Nährstoffeinträge über Flüsse und Direkteinleiter in die Ostsee

Nährstoffe können über Flüsse und Direkteinleiter in die Ostsee eingetragen werden. Über deutsche Flüsse gelangten im Jahr 2022 ca. 16.000 t Stickstoff und ca. 520 t Phosphor in die Ostsee. Weitere 780 t Stickstoff und 26 t Phosphor trugen Kläranlagen und Industrieanlagen als Direkteinleiter bei.

Inhaltsverzeichnis

 

Zustandsbewertung der Ostsee

Die neun Vertragsstaaten des Helsinki-Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt der Ostsee (HELCOM) bewerten alle sechs Jahre den Zustand der Ostsee (http://stateofthebalticsea.helcom.fi/) (siehe Karte „Einzugsgebiet Ostsee unterteilt nach den HELCOM-Vertragsstaaten“) und veröffentlichen jährlich die in die Ostsee eingetragenen ⁠Frachten⁠ von Stickstoff- und Phosphorverbindungen (http://www.helcom.fi/helcom-at-work/projects/plc-7). Diese Frachten führen zu ⁠Eutrophierung⁠, schädigen die Ökosysteme und beeinträchtigen die biologische Vielfalt. Die Eintragsdaten, welche jährlich im Rahmen der „Pollution-Load-Compilation“ (PLC) erhoben werden, können für die Flussfrachten unter dem folgenden Link für alle HELCOM-Vertragsstaaten eingesehen werden: PLC-Datenbank.

Die Karte zeigt in grün, die Einzugsgebiete, aus dem die HELCOM-Vertragsstaaten in die Ostsee entwässern. In der Abbildung kann gesehen werden, das Deutschland ein relativ kleines Gebiet hat, welches in die Ostsee entwässert.
Karte: Ostseeeinzugsgebiete der HELCOM-Vertragsstaaten, DE
Quelle: HELCOM
 

HELCOM-Ostseeaktionsplan

Bei der Umsetzung des aktualisierten HELCOM-Ostseeaktionsplans vom Oktober 2021 orientieren sich die Reduktionsziele der Ostseeanrainerstaaten für Stickstoff und Phosphor an wissenschaftlich abgeleiteten Zielwerten für eine Reihe von Eutrophierungsindikatoren (z.B. Sauerstoff, Sichttiefe, Chlorophyll, Nährstoffe) (siehe: Nutrient Reduction Scheme).

Deutschland hat sich im Ostseeaktionsplan verpflichtet, die jährlichen wasser- und luftbürtigen Nährstoffeinträge auf 70.644 t Stickstoff und 510 t Phosphor zu begrenzen (siehe Ostseeaktionsplan update 2021). Die letzte Überprüfung der Nährstoffreduktionsziele mit 2020er Daten zeigt, dass Deutschland die Einträge über die Flüsse und die ⁠Atmosphäre⁠ in die Ostsee für Stickstoff um 2,4 % (850 t) und für Phosphor um 49 % (220 t) reduzieren muss, um die oben genannten vereinbarten Nährstoffreduktionsziele einzuhalten (siehe: Nutrient Reduction Scheme ).

 

Einträge der Zuflüsse aus Deutschland

Aus Deutschland tragen neben den größeren Flüssen Oder, Warnow und Peene 29, meist kleinere Flüsse Nährstoffe aus einem ⁠Einzugsgebiet⁠ von rund 31.100 Quadratkilometern in die Ostsee ein.

  • Die Einträge aus 24 Flüssen mit einem Einzugsgebiet von ca. 18.200 Quadratkilometern werden durch chemische Analytik erfasst und quantifiziert (beobachtetes Gebiet).
  • Die Einträge aus 7 Flüssen mit einem Einzugsgebiet von circa 7.300 Quadratkilometern werden durch Modellierung der direkten Einleitungen aus kommunalen Kläranlagen und Industriebetrieben ermittelt (unbeobachtetes Gebiet).
  • Die Einträge aus dem Odereinzugsgebiet werden über chemische Analytik in Polen erfasst und anhand vereinbarter Anteile auf die drei Oderanrainer Tschechien, Deutschland und Polen aufgeteilt (siehe: http://www.mkoo.pl/index.php?lang=DE). Das deutsche Odereinzugsgebiet hat eine Größe von ca. 5.600 Quadratkilometern.

Die Stickstoff- und Phosphoreinträge über Flüsse aus dem deutschen Ostseeeinzugsgebiet haben sich seit 1995 um ca. 40 % von 26.840 t auf 16.000 t Stickstoff und um ca. 50 % Phosphor von 1.030 t auf 520 t im Jahr 2022 reduziert (siehe Abb. „Gesamtstickstoffeinträge in die Ostsee, DE“ und Abb. „Gesamtphosphoreinträge in die Ostsee, DE“).

Die Abbildung zeigt die wasserbürtigen Gesamtstickstoffeinträge in die Ostsee aus dem deutschen Ostsee-Einzugsgebiet. Die gemessenen Einträge über Flüsse sind in hellblau, die abflussnormalisierten Flusseinträge in dunkelblau und Einträge über Punktquellen, die direkt in die Ostsee einleiten, in türkis dargestellt. Die statistischen Trendbetrachtungen sind als gestrichelte Linien dargestellt.
Gesamtstickstoffeinträge in die Ostsee, DE
Quelle: Umweltbundesamt
Die Abbildung zeigt die wasserbürtigen Gesamtphosphoreinträge in die Ostsee aus dem deutschen Ostsee-Einzugsgebiet. Die gemessenen Einträge über Flüsse sind in hellgrün, die abflussnormalisierten Flusseinträge in dunkelgrün und Einträge über Punktquellen, die direkt in die Ostsee einleiten, in neongrün dargestellt. Die statistischen Trendbetrachtungen sind als gestrichelte Linien dargestellt.
Gesamtphosphoreinträge in die Ostsee, DE
Quelle: Umweltbundesamt
 

Einträge der Direkteinleiter aus Deutschland

29 Kläranlagen sowie 2 industrielle Anlagen leiten gereinigtes Abwasser direkt in die Ostsee ein. Diese machen circa 5 % der Stickstoffeinträge und ebenso etwa 5 % der Phosphoreinträge aus dem deutschen Ostseeeinzugsgebiet aus.

Auch die Stickstoff- und Phosphoreinträge über Direkteinleiter haben sich seit 1995 von 6.370 t Stickstoff bzw. 140 t Phosphor auf 780 t Stickstoff bzw. 26 t Phosphor im Jahr 2022 verringert, was einer Reduktion von ca. 88 % bzw. 81 % entspricht (siehe Abb. „Gesamtstickstoffeinträge in die Ostsee, DE“ und Abb. „Gesamtphosphoreinträge in die Ostsee, DE“).

 

Weniger Nährstoffe in die Ostsee

Für den Vergleich von Nährstofffrachten aus unterschiedlichen Jahren zwecks Trendbetrachtung wurden die ⁠Frachten⁠ immer in Relation zum jährlichen ⁠Abfluss⁠ gesetzt („Abflussnormalisierung“). Die Betrachtung der Frachten in Relation zum jährlichen Abfluss ist für ein aussagekräftiges Ergebnis wichtig, weil,

  • bei hohen Niederschlägen Phosphorgehalte aufgrund des Verdünnungseffekts sinken und
  • ergiebige Niederschläge die Stickstoffeinträge erhöhen. Es werden mehr Stickstoffverbindungen aus landwirtschaftlichen Flächen herausgewaschen und in die Flüsse geschwemmt.

Die abflussnormalisierten Stickstofffrachten der Flüsse aus dem deutschen Ostseeeinzugsgebiet sind zwischen 1995 mit 21.000 t und 2022 mit 20.700 t nahezu gleichgeblieben. Die statistische Trendbetrachtung zeigt folglich keinen signifikanten Trend zwischen den Jahren 1995 und 2022 sowie 2011 und 2022 (siehe Trendanalyse Abb. „Gesamtstickstoffeinträge in die Ostsee, DE“ und Abb. „Gesamtphosphoreinträge in die Ostsee, DE“. Die abflussnormalisierten Phosphorfrachten sind zwischen 1995 mit 910 t und 2022 mit 650 t deutlicher gesunken als die Stickstofffrachten. Diese Eintragsreduktion zeigt sich auch in der statistischen Trendbetrachtung. Es konnte ein signifikanter abnehmender Trend sowohl zwischen den Jahren 1995 und 2022 sowie 2011 und 2022 festgestellt werden (siehe Abb. „Gesamtstickstoffeinträge in die Ostsee, DE“ und Abb. „Gesamtphosphoreinträge in die Ostsee, DE“). Damit konnte Deutschland die gewässerbürtigen Phosphoreinträge in die Ostsee statistisch signifikant reduzieren, jedoch sind die Stickstoffeinträge unverändert geblieben.

Wie der Vergleich mit den HELCOM-Nährstoffreduktionszielen für Deutschland zeigt, müssen insbesondere weitere Reduktionen für die Phosphoreinträge erreicht werden. Für weitere Reduktionen der Nährstoffeinträge in die Ostsee bedarf es zusätzlicher Maßnahmen, zum Beispiel die Reduktion der Einträge aus der Landwirtschaft. Diese könnten durch das Einhalten der novellierten Düngeverordnung (01. Mai 2020 in Kraft getreten) erreicht werden. Die nationalen Verpflichtungen aus dem Göteborg-Protokoll von 1999 zur Reduzierung von Luftschadstoffemissionen und aus der novellierten ⁠NEC-Richtlinie⁠ (EU) 2016/2284, die sich als Depositionen sowohl in den Einzugsgebieten als auch in der Ostsee wiederfinden, werden auch zu Reduzierungen der Stickstoffbelastung der Ostsee beitragen.

Größere Eintragsreduktionen von Stickstoff und Phosphor wurden vor 1995 vor allem durch die Einführung phosphatfreier Waschmittel und der dritten Reinigungsstufe bei Kläranlagen erreicht. Ein optimierter Betrieb von Kläranlagen im deutschen Ostseeeinzugsgebiet und ein Ausbau vor allem der direkt in die Ostsee einleitenden Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe würden die Einträge von Nähr- und Schadstoffen zusätzlich reduzieren und die Einhaltung des Ostseeaktionsplans von 2021 maßgeblich unterstützen oder erst ermöglichen.

 

Methode

Die Abflussnormalisierung der Nährstofffrachten wurde nach Larsen, S.E, & Svendsen, L.M. (2021) mit den Daten, die im Rahmen der PLC-Berichterstattung von Deutschland an HELCOM berichtet werden, durchgeführt. Für die statistische Analyse der Zeitreihe wurde eine Trendanalyse für den gesamten Zeitraum (1995 bis 2022) und für den Zeitraum 2011 bis 2022 durchgeführt. Die analysierten Trends wurden mit dem Mann-Kendall-Test auf statistische Signifikanz und abnehmenden oder zunehmenden Trend geprüft.

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