BAU-I-3: Kühlgradtage

Das Bild zeigt die Glasfront eines Hauses, die von einer Jalousie verschattet ist.zum Vergrößern anklicken
Es gibt viele Möglichkeiten den Sonneneintrag in Haus oder Wohnung zu verringern.
Quelle: U.J. Alexander / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

BAU-I-3: Kühlgradtage

In den drei Sommerklimaregionen der DIN 4108-2:2013-02, die für den sommerlichen Wärmeschutz von Gebäuden maßgeblich ist, nimmt die Zahl der Kühlgradtage, mit signifikant steigendem Trend zu. Seit 1999 liegen die Kühlgradtage in den drei Regionen durchgängig über dem Mittel der Klimanormalperiode 1961–1990. Die Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz steigen deutschlandweit.

Die Linien-Grafik zeigt für 1951 bis 2017 das Mittel der Kühlgradtage in den Sommerklimaregionen nach DIN4108-2:2013-2 in Kelvin pro Tag. Die Abbildung ist differenziert für die Sommerklimaregionen A, B und C. Alle drei Linien zeigen bei deutlichen Schwankungen zwischen den Jahren einen signifikant steigenden Trend mit einem deutlichen Hochpunkt in 2003.
BAU-I-3: Kühlgradtage

Die Linien-Grafik zeigt für 1951 bis 2017 das Mittel der Kühlgradtage in den Sommerklimaregionen nach DIN4108-2:2013-2 in Kelvin pro Tag. Die Abbildung ist differenziert für die Sommerklimaregionen A, B und C. Alle drei Linien zeigen bei deutlichen Schwankungen zwischen den Jahren einen signifikant steigenden Trend mit einem deutlichen Hochpunkt in 2003.

Quelle: Deutscher Wetterdienst
 

Kühlgradtage

Das Jahr 2018 war in Deutschland das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, und noch nie gab es im deutschlandweiten Mittel so viele ⁠Heiße Tage⁠ mit Temperaturen von 30 °C und mehr. Den Herstellern von Klimageräten und Ventilatoren bescherte dieser heiße Sommer hohe Umsätze, denn in vielen Büros und Wohnungen lagen die Temperaturen deutlich außerhalb der Komfortzone.

Der bauliche Wärmeschutz soll unter anderem gewährleisten, dass solche Situationen die Ausnahme bleiben und das Innenraumklima in Gebäuden auch bei sommerlich hohen Außenlufttemperaturen erträglich bleibt. Die „Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“ einschließlich des sommerlichen Wärmeschutzes beschreibt die gleichnamige DIN 4108-2:2013-02. Um diese Mindestanforderungen räumlich zu konkretisieren, unterteilt die DIN Deutschland in die drei Sommerklimaregionen A, B und C. Sommerklimaregion A umfasst die Küstengebiete von Nord- und Ostsee sowie die Mittelgebirgslagen und die Alpen, also die tendenziell kühleren Gebiete. Sommerklimaregion C umfasst die tendenziell wärmeren Gebiete. Hierzu zählen der Bodensee und der Oberrheingraben, das Rhein-Neckar- und das Rhein-Main-Gebiet, das Mosel- und das Mittelrheintal, das Ruhrgebiet sowie die Stadtregionen Leipzig/Halle und Dresden. Die weiteren Gebiete sind in Region B zusammengefasst.

