Tränkwasserversorgung im Stall

Foto eines am Tränkebecken trinkenden Rindes.zum Vergrößern anklicken
Tränkwasserversorgung im Stall

Ausreichend sauberes Tränkwasser beugt Gesundheitsproblemen von Nutztieren vor und kann so den Einsatz von Tierarzneimitteln reduzieren.

Quelle: Budimir Jevtic / Fotolia.com

Inhaltsverzeichnis

 

Temperatur, Durchfluss und Verunreinigung von Tränkwasser

Verminderte Qualität und Menge kann Gesundheitsprobleme verursachen und begünstigen. Die Faktoren Stalltemperatur, Schmutz und Feuchtigkeit schaffen in Leitungen und Tränkeeinrichtungen optimale Bedingungen für die Vermehrung von Keimen im sogenannten Biofilm. Dabei sind Keime nicht generell Krankheitserreger, jedoch können diese einen Anteil ausmachen. Denn Krankheitserreger, die speziell über Speichel, Nasensekrete und Kot der Tiere ausgeschieden werden, gelangen in die Tränkeeinrichtung und finden dort günstige Bedingungen vor, so dass sie lange überdauern können. Der entstandene Biofilm kann für eine erhebliche Verschlechterung der Wasserqualität sorgen, denn einerseits werden die möglicherweise krankheitserregenden Keime selbst ins Wasser abgegeben, andererseits aber auch von Keimen gebildete Giftstoffe, die sogenannten Endotoxine. Werden diese von den Tieren mit dem Wasser aufgenommen, kann das zu Magen-Darmerkrankungen oder einem geschwächten Immunsystem führen. Im Biofilm sind Keime vor Reinigungsprozessen und Desinfektionsmitteln weitestgehend geschützt.

Eine erhöhte Wassertemperatur begünstigt das Wachstum von Keimen. Extrem kaltes Wasser kann speziell bei Jungtieren zu einer Schwächung und damit Begünstigung von Erkrankungen beitragen. Schweine bevorzugen Wasser mit einer Temperatur von 12 °C bis 22 °C (laktierende Sauen eher kühler, junge Tiere eher wärmer) (siehe auch:  Büscher, W., Rudovsky, A., Marks, M., Häuser, S., Hesse, D., (2008). Tränketechnik für Schweine, DLG-Merkblatt 351, 1. Auflage, DLG, Frankfurt am Main.). Bei Milchkühen ist die ideale Wassertemperatur abhängig von der Umgebungstemperatur und dem Leistungsniveau.

Hohe Durchflussmengen beim Trinken sind wichtig, damit das Verschlucken verhindert und eine optimale Wasserversorgung sichergestellt werden kann. Eine ungehinderte Wasseraufnahme stellen vor allem offene Tränkebecken sicher, diese sind jedoch stärker anfällig für Verunreinigungen durch hineinfallende Futterreste oder Kot. Diese Risiken können allerdings reduziert werden, wenn die Tränkebecken möglichst weit entfernt vom Futtertisch, in einer für die jeweilige Tierart und Haltungsstufe angemessenen Höhe über dem Boden angebracht werden und mit Abweisbügeln oder Klappen versehen sind.

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Vorgaben und Untersuchungen zum Tränkwasser

Wichtig sind tägliche Funktionskontrollen und die Sicherstellung des Zugangs für alle Tiere zu Tränkwasser durch eine ausreichende Anzahl von Tränken. Tränkwasser unterliegt den Anforderungen der Futtermittelhygiene-Verordnung VO (EG) Nr. 183/2005). Tränkwasser sollte so beschaffen sein, dass es für die betreffenden Tiere geeignet ist. Dazu gibt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (⁠BMEL⁠) Orientierungswerte vor. Neben Schmackhaftigkeit und Verträglichkeit gehören dazu auch Orientierungswerte für biologische und chemische Qualitätskriterien.

