Home-Office, Videokonferenz und Streamingdienste: digitale Dienstleistungen sind für uns heute selbstverständlich. Doch welche Umweltauswirkungen haben Cloud-Dienstleistungen und welche kritischen Rohstoffe werden in Servern, Datenspeichersystemen und Netzwerktechnik benötigt? Wir haben es untersucht.
Forschungsprojekt zur Ermittlung der Umweltwirkungen des Cloud Computings
Die Nutzung von Streaming-Diensten, Videokonferenzen und auch Cloud-Gaming hat sich nicht nur, aber auch durch die Pandemie erheblich erhöht. Im März 2020 wurde am weltweit größten Internetknoten in Frankfurt/Main (DE-CIX) ein Spitzenwert von 9,16 Terabit (TBit) Datendurchsatz pro Sekunde gemessen. Das entspricht der gleichzeitigen Übertragung von mehr als zwei Millionen hochauflösenden (HD-)Videos und ist der höchste Wert, der dort je auftrat. Was macht das mit dem Klima, welchen CO2-Fußabdruck haben Video-Streaming, Video-Konferenz und Online-Datenspeicherung?
Mit den Ergebnissen des Forschungsvorhabens „Green Cloud-Computing“ (GCC) können wir diese Fragen beantworten. Wir haben eine Methode entwickelt, mit der die Umweltwirkungen „Abiotischer Rohstoffverbrauch“ (beinhaltet Mineralien und fossile Rohstoffe), „Treibhausgaspotenzial“, Kumulierter Energieaufwand (Energieaufwand für Herstellung, Nutzung und Entsorgung) und „Wasserverbrauch" von Cloud-Dienstleistungen ermittelt werden können. Mit einem Excel-Tool können die Umweltwirkungen komfortabel berechnet und bewertet werden. Die GCC-Methodik wurde exemplarisch an vier Cloud-Dienstleistungen angewendet: Online-Storage, Videostreaming, virtuelle Desktop-Infrastruktur und Videokonferenz.
Die wichtigste Erkenntnis zum Fallbeispiel Online-Storage
Durch die exemplarische Untersuchung von „Online-Storage“ wurde ersichtlich, dass die Dienstleistung unterschiedlich effizient angeboten wird. Die Bandbreite zum Treibhausgaspotenzial von Online-Storage (Cloud-Speicherung) reicht für die vier untersuchten Rechenzentren von 166 bis 280 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Terabyte gespeicherter Daten pro Jahr. Aufgrund der transparenten Berechnungsmethode und Datenhaltung ist nun auch eine Detailanalyse der Cloud-Dienstleistung möglich, um die Gründe für die unterschiedliche Effizienz (in diesem Fall 60 Prozent) zu ermitteln.
Berechnung des CO₂-Fußabdrucks von Videostreaming und Videokonferenz
Mit den Ergebnissen der Fallbeispiele Videostreaming und Videokonferenz liegen erstmalig konkrete, aus der Praxis gemessenen Daten über die Umweltwirkung dieser Cloud-Dienste vor.
Für eine Stunde Videostream in hochauflösender (HD-)Qualität (zwei Gigabyte Videomaterial) werden im Rechenzentrum Treibhausgasemissionen (THG) von 1,46 Gramm CO2-Äquivalenten freigesetzt. Das entspricht einer elektrischen Leistungsaufnahme im Rechenzentrum von rund 2,3 Watt, ohne Energieverbräuche der Datenübertagung und lokalen Informationstechnik (IT).
Das Ergebnis zum Fallbeispiele „Videostreaming“ lässt die Einschätzung zu, dass der Energieverbrauch und damit die CO2-Emissionen im Cloud-Rechenzentren deutlich geringer sind als bisher angenommen. Den größten Anteil an den Gesamt-Treibhausgasemissionen haben die Geräte im Heimnetz. Entscheidend hierbei ist die Größe des Fernsehgeräts, mit dem das Video angeschaut wird. Vereinfacht gesagt, je größer der Monitor desto schlechter der CO2-Fußabdruck.
