nordwest2050 – Perspektiven für klimaangepasste Innovationsprozesse in der Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten

Hintergrund und Ziele

Im Forschungsvorhaben wird gemeinsam mit den regionalen Stakeholdern eine "Roadmap of Change" für klimaangepasste Innovationen in zentralen Wirtschaftssektoren der Nordwestregion Deutschlands entwickelt, erprobt und als Modell für andere Regionen dokumentiert. Diese ist zugleich Teil der Entwicklung eines langfristigen, strategischen Plans zur Steigerung der ⁠Anpassungsfähigkeit⁠ der gesamten Nordwestregion. Neben der Wettbewerbsfähigkeit der Region steht dabei die Übertragbarkeit von Erkenntnissen und Innovationen im Vordergrund.

Das Projekt zielt auf mittel- und langfristige Anpassungsstrategien für Wirtschaftssektoren und Infrastrukturen der Metropolregion Bremen-Oldenburg, die stark vom ⁠Klimawandel⁠ betroffen und zugleich von entscheidender ökonomischer Bedeutung für die gesamte Region sind. Dies sind die Hafen- und Verkehrswirtschaft bzw. Logistik, die Energiewirtschaft sowie die Nahrungs- und Genussmittelindustrie (Ernährungswirtschaft).

Die Folgen des Klimawandels können dabei für die Küsten- und Hafenregion nicht auf unmittelbar regionale Wirkungen beschränkt werden. Sie betreffen hier vielmehr in umfassender Weise die globalen Transportwege, die internationalen Warenströme und die Rohstoffversorgung der regionalen Wirtschaft. Angesichts der tief greifenden Verflechtungen wird es daher nicht ausreichen, sich auf regional erwartbare und prognostizierbare Wirkungen vorzubereiten. Entscheidend wird vielmehr die Fähigkeit sein, unter Bedingungen der ⁠Unsicherheit⁠ zu einer grundlegenden Verbesserung der regionalen Reaktionsfähigkeit und Flexibilität zu kommen.

Im Projekt werden zwei Typen von Innovationen zur ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ entwickelt:

  1. Technische Innovationen: Diese müssen so flexibel angelegt sein, dass sie an veränderte Rahmenbedingen angepasst werden können.
  2. Organisatorische und institutionelle Innovationen: Sie müssen es ermöglichen, langfristige, integrierte Perspektiven zu entwickeln und damit auch die strukturellen Defizite kurzer politischer Zyklen, sektoraler Orientierung und nachsorgender Perspektiven zu überwinden.

Auf Grundlage einer Analyse der Vulnerabilitäten und der Innovationspotenziale werden ein regionaler und drei sektorale Roadmapping-Prozesse angestoßen, die in definierte Innovationspfade münden. In die sektoralen Roadmaps fließen die Ergebnisse aus vier Arbeitsbereichen ein:

  1. Im Rahmen einer ⁠Vulnerabilitätsanalyse⁠ (Verwundbarkeitsuntersuchung) wird geklärt, welche Bedeutung der Klimawandel für die Region und ihre Wirtschaft hat.
  2. Die Innovationspotenzialanalyse untersucht, welche Kompetenzen und Potenziale in den drei Wirtschaftsclustern und in der Region vorhanden sind, um auf die neuen Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren.
  3. Der Arbeitsbereich "Governance" untersucht, in wie weit die vorhandenen Kooperations- und Entscheidungsprozesse in der Region geeignet sind, Klimaanpassungsmaßnahmen umzusetzen.
  4. Die Innovationspfade bilden den praktischen Kern: in ihnen werden exemplarisch bis 2014 konkrete Projekte zur Klimaanpassung gemeinsam mit Praxispartnern entwickelt und umgesetzt.

Laufzeit

bis

Untersuchungsregion/-raum

Land
  • Deutschland
Bundesland
  • Bremen
  • Niedersachsen
Naturräumliche Zuordnung
  • Küste
  • Nordwestdeutsches Tiefland
Räumliche Auflösung / Zusatzinformationen 

Metropolregion Bremen-Oldenburg

Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel

Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben

Ansatz und Ergebnisse 

Es werden zwei Klimaszenarien entwickelt: die sog. nordwest2050-Klimaszenarien. In ihnen werden die Anforderungen aller Projektpartner an zeitliche und räumliche Differenzierung relevanter Klimaparameter zusammengestellt. Basis sind aktuelle globale und regionale Klimaprojektionen, die in enger Kooperation mit dem Climate Service Center 2.0 zu den Szenarien verdichtet werden. Es wird ein Ensemble-Ansatz verfolgt.

