Wie im Beitrag „UBA-Studie: Wie deutsche Großstädte sich an den Klimawandel anpassen“ vorgestellt, ist Klimaanpassung ein zunehmend wichtiges Element im politischen Handeln der Kommunen. Mittlerweile beschäftigen sich 90 Prozent der deutschen Großstädte mit den Folgen des Klimawandels. Sie planen Anpassungsmaßnahmen und setzen diese um; unabhängig von ihrer geographischen Lage und ihrer Haushaltssituation.
Zwei aktuelle Praxisbeispiele sind die Bundeshauptstadt Berlin und die bayerische Landeshauptstadt München. Beide Städte sind bereits seit Jahren in der Anpassung an die Folgen des Klimawandels aktiv. So wurde in Berlin auf Ebene der Senatsverwaltung im Jahr 2007 eine Arbeitsgruppe zum Klimafolgenmanagement gegründet, welche im Jahr 2008 dem Klimaschutzrat der Stadt einen ersten Fragen- und Aufgabenkatalog zum Themenfeld Anpassung an den Klimawandel in der Metropolregion Berlin als Beschlussvorlage vorlegte. Ebenfalls bedeutend im Umgang mit einem sich veränderten Klima aus räumlicher und stadtplanerischer Sicht war bereits in frühen Jahren der Beschluss zum Stadtentwicklungsplan Klima (StEP Klima) im Jahr 2011 durch den Senat sowie die Studie Klimawandel und Kulturlandschaft Berlin. In München wurde die Klimaanpassung 2012 in den Leitlinien der Stadtentwicklung verankert (siehe PERSPEKTIVE MÜNCHEN Leitlinie Ökologie – Klimawandel und Klimaschutz). Gleichzeitig wurde die Anpassung an die klimatisch bedingten Veränderungen in der Stadt in den zuständigen Referaten der Stadtverwaltung in vielerlei Hinsicht implizit adressiert, beispielsweise über Aktivitäten in den Bereichen Stadtgrün, Hochwasserschutz und gesundheitliche Vorsorge bei Hitze.
Sowohl Berlin als auch München haben sich im Jahr 2014 dafür entschieden, Anpassungskonzepte zu erarbeiten und haben damit auf gesamtstädtischer Ebene als Teil ihrer Klimapolitik strategische Aufmerksamkeit auf die Folgen des Klimawandels gelenkt. Ergebnis dieser Prozesse sind das Konzept zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Berlin (AFOK) sowie das Konzept zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in der Landeshauptstadt München.
Politische Einbettung der Anpassungskonzepte
In Berlin bildet das AFOK den strategischen Rahmen zur Anpassung von Natur, Wirtschaft und Gesellschaft an den Klimawandel, bei gleichzeitigem Erhalt städtischer Lebensqualität (siehe Reusswig et al. 2016a: 3). Die rechtliche Grundlage für das AFOK bildet das Berliner Energiewendegesetz (EWG Bln) mit dem Ziel, die Anpassungsfähigkeit natürlicher, gesellschaftlicher und ökonomischer Systeme zu verbessern und die Funktion der städtischen Infrastrukturen sowie die urbane Lebensqualität zu erhalten. Diesbezüglich unterstützt der Senat Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und seiner unvermeidbaren Folgen für Berlin (vgl. EWG Bln, Abschnitt 4 § 12). Eine Reihe von Aktivitäten gingen dem AFOK voraus oder wurden parallel zum AFOK verfasst. Hervorzuheben sind der 2016 veröffentlichte Stadtentwicklungsplan Klima KONKRET (StEP Klima KONKRET), eine Aktualisierung und Präzisierung des StEP Klima, ebenso wie die aktualisierte Planungshinweiskarte Stadtklima 2015 als Unterstützungstool für die Identifizierung von klimatisch besonders betroffenen Flächen und von Anpassungsmaßnahmen. Zusammen mit dem StEP Klima, StEP Klima KONKRET und der Planungshinweiskarte Stadtklima 2015 ist das AFOK ein wesentlicher Bestandteil der Gesamtstrategie zur Anpassung Berlins an die Folgen des Klimawandels.
