Integrierte und dynamische Agrarplanung für den Klimawandel

  • Das Bild zeigt Nils Tolle bei der Erklärung einer Agrarplanungsstrategie.
    Nils Tolle bei der Vermittlung der Agrarplanungsmethoden, Quelle: Tim Carlo Bettermann
  • Das Bild zeigt einen Ausschnitt des Mob-Grazing Versuchs (2021)
    Mob-Grazing Versuch 2021, Quelle: Nils Tolle
  • Das Bild zeigt eine Veranstaltung zum Thema "Klimaanpassung in der Landwirtschaft" auf dem Hof Tolle (2021)
    Hessische Bio-Tage 2021, Quelle: Sydney Bäuscher
  • Das Bild zeigt die Klimastrategie des Hof Tolle, entwickelt auf Basis des IDAP-CC
    Klimastrategie Hof Tolle, Quelle: Nils Tolle
  • Das Bild zeigt das Testjahr des Market Gardening auf dem Hof Tolle (2021)
    Market Gardening 2021, Quelle: Markus Müller
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Anpassungsprozesse in der Landwirtschaft werden durch die dynamische und unsichere Entwicklung des Klimawandels gehemmt. Die vielfältigen Folgen des Klimawandels in Kombination mit den komplexen Interaktionen innerhalb landwirtschaftlicher Produktionssysteme machen Planung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen zu einer herausfordernden und wissensintensiven Aufgabe.

Um Landwirt:innen trotz dieser komplexen und unsicheren Situation ein proaktives Planen und Handeln zu ermöglichen wurde das "IDAP-CC" entwickelt. Das IDAP-CC, kurz für „Integrated and Dynamic Agricultural Planning for Climate Change”, ist ein innovatives Decision Support-Tool in Form eines 8-Schritte Planungsframeworks.

Ziel des IDAP-CC ist die Planung und Umsetzung robuster und betriebsindividueller Klimastrategien. Dabei werden die Kriterien guter Anpassungspraxis in den Planungsprozess integriert und mögliche Strategien in einem partizipativen Ansatz mit den Landwirt:innen erkundet und gestaltet. Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen werden dabei nicht nur auf ihre Wirksamkeit überprüft, sondern auch auf Synergieeffekte und die Auswirkungen auf soziale und ökologische Nachhaltigkeitsindikatoren. Mehrere Maladaptation- und Robustness-Checks erhöhen die Robustheit entwickelter Strategien. Elementar für den Planungsprozess ist die Anerkennung betrieblicher Heterogenität sowie der Werte und Motivationen der Betriebsleiter:innen.

Das Hauptprodukt der IDAP-CC Anwendung ist die landwirtschaftliche Klimastrategie. Dabei handelt es sich um verschiedene, betriebsspezifische Maßnahmen im Verlauf der Zeit. Kurzfristige und langfristige Maßnahmen werden gemeinsam geplant, um Fehlanpassungen zu vermeiden und Synergieeffekte zu maximieren. Kontinuierliches Monitoring der Wirksamkeit der umgesetzten Maßnahmen sowie der Klimaveränderungen ermöglicht eine dynamische Anpassung („Prepare-and-Adapt“). Neben der Strategieentwicklung steht die Vermittlung der Grundlagen der guten Anpassungspraxis im Vordergrund.

Eckdaten zur Maßnahme

Maßnahmenträger

MaßnahmenträgerHof Tolle
Kooperationspartner

Universität Hohenheim

Dauer und Finanzierung

Dauer

Beginn der Umsetzung
Wie hoch waren die (geschätzten) Kosten für die Umsetzung?

9.500€

Mit welchen Mitteln wurde die Maßnahme finanziert?

Das IDAP-CC wurde im Rahmen einer Forschungsarbeit an der Universität Hohenheim entwickelt. Dafür wurde im Vorfeld ein Aufenthalt an der Universität Kopenhagen organisiert, um von der theoretischen und praktischen Expertise im Bereich Klimawandelanpassung zu profitieren. Dieser Aufenthalt wurde über das ERASMUS-Austauschprogramm finanziert. Die Kosten für die Umsetzung der Klimastrategie auf dem Hof Tolle wurden und werden durch den Betrieb getragen.

Beteiligung

Welche weiteren Personengruppen wurden an der Planung oder Umsetzung der Maßnahme beteiligt?

Erfolge

Welche Erfolge wurden bis jetzt mit der Maßnahme erreicht?

