WW-I-8: Wassertemperatur von Seen

Der Meeresspiegelanstieg gefährdet die Küsten.zum Vergrößern anklicken
In allen Naturräumen in Deutschland steigen die Wassertemperaturen der Seen.
Quelle: Konstanze Schönthaler

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

Steigende Wassertemperaturen in Seen

Die Wassertemperatur stehender Gewässer wird sehr unmittelbar von der Lufttemperatur beeinflusst. Damit gehören Veränderungen der Wassertemperatur auch zu den direkten Auswirkungen des Klimawandels. Die Wassertemperatur ist eine der zentralen Einflussgrößen auf die in Seen und Talsperren ablaufenden physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse. Sie beeinflusst wichtige Faktoren wie die Dauer der Eisbedeckung sowie die Durchmischungs- und Schichtungsverhältnisse. Die Reaktionsgeschwindigkeit vieler chemischer und biochemischer Prozesse nimmt bei höherer Temperatur zu: Unter anderem Salze lösen sich in wärmerem Wasser leichter, Gase wie Sauerstoff hingegen schwerer. Manche Organismen kommen auch mit geringen Sauerstoff- oder hohen Salzkonzentrationen zurecht, wohingegen andere auf einen sehr guten Gewässerzustand angewiesen sind. Neben der Erhöhung der Wassertemperatur selbst haben auch die durch die Temperaturerhöhung ausgelösten stofflichen Veränderungen einen erheblichen Einfluss auf Pflanzen und Tiere in den Gewässern, auf die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften sowie die Strukturen und Funktionen der Nahrungsnetze in den Gewässerökosystemen.
Viele in den Gewässern vorkommende Lebewesen sind an spezifische Temperaturverhältnisse angepasst. Bereits geringfügige Veränderungen können daher Verschiebungen der Artenzusammensetzung in stehenden Gewässern nach sich ziehen. Dabei können die ursprünglich vorkommenden Arten von anderen, auch nichtheimischen Arten verdrängt werden, die von den höheren Temperaturen profitieren. Außerdem kann es zu Veränderungen im jahreszeitlichen Entwicklungszyklus von Lebewesen kommen. So wird beispielsweise das Eintreten der Frühjahrsalgenentwicklung stark von der Wassertemperatur beeinflusst. In eutrophen Gewässern können im Sommer wärmeliebende, toxinbildende ⁠Cyanobakterien⁠ in erhöhten Konzentrationen auftreten und gesundheitliche Probleme bei Badenden verursachen.

Das Liniendiagramm zeigt den Durchschnitt des Jahresmittelwertes des Tidenwassers über 19 Jahre für Cuxhaven (Nordsee) ab 1843, für Travemünde (Ostsee) ab 1853, für Kiel (Ostsee) ab 1901, für Wittdün (Nordsee) ab 1936, für Saßnitz (Ostsee) ab 1954 und für Borkum (Nordsee) ab 1963. Alle Zeitreihen zeigen einen deutlich steigenden Trend.
WW-I-8: Wassertemperatur von Seen

Die Wassertemperaturen der 38 betrachteten über Deutschland verteilten Seen und Talsperren sind im Mittel der Saison April bis Oktober signifikant angestiegen. Dies gilt sowohl für die Seen im norddeutschen Tiefland, in den Alpen und im Alpenvorland als auch für Talsperren in der Mittelgebirgsregion. Die Erhöhung der Wassertemperatur hat weitreichende Auswirkungen auf chemische, physikalische und biologische Prozesse, die in den Gewässern ablaufen.

