RO-R-2: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Grundwasser / Trinkwasser
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Angesichts häufiger auftretender Trockenjahre wird die raumordnerische Sicherung der Ressource Wasser, die bereits heute in vielen Planungsregionen praktiziert wird, zusehends wichtiger. In den vergangenen Jahren konnte durch Neuausweisungen zumindest der zu Beginn der 2010er-Jahre zu verzeichnende Flächenrückgang wieder ausgeglichen werden.
Bislang konnte in Deutschland, abgesehen von regional begrenzten Wassermangelgebieten mit geringen nutzbaren Grundwasservorkommen, davon ausgegangen werden, dass Wasser jederzeit in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Inzwischen erfordert die Ressource Wasser jedoch auch hierzulande eine erhöhte Aufmerksamkeit. Grund hierfür ist, dass die Grundwasserneubildungsrate rückläufig und insbesondere in Dürrejahren wie 2018, 2019 und 2020 sehr gering ist (siehe Indikator WW-I-2). Eine mengenmäßig ausreichende Grundwasserneubildung ist aber eine wesentliche Voraussetzung für die Trinkwasserversorgung in Deutschland, die sich zu fast drei Vierteln aus Grundwasser speist. Zudem beeinflussen die sich ändernden Niederschlags- und Temperaturverhältnisse auch die Menge und Qualität der zur Trinkwassergewinnung genutzten Oberflächengewässer (siehe Indikatoren WW-I-3 und WW-I-7).
Mit dem fortschreitenden Klimawandel kann sich diese Problematik vor allem in den Regionen Deutschlands weiter zuspitzen, in denen die klimatische Wasserbilanz bereits heute ungünstig ist. Zunehmende Wasserknappheit und häufigere Dürren können regional zu Konflikten um die Nutzung vor allem von oberflächennahen Wasserressourcen, aber auch von Grundwasserreserven führen.
Landes- und Regionalplanung können Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den Trinkwasser- und Grundwasserschutz ausweisen, um Wasserressourcen planerisch zu sichern, zwischen unterschiedlichen Nutzungsansprüchen zu moderieren und Konflikte zu vermeiden oder abzuschwächen. Rund 80 % der Planungsregionen machen von dieser Möglichkeit Gebrauch. Der hohe Anteil der ausweisenden Planungsregionen macht deutlich, dass die raumordnerischen Instrumente nicht nur in Planungsregionen genutzt werden, die tendenziell von einem Wassermangel betroffen sind. Vielmehr kommt dem Schutz und der Sicherung der Wasserressourcen auch in wasserreichen Gebieten eine hohe Bedeutung zu, auch weil deren Wasservorräte in Teilen für die Versorgung der wasserarmen Gebiete mit in Anspruch genommen werden.
In welchem Umfang in den einzelnen Planungsregionen die verschiedenen Gebietskategorien zum Schutz von Grund- und Trinkwasser zur Anwendung gelangen, hängt neben einer unterschiedlichen Planungspraxis vor allem von der jeweiligen naturräumlichen Ausstattung der Regionen ab, beispielsweise von der Bodenbeschaffenheit und den geologischen Ausgangsbedingungen oder der Naturnähe und Nutzungsintensität. Deutschlandweit waren 2021 über 41.500 km² Fläche als Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete für den Trinkwasser- und Grundwasserschutz ausgewiesen, das sind mehr als 10 % des Bundesgebiets. Auch wenn die Flächenausdehnung allein keine Rückschlüsse erlaubt, ob Gebiete in angemessenem Umfang und angemessener Qualität ausgewiesen sind, zeigt dieser Anteil die hohe Bedeutung, die dem Schutz der Wasserressourcen durch die Raumordnung beigemessen wird.
Regionalpläne werden in der Regel alle 10 bis 15 Jahre neu aufgestellt oder fortgeschrieben. Die Planungsregionen können dabei die Festlegungen in den Plänen aktualisieren, wodurch es zu Veränderungen der Flächenausweisungen kommen kann. Zudem können die Pläne auch an eine veränderte Rechtslage oder eine geänderte Rechtsprechung angepasst werden. Die bundesweit für den Schutz der Wasserressourcen raumordnerisch ausgewiesene Fläche hat nach 2010 zunächst abgenommen. Beginnend mit dem Jahr 2017 hat sich diese Entwicklung gedreht und die ausgewiesene Fläche steigt wieder an. Beispielsweise wurde mit der großflächigen Neuausweisung von Vorranggebieten für den Grund- und Trinkwasserschutz in dem 2020 in Kraft getretenen Regionalplan der sächsischen Planungsregion Oberes Elbtal-Osterzgebirge zuletzt der Ausgangsstand des Jahres 2009 wieder erreicht.
In den kommenden Jahren wird der Schutz der Ressource Wasser durch den Klimawandel weiter an Bedeutung gewinnen. Auch vor diesem Hintergrund hat das Bundeskabinett im März 2023 die Nationale Wasserstrategie beschlossen. Die Strategie möchte bis zur Mitte des Jahrhunderts einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser für Mensch und Umwelt verwirklichen, den naturnahen Wasserhaushalt schützen und wiederherstellen sowie die Wasserinfrastrukturen klimaangepasst weiterentwickeln. Unter anderem wird dafür angestrebt, in Zusammenarbeit von Wasserwirtschaft und Raumordnung Flächen für die Grundwasserneubildung und die Trinkwassergewinnung planerisch zu sichern, zum Beispiel durch die Festlegung von Vorranggebieten für zukünftige Wassergewinnungsgebiete in Regionalplänen.221
Neben der Möglichkeit, Vorranggebiete für die zukünftige Wasserversorgung festzulegen, beispielsweise zu Sicherung künftiger Wasserschutzgebiete, soll dabei auch die Sicherung von Flächen für die Grundwasserneubildung in den Blick genommen werden. Insbesondere mit dem letztgenannten Zweck sind auch Anforderungen an die konkrete Bodenbedeckung verbunden, da die gesicherten Flächen eine gute Versickerung von Wasser in den Boden ermöglichen müssen. Bislang hat die Raumordnung hierfür nur eingeschränkte Möglichkeiten, beispielsweise die bislang nur selten eingesetzte Ausweisung von Vorranggebieten für Waldmehrung. Angesichts der zunehmend auftretenden Trockenheit kann die Sicherung und Förderung der Grundwasserneubildung eine wichtige, weiter auszubauende Aufgabe für die Raumordnung sein.
221 - BMUV – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz 2023: Nationale Wasserstrategie. Berlin, 119 S. https://www.bmuv.de/wasserstrategie