Die Treibhausgase-Emissionen, die in einem Rechenzentrum bei der Teilnahme an einer Stunde Videokonferenz freigesetzt werden, betragen 2,27 Gramm CO2-Äquivalente. Das entspricht einer elektrischen Leistungsaufnahme von rund fünf Watt pro teilnehmende Person. Dazu kommt noch der Energieverbrauch der Datenübertragung, der häuslichen Infrastruktur und des Endgerätes. Wenn Sie mit dem Laptop an einer einstündigen Videokonferenz teilnehmen, verursacht das insgesamt Emissionen von 55 Gramm CO2-Äquivalenten. Das ist etwa so viel wie wenn Sie einen Kilometer mit dem Fernzug fahren. Mit einem großen Videomonitor ist der Treibhausgas-Ausstoß höher, aber dennoch ist die Videokonferenz in der Bilanz fast immer besser für das Klima als die Anreise zu einem physischen Meeting – es sei denn, man kommt zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Daten für Videokonferenzen mit Laptop, Computer plus Monitor oder mit einem Videomonitor im Vergleich zur Anreise mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln finden Sie in der folgenden Grafik.
Berechnung des CO₂-Fußabdruck virtueller Desktop-Infrastruktur
Im Forschungsvorhaben zu Green Cloud Computing haben wir untersucht, welchen CO₂-Fußabdruck eine Ausstattung des Computerarbeitsplatzes mit Virtual Desktop Infrastructure (VDI) im Vergleich zu einer klassischen Lösung mit Arbeitsplatzcomputern hat. VDI bedeutet, dass der komplette PC-Desktop im Rechenzentrum virtualisiert ist. Alle spezifischen Einstellungen, Softwareprodukte und Daten befinden sich nicht mehr auf dem Computer, sondern auf einem Server im Rechenzentrum. Am Arbeitsplatz ist nicht mehr ein standardmäßiger PC notwendig, es reicht ein energiesparender Thin Client, der lediglich die Schnittstelle zum Server herstellt. Das Ergebnis unserer Berechnung: Ein Arbeitsplatz mit einer VDI-Lösung (Thin-Client-Computer) hat pro Jahr einen um 33 Kilogramm geringeren CO2-Fußabdruck als ein Arbeitsplatz, der mit einem Notebook oder einem Desktop-PC ausgestattet ist. In den Berechnungen enthalten sind der Herstellungsaufwand für die Hardware im Rechenzentrum und für die lokalen Thin-Client-Computer sowie den Energieverbrauch im Rechenzentrum und am Arbeitsplatz. Bei der Sensitivitätsanalyse stellt sich jedoch heraus, dass es nicht in jedem Fall klimafreundlicher ist, die IT-Leistung in die Cloud zu verlagern. Entscheidend sind die Ausstattung des lokalen Arbeitsplatzes, die Auslastung der IT und ob die Infrastruktur des Rechenzentrums am Bedarf ausgerichtet ist.
Die Stärken der Green-Cloud-Computing-Methode
Mit der Green-Cloud-Computing-Methode, die im Forschungsvorhaben „Green Cloud-Computing“ (GCC) entwickelt wurde, ist es erstmalig möglich, die Umweltauswirkungen (Rohstoffverbrauch, Treibhausgaspotenzial, Energieaufwand und Wasserverbrauch) von Cloud-Dienstleistungen zu berechnen. Die GCC-Kennzahlen eignen sich gut zur Kommunikation der Umweltperformance einzelner Cloud-Dienste und zum Vergleich für die Kunden. Sie eigenen sich auch für den Cloud-Anbieter, um Verbesserungspotenzial seiner Cloud-Dienstleistung erkennen zu können.
Besonders ist hervorzuheben, dass die GCC-Methode ausreichend flexibel ist, um die Daten unterschiedlicher Cloud-Dienstleistungen berechnen und unterschiedliche Fragestellungen beantworten zu können. Die Methode ist zudem transparent, einfach zu handhaben und gut praktisch anwendbar.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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