Untersuchungen der Wasserqualität erfolgen routinemäßig im Rahmen von Qualitätsfleischprogrammen zweimal jährlich oder können durch Bestandsberaterinnen/-berater oder von den Landwirtinnen/-wirten selbst bei allen akkreditierten Trinkwasseruntersuchungsstellen in Auftrag gegeben werden. Listen dieser Untersuchungsstellen erhält man bei den zuständigen Landesämtern für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz. In diesem Zusammenhang ist auch wichtig, dass vor der Einstallung Reste von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln abtrocknen bzw. aus Tränken und Trögen entfernt werden, denn diese entsprechen in der Regel nicht dem Qualitätsstandard für Tränkwasser und stellen ein Risiko für die Tiergesundheit dar.

Tabelle mit biologischen, physiko-chemischen und chemischen Qualitätsparametern für Tränkwasser
Qualitätsparameter für Tränkwasser

Die Tabelle zeigt einen modifizierten Auszug aus den Orientierungswerten des BMEL für Tränkwasser. Obwohl Tränkwasser nicht den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechen muss, sind in der hinteren Spalte Vergleichswerte angegeben

Quelle: Umweltbundesamt
 

Tränketechnik

Material und Art des Leitungssystems einer Tränkeeinrichtung beeinflussen die Biofilmbildung. Neigt das Material der Leitungen zu Korrosionsschäden oder Schadstoffeinträgen, sind diese für den Einsatz im Stall weniger geeignet. Korrosionen bieten ideale Bedingungen für das Anheften eines Biofilms. Schadstoffeinträge können entstehen, wenn das Material Temperaturen, Druck oder chemischen Stoffen im Zuge der Reinigung und Desinfektion ausgesetzt wird. Problematisch sind vor allem kostengünstige Leitungen aus verzinktem Eisen oder Kunststoff. Gibt es Hinweise für eine starke Biofilmbildung in den Leitungen, kann durch stichprobenartiges Aufschneiden der Leitungen und Betrachtung des Rohrquerschnitts die Situation genauer beurteilt werden. In kritischen Fällen hilft nur der Austausch des Leitungssystems.

Im Zuge des kompletten Austausches eines Leitungssystems sollte ein Ringleitungssystem einem Stich- und Reihenleitungssystem vorgezogen werden. In Ringleitungen kann das Wasser zirkulieren und Biofilme haben geringere Chancen sich zu entwickeln. Außerdem können Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen einfacher durchgeführt werden und die Leitungen nach einer oralen Gabe von Tierarzneimitteln zur Vermeidung von Verschleppungen mit Wasser durchgespült werden.

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Reinigung und Desinfektion von Tiertränken

Leitungen und Tränkeeinrichtungen müssen regelmäßig gereinigt werden. Für die Desinfektion der Rohrleitungen eignet sich der Einsatz von Chlordioxid, Peressigsäure und Propionsäure. In der Geflügelwirtschaft ist dies bereits gängige Praxis. Eine Spülung der Leitung nach der Anwendung von Desinfektionsmitteln stellt nicht nur sicher, dass die Chemikalien nicht von den Tieren aufgenommen werden, sondern auch, dass eventuell freigewordene Gifte (z. B. Endotoxine) entfernt werden. Umweltschonender sind mechanische Verfahren zur Reinigung der Leitungen, wie die Anwendung von Kugeln oder Druck. Diese werden von Unternehmen durchgeführt und sind dadurch kostenintensiver, helfen aber im Speziellen, wenn die Keim- und Endotoxinbelastung des Tränkwassers als wahrscheinliche Ursache für Gesundheitsprobleme identifiziert wurde. Untersuchungen in zur Einstallung vorbereiteten Schweinebuchten zeigten, dass Tränken und Tröge die größte Schwachstelle für Verschleppungen von Keimen selbst in konsequenten Rein-Raus-Systemen darstellen. Dabei gestaltet sich bei Nippeltränken speziell die Reinigung der Endstücke als schwierig. Wesentliche Verbesserungen der Tiergesundheit können auch bei einer gründlichen Reinigung von Nippeleimern in der Kälberaufzucht erwartet werden. Nach der Reinigung empfiehlt sich die Trocknung und Lagerung der Nippeleimer in Regalen.

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