Zustand

Ein Feuerwehrmann schaut zu wie braune Wassermassen abließenzum Vergrößern anklicken
Fluss Gottleuba bei Hochwasser
Quelle: Schönherr / UBA

Flüsse spiegeln die verschiedenen Belastungen, denen sie ausgesetzt sind, in ihrem Zustand wider. Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme sowie die Gewässerüberwachung nach der Wasserrahmenrichtlinie zeigen, dass der gute ökologische Zustand unserer Gewässer nur durch die konsequente Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen in den Einzugsgebieten und an den Flüssen selbst zu erreichen sein wird.

Inhaltsverzeichnis

 

Hydromorphologie

Der Zustand der hydromorphologischen Komponenten Abflussgeschehen, Feststofftransport und Gewässermorphologie und ihr Wirkungsgefüge sind durch die Kultivierung der Fluss- und Auenlandschaften gravierend verändert und nachhaltig gestört. Die Folge ist, dass der Lebensraum für viele aquatische Lebensgemeinschaften verloren ging, was sich auf die biologische Güte der betroffenen Gewässer auswirkt. Dementsprechend ist vor allem der schlechte hydromorphologische Zustand der Gewässer ausschlaggebend dafür, dass das Erreichen der Ziele der EG-⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠ für 62 % der ⁠Wasserkörper⁠ unwahrscheinlich und für weitere 26 % unsicher ist. Für die gesamte Bundesrepublik lässt sich feststellen: Ein großer Teil der Flüsse und Bäche wird die Umweltziele der Wasserrahmenrichtlinie, vor allem den guten ökologischen Zustand, ohne konsequente Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung des Gewässerzustands voraussichtlich verfehlen. In allen Bundesländern und deren Flussgebieten sind die veränderte Morphologie und eine fehlende ⁠Gewässerdurchgängigkeit⁠ die ökologisch erheblichsten Probleme.

 

Gewässerstruktur

Die im Dezember 2002 erstmalig herausgegebene Gewässerstrukturkarte gibt einen Überblick über den ökomorphologischen Zustand der Gewässer in Deutschland. Hiernach beträgt der Anteil der 2001 kartierten Gewässerstrecken (ca. 33.000 km), der als „mäßig verändert“ (Klasse 3) bis „unverändert“ (Klasse 1) eingestuft wurde, lediglich 21 %.

Der nur geringe Anteil von „unverändert“ bis „mäßig veränderten“ Gewässerstrecken ist das Ergebnis wasserbaulicher Maßnahmen an den meisten stärker hydromorphologisch veränderten Gewässern. So wurden z. B. die Lauflängen verkürzt, die Ufer verbaut, Stauanlagen errichtet, Wasser in Kanäle ausgeleitet und Hochwasserschutzbauwerke, wie z. B. Deiche, angelegt. Zusätzlich wurden umfangreiche Entwässerungsmaßnahmen durchgeführt. In vielen Gewässern wurde die Sohle zur Verbesserung des Wasserabflusses und damit zur Verminderung der Überschwemmungshäufigkeit eingetieft.

Bei der Mehrzahl der Flüsse und Bäche haben die Folgen des Ausbaus und der Unterhaltungsarbeiten zu einer erheblichen Veränderung der Strukturen geführt. Dies zeigt sich besonders an den großen Flüssen. Sie sind in der Regel zugunsten der Schifffahrt und der Wasserkraftnutzung mit Wehranlagen und Schleusen ausgebaut worden. Ferner wurden ihre Überschwemmungsgebiete meist eingedeicht. Dies erklärt ihre überwiegende Zuordnung zu den Klassen stark verändert (Klasse 5) bis vollständig verändert (Klasse 7). Die mittlere Elbe und die Donau unterhalb der Isarmündung bilden eine Ausnahme. Die Donau - dort noch freifließend - wird als deutlich verändert (Klasse 4), der Mittellauf der Elbe als deutlich verändert (Klasse 4) bis mäßig verändert (Klasse 3) eingestuft.

