private Investitionen durch staatliche Unterstützung ermöglicht, spricht man von "mobilisierten privaten Mitteln" für die Klimafinanzierung. Die mobilisierten privaten Mittel fließen in das Klimafinanzierungsziel der Industrieländer mit ein.

Das 100-Milliarden-Versprechen der Industrieländer wurde 2015 bei der Klimakonferenz von Paris noch einmal bestätigt und zeitlich verlängert: Die 100 Milliarden US-Dollar sollen jährlich bis 2025 gezahlt werden.

Bei der Klimakonferenz 2024 in Baku (COP 29) wurde ein neues Klimafinanzierungsziel verhandelt: das "New Collective Quantified Goal" (NCQG). Das NCQG sieht nun vor, dass die Industrieländer bis zum Jahr 2035 die Zahlungen an die Entwicklungs- und Schwellenländer auf 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr steigern wollen, und ermutigt letztere, auch zu diesem Ziel beizutragen. Weiterhin werden „alle Akteure“ aufgerufen, die gesamte Klimafinanzierung an Entwicklungs- und Schwellenländer bis zum Jahr 2035 auf 1.300 Milliarden US-Dollar (im Englischen "1.3 trillion", kurz "1.3T") pro Jahr zu steigern. Wie diese Ausweitung gelingen kann, ist Gegenstand des Austauschs zwischen den Vertragsstaaten des ÜvP im Rahmen der "Baku to Belém Roadmap to 1.3T". Bis zur COP30 in Belem Ende 2025 soll dazu ein Bericht vorgelegt werden.

 

Wie viel Klimafinanzierung stellen die Industrieländer zur Verfügung?

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (⁠OECD⁠) sammelt die von den Industrieländern bereitgestellten Daten zur Klimafinanzierung. Die OECD erfasst dabei folgende Länder: Australien, EU-Mitgliedsländer, Großbritannien, Island, Japan, Kanada, Liechtenstein, Monaco, Neuseeland, Norwegen, Schweiz, USA (vgl. OECD (2025) S. 26, Tabelle 6).

Auf der Basis der Zusammenführung der Daten veröffentlicht die OECD jährlich Berichte, in denen die geleisteten Zahlungen zusammengefasst werden. Die Entwicklung der Zahlungen basierend auf den aktuellsten Zahlen der OECD ist in Abbildung 1 zu sehen: Das Finanzierungsziel von 100 Milliarden US-Dollar wurde statt im Jahr 2020 erst 2022 erreicht. Da vor allem Entwicklungsländer auf diese Finanzmittel angewiesen sind, führte das verspätete Erreichen des Finanzierungsziels in Entwicklungs- und Schwellenländern zu einem Vertrauensverlust gegenüber den Industrieländern.

Balkendiagramm zur internationalen Klimafinanzierung durch Industrieländer von 2013 bis 2022 (in Milliarden US-Dollar). Die grünen Balken zeigen die tatsächlich geleistete Finanzierung, die blauen Balken das jährliche Finanzierungsziel von 100 Milliarden US-Dollar. Ab 2020 nähert sich die tatsächliche Finanzierung dem Ziel an und übertrifft es im Jahr 2022 erstmals. Quelle: OECD, Daten für 2015 fehlen.
Internationale Klimafinanzierung durch Industrieländer
Quelle: OECD
 

Wie viel Klimafinanzierung stellt Deutschland zur Verfügung?

Die Bundesregierung hat auf dem G7-Gipfel im Jahr 2022 zugesagt, bis 2025 jährlich 6 Milliarden Euro an öffentlichen Haushaltsmitteln für die Klimafinanzierung zur Verfügung zu stellen.