Diese drei Sommerklimaregionen bilden den räumlichen Hintergrund für die dargestellten Zeitreihen der Kühlgradtage, die nach dem Verfahren von Spinoni et al. 201539 berechnet wurden. Auswertungen zu Kühlgradtagen werden als Grundlage herangezogen, um die zeitliche Entwicklung des Kühlbedarfs beziehungsweise der Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz in diesen Regionen abzuschätzen. Die Kühlgradtage sind eine (fiktive) Größe, die ausgehend von der Überschreitung eines Temperaturschwellenwerts, in diesem Fall 22 °C, berechnet wird, indem man die Höhe der Überschreitung pro Tag für alle Tage eines Jahres in gewichteter Form aufsummiert: Das geringste Gewicht haben Tage, an denen allein die Tageshöchsttemperatur die Schwelle überschreitet. In diesem Fall wird die Differenz von Tageshöchsttemperatur und Schwellenwert zu einem Viertel angerechnet. Das höchste Gewicht erhalten Tage, an denen das Tagesminimum der Temperatur über der Schwelle liegt. Hier wird die Differenz aus Tagesmittel und Schwellenwert gezählt. Dazwischen liegen Tage, an denen die mittlere Temperatur über dem Schwellenwert liegt. Die Daten für die Zeitreihe der Sommerklimaregion A lieferten die ⁠DWD⁠-Stationen Bremerhaven und Stötten auf der Schwäbischen Alb. Für die Sommerklimaregion B wurden die Werte der Stationen Potsdam, Essen und Hamburg-Fuhlsbüttel verwendet, und Region C wird durch die Station Mannheim repräsentiert.

Alle drei Zeitreihen zeigen seit 1951 einen signifikant steigenden Trend. Dabei nehmen die Kühlgradtage in Sommerklimaregion C (beziehungsweise an der Station Mannheim) schneller zu als in den beiden anderen Regionen. Unabhängig davon zeigt ein Vergleich mit der Klimanormalperiode 1961–1990, dass die Kühlgradtage in allen drei Regionen seit 1999 durchgängig über dem Mittelwert der Jahre 1961–1990 liegen. Das bedeutet, in ganz Deutschland steigen die Anforderungen an den Wärmeschutz. Folgt man den aktuellen Klimaprojektionen, wird sich diese Entwicklung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts weiter fortsetzen.

Mit dieser Perspektive vor Augen und der Notwendigkeit im Kopf, aus Klimaschutzgründen auch im Gebäudebereich verstärkt Kohlendioxid einzusparen, gilt es, die steigenden Anforderungen an den Wärmeschutz bei der Gebäudeplanung vorausschauend zu berücksichtigen. DIN 4108-2:2013-02 definiert allerdings nur die Anforderungen, die Neubauten, Gebäudeerweiterungen und neu angebaute Bauteile wie etwa Wintergärten mindestens erfüllen müssen und bezieht sich dabei auf das ⁠Klima⁠ der Jahre 1988 bis 2007. Aktuell wird sie weiterentwickelt, um die projizierte Klimaerwärmung und ihre Folgen stärker zu berücksichtigen und die Mindestanforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz daran anzupassen. Bis dies erfolgt ist, liegt es in der Verantwortung der Bauherren, über die Mindestanforderungen der Norm hinaus Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Ansatzpunkte sind beispielsweise der Anteil der Fensterflächen und eine geeignete Fensterneigung und -orientierung, die Art der Nachtlüftung sowie der Einsatz von Sonnenschutzverglasung und passiven Kühlungssystemen. Unterstützt durch eine präventive Stadt- und Quartiersplanung, die unter anderem für eine gute Durchlüftung und geeignete Begrünung in den Städten sorgt, kann das Innenklima von Gebäuden so auch bei steigenden Temperaturen in der Komfortzone bleiben.

39 - Spinoni J., Vogt J., Barbosa P. 2015: European degree-day climatologies and trends for the period 1951–2011.
In: International Journal of Climatology 35 (1): 25–36.
DOI: 10.1002/joc.3959.

 

Schnittstellen

GE-I-1: Hitzebelastung + Bewusstsein in der Bevölkerung

BAU-R-1 Erholungsflächen

IG-I-1: Hitzebedingte Minderung der Leistungsfähigkeit

 

Ziele

Auch bei der Gebäudeplanung und der technischen Ausstattung sollten Anpassungen an klimatisch bedingte Veränderungen berücksichtigt werden. […] Dagegen wird in der Gebäudeplanung und Gebäudetechnik eine stärkere Anpassung an höhere durchschnittliche Sommertemperaturen und zwischenzeitlich längere Hitzeperioden notwendig sein, insbesondere für Dachgeschosswohnungen. (⁠DAS⁠, Kap. 3.2.1)

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Schlagworte:
 Anpassung an den Klimawandel  KomPass  Monitoringbericht