1.5 Welche Akteur*innen sollten Sie einbeziehen?

Wenn Sie Ihre Kommune auf Folgen des Klimawandels vorbereiten möchten, sollten Sie bereits zu einem frühen Zeitpunkt relevante Akteur*innen in den Anpassungsprozess einbinden.

Inhaltsverzeichnis

Eine erfolgreiche Planung und Umsetzung einer ⁠Anpassungsstrategie⁠ in Ihrer Kommune erfordert die frühzeitige Einbindung einer breiten Akteurslandschaft aus Vertreter*innen der Kommunalpolitik und –verwaltung, lokaler und regionaler Wirtschaft, zivilgesellschaftlicher Verbände und Vereine sowie nicht-organisierten Bürger*innen. Denn eine erfolgreiche Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen benötigt praktikable Konzepte, Akzeptanz und die Übernahme von Verantwortung wichtiger Akteur*innen vor Ort. Auch die Bürger*innen Ihrer Kommune sollten in die Lage versetzt werden, Handlungserfordernisse zu erkennen, um gezielt Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen, beispielsweise im Bereich der ⁠Starkregen⁠- und Hitzevorsorge.

"Der Einbezug von verschiedenen Akteuren ist enorm wichtig, um sich an die Folgen des Klimawandels anpassen zu können. Deswegen lohnt es sich, den Kontakt mit kleineren Kommunen sowie mit Akteuren außerhalb der Stadtverwaltung zu suchen und alle Interessierten an einen Tisch zu bringen.“

Annegret Weidig, Umweltamt der Stadt Nürnberg

Vorteile der Akteurseinbindung nutzen

Die Einbeziehung von Akteur*innen hat einen vielfältigen Mehrwert, den Sie oder das Projektteam für Klimaanpassung in Ihrer Kommune im Blick haben und nutzen sollten. Hierzu zählen u. a.

  • Einbeziehung eines breiten Wissens, von Fachkenntnissen bis zu lokalem Wissen von Bürger*innen
  • Harmonisierung unterschiedlicher Interessen, Perspektiven, Disziplinen, Kenntnisse und Erfahrungen, Austausch über ⁠Klimafolgen⁠ und Anpassung und Erzeugen eines breiteren Engagements
  • Legitimität hinsichtlich der Bewertung von Klimarisiken und der Auswahl von Anpassungsoptionen
  • Bei frühzeitiger Einbindung während der Planungsphase Ebnung des Weges für eine Zusammenarbeit und Unterstützung auch während der Umsetzung konkreter Maßnahmen
  • Erhöhung der Legitimität der kommunalen Anpassungsstrategie
  • Verbesserung der Qualität und Verwendbarkeit der erzielten Ergebnisse durch die Integration von nichtwissenschaftlichem und lokalem Wissen
  • Frühzeitiges Erkennen offensichtlicher oder bislang unbekannte Konflikte und Synergien, die bei der Planung des Anpassungsprozesses Berücksichtigung finden können

Akteursuntersuchung planen und durchführen

Eine Akteursuntersuchung hilft Ihnen zu erkennen, welche Akteursgruppen und Personen für die Planung und Umsetzung Ihrer Anpassungsaktivitäten von Bedeutung sind, wie diese organisiert sind, welche Meinungsführer*innen es gibt und wie das Beziehungsgeflecht der Akteur*innen untereinander aussieht. Zudem können Sie mit passenden Methoden herausfinden, welche Interessen, Erwartungen, Probleme, Vorteile und Hoffnungen die Akteur*innen mit dem geplanten Anpassungsprozess verbinden, wer von einer Entscheidung betroffen ist und wer etwas zur Vorbereitung bzw. Umsetzung potenzieller Lösungen beitragen kann.

Eine Akteursanalyse können Sie in drei zentralen Schritten durchführen:

  1. Ermittlung und Kategorisierung von Akteur*innen
  2. Bewertung von Akteur*innen
  3. Darstellung einer Akteursübersicht mit Beziehungen zwischen den Akteur*innen

Für jede dieser Aktivitäten können Sie verschiedene Methoden und Werkzeuge einsetzen.

"Die Folgen des Klimawandels haben wir alle schon zu spüren bekommen. Vor allem Sturm, Gewitter und Starkregen bereiten uns und anderen Städten zunehmend Probleme. Deshalb ist es umso wichtiger, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern Wege zu finden, wie wir uns an den ⁠Klimawandel⁠ anpassen und seine Auswirkungen mindern können."

Christoph Tesche, Bürgermeister, Stadt Recklinghausen

Relevante Akteur*innen ermitteln und kategorisieren

Eine systematische Ermittlung der relevanten Akteur*innen können Sie methodisch durch Dokumentenanalysen, Online-Recherchen, Interviews oder Gespräche mit den Akteur*innen vornehmen. Dabei ist es unabdingbar, dass Sie alle erkannten Akteur*innen (ob im ersten Moment wichtig oder nicht) dokumentieren. Manchmal führt eine Aufnahme einer Person zu einer anderen, welche bisher nicht bedacht wurde („Schneeballeffekt“). Ordnen Sie die Akteur*innen vorher festgelegten Kategorien zu, wie Politik, Verwaltung (z. B. kommunale Fachbehörden zuständig für Gesundheit, Katastrophenschutz, Verkehr, Energie, Wasser, Landwirtschaft, Wirtschaft, Finanzen, Bildung), kommunales Unternehmen (z. B. Wohnungsbaugesellschaften), Privatsektor (z. B. Industrie, Gewerbe, Dienstleister) Verband, Verein, Umweltorganisation, Klimainitiative, Bürger*in oder Akteur*in aus benachbarter Kommune oder Landkreis.