Erwartete Ausprägung des Klimawandels für Nordwestdeutschland sind u.a.:

  • mittlere Erhöhung der Lufttemperatur von nicht ganz 3°C in 100 Jahren;
  • zunehmend wärmere, feuchtere Winter;
  • heißere, trockenere Sommer;
  • steigende Wahrscheinlichkeit für extreme Hitzewellen im Sommer;
  • Intensivierung des ⁠Hitzeinsel⁠-Effektes in Städten;
  • steigende Wahrscheinlichkeit für extreme Starkniederschläge v.a. im Winter und Frühjahr;
  • Erhöhung der winterlichen Niederschlagssummen um bis zu 20%;
  • Zunahme der Windgeschwindigkeiten bei etwa unveränderter mittlerer Richtung im Mittel um 3,8%;
  • Zunahme von Sturmereignissen und Anzahl von Sturmtagen an der Küste;
  • Anstieg des Meeresspiegels, des mittleren Tidehochwassers, der Wasserstände durch Windstaueffekte und der Sturmflutwasserstände.
Parameter (Klimasignale)
  • Flusshochwasser
  • Hitzewellen
  • Veränderte Niederschlagsmuster
  • Höhere mittlere Temperaturen
  • Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten
  • Niedrigwasser
  • Starkniederschlag (inkl. Hagel, Schnee)
  • Sturm
  • Trockenheit
Weitere Parameter 

Kenntage für Temperatur und Niederschlag; klimatische Wasserbilanz, Sonnenschein und Bedeckung, Tidewasserstände usw.

Zeithorizont
  • kurzfristig = die nächsten Jahre/Jahrzehnte
  • mittelfristig = bis 2050
  • langfristig = bis 2100 und darüber hinaus

Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)

Analyseansatz 

Der ⁠Klimawandel⁠ wird sich global und regional unterschiedlich manifestieren. Zu den stark betroffenen Regionen in Deutschland gehört die durch den beschleunigten Meeresspiegelanstieg und stärkere Sturmfluten betroffene Nordwestregion mit der Nordseeküste einschließlich des Weserästuars.

Das Forschungsprojekt konzentriert sich zum einen auf die unmittelbaren Klimawirkungen im Nordwesten Deutschlands, zum anderen auch auf diejenigen Wirkungen, die sich über deren weltweite Vernetzung auf die Region auswirken. Denkbare Folgen sind z.B. Verschiebungen in Absatzmärkten, Gefährdungen der Grundstoffversorgung für Industrien (Nahrungs- und Genussmittelindustrie) und Veränderungen von Transportwegen, die in Form möglicher Szenarien oder Entwicklungspfade dargestellt und operationalisiert werden sollen. Es muss davon ausgegangen werden, dass Störungen, Ausfälle und dergleichen nicht immer verhindert werden können.

Describe here, which approach for the vulnerability analysis, risks and/or chances is/was used within your project and which results emerged from it or are expected

Ansatz und Risiken / Chancen 

Die Folgen des Klimawandels verschärfen die Anforderungen an die ⁠Anpassungsfähigkeit⁠ sozioökonomischer und technischer Systeme. Ein erster wichtiger Schritt im Projekt war daher eine ⁠Vulnerabilitätsanalyse⁠, in der die jeweils tangierten sozioökonomischen und technischen Systeme dahingehend untersucht werden, wie anfällig sie gegenüber den Klimaänderungen sind.

Neben einer entsprechenden Ausrichtung regionaler Wirtschaftsstrukturen und technischer Basissysteme, gehört auch die Steigerung der Reaktionsfähigkeit auf gegenwärtig nicht diagnostizierbare Verschiebungen auf globaler Ebene zu den Analyseschritten. Es geht somit auch darum, die Systeme mit Blick auf dynamischer werdende Rahmenbedingungen anpassungsfähiger und damit resilienter zu gestalten.

Vulnerabilität⁠ wird in Anlehnung an ⁠IPCC⁠ als Funktion von ⁠Exposition⁠, ⁠Sensitivität⁠ und ⁠Anpassungskapazität⁠ betrachtet. ⁠Resilienz⁠ wird im Rahmen der Innovationspotenzialanalyse betrachtet.

