Dirk Messner, Präsident des UBA, sagt: „Vor der COVID-19-Pandemie gab es deutliche Emissionsrückgänge bei den deutschen EU-ETS-Anlagen. Dieser Trend ist vorerst gestoppt. Als Folge der Russland-Aggression stagnieren die Emissionen auf dem Vor-Pandemie-Niveau und bei der Kohleverfeuerung beobachten wir sogar einen erneuten Anstieg. Hier müssen wir nun entschieden gegensteuern und weg von den fossilen Energien. Der Ausbau der erneuerbaren Energien braucht noch mehr Tempo und wir müssen bis 2030 aus der Kohle aussteigen. Der nun reformierte Emissionshandel, mit deutlich abgesenkten Emissionsobergrenzen ab 2024 kann hierfür spürbare Impulse setzen.“
Jürgen Landgrebe, Leiter des Fachbereichs V „Klimaschutz, Energie, Deutsche Emissionshandelsstelle“ im UBA, ergänzt: „Die jüngsten Beschlüsse zur Neuausrichtung der europäischen Klimapolitik setzen auf eine ambitionierte Reform des Emissionshandels. Dies stärkt seine Rolle als zentraler Eckpfeiler der europäischen Klimapolitik. Neben abgesenkten Emissionsobergrenzen wird künftig auch der Anteil kostenloser Emissionsberechtigungen weiter zurückgehen. Gleichzeitig schaffen die aus den Auktionen eingenommen Gelder erhebliche finanzielle Spielräume, um die sozialen Folgen der Dekarbonisierung gerecht abzufedern.“
Energie: Die Emissionen aus der Energieversorgung stiegen um drei Prozent auf 242 Millionen Tonnen CO2-Äq und damit das zweite Jahr in Folge. Im Energiebereich sank der Erdgaseinsatz in der Stromproduktion wegen der infolge des russischen Krieges in der Ukraine stark gestiegenen Gaspreise: Trotz der seit Einführung des EU-ETS höchsten Preise von durchschnittlich über 80 Euro pro Emissionsberechtigung waren viele Kohlekraftwerke im Betrieb wirtschaftlicher als Gaskraftwerke. Darum stieg der Einsatz von Braun- und Steinkohle für die Stromproduktion gegenüber 2021 deutlich.
Industrie: Die Emissionen der Industrie sanken im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent auf 112 Millionen Tonnen CO2-Äq, weil weniger produziert wurde; das ist das niedrigste Niveau seit 2013. In fast alle Branchen gingen die Emissionen deutlich zurück: Am meisten in der chemischen Industrie (18 Prozent), gefolgt von den Nichteisenmetallen (15 Prozent). Lediglich die Emissionen der Raffinerien stiegen um 4 Prozent.
Luftverkehr: Die Emissionen der von Deutschland verwalteten Luftfahrzeugbetreiber lagen 2022 bei etwa 7,2 Millionen Tonnen CO2-Äq. Dies ist ein Anstieg um rund 55 Prozent. Die Emissionen lagen aber weiterhin unter dem Niveau vor der Covid-19-Pandemie – sie erreichten etwa drei Viertel der Emissionen von 2019.
Deutschland und Europa: Auch die Emissionen aller am EU-ETS teilnehmenden Anlagen (in den 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen) veränderten sich 2022 nur geringfügig: Nach Angaben der Europäischen Kommission sanken die Emissionen im Jahr 2022 um 1 Prozent und lagen bei rund 1,32 Milliarden Tonnen CO2-Äq. Maßgeblich für diese Entwicklung waren – analog zur Situation in Deutschland – ein Anstieg der Kohleverstromung und Rückgänge in der Industrieproduktion. Die Emissionen der Stromerzeugung stiegen um rund 2 Prozent, während die Emissionen der Industrieanlagen um rund 5 Prozent sanken. Gegenüber 2005 – dem Startjahr des EU-ETS – sind die EU-ETS-Emissionen europaweit um rund 38 Prozent und damit stärker zurückgegangen als in Deutschland (etwa 31 Prozent). Das aktuelle Emissionsniveau liegt damit 24 Prozentpunkte unterhalb der neu beschlossenen Zielvorgabe für 2030 (minus 62 Prozent). In den verbleibenden acht Jahren muss sich die Minderungsgeschwindigkeit damit deutlich erhöhen.
Emissionshandel und Gesamtemissionen: Die UBA-Prognose vom März weist für die gesamtwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen im Vergleich zu den deutschen EU-ETS-Anlagen einen Rückgang von gut 15 Millionen Tonnen CO2-Äq bzw. 1,9 Prozent aus.
Weitere Informationen
Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt): Die DEHSt ist die nationale Behörde für die Umsetzung des EU-ETS. Sie ist zudem zuständig für die administrativen Belange bei der Nutzung der projektbasierten Mechanismen und nationale Bewilligungsbehörde für die Zahlung von Beihilfen für stromintensive Unternehmen zur Kompensation indirekter CO2-Kosten (Strompreiskompensation). Die DEHSt ist außerdem verantwortlich für die Umsetzung des 2021 gestarteten nationalen Emissionshandels für Brennstoffe auf Grundlage des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG).