WW-I-4: Niedrigwasser

Das Bild zeigt einen Flusslauf mit starkem Niedrigwasser, im Vordergrund das trockene Flussbett mit drei verrotteten technischen Gegenständen, im Mittelgrund ein Transportschiff in der verbliebenen Fahrrinne und dahinter das steil ansteigende gegenüberliegende Ufer mit Baumgruppen und Büschen.zum Vergrößern anklicken
Zu Niedrigwasser kommt es vor allem im Sommer und Frühherbst, wenn Niederschläge länger ausbleiben.
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Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

WW-I-4: Niedrigwasser

Das Niedrigwassergeschehen in den Flussgebieten Deutschlands war in den letzten Jahren in erheblichem Maße durch einzelne ausgeprägte Niedrigwasserjahre bestimmt. Vor allem in den Jahren 1991, 2003 und 2015 sowie zuletzt in 2018 haben langanhaltende Trockenperioden zu einem starken Absinken der Wasserstände an den Flüssen geführt.

Die Stapelsäulen-Grafik zeigt die mittlere Anzahl der Niedrigwassertage im wasserhaushaltlichen Winterhalbjahr (Oktober bis März) und im hydrologischen Sommerhalbjahr (April bis September) ab 1960. Beide Zeitreihen zeigen keinen Trend. Es gibt starke Schwankungen zwischen den Jahren.
WW-I-4: Niedrigwasser

Die Stapelsäulen-Grafik zeigt die mittlere Anzahl der Niedrigwassertage im wasserhaushaltlichen Winterhalbjahr (Oktober bis März) und im hydrologischen Sommerhalbjahr (April bis September) ab 1960. Beide Zeitreihen zeigen keinen Trend. Es gibt starke Schwankungen zwischen den Jahren.

Quelle: Abflusspegel der Länder
 

Niedrigwasserereignisse – keine klimawandelbedingte Häufung erkennbar

Niedrigwasserereignisse gehören ebenso wie auch Hochwasser zum natürlichen Abflussgeschehen. In den alpin geprägten Einzugsgebieten kann es im Winter aufgrund der Speicherung der Niederschläge in Form von Schnee zu Niedrigwasserereignissen kommen. In den von Mittelgebirgen geprägten Flussgebieten und bei den Flüssen des Tief-und Flachlandes dagegen treten Niedrigwasser vor allem im Sommer und Frühherbst infolge der gegenüber dem Niederschlag hohen ⁠Verdunstung⁠ auf. Länger anhaltende meteorologische Trockenzeiten, d. h. Zeiten mit geringem oder keinem Niederschlag, verschärfen die jahreszeitlich bedingten Niedrigwasser vor allem in den Sommermonaten.

Die mit dem ⁠Klimawandel⁠ einhergehenden Veränderungen können den Zeitpunkt, die Dauer und die Intensität von Niedrigwasserereignissen auf vielerlei Weise beeinflussen. Mit der projizierten Verringerung des Niederschlags im Sommerhalbjahr sowie einem höheren Verdunstungsanspruch der ⁠Atmosphäre⁠ können die Abflüsse im Sommerhalbjahr abnehmen.

Die Folgen von Niedrigwasserereignissen beeinflussen sowohl die Ökologie der Gewässer als auch deren Nutzung. Durch die niedrigeren Fließgeschwindigkeiten bei Niedrigwasser erwärmt sich das Wasser schneller. Dies hat ein stärkeres Pflanzenwachstum insbesondere von Algen zur Folge, was zu verringerten Sauerstoffkonzentrationen vor allem in Flussseen führt. Reduzieren sich die Abflüsse, werden zudem Einträge in die Gewässer weniger verdünnt, was zu höheren Nährstoff- bzw. Schadstoffkonzentrationen führt. Beide Prozesse haben weitreichende Auswirkungen auf die Lebewesen in den Gewässern und die Wasserqualität.

Für verschiedene Nutzungen der Gewässer ist ein ausreichender ⁠Abfluss⁠ bzw. eine ausreichende Wasserverfügbarkeit Grundvoraussetzung. Die Schifffahrt ist unterhalb einer jeweils flussspezifischen Mindestwasserführung nur eingeschränkt möglich. Außerdem kann bei geringem Abfluss die Wasserentnahme zu Kühlzwecken oder zur landwirtschaftlichen Beregnung gefährdet sein, oder es können mengenmäßige Beschränkungen für die Einleitung von Abwasser erlassen werden.

Für die dargestellte Zeitreihe wurden die Abflusswerte von 80 Pegeln an deutschen Flüssen daraufhin ausgewertet, an wie vielen Tagen im wasserhaushaltlichen Sommerhalbjahr (1. April bis 30. September) und im wasserhaushaltlichen Winterhalbjahr (1. Oktober bis 31. März des Folgejahres) Niedrigwasser aufgetreten ist. Ein Niedrigwassertag ist definiert als ein Tag, an dem der mittlere jährliche Tagesabfluss niedriger ist als der für den jeweiligen Pegel ermittelte mittlere Niedrigwasserabfluss (MNQ) der Zeitspanne 1961 bis 1990. Der MNQ wird aus den jeweils niedrigsten Abflüssen der einzelnen Wasserhaushaltsjahre (NQ) berechnet. Mittelt man die Anzahl der Niedrigwassertage über alle betrachteten Pegel, wird deutlich, dass es immer wieder einzelne Jahre mit einer extremen Häufung von Niedrigwassertagen gegeben hat. In den zurückliegenden 30 Jahren traten solche Häufungen vor allem in den Jahren 1991, 2003 und 2015 auf. Hiervon waren vor allem die Flussgebiete Rhein, Elbe und Weser, etwas weniger ausgeprägt auch die Donau betroffen. In den Flussgebietseinheiten von Eider/Schlei, Schlei/Trave und Warnow/Peene wiesen die Wasserhaushaltsjahre 1996 und 2008 eine hohe Anzahl an Niedrigwassertagen auf. Da sich Niedrigwasserereignisse in der Regel auf stabile Hochdruckwetterlagen zurückführen lassen, treten in der Folge auch die Auswirkungen sehr großräumig auf.

Im Jahr 2015 herrschte in Deutschland mehr als sechs Monate lang Niedrigwasser. Besonders stark und langandauernd betroffen war der Osten der Bundesrepublik, da hier die sommerliche Trockenheit bis in den späten Herbst hinein fortdauerte, während sich die Situation in den südwestlichen Einzugsgebietsanteilen von Rhein und Donau durch nennenswerte Niederschläge im schweizerischen Rheingebiet und am südlichen Oberrhein entschärfte. Der Sommer des Jahres 2015 verlief insgesamt zwar weniger extrem als der des Jahres 2003, aber die Trockenperiode erstreckte sich über einen außerordentlich langen Zeitraum. An vielen Flussstrecken war die Schifffahrt 2015 erheblich eingeschränkt.

Mit dem Jahr 2018 kommt ein weiteres extremes Niedrigwasserjahr mit Auswirkungen auf alle deutschen Flussgebiete hinzu. Am Rhein wurden aufgrund der monatelangen Trockenheit seit vielen Jahren nicht eingetretene Niedrigwasserstände und -abflüsse erreicht, und es lagen in der Folge bis dahin nicht gekannte Felsformationen und Kiesbänke im Flussgebiet im Trockenen. Auch an Elbe, Donau und Weser wurden ausgeprägte Niedrigwasserstände erreicht. An allen großen deutschen Wasserstraßen kam es zu teilweise länger andauernden Einschränkungen für die Schifffahrt.

Über die gesamte Zeitreihe hinweg lässt sich ein signifikanter Trend weder für das Winter- noch für das Sommerhalbjahr erkennen. Dies mag unter anderem auch daran liegen, dass die extremen Niedrigwassersituationen in den 1960er und 1970er Jahren noch in einem erheblichen Maße die Entwicklung prägen.

Allerdings zeichnet sich bei der jahreszeitlichen Verteilung der Niedrigwassertage ein signifikanter Trend ab. Im Verhältnis zu den Niedrigwassertagen im Winter nehmen die im Sommer deutlich zu. Wie beim mittleren Abfluss ist dies ein Zeichen dafür, dass sich Veränderungen der jahreszeitlichen Verfügbarkeit von Wasser vollziehen.

 

Schnittstellen

EW­-R-­4: Wassereffizienz thermischer Kraftwerke

VE­-I­-1: Schiffbarkeit der Binnenschifffahrtsstraßen