GE-I-5: Cyanobakterienbelastung von Badegewässern – Fallstudie

Quelle: DAS-Monitoringbericht 2019

Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Witterungsabhängig kann es an Badegewässern in der Badesaison zu gesundheitlichen Risiken durch erhöhte Konzentrationen von Cyanobakterien kommen. Die Erhebungen am Berliner Müggelsee zeigen, dass es aufgrund stark reduzierter Nährstoffeinträge ab Ende der 1980er zu einem deutlichen Rückgang der Belastungen gekommen ist.
Die Linien-Grafik stellt seit 1979 das durchschnittliche Biovolumen der Cyanobakterien (Juli bis September) und den Gesamtphosphorgehalt (Juli bis September) dar. Das Biovolumen nimmt mit starken Schwankungen zwischen den Jahren signifikant ab. Der Gesamtphosphorgehalt nimmt mit einem quadratischen Trend ebenfalls mit starken Schwankungen ab.
Wenn in Zukunft die Temperaturen im Sommer ansteigen, wird das Bedürfnis der Menschen nach einem kühlenden Bad in Seen und Flüssen sowie im Meer zunehmen. Gleichzeitig kann der Klimawandel aber die Qualität von Badegewässern nachteilig beeinflussen. Ein im Zusammenhang mit dem Klimawandel viel diskutiertes Gesundheitsrisiko ist die Belastung von Badegewässern mit Cyanobakterien, landläufig auch als Blaualgen bezeichnet.
Zu erhöhten Konzentrationen von Cyanobakterien kommt es vor allem in Gewässern, die reich an Pflanzennährstoffen, vor allem an Gesamtphosphor, sind. In noch mäßig mit Nährstoffen belasteten Gewässern müssen Cyanobakterien sowohl mit höheren Wasserpflanzen als auch mit anderem Phytoplankton um die verfügbaren Nährstoffe konkurrieren, und kommen dadurch selten zur Dominanz. Bei starker Nährstoffbelastung kommt es jedoch oft zur Massenvermehrung von Cyanobakterien, den sogenannten „Wasserblüten“. Begünstigt werden diese zudem durch eine stabile thermische Schichtung des Gewässers, die vor allem bei hohen Temperaturen und stabilen Wetterlagen entsteht. Eine stabile Schichtung bedingt auch, dass manche Cyanobakterien an der Oberfläche aufrahmen und es somit lokal zu einer weiteren Anhäufung von Cyanobakterien kommen kann. Aufgrund der Verstärkung der Blaualgenblüten durch Witterungsbedingungen wird ein Zusammenhang zwischen dem Klimawandel, der Wassererwärmung und gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Cyanobakterien diskutiert.
Durch Baden in stark blaualgenhaltigem Wasser treten – Beobachtungen zufolge – vermehrt Symptome wie Haut und Schleimhautreizungen und allergische Reaktionen, aber auch Magen-Darm- und Atemwegserkrankungen auf. Ob diese letztendlich durch die cyanobakteriellen toxischen Inhaltsstoffe (Cyanotoxine) oder Begleitbakterien verursacht sind, ist noch nicht geklärt. Bei der Aufnahme größerer Mengen von Cyanotoxinen kann es zu schwerwiegenden Schädigungen an Leber, Nieren und Nerven kommen. Besonders gefährdet sind Kleinkinder und Kinder im Grundschulalter, die beim Krabbeln oder Toben im Flachwasserbereich unbeabsichtigt auch größere Wassermengen schlucken können, oder ungeübtere
Wassersportler, die beim Surfen und Wasserskifahren mit Cyanobakterien belastetes Wasser nicht nur verschlucken, sondern auch über die Atmung aufnehmen. Ist das Wasser deutlich sichtbar durch Cyanobakterien getrübt oder bilden sich gar Schlieren an der Wasseroberfläche, wird vom Baden abgeraten. Dies gilt auch für Hunde.
Beobachtungen haben gezeigt, dass die Zusammenhänge bei der Entwicklung von Cyanobakterienbelastungen komplex und Verallgemeinerungen außerordentlich schwierig sind. Je nach Nährstoffverfügbarkeit, Größe, Tiefe, Windexposition und Nutzung kann die Entwicklung im jeweiligen Gewässer sehr unterschiedlich verlaufen. Um bundesweit repräsentative Aussagen treffen zu können, müssten mehrere Badegewässer in die Betrachtung einbezogen werden. Allerdings sind die Untersuchungen an Gewässern zum Blaualgenvorkommen derzeit noch sehr unterschiedlich. Aussagen, ob es in Deutschland in den vergangenen Jahren generell an den Badegewässern zu einer vermehrten Blaualgenbelastung gekommen ist, sind mit den zurzeit verfügbaren Daten nicht möglich.
Exemplarisch lässt sich die Entwicklung der letzten knapp vierzig Jahre anhand von Daten zum Großen Müggelsee aufzeigen. Der größte der Berliner Seen hat vor allem für die östlichen Stadtteile einen hohen Freizeit- und Erholungswert. Seit den 1980er Jahren ist die Biomasse von Blaualgen zurückgegangen. Der starke Rückgang Ende der 1980er bis Anfang der 1990er Jahre ist vor allem Folge der verminderten Nährstoffeinträge über die Spree nach der politischen Wende 1989. Seit Mitte der 1990er Jahre zeichneten sich dann allerdings weder bei der Phosphorbelastung noch der Blaualgen-Biomasse klare Trends ab. Dies liegt zum einen daran, dass die Phosphorbelastung noch immer die kritische Grenze überschreitet, ab der sich Blaualgenblüten ausbilden können. Zum anderen kommt es im Zuge der Erwärmung immer wieder zu länger andauernden und stabileren Schichtungen des Wasserkörpers. Diese fördern in besonderer Weise die Entwicklung der Cyanobakterien, die in diesen Phasen dann auch sehr hohe Anteile an der gesamten Phytoplanktonbiomasse erreichen können.
Die teilweise starken Schwankungen der Cyanobakterienbelastung zwischen den Jahren sind im Wesentlichen auf die unterschiedliche Ausprägung der Schichtungsereignisse in den jeweiligen Jahren zurückzuführen. So war beispielsweise im Hitzesommer 2003 die sommerliche Schichtung deutlich weniger stabil als 2006, einem Jahr in dem eine vergleichsweise hohe Cyanobakterienbiomasse und ein Anteil der Cyanobakterien von fast 80 % an der Phytoplanktonbiomasse messbar waren. Häufiger auftretende längere und stabilere Schichtungen können künftig die positiven Auswirkungen verminderter Nährstoffeinträge auf die Cyanobakterienbelastung konterkarieren, solange die Nährstoffkonzentration im Gewässer nicht in Bereichen liegt, die das Cyanobakterienwachstum deutlich limitieren (< 30 μg Gesamtphosphat pro Liter).
Bei Massenvermehrung von Cyanobakterien und einer Gefährdung der Gesundheit unverzüglich angemessene Bewirtschaftungsmaßnahmen zur Vermeidung einer Exposition gegenüber dieser Gefahr und Information der Öffentlichkeit (EU-Badegewässerrichtlinie, Art. 8)