Die meisten der kleineren Flüsse und Bäche in den Mittelgebirgen, den Hügelländern und der Tiefebene sind in der Vergangenheit ebenfalls zugunsten der Wasserkraft, zum Schutz von Siedlungsgebieten, Verkehrswegen oder zur landwirtschaftlichen Nutzung (z. B. ⁠Melioration⁠) ausgebaut worden. Sie werden regelmäßig unterhalten. Damit werden die morphodynamischen Prozesse (Eigenentwicklung) unterbunden. Für diese Gewässer überwiegen deutlich veränderte (Klasse 4) bis vollständig veränderte (Klasse 7) Zustände.

Unveränderte (Klasse 1) bis mäßig veränderte (Klasse 3) Bach- und Flussabschnitte finden sich noch im Alpen- und Voralpengebiet, in den Granit- und Gneislandschaften des Bayerischen Waldes, in den Oberlaufabschnitten der Mittelgebirge, in den Heidelandschaften der norddeutschen Tiefebene und den eiszeitgeprägten Landschaften in Mecklenburg-Vorpommern. In diesen Landschaftsräumen sind die naturräumlichen Voraussetzungen wie Boden und ⁠Klima⁠ oder auch das Relief zum Teil so beschaffen, dass der Gewässerausbau und die Melioration der gewässerbegleitenden Flächen weitgehend unterblieben sind.

Neben der bundesweiten Gewässerstrukturkarte wurden auch für einige Bundesländer Ergebnisse der Kartierungen der ⁠Gewässerstruktur⁠ (Rheinland-Pfalz, Hessen, Brandenburg, Thüringen und Niedersachsen) veröffentlicht.

Sowohl in den Bundesländern als auch in den nationalen und internationalen Flussgebietskommissionen laufen Maßnahmeprogramme zur Verbesserung der Gewässerstruktur (z. B. ⁠Gewässerrenaturierung⁠, Reaktivierung von Überschwemmungsgebieten, Extensivierung der Landwirtschaft auf sensiblen Flächen einschließlich Aufforstung).

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Biologie

Die biologische Gewässergütekarte, die die Ergebnisse der saprobiellen Gewässergüteklassifizierung darstellt, wurde zwischen 1975 und 2000 alle fünf Jahre von der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (⁠LAWA⁠) publiziert. Der Anteil der kartierten Gewässerstrecken, der die Güteklasse II und besser aufweist, hat sich von 47 % im Jahr 1995 auf 65 % im Jahr 2000 erhöht. Die Gesamtlänge der kartierten Flüsse beläuft sich auf etwa 30.000 km (Gewässernetz).

Wie der Vergleich der biologischen Gütekarten 1975, 1990 und 2000 zeigt, haben die seit den 70er Jahren verbesserten und intensivierten Abwasserreinigungsmaßnahmen ihren Niederschlag in einer deutlichen Verbesserung der biologischen ⁠Gewässergüte⁠ gefunden:

Die Donau wies 2000 weitgehend die biologische Güteklasse II auf. In Baden-Württemberg wurden weiterhin die Strecke unterhalb des Zusammenflusses der Quellflüsse, Versinkungsstrecken im Tuttlinger Raum, Flussabschnitte zwischen Sigmaringen und Zwiefaltendorf (zwischen Schmiecha- und Ostrachmündung traten hier Verschlechterungen im Vergleich zu 1995 von II auf II-III ein) sowie einige gestaute Abschnitte zwischen Riß- und Illermündung mit II-III bewertet, der Donauabschnitt im Einflussbereich der Kläranlage Tuttlingen weiterhin mit Güteklasse III. In Bayern weisen die Strecken unterhalb der Kläranlage Ulm/Neu-Ulm und im Bereich der Staustufen Straubing und Geisling die Güteklasse II-III auf. Ähnlich wie im Bereich der Staustufe Geisling, trat auch in der Staustufe Straubing nach Erreichen des Vollstaus eine Veränderung der Lebensbedingungen für die Gewässerorganismen und dadurch eine Abnahme der biologischen Güte von II in 1995 auf II-III in 2000 ein.