Dringlichkeit und Priorisierung von Anpassungsbedarf 

Die durchgeführte Verwundbarkeitsanalyse hat gezeigt, dass der ⁠Klimawandel⁠ in der Metropolregion Bremen-Oldenburg voraussichtlich zumindest in einer mittelfristigen Perspektive (2050) beherrschbar sein wird. In den meisten Sektoren ist die ⁠Verwundbarkeit⁠ gering oder mittel. Das beruht zum einen auf der für die Region vergleichsweise moderat ausfallenden Klimaänderungen (mit Ausnahme von Extremereignissen), aus der eher geringe bis mittel-hohe Auswirkungen resultieren. Zum anderen wird die regionale gesellschaftliche ⁠Anpassungskapazität⁠ als mittel bis hoch eingeschätzt.

Für den Küstenschutz ist die Verwundbarkeit langfristig (2100) bei stark beschleunigten Wasserstandsanstiegen allerdings hoch, da bisherige Anpassungsstrategien an ihre Grenzen stoßen können. Für den Naturschutz ist die Verwundbarkeit aufgrund begrenzter natürlicher ⁠Anpassungsfähigkeit⁠, nicht aufzuhaltender Artverschiebungen und Lebensraumveränderungen sowie fixierter Schutzziele mittel bis hoch. In der Hafenwirtschaft weisen vor allem die kritischen Infrastrukturen, wie Straßen, Eisenbahnen und Wasserstraßen, eine mittlere bis hohe Verwundbarkeit auf. In der Energiewirtschaft liegen besondere Verwundbarkeiten in der Biomasseerzeugung für die energetische Nutzung sowie im Bereich der Stromversorgung bei steigendem Anteil der erneuerbaren Energien vor. Die Wertschöpfungsketten in der Ernährungswirtschaft sind insgesamt gering bis mittel verwundbar.

Die Verwundbarkeit kann sich erhöhen, wenn zum einen die hohe Schäden verursachenden Extremereignisse häufiger und gemeinsam auftreten (dies ist derzeit allerdings kaum abzuschätzen) und wenn sich zum anderen aufgrund komplexer Wechselwirkungen zwischen den Anpassungserfordernissen in der Region Konflikte und Risiken verstärken.

Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen

Maßnahmen und/oder Strategien 

Auf Grundlage einer Analyse der Vulnerabilitäten und der Innovationspotenziale werden ein regionaler und mehrere sektorale Roadmapping-Prozesse angestoßen, die in definierte Innovationspfade münden. In die sektoralen Roadmaps fließen die Ergebnisse aus vier Arbeitsbereichen ein:

  1. Im Rahmen der ⁠Vulnerabilitätsanalyse⁠ (Verwundbarkeitsuntersuchung) wird geklärt, welche Bedeutung der ⁠Klimawandel⁠ für die Region und ihre Wirtschaft hat.
  2. Die Innovationspotenzialanalyse untersucht, welche Kompetenzen und Potenziale in den drei Wirtschaftsclustern und in der Region vorhanden sind, um auf die neuen Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren.
  3. Der Arbeitsbereich "Governance" untersucht, in wie weit die vorhandenen Kooperations- und Entscheidungsprozesse in der Region geeignet sind, Klimaanpassungsmaßnahmen umzusetzen.
  4. Die Innovationspfade bilden den praktischen Kern: in ihnen werden exemplarisch bis 2014 konkrete Projekte zur Klimaanpassung gemeinsam mit Praxispartnern entwickelt und umgesetzt.

In der Innovationspotenzialanalyse wird untersucht, welche Kompetenzen und Potenziale in der Region bzw. einzelnen Wirtschaftsclustern vorhanden sind, um ausgewählte Problemlösungsfelder anzugehen und für diese aus der Region heraus klimaangepasste Innovationen zu entwickeln und gegebenenfalls auch Zukunftsmärkte zu generieren. Ziel ist es, mit Blick auf die Nordwest-Region sowie die drei Wirtschaftscluster die regionalen Technologie- und Innovationspotenziale zu analysieren und herauszuarbeiten.

