Investment-Strategien bei nachhaltigen Geldanlagen

Der Bereich von Sustainable Finance, mit dem Privatanleger*innen vermutlich am ehesten in Kontakt kommen, sind nachhaltige Geldanlagen – also Investment-Strategien, die explizit Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. Doch welche Typen von nachhaltigen Geldanlagen gibt es eigentlich am Markt und was zeichnet diese typischerweise aus?

Inhaltsverzeichnis

 

Was ist nachhaltiges Investieren?

Nach einer Definition des Forums für Nachhaltige Geldanlagen zeichnen sich nachhaltige Geldanlagen „dadurch aus, dass Finanzanbieter in ihren explizit als nachhaltig bezeichneten Anlageprodukten oder Anlagevehikeln diejenigen ökologischen, sozialen und Governance-Kriterien (ESG-Ansatz) verbindlich in ihren Anlagebedingungen und Verkaufsprospekten ausweisen, die sie in ihren Anlagestrategien und Investmentprozessen zum Tragen kommen lassen“.

Nachhaltiges Investieren lässt sich grob in zwei Oberbegriffe aufteilen: Zum einen kann dies einen vermeidenden Aspekt betonen und zum anderen können fördernde Aspekte im Mittelpunkt stehen.

Bei der Betonung des fördernden Aspekts werden meist sogenannte Positivkriterien entwickelt, die vorgeben welche Titel oder andere Anlagen bevorzugt in beispielsweise ein Portfolio aufgenommen werden sollen. Diese Kriterien können sich auf ganze Anlageklassen, wie Anleihen, auf Branchen, zum Beispiel Unternehmen aus dem Energie-Sektor, oder auf einzelne Wertpapieremittenten beziehen. Hierbei steht das Erreichen eines bestimmten Nachhaltigkeitsziels im Mittelpunkt, etwa den Zustand der Umwelt mit der Investition zu verbessern. Beim vermeidenden Aspekt wird umgekehrt vorgegangen und gefragt, in welche Praktiken und/oder Branchen nicht investiert werden soll und somit die Investition in umweltschädliche Projekte und Unternehmen vermieden.

Für die Umsetzung einer nachhaltigen Kapitalanlage stehen unterschiedliche Herangehensweisen zur Verfügung. Diese bilden die Anlagestrategien.

 

Passive Strategien zum nachhaltigen Investieren

Als erstes sind passive Ansätze zu nennen, bei denen auf der Grundlage vordefinierter Kriterien ein investierbares Universum bestimmt wird. Dieses Universum bestimmt Unternehmen und Werte, in die nicht investiert wird. Aus dem investierbaren Universum erfolgt anschließend die Zusammenstellung des Anlageportfolios. Passive Investoren sind „Zuschauende“ bei den investierten Objekten, mischen sich also nicht aktiv in die Geschäftstätigkeiten ein. Der passive Investor ändert sein Anlageportfolio nur, wenn er die selbst ausgewählten Kriterien ändert oder die investierten Unternehmen die Ziele nicht (mehr) erreichen. Er übt aber keinen direkten Einfluss auf die Unternehmenspolitik aus. Hierbei sind mehrere Methoden zur Umsetzung eines passiven Ansatzes denkbar.

 

Negatives Screening anhand von Ausschlusskriterien

Wie der Name schon sagt und oben angedeutet ist, werden bei diesem Ansatz bestimmte Investments oder Investmentklassen, wie Unternehmen, Branchen oder Länder vom Investment-Universum ausgeschlossen, wenn diese gegen spezifische Kriterien verstoßen. Die Kriterien orientieren sich an den Überbegriffen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) und reichen dabei vom Ausschluss von Unternehmen, die Waffen produzieren und vertreiben, über Unternehmen, die in Umweltverschmutzung involviert sind, bis hin zu Unternehmen, denen Menschenrechts- oder Arbeitsrechtsverletzungen bei ihren Aktivitäten oder in der Lieferkette vorgeworfen oder nachgewiesen wird.

Als Normbasiertes Screening wird dabei eine Überprüfung von Investments nach ihrer Konformität mit bestimmten internationalen Standards und Normen bezeichnet. Typischerweise werden der ⁠UN⁠ Global Compact, die ⁠OECD⁠-Leitsätze für multinationale Unternehmen oder die ILO-Kernarbeitsnormen verwendet. Das Wertbasierte Screening dagegen schaut auf die Erfüllung nicht-standardisierter Kriterien. Nicht-standardisiert bedeutet in diesem Kontext, dass Investoren individuelle Selektionskriterien – beispielsweise an religiösen Werten – orientieren, die unabhängig von normierten Kenngrößen sein können.