München hat sich in einem Stadtratsbeschluss im Jahr 2013 umfassend mit der Klimaanpassung befasst. Dieser sah als wichtigen Meilenstein vor, dass das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) ein Anpassungskonzept entwickelt. Bedeutsam für die Sichtbarkeit der Klimaanpassung in München war zudem die Unterzeichnung der EU-Initiative „Bürgermeister passen sich an den Klimawandel an“ (Mayors Adapt) durch den zweiten Bürgermeister der Stadt im Jahr 2014. Mit dieser freiwilligen Selbstverpflichtung unterstrich München die Notwendigkeit der europäischen Kommunen sich an den Klimawandel anzupassen. Wichtige stadtklimatische Grundlagen für die angestrebten Aktivitäten Münchens sind die Auswertung von langjährigen Messreihen zu Temperatur, Wind, Niederschlag, die Erstellung einer Stadtklimaanalyse / Klimafunktionskarte (LHM 2016: 7 f.) sowie Ergebnisse aus einer Kooperation mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zur Modellierung des Stadtklimas der Zukunft mit dem Stadtklimamodell MUKLIMO_3. Der Handlungsrahmen wird zudem durch Querbezüge zu anderen Politikfeldern bestimmt, beispielsweise wenn es um den Neubau und die Sanierung von Gebäuden, die Stadtentwicklung und die Entwicklung von Grünflächen geht, ebenso wie um die Bewusstseinsbildung von Bürgerinnen und Bürgern und weiteren Akteuren der Stadtgesellschaft. Stellvertretend stehen dafür neben der Leitlinie Ökologie, Klimaschutz und Klimawandel, die langfristige Freiraum- und Siedlungsentwicklung 2030 sowie im Bereich der Förderung einer nachhaltigen Lebensweise die Leitlinie Gesundheit (vgl. LHM 2016: 32 ff.).
Konzeptentwicklung und Maßnahmenplanung: Beteiligte Akteure und Vorgehensweise
Das Berliner AFOK wurde im Jahr 2014 durch ein Projektkonsortium unter Federführung des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, im Auftrag des Sonderreferats Klimaschutz und Energie der ehemaligen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, erstellt (vgl. Reusswig et al. 2016b). Ziel war es, alle vom Klimawandel in Berlin betroffenen Handlungsfelder (u. a. Gesundheit und Bevölkerungsschutz; Gebäude, Stadtentwicklung, Grün- und Freiflächen; Industrie und Gewerbe; Verkehr etc.) zu behandeln und die relevanten Akteure der Stadtgesellschaft aus Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und Verbänden in einem breit angelegten Prozess zu beteiligen. Wie im Leitfaden für Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsanalysen empfohlen, wurde ein Klimamodellensemble, bestehend aus einer Kombination aus zwölf regionalen und sechs globalen Klimamodellen, als Grundlage genutzt, um zukünftige Verwundbarkeiten zu analysieren und basierend darauf Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln. Für die Mitte und das Ende des Jahrhunderts wurden mögliche Veränderungen des regionalen Klimas in Berlin anhand von Klimakennwerten untersucht. Außerdem wurde über Wirkungsketten visualisiert, wie die Klimaänderungen sich auf die einzelnen Handlungsfelder auswirken (Reusswig et al. 2016a: 8 f.; 2016b: 23 f.). Durch diese Arbeiten war es möglich, in Experteninterviews sowie einem Fachworkshop die zentralen Herausforderungen für die Stadt einzuschätzen und erste Anpassungsmaßnahmen für die einzelnen Bereiche vorzuschlagen. Ebenso konnte die Relevanz des Themas Klimaanpassung im Wirkungsbereich der bis dato angesprochenen Akteure erörtert werden. In weiteren Gesprächen und einem zweiten Fachworkshop wurden die mehr als achtzig Maßnahmenvorschläge des AFOK diskutiert und im Nachgang konkretisiert. Dabei wurden auch Querbezüge zum Klimaschutz hergestellt etwa im Bereich sommerlicher Wärmeschutz sowie zu anderen Politikfeldern wie der Gesundheit. In diesen Prozess waren insgesamt mehr als hundert Personen involviert. Darüber hinaus erarbeitete das Projektkonsortium Empfehlungen zur Kommunikation, um die Stadtgesellschaft zu Klimarisiken und Anpassungshandeln zu sensibilisieren. Ebenso bauten sie ein indikatorenbasiertes Monitoringkonzept auf, um die Umsetzung der Maßnahmenvorschläge in den einzelnen Handlungsfeldern zu beobachten (vgl. Materialien zum AFOK-Hauptbericht).