Um Bürger*innen Ihrer Kommune für das Thema Anpassung zu begeistern und sie von Anfang an in den Prozess einzubinden, sollten Sie eng mit Ihrer Presse- und Öffentlichkeitsabteilung oder auch den Bereichen Kunst und Kultur sowie den lokalen Medien zusammenarbeiten.

"Die ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ wird nur gelingen, wenn auch die Berliner Wirtschaft ihre Beiträge leisten kann. Es ist ein gutes Zeichen, dass gerade Unternehmen aus dem Netzwerk Großbeerenstrasse hier so schnell die Initiative ergreifen."

Ekkehard Band, Bürgermeister, Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Berlin

Akteur*innen bewerten

Die ermittelten Akteur*innen werden in diesem Schritt von Ihnen oder dem Projektteam anhand von vorher festgelegten Kriterien genauer untersucht, bewertet und gewichtet. Mögliche Kriterien wären beispielsweise: Betroffenheit durch den Klimawandel, Entscheidungspotenzial, Einfluss, Einstellung, Rolle, Interessen, Konfliktpotenzial, Beziehungen der Akteur*innen untereinander sowie Erwartungen und Anforderungen an den Beteiligungsprozess. Je nach den lokalen Gegebenheiten können diese Kriterien stärker oder schwächer gewichtet werden. Die bereits bekannten oder zu ermittelnden Informationen werden dokumentiert.

Akteursübersicht erstellen

Als Ergebnis der Akteursanalyse erstellen Sie eine strukturierte Übersicht der einzubindenden Akteur*innen. Dies kann eine einfache Liste sein, die mindestens die folgenden Angaben beinhalten sollte: Kurzbeschreibung der Akteur*innen (Institution, fachlicher Hintergrund, Rolle), deren Kontaktdaten, Beziehungen zu anderen Akteur*innen, Aussagen zum Thema Klimaanpassung und den Anforderungen hinsichtlich des Beteiligungsprozesses. Die Beziehungen der Akteur*innen untereinander können Sie auch in Form eines Stakeholderdiagramms graphisch darstellen.

Akteur*innen auswählen und Grad der Beteiligung festlegen

Mit der Akteursanalyse haben Sie gutes Verständnis der potenziell einzubindenden Akteur*innen erreicht. Nun können Sie die Akteur*innen auswählen, die Sie direkt per Post, E-Mail oder über ein Telefonat ansprechen können. Die Zusammensetzung der ⁠Stakeholder⁠ wird sich wahrscheinlich im Laufe der Zeit ändern und die Rollen, die sie spielen, werden sich von einem zum nächsten Schritt im Anpassungsplanungsprozess unterscheiden. Daher sollte die Stakeholder-Analyse während des gesamten Planungsprozesses eine wiederkehrende Aktivität sein. Der nächste Schritt ist dann die tatsächliche Einbeziehung der Akteur*innen in den Beteiligungsprozess. Hinsichtlich des Grads der Beteiligung der Akteur*innen gibt es unterschiedliche Ansätze. Dies kann von der Information als notwendige Grundvoraussetzung über eine Konsultation, d. h. das Einbringen von Ideen und Kenntnissen und Stellungnahmen, bis hin zur aktiven Mitgestaltung oder gar Mitbestimmung während des gesamten Prozesses reichen. Der Grad der Beteiligung kann sich im Verlauf des Anpassungsprozesses durchaus ändern.

 

Aufgabe: Überblick zu internen und externen Akteur*innen

Für Ihre weitere Arbeit wird es nicht nur wichtig sein, eng mit Ihrem Projektteam zu kooperieren, sondern auch das Wissen, die Ideen und die Sorgen anderer verwaltungsinterner und -externer Akteur*innen zu berücksichtigen. Laden Sie die Vorlage zur Erstellung der Akteurslandkarte herunter und ergänzen Sie die Akteur*innen, mit denen Sie bei Ihren bisherigen Recherchen Kontakt hatten. Tragen Sie weitere Personen und Organisationen ein, die für die Entwicklung und Umsetzung Ihrer Pläne relevant werden könnten. Aktualisieren Sie das Dokument in regelmäßigen Abständen.

 

Hilfreiche Links und Publikationen

 

>> Weiter zu Kapitel 1.6 "Wie können Sie das Thema Anpassung kommunizieren?"

<< Zurück zu Kapitel 1.4 "Welche Fachkenntnisse, Wissensstände, Informations- und Datenquellen sind erforderlich?"

 

Teilen:
Artikel:
Drucken
Schlagworte:
 KomPass