Nachdem der Rhein in den 70er Jahren streckenweise die biologische Güteklasse IV aufwies, hat er sich bis 2000 deutlich erholt. So wies der Hochrhein die Güteklasse I-II, ab der Mündung der Wutach die Güteklasse II auf. Am Oberrhein zwischen Basel und Mannheim wurde überall die Güteklasse II festgestellt. Bis auf den spürbaren Einfluss eines industriellen Großeinleiters unterhalb von Ludwigshafen (II-III) behielt der Rhein bis zur niederländischen Grenze die Güteklasse II bei.

Aufgrund von stofflichen und erheblichen strukturellen Belastungen wies die Ems 2000 im Oberlauf die Güteklasse II-III, teilweise III auf. Von Greffen bis zur Mündung der Großen Aa wird sie bis auf eine kurze Strecke in Rheine mit II, bis Meppen mit II-III bewertet. Nach einem kurzen mäßig belasteten Abschnitt verschlechtert sie sich auf III-IV. Belastend wirken hier natürliche biologische Abbauvorgänge, die vom Brackwassereffekt überlagert werden. Der verstärkt auftretende Brackwassereffekt aus dem Mündungsbereich kann in Zusammenhang mit den umfangreichen Baumaßnahmen zur Vertiefung der Ems gesehen werden, die eine flussaufwärts gerichtete Verschiebung der Brackwassergrenze und höhere Strömungsgeschwindigkeiten auszulösen vermögen.

Die Weser wurde 2000 vom Zusammenfluss von Fulda und Werra bis zur Nordsee mit Ausnahme einer Strecke von Höxter bis Holzminden (Güteklasse III) mit Güteklasse II-III bewertet. Trotz der erheblichen Reduzierung der Salzbelastung nach 1990 erschweren die hohen Chloridkonzentrationen eine Bewertung nach dem Saprobiensystem bis zur Mündung der Aller und im Tidebereich. Eine zusätzliche deutliche Beeinträchtigung liegt durch Algenmassenentwicklungen in den Stauhaltungen vor.

Bei der ersten gesamtdeutschen Gewässergütekarte 1990 musste zur Beschreibung der Elbewasserqualität eine zusätzliche 8. Stufe, die Gewässergüteklasse IV (ökologisch zerstört), eingeführt werden, um der teilweise besorgniserregend schlechten Gewässerqualität im Elbeeinzugsgebiet gerecht zu werden. Durch Veränderung von Produktionsprofilen, die Stilllegungen bedeutender Industriebetriebe und Neubau von Kläranlagen verbesserte sich die Wasserqualität bis 1995 in den am stärksten verschmutzten Flussabschnitten unterhalb und oberhalb von Dresden und unterhalb von Pirna von Gewässergüteklasse IV - übermäßig verschmutzt - und Güteklasse IV - ökologisch zerstört - um mehrere Stufen. Diese Verbesserungen setzten sich bis 2000 fort. Die Elbe wies 2000 von der deutsch/tschechischen Grenze bis zur Mündung der Havel außer einer kurzen Strecke unterhalb von Riesa (II-III) die Güteklasse II auf. Unterhalb der Havelmündung bis zur Nordsee wurde sie wie 1995 mit Gewässergüteklasse II-III bewertet. Auch zwei bedeutende Zuflüsse der Elbe, die Mulde und die Schwarze Elster, verbesserten sich in ihren Unterläufen von Güteklasse IV auf Güteklasse II. Die Mulde wies diese Güteklasse II vom Zusammenfluss ihrer Quellflüsse bis zur Elbe auf, die Schwarze Elster mit Ausnahme ihres Mittellaufes (Güteklasse II-III) ebenfalls.