Der Ansatz ist unter nachhaltigen Investoren und Anbietern von nachhaltigen Geldanlagen weit verbreitet und wird häufig mit anderen Ansätzen kombiniert. Der Ansatz folgt einer vermeidenden Strategie, die noch kein bestimmtes Nachhaltigkeitsziel fördern will. In der DACH-Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) ist der Ansatz derjenige, der nach Angaben des FNG-Marktberichtes 2021 die weiteste Verbreitung nach Volumen angelegter Gelder besitzt. Über 92 Prozent aller nachhaltigen Fonds und Mandate in Deutschland nutzen eine Kombination aus Ausschlusskriterien und normbasiertem Screening.

Die Nutzung von Ausschlusskriterien hat direkte Auswirkungen auf die Größe des möglichen Anlageuniversums, das investierbar bleibt. Wie groß die selektive Wirkung ist, hängt folglich von der Anzahl der aktivierten Ausschlusskriterien, sowie von der Art der gewählten Ausschlusskriterien und dessen Operationalisierung ab. Diese erfolgt bei vielen Geschäftsfeldern in der Regel durch die Definition von Umsatzgrenzen. Beispielsweise soll nicht in Unternehmen investiert werden, die mehr als 10 Prozent ihres Umsatzes mit dem Verkauf von fossilen Brennstoffen erwirtschaften.

 

Positive Screening-Ansätze unter Nutzung von Mindestanforderungen

Im Rahmen des Positiven Screenings werden Anforderungen für nachhaltige Investitionsmöglichkeiten eines Unternehmens formuliert. Allgemein anerkannte Konventionen dienen häufig als Orientierungshilfe. Alternativ zu der Festlegung bestimmter Kriterien können auch Branchen bestimmt werden, in die investiert werden soll. So entsteht ein Set an Mindestanforderungen, die Investitionsobjekte erfüllen müssen, um ins investierbare Universum aufgenommen werden zu können.

Beim Best-in-Class-Ansatz wählt der Investor jeweils die nachhaltigsten Investitionsmöglichkeiten innerhalb eines Bereichs, einer Branche, Kategorie oder Klasse aus. Damit soll bezweckt werden, dass nachhaltige Aktivitäten von Unternehmen relativ gegenüber weniger nachhaltigen Unternehmen bevorteilt werden. Ferner besteht für Anleger*innen das geringste Nachhaltigkeitsrisiko einer Branche.

Der Vorteil besteht darin, dass weiterhin eine sehr große Streuung des Anlageportfolios möglich ist, was nicht zuletzt für langfristige Anlagen von Bedeutung ist. Ein Kritikpunkt an dem Ansatz lautet immer wieder, dass keine Branche per se ausgeschlossen wird. Viele Anleger*innen sehen dies kritisch, da der relative Ansatz nichts über die ⁠Nachhaltigkeit⁠ und damit auch die Zukunftsfähigkeit der Branche aussagt. Dabei ist anzumerken, dass bei aktiv gemanagten Fonds häufig der Best-In-Class-Ansatz mit Ausschlusskriterien kombiniert wird. Ferner ist noch zu bemerken, dass der relative Ansatz künftig angepasst werden muss, da durch die EU-Taxonomie und andere Regulierungen in diesem Bereich legal definiert wird, was unter „nachhaltig“ zu verstehen sein wird.

Beim Best-of-Class-Ansatz werden zunächst Ausschlusskriterien auf das Anlageuniversum angewendet, um kontroverse Anlagemöglichkeiten, wie die Bereitstellung fossiler Energie, grundsätzlich auszuschließen. Anschließend werden Positivkriterien formuliert, anhand derer aus den verbliebenen Anlagen jene selektiert werden, die die gestellten Nachhaltigkeitsanforderungen bestmöglich erfüllen. Der Best-of-Class-Ansatz ist somit eine Mischform des Positiven und Negativen Screenings.

 

Best-in-Progress

Bei dieser Weiterentwicklung des Best-in-Class-Ansatzes werden die Wertpapiere ausgewählt, die in den vergangenen Jahren die relativ größten Fortschritte im Umgang mit Nachhaltigkeitsaspekten gemacht haben. Dies können auch Unternehmen sein, die bisher noch eine schlechte Performance aufweisen, wenn sie gute Fortschritte zeigen. Der Best-in-Progress-Ansatz gewinnt seine Attraktivität aus der These, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Qualität des Nachhaltigkeitsmanagements und dem finanziellen Erfolg der Unternehmen zu vermuten ist.

 

Impact Investment

Als Impact Investments werden Investitionen bezeichnet, die neben der Erzielung von monetären Erträgen, das Erreichen einer messbaren ökologischen und/oder sozialen Wirkung zum Ziel haben. Die Forderung der Messbarkeit der erzielten Wirkung ist ein kennzeichnendes Merkmal von Impact Investments.