Quelle: BE SenMVKU/ BW LUBW/ BY LfU/ BB IGB/ MV MLU/ NI NLWKN/ SN LTV/ ST LHW/ TH TLUBN/ TH TFW

In Deutschland gibt es mehr als 12.000 natürliche Seen. In Abhängigkeit von ihrer geographischen Lage und den naturräumlichen Voraussetzungen unterscheiden sich diese grundsätzlich unter anderem in der Trophie, im Wasserdurchfluss und in der Gewässertiefe. Um einen bundesweiten Überblick zur Entwicklung der Gewässertemperaturen zu ermöglichen, aber dennoch die Besonderheiten der unterschiedlichen Seentypen annähernd zu berücksichtigen, werden die für den ⁠Indikator⁠ berücksichtigten 38 Seen und Talsperren für die drei großen Ökoregionen Alpen und Alpenvorland, zentrale Mittelgebirge und norddeutsches Tiefland differenziert betrachtet.
Die Seen der norddeutschen Tiefebene sind durch wärmere Zuflüsse geprägt. Das Spektrum reicht von eiszeitgeprägten Seen mit Tiefen bis zu 70 Metern wie im Falle des Stechlinsees über polymiktische Seen wie den Großen Müggelsee, die aufgrund ihrer verhältnismäßig geringen Wassertiefe keine länger anhaltenden thermischen Schichtungsphasen aufweisen, bis hin zu sehr flachen Flussseen wie der Unteren Havel oder dem Großen Wannsee. Bei Letzteren handelt es sich um seenartige, überwiegend langgestreckte Erweiterungen von Flüssen. Aufgrund ihrer Spezifika werden sie im Indikator separat dargestellt. Da es im Bereich der zentralen Mittelgebirge nur wenige größere natürliche Seen gibt, werden – um diese Region ebenfalls abbilden zu können – auch Talsperren einbezogen. Es werden allerdings nur Talsperren berücksichtigt, bei denen keine betriebsbedingten Wasserentnahmen aus den oberen Wasserschichten, aus denen die Temperaturdaten stammen, stattfinden. Die Seen im Bereich der Alpen (wie der Königsee) und des Alpenvorlands (wie Ammersee, Chiemsee, Schliersee, Starnberger See, Tegernsee und Bodensee) sind sämtlich geschichtete Seen mit überwiegend großen Einzugsbieten und in der Regel auch großer Wassertiefe. Sie werden deutlich überwiegend aus Bächen und kleineren Flüssen gespeist, die in den Alpen entspringen und vergleichsweise kalt sind.

Die Temperaturniveaus der Seentypen sind unterschiedlich. Während die Flussseen in den zehn Jahren vor den Extremjahren 2018 bis 2020 im Mittel der Saison von April bis Oktober Temperaturen von rund 17,7 °C erreichten, waren es bei den Seen der norddeutschen Tiefebene (die Flussseen ausgenommen) um die 16,5 °C. Die Talsperren in den Mittelgebirgen und die Seen des Alpenvorlands erreichten durchschnittlich um die 16 °C, beim Königsee, dem kältesten aller betrachteten Seen, waren es nur knapp 13 °C. Aufgrund der unterschiedlichen Temperaturniveaus der Seen (auch innerhalb der Regionen) sind keine einfachen Mittelwertbildungen absoluter Temperaturdaten zwischen den Seen sinnvoll. Der Indikator basiert daher – wie der Indikator zum Wasserstand – auf indexierten Werten: Für jeden See werden die Abweichungen vom Indexjahr 2014, dessen Temperaturwert auf „0“ gesetzt wird, ermittelt. Die Werte dieser Abweichungen werden dann über alle Seen gemittelt. Das Jahr 2014 ist das am weitesten zurückliegende Jahr, für das von allen Seen Daten zur Verfügung stehen.
Die für die Indikatordarstellung verwendeten Daten stammen aus Messungen im obersten Epilimnion, das heißt aus einer Wassertiefe von bis zu 50 cm Tiefe. Diese Schicht ist in der Regel gut durchmischt und reagiert vergleichsweise unmittelbar auf Veränderungen der Lufttemperatur. Die Entwicklung der Wassertemperaturen im tiefer gelegenen Hypolimnion ist hingegen in Abhängigkeit vom Schichtungsmuster der einzelnen Seen sehr unterschiedlich, und die Zusammenhänge mit dem ⁠Klimawandel⁠ sind deutlich komplexer.
Die Wassertemperaturen aller betrachteten Seen in den drei Regionen sind in den jeweiligen Betrachtungszeiträumen signifikant gestiegen. Jahre mit überdurchschnittlich hohen Lufttemperaturen wie die Jahre 2003, 2018 und 2019 schlagen sich ebenfalls in allen Regionen deutlich nieder. Zu berücksichtigen ist, dass vor allem längere Hitzewellen die Wassertemperaturen anheben. So wirken sich wenige Stunden am Tag mit großer Hitze von über 30 °C weniger stark auf die Temperatur des Wasserkörpers aus als beispielsweise dauerhaft milde Nachttemperaturen von über 20 °C. Außerdem spielt die Intensität der Durchmischung der oberen Wasserschichten eine Rolle: Hohe Temperaturen mit viel Wind sorgen insgesamt für eine stärkere Erwärmung als Hitze bei Windstille.

 

Schnittstellen

WW-I-7 Wasserstand von Seen

WW-I-9 Frühjahrsalgenblüte in Seen

GE-I-6 Cyanobakterienbelastung von Badegewässern

 

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