Zeithorizont
  • 2036–2065
  • 2071–2100 (ferne Zukunft)
Weitere Zeitangaben und Erläuterungen 

die "Roadmap of Change" fokussiert das Jahr 2050

Konfliktpotential / Synergien / Nachhaltigkeit 

In der Metropolregion Bremen-Oldenburg werden durch die potenziellen Auswirkungen des Klimawandels sowohl an der Küste als auch im ländlichen und städtischen Raum Anpassungsmaßnahmen erforderlich, die zusätzlichen Flächenbedarf erfordern. Dies kann zu Zielkonflikten und Flächennutzungskonkurrenzen zwischen verschiedenen sektoralen Ansprüchen führen. So wird die erforderliche und bereits begonnene Anpassung im Küstenschutz zu verstärkten Konflikten mit beispielsweise der Siedlungs-, Gewerbe- und Industrieflächenentwicklung, dem Infrastrukturausbau (Verkehrswege, Hafenanlagen usw.), dem Naturschutz, der Landwirtschaft und dem Tourismus im Küsten- und Ästuarbereich führen. In den ländlichen Räumen kann die zunehmende Erzeugung energetisch nutzbarer ⁠Biomasse⁠ in Konflikt mit den Zielen einer umweltverträglichen Nahrungsmittelproduktion und (weltweiten) Ernährungssicherheit stehen. In Städten können sich Zielkonflikte zwischen einer kompakten und damit emissionsmindernden Siedlungsentwicklung und der Gewährleistung einer ausreichenden Freiflächenentwicklung zur Verringerung städtischer Hitzeinseleffekte verstärken.

Schritt 4: Maßnahmen planen und umsetzen

Maßnahmen und/oder Strategien 

nordwest2050 wird eine abgestimmte "Roadmap of Change" für klimaangepasste Innovationen in den drei Wirtschaftssektoren Energiewirtschaft, Ernährungswirtschaft, Hafenwirtschaft/Logistik und neun Sektoren bzw. Handlungsfeldern erarbeiten. Besondere Bedeutung hat der Dialog mit den Akteuren in der Region. Partner aus der Unternehmenspraxis, relevanten Institutionen und regionalen Netzwerke werden von Beginn an einbezogen, um ein gemeinsames Verständnis für umsetzbare Lösungen zu entwickeln. Die Umsetzung einer regionalen Klimaanpassungsstrategie kann nur Erfolg haben, wenn sie eine breite Unterstützung in der Region erfährt. Der breite ⁠Stakeholder⁠-Prozess sorgt somit für eine langfristige strategische Perspektive adaptiver Innovationen und deren Anschlussfähigkeit jenseits der Region.

Konkrete Anpassungsmaßnahmen werden innerhalb der folgenden Innovationspfade entwickelt:

  • Adaptive Governancestrukturen
  • Resiliente Energieinfrastrukturen
  • Low Exergy Solutions
  • Erweiterung der Ressourcenbasis durch Generierung und Revitalisierung alter/neuer Rassen, Sorten und Arten
  • Verarbeitung und Kommunikation differenzierter Qualitäten in der Ernährungswirtschaft
  • Entwicklung einer Prozessstrategie bei Flächennutzungskonflikten
  • Resiliente Hafen- und Logistikinfrastrukturen

Anpassungsmaßnahmen werden im Rahmen der Innovationspotenzialanalyse anhand der Kriterienbereiche Innovation, Klimaanpassung, Realisierbarkeit und Multiplikatoreffekt bewertet. Besonders aussichtsreiche und für 'nordwest2050' relevante Maßnahmen, sog. Innovationskandidaten, werden gemeinsam mit Praxispartnern umgesetzt.

Kosten 

monetäre Analyse von Wertschöpfungsketten in den Wirtschaftsclustern

Wer war oder ist beteiligt?

Förderung / Finanzierung 

BMBF⁠-Fördermaßnahme: "KLIMZUG - ⁠Klimawandel⁠ in Regionen zukunftsfähig gestalten"

Projektleitung 

Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten e.V. und Sustainability Center Bremen (SCB)

Beteiligte/Partner 

artec-Forschungszentrum ⁠Nachhaltigkeit⁠, Universität Bremen;

CENTOS - Oldenburg Center for Sustainability Economics and Management, Universität Oldenburg;

Hochschule Bremen;

econtur gGmbH; ecolo GbR;

BioConsult Schuchardt & Scholle GbR.

Partnerregion:
US-Bundesstaat Maryland, Center for Integrative Environmental Research, University of Maryland

Kontakt:

Sustainability Center Bremen
Jakobistraße 20
D-28195 Bremen

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Handlungsfelder:
 Gebäude  Bevölkerungs- und Katastrophenschutz  Biologische Vielfalt  Boden  Energieinfrastruktur  Fischerei  Industrie und Gewerbe  Küsten- und Meeresschutz  Landwirtschaft  Menschliche Gesundheit und Pflege  Raumplanung, Stadt- und Siedlungsentwicklung  Tourismuswirtschaft  Verkehr und Verkehrsinfrastruktur  Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft  Handlungsfeldübergreifend