 

Themenfonds

Bei Themenfonds werden Investitionen in Themenfelder oder Assets vorgenommen, die mit der Förderung von ⁠Nachhaltigkeit⁠ zusammenhängen. Häufig wird themenspezifische investiert, zum Beispiel in Wasser, erneuerbare Energien oder nachhaltigen Transport. Hierbei werden häufig fehlende Diversifikationsmöglichkeiten kritisiert.

 

ESG-Integration

Die ESG-Integration meint die explizite Einbeziehung von ESG-Kriterien und -Risiken in die Wertpapieranalyse. Die Auswahl der in einem Portfolio enthaltenen Titel erfolgt also unter Berücksichtigung von quantitativen und qualitativen ESG-Kriterien.

Diesem Vorgehen liegt die Annahme zugrunde, dass sich entsprechende Faktoren, etwa der ⁠Klimawandel⁠ und die internationale Klimapolitik zu seiner Bekämpfung, auch auf die wirtschaftliche Entwicklung der Emittenten und damit deren Ertrag und/oder Bonität auswirken. Die ESG-Integration ist nach Angaben des FNG im deutschsprachigen Raum nach der Anwendung von Ausschlusskriterien die am weitesten verbreitete nachhaltige Anlagestrategie.

 

Aktive Ansätze nachhaltigen Investierens

Außerdem sind aktive Ansätze zu nennen. Durch diese versuchen Investoren, Einfluss auf die Geschäftstätigkeiten der Unternehmen zu nehmen, indem sie beispielsweise ihre Aktionärsrechte nutzen. So soll die Nachhaltigkeitsperformance der Unternehmen positiv beeinflusst werden. Aktiv Investierende „schauen nicht nur zu“ und passen ihre Portfolien an, sondern versuchen aktiv, die Investitionsobjekte zu beeinflussen.

 

Engagement und Stimmrechtsausübung

Beim Engagement sucht der Anteilseigner den aktiven und langfristigen Austausch mit einem Unternehmen, um die Unternehmensführung für eine stärkere Berücksichtigung von sozialen, ethischen, und ökologischen Kriterien zu sensibilisieren (voice). Außerdem kann er auch Stimmrechtsausübungen auf Hauptversammlungen und Aktionärsanträge im Sinne von bestimmten Nachhaltigkeitsaspekten, die dem Anteilseigner wichtig sind, beinhalten (vote). Dies geht auch teilweise mit einer gesteigerten Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und anderen Stakeholdern einher, womit sich der direkte Einfluss noch vergrößern kann. Engagement ist eine aufwendige und langwierige Umsetzungsstrategie, da ein aktiver Austausch mit dem Unternehmen stattfindet.

In den letzten Jahren konnte am Markt beobachtet werden, wie passive Anlageinstrumente, also beispielsweise Exchange Traded Funds (ETFs), einen deutlichen Aufschwung erlebten. Diese Entwicklung war auch im Bereich nachhaltige Geldanlagen zu beobachten, wo nachhaltige ETFs stark vertrieben wurden. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: günstigere Konditionen für Anleger, da die Gebühren in der Regel niedriger sind sowie die Partizipation an der Entwicklung von großen Indizes und damit geringere Ausfallrisiken.

Zieht man die oben genannten differenzierten Aspekte einer Anlagestrategie in Betracht, stellt sich jedoch auch die Frage, ob die Erwartungen an eine nachhaltige Geldanlage durch ETFs wirklich erfüllt werden können. So ist die Transparenz und auch die externe Kontrolle, ob Kriterien wirklich eingehalten werden, bei aktiv gemangten Fonds oft höher. Teilweise werden in ETFs nach einem Best-In-Class-Prinzip Unternehmen nicht ausgewählt oder eben ausgeschlossen, sondern Titel, die schwach abschneiden gegebenenfalls nur niedriger gewichtet. Beim Engagement haben aktiv gemanagte Fonds es den passiven voraus, dass ohnehin regelmäßige Anpassungen des Anlageportfolios durchgeführt werden. Das Potenzial, investierte Objekte zu mehr Nachhaltigkeitsanstrengungen motivieren zu können, ist vor diesem Hintergrund größer.

Der Artikel Greenwashing analysiert näher, was passiert, wenn als nachhaltig beworbene Finanzprodukte die Nachhaltigkeitsstrategien nur unzureichend umsetzen oder nicht gemäß den allgemeinen Vorstellungen von ⁠Nachhaltigkeit⁠ entsprechend umgesetzt werden.

Teile dieses Artikels wurden dem noch unveröffentlichten ⁠UBA⁠ Forschungsbericht „Nachfrage nach grünen Finanzprodukten“ entnommen.

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