Wie die Abbildung 2 zeigt, wurde dieses Ziel bereits im Jahr 2022 erreicht. Zu den Haushaltsmitteln kommen noch mobilisierte Mittel hinzu, also Mittel des Kapitalmarktes. Dies sind einerseits „mobilisierte öffentliche Mittel“, die die bundeseigene Förderbank ⁠KfW⁠ als Anleihen am Kapitalmarkt aufnehmen konnte. Hinzu kommen „mobilisierte private Mittel“, also private Investitionen, die im Zusammenhang mit den öffentlichen Geldflüssen stehen.

Um die Finanzierungsziele des NCQG zu erreichen, müssen alle Industrieländer ihre Zusagen bis 2035 deutlich erhöhen. Deutschland hat bislang kein neues Ziel formuliert.

Alternativtext:  „Balkendiagramm zur deutschen öffentlichen und mobilisierten Klimafinanzierung von 2017 bis 2022 (in Millionen Euro). Es zeigt die jährlichen Summen unterteilt in Haushaltsmittel, mobilisierte öffentliche Mittel und mobilisierte private Mittel. Die Gesamtsumme stieg von 7.216 Millionen Euro (2017) auf 9.960 Millionen Euro (2022). Quelle: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit.“
Deutsche öffentliche und mobilisierte Klimafinanzierung
Quelle: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
 

Wie können die globalen Finanzströme mit Klimazielen in Einklang gebracht werden?

In Artikel 2 des ÜvP werden die zentralen Ziele des Abkommens festgehalten. Neben den Temperaturzielen (2.1a) sowie den Zielen für ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ (2.1b), heißt es im Artikel 2.1c, dass „[…] Finanzmittelflüsse in Einklang gebracht werden [sollen] mit einem Weg hin zu einer […] emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Entwicklung.“ Die Finanzflüsse weltweit auf die Ziele des ÜvP auszurichten, ist ein wichtiges, aber anspruchsvolles Ziel: Wenn Subventionen in fossile Energieträger zurückgehen und Bankfinanzierungen oder Ausgaben des Staates stärker in emissionsarme Technologien fließen würden, wäre für die weltweite Klimatransformation viel gewonnen.

Jedoch ist es der Weltgemeinschaft bis heute nicht gelungen, sich darüber zu verständigen, wie genau dieses Ziel umgesetzt werden soll. Zwar besteht weitgehend Einigkeit, dass Subventionen für fossile Energieträger abgebaut werden sollen – doch wie schnell? Und wie kann man überhaupt feststellen, ob Finanzmittelflüsse im Einklang mit den Zielen des ÜvP stehen?

Solche Fragen sollen vor allem im Rahmen des sogenannten „Sharm el-Sheikh Dialogue“ geklärt werden. Es ist zu erwarten, dass der Prozess zur Klärung der Umsetzung von Artikel 2.1c noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Für Fachleute ist jedoch klar, dass eine Umlenkung der Finanzmittelflüsse nicht automatisch dazu führen wird, dass für Entwicklungs- und Schwellenländer mehr Klimafinanzierungsmittel zur Verfügung stehen werden. Darum ist für diese Länder zentral: Die Arbeiten rund um Artikel 2.1c dürfen nicht dazu führen, dass die Industrieländer ihre Verpflichtung vernachlässigen, zur internationalen Klimafinanzierung im Rahmen des NCQG beizutragen.

Das Umweltbundesamt führt von 2024 bis 2027 ein Forschungsvorhaben durch mit dem Titel „Making finance flows consistent with the Paris Agreement. Developing a comprehensive country-level assessment framework and methodology for Article 2.1c“. Im Rahmen dieses Vorhabens soll eine Methode entwickelt werden, mit denen Länder in Hinblick auf ihre Umsetzung des Artikels 2.1c bewertet werden.

Die „Sustainable Finance“-Strategie der Europäischen Union hat große Überschneidungen mit dem Ziel des Artikels 2.1c. Auch diese Strategie verfolgt das Ziel, Finanzströme in umweltfreundlichere Bereiche umzulenken. Dabei fokussiert sie aber vor allem auf Kapitalmärkte und berücksichtigt neben Klimathemen auch weitere Umwelt-Dimensionen.

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