In München war es von Beginn an erklärtes Ziel, ein möglichst umsetzungsorientiertes Konzept zu entwickeln (LHM 2016: 1). Um dies zu gewährleisten, wurden bereits zu einem frühen Zeitpunkt die vom Klimawandel betroffenen und für die Umsetzung von Maßnahmen zuständigen Referate in einen referatsübergreifenden Beteiligungsprozess eingebunden. Der Beteiligungsprozess wurde unter Leitung des Referats für Gesundheit und Umwelt von einer ebenfalls referatsübergreifenden Projektgruppe gesteuert. Unterstützt wurde die Stadtverwaltung München dabei durch eine externe Prozessbegleitung, bestehend aus dem bifa Umweltinstitut Augsburg und dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Diese waren für die Vor- und Nachbereitung sowie Moderation der Sitzungen und das finale Verfassen des Konzepts zuständig. Insgesamt waren rund sechzig Expertinnen und Experten aus sieben Referaten der Münchner Stadtverwaltung beteiligt. Weitere Akteure der Stadtgesellschaft sollen in einem Folgeprozess eingebunden werden. Entsprechend der Wirkungsbereiche der Stadtverwaltung wurden fünf zentrale Handlungsfelder definiert. Je eine Arbeitsgruppe bearbeitete diese. Die für die Umsetzung zuständigen Expertinnen und Experten der Stadtverwaltung entwickelten insgesamt 26 Maßnahmen. Die Basis dafür leisteten aktuelle Daten zum Stadtklima und Erkenntnisse zum Klimawandel für das Stadtgebiet (vgl. LHM 2016: 51 ff.). Die Handlungsfelder umfassen die Entwicklung von Siedlungs- und Freiflächen, sowohl auf strategischer als auch operativer Ebene, den Umgang mit Niederschlag und Wasser, unterschiedliche Ansprüche an die Landnutzung und die menschliche Gesundheit. Die Projektgruppe steuerte diesen Prozess, führte (Zwischen-) Ergebnisse zusammen, traf Entscheidungen bei Dissens und stimmte eine Beschlussvorlage für den Stadtrat ab. In den ersten Sitzungen der Arbeitsgruppen befassten sich deren Mitglieder mit den zentralen Herausforderungen, die sich durch ein verändertes Klima ergeben und erstellten – ausgehend vom Status quo – jeweils eine Ziele-Maßnahmen-Matrix für ihr Handlungsfeld. Die dadurch gesammelten Erkenntnisse waren die Grundlage, um die arbeitsgruppenspezifischen Ziele zu konkretisieren sowie bestehende Maßnahmen weiterzuentwickeln und neue Maßnahmen zu erarbeiten. Dies erfolgte in Form von Maßnahmen-Exposés. In den nachfolgenden Sitzungen wurden Roadmaps erarbeitet, um die Maßnahmenvorschläge zu konkretisieren. Dabei wurde näher auf die zu beteiligten Akteure eingegangen sowie auf mögliche Barrieren, Hindernisse und nächste Schritte. Weiterhin wurde in den Sitzungen ein pragmatisch ausgerichtetes Erfolgsmonitoring diskutiert, die Zuständigkeiten unter den beteiligten Referaten festgelegt und der Bedarf an zusätzlichen durch den Stadtrat später beschlossenen Finanzmitteln geklärt.