Die direkten Erfolge des IDAP-CC sind vielfältig. Beispielweise hat die Einführung von Market Gardening (Gemüseanbau) als neuer Betriebszweig zwei neue, attraktive Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen, die Vulnerabilität des Hof Tolle gegenüber Trockenperioden reduziert und das lokale Ernährungssystem gestärkt. Zukünftige Maßnahmen (z.B. Agroforst) haben das Potential, weitere positive Nebeneffekte zu erbringen. Insgesamt ist die erhöhte Anpassungskapazität des Hof Tolle zu nennen, sowie die Veränderungen in Betriebs- und Risikomanagement.

Darüber hinaus wurde der Betrieb in mehrere Netzwerke aufgenommen (z.B. 100 Nachhaltige Bauernhöfe - LLH; Praxisforschungsnetzwerk Hessen – VÖL e.V.). Durch diese Kanäle können die Ansätze des IDAP-CC an andere motivierte Akteur:innen weitergegeben werden. Dazu zählen auch Präsentationen bei Fachtagungen, was potentiell zu einer weiteren Sensibilisierung für das Thema Klimawandelanpassung in der Landwirtschaft beigetragen hat.

ErläuterungTeil der Klimastrategie ist ein Monitoringsystem, das den Erfolg der Maßnahmen überprüft sowie klimatische und nicht-klimatische Veränderung innerhalb und außerhalb des Hof Tolle beobachtet. So wird die praktische Umsetzung kontinuierlich überprüft und ausgewertet. Die Anwendung des IDAP-CC auf weiteren Betrieben bzw. die Ausbildung weiterer Beratungskräfte steht noch aus. Sobald es dazukommt, wird dies wissenschaftlich begleitet, um das IDAP-CC und seine Methoden weiterzuentwickeln.

Wie planen Sie Ihr Projekt weiterzuentwickeln?

Das IDAP-CC ist als ein dynamisches Konzept angelegt, dass sich entwickelt und verändert. Durch die kontinuierliche Anwendung auf dem Hof Tolle wird die Praktikabilität des IDAP-CC überprüft und die Methodik weiterentwickelt. Ebenso werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse in das IDAP-CC integriert. Der Hof Tolle selbst soll zu einem Lehr- und Demonstrationsbetrieb für Klimaschutz und -anpassung weiterentwickelt werden. Dabei soll vor allem auch die Praxistauglichkeit und die ökonomische Machbarkeit von Klimaschutz und Anpassung demonstriert und anderen Praktiker:innen zugänglich gemacht werden. Des Weiteren ist die Integration der Erkenntnisse und Methoden in die breitere Praxis geplant. Konkret ist die Schulung von Berater:innen wie auch die praktische Anwendung des IDAP-CC auf landwirtschaftlichen Betrieben im Rahmen des ClimateFitFarming Projekts geplant (ERASMUS+; Laufzeit: 2022-2025)

Hat die Maßnahme positive Nebeneffekte?

Um robuste Anpassung zu gestalten, müssen Klimaschutz sowie andere soziale und ökologische Herausforderungen in den Prozess integriert werden. Vor allem bei transformativen Maßnahmen kommt es zu multiplen positiven Effekten (siehe Punkt 1, Wirkung). Direkte positive Nebeneffekte, die sich aus robusten landwirtschaftlichen Betrieben ergeben, sind die Sicherung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum sowie die Verbesserung der Ernährungssicherheit und der Ernährungssouveränität.

Hindernisse

Welche Hindernisse gab es während der Umsetzung?

Die Relevanz von Unsicherheit und Robustheit in Anpassungsprozessen kommt erst langsam in das Bewusstsein der Entscheidungsträger des Sektors Landwirtschaft. Dementsprechend schwierig ist die Vermittlung des innovativen IDAP-CC Ansatzes. Um dieses Problem anzugehen, liegt der Fokus momentan auf der Vermittlung der Inhalte an motivierte Multiplikatoren (z.B. Berater:innen, Projektbetriebe), die die Erkenntnisse des IDAP-CC in ihre Arbeit einbauen und so an Landwirt:innen weitergeben können.

Hat die Maßnahme negative Nebeneffekte?

Die Überprüfung der Maßnahmen auf negative Effekte (inkl. Klimaschutz) ist Teil des Maladaptation-Checks. Ziel ist es diese zu vermeiden und zu minimieren. Beispiel: Mulch- und Direktsaat können bei Start der Umsetzung mit einem erhöhtem Beikrautdruck einhergehen, was problematisch für angrenzende Felder sein könnte. Jedoch wird gleichzeitig auch die Bodengesundheit gefördert. Hier ist gute Kommunikation, die systemische Betrachtung und der gesamtgesellschaftliche Nutzen entscheidend.

Ansprechperson

Nils Tolle
Richardsweg, 1
34379 Calden-Fürstenwald
Deutschland
Telefonnummer017634586672

Ort der Umsetzung

Richardsweg, 1
34379 Calden-Fürstenwald
Deutschland

Kassel

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