Die Oder war 2000 wie 1995 auf dem gesamten deutschen Abschnitt in die biologische Güteklasse II-III eingestuft. Im Vergleich zu 1990 konnten bereits 1995 Verbesserungen unterhalb von Eisenhüttenstadt und Frankfurt (Güteklasse III) erreicht werden.

Die Anforderungen der EG-⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠ an die biologische Zustandsklassifikation gehen weit über die bisherige Praxis in Deutschland hinaus. Die Entwicklung neuer biologischer Bewertungssysteme ist daher notwendig. Am weitesten fortgeschritten sind bisher die Arbeiten für die Bewertung von Makrozoobenthos und Makrophyten/Phytobenthos.

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Literaturhinweise

  • LAWA (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser)

    Gewässergüteatlas der Bundesrepublik Deutschland – Gewässerstruktur in der Bundesrepublik Deutschland 2001. Hannover 2002.

    Gewässerstrukturgütekartierung in der Bundesrepublik Deutschland – Verfahren für kleine und mittelgroße Fließgewässer. Schwerin, 2000.

    Tagebaurestseen – Anforderungen an die Wasserqualität. Schwerin, 2001
    Gewässergüteatlas der Bundesrepublik Deutschland - Biologische Gewässergütekarte 1995. Berlin 1996.

    Gewässergüteatlas der Bundesrepublik Deutschland - Biologische Gewässergütekarte 2000. Hannover 2002.

    Beurteilung der Wasserbeschaffenheit von Fließgewässern in der Bundesrepublik Deutschland - Chemische Gewässergüteklassifikation.

    Alle Texte und Karten sind zu beziehen beim: Kulturbuchverlag Berlin GmbH, Sprosserweg 3, 12351 Berlin.

  • LfU (Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg)

    Handbuch Wasser 2, Band 15: Übersichtskartierung des morphologischen Zustands der Fließgewässer in Baden-Württemberg 1992/93. Karlsruhe 1994. Zu beziehen beim: Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LfU), Referat 15/ Informationsdienste, Veröffentlichungen, Griesbachstr. 1, 76185 Karlsruhe.

  • Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein

    Faunistisch-ökologische Bewertung der Fließgewässer in Schleswig-Holstein, Stand 1998. Flintbek 1998. Zu beziehen beim: Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein.

  • Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz

    Aktion Blau, Gewässerentwicklung in Rheinland-Pfalz - Bilanz und Ausblick 1999, Mainz 1999

  • Landesumweltamt Brandenburg

    Umweltdaten 2000 aus Brandenburg. Potsdam, 2001

  • NLÖ (Niedersächsisches Landesamt für Ökologie)

    Gewässergütebericht 2000. Oberirdische Gewässer 13/2001, Hildesheim, 2001.

  • TLUG (Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie)

    Schriftenreihe der TLUG Nr. 56 – Gewässerstrukturkarte 2001 – Karte und Begleitheft. Jena, 2001.

  • Briem, E., (Hrsg. ATV-DVWK)

    Gewässerlandschaften der Bundesrepublik Deutschland. Arbeitsbericht. Hennef 2003. Zum Preis von 98 € zu beziehen über die ATV-DVWK-Hauptgeschäftsstelle, Theodor-Heuss-Allee 17, 53773 Hennef.

    Formen und Strukturen der Fließgewässer - Ein Handbuch der morphologischen Fließgewässerkunde. Arbeitsbericht. Hennef 2002. Zum Preis von 40,50 € zu beziehen über die ATV-DVWK-Hauptgeschäftsstelle, Theodor-Heuss-Allee 17, 53773 Hennef.

  • Hessisches Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten

    Gewässerstrukturgüte in Hessen 1999. Wiesbaden, 2000.

  • LUA NRW (Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen)

    Gewässerstrukturgüte in Nordrhein-Westfalen, Anleitung für die Kartierung mittelgroßer bis großer Fließgewässer, Merkblatt Nr. 26; Hrsg.: Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, Essen, 2001.

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