Fazit
Die Herangehensweise in Berlin und München zeigt, dass Konzepte zur Klimaanpassung unterschiedlich aufgesetzt werden können. Einerseits kann wie in Berlin durch eine breite Abdeckung verschiedener Themenbereiche und einer Vielzahl an Maßnahmenvorschlägen auf die Sensibilisierung und Qualifizierung der Akteure aus Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft gezielt hingewirkt werden. Andererseits kann mit der Fokussierung auf einzelne zentrale Handlungsfelder, die im Wirkungsbereich der Stadtverwaltung liegen, wie in München die konkrete Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen befördert werden. Eine klare Vorstellung über die Ausrichtung der Anpassungskonzepte ist daher vor Beginn der Erstellung dieser ratsam. In beiden Städten spiegelt sich die unterschiedlich gelagerte Fokussetzung im Prozess und der Art der Befassung mit den einzelnen Maßnahmen wieder. Indem eine große Akteursvielfalt aus der Stadtgesellschaft eingebunden wird und eine intensive Auseinandersetzung mit den Klimawirkungen einzelner Handlungsfelder erfolgt, kann die Erarbeitung von Anpassungskonzepten sehr offen und dadurch auch sichtbar gestaltet werden.
Gleichzeitig müssen Zuständigkeiten und Finanzierung konkretisiert werden, um zu klären, wie Anpassungsmaßnahmen entwickelt und umgesetzt werden können. In München beispielsweise ist es durch die Festlegung von Verantwortlichkeiten und des Ressourcenbedarfs innerhalb der Stadtverwaltung sehr konkret, wer für die 26 Maßnahmen innerhalb der vorab definierten zentralen Handlungsfelder zuständig ist. Zusätzlich unterstützend wirkt in München die politische Verankerung durch den Stadtratsbeschluss und die damit zusätzlich bereitgestellten Mittel. Berlin hat einen anderen Weg gewählt: Die Diskussion und der Beschluss der Implementierung einzelner der über achtzig Maßnahmenvorschläge folgt auf die Konzepterstellung ebenso wie die sukzessive Bereitstellung öffentlicher Mittel sowie den Ausbau der Kooperation zwischen Senat und Bezirken und die Gewinnung der Akteure aus Wirtschaft und Gesellschaft. Vorteil dürfte dabei die bereits erfolgte breit angelegte Beteiligung der Akteure der Stadtgesellschaft bei der Konzepterstellung sein, ebenso wie die politische Verankerung der Anpassung an die Folgen des Klimawandels in der Berliner Klimapolitik. Besonders hervorzuheben ist in diesem Kontext die Einbettung der Klimaanpassung sowohl im Berliner Energiewendegesetz als auch in die Fortschreibung des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms (BEK). Durch den Status Berlins als Bundesland bieten sich hier zusätzliche Handlungsspielräume.
Auch zeigen die beiden Beispiele, wie externe Partner bei der Erarbeitung von Anpassungskonzepten hinzugezogen werden können: Dienen diese wie in Berlin eher der inhaltlich-wissenschaftlichen Unterstützung der Kommune oder sollten sie wie in München als Prozessbegleiter die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung entlasten? Beide Ansätze haben Vorteile. Ersteres ermöglicht Impulse von außen, das heißt die Wissensträgerinnen und -träger kommen nicht nur aus der Verwaltung. Letzteres unterstützt bei aufwendigen Steuerungsaufgaben und bietet methodische Impulse.
Literatur
LHM [Landeshautstadt München] (2016): Konzept zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in der Landeshauptstadt München. München, Augsburg, Berlin, 07.Oktober 2016.
Reusswig, F.; Becker, C.; Lass, W.; Haag, L.; Hirschfeld, J.; Knorr, A.; Lüdeke, M.K.B.; Neuhaus, A.; Pankoke, C.; Rupp, J., Walther, C.; Walz, S.; Weyer, G.; Wiesemann, E. (2016a): Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Berlin (AFOK). Klimaschutz Teilkonzept Zusammenfassung. Potsdam, Berlin.
Reusswig, F.; Becker, C.; Lass, W.; Haag, L.; Hirschfeld, J.; Knorr, A.; Lüdeke, M. K.B.; Neuhaus, A.; Pankoke, C.; Rupp, J., Walther, C.; Walz, S.; Weyer, G.; Wiesemann, E. (2016b): Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Berlin (AFOK). Klimaschutz Teilkonzept. Hauptbericht. Gutachten im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Sonderreferat Klimaschutz und Energie (SRKE). Potsdam, Berlin.
Autor: Johannes Rupp (Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, IÖW)