WW-I-5: Wassertemperatur stehender Gewässer – Fallstudie

Das Bild lenkt den Blick vom Ufer eines Sees zwischen großen Bäumen hinaus auf die Wasserfläche. Am Hintergrund steht die Sonne knapp über dem Horizont.zum Vergrößern anklicken
Steigende Wassertemperaturen in Seen haben grundlegende Auswirkungen auf die Gewässerökosysteme.
Quelle: Maurice Tricatelle / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

WW-I-5: Wassertemperatur stehender Gewässer – Fallstudie

Die Wassertemperaturen sind in den jeweiligen Betrachtungszeiträumen signifikant angestiegen. Dies gilt sowohl für die ganzjährige Mitteltemperatur als auch das Mittel der Saison von März bis Oktober. Die Temperaturerhöhung betrifft sowohl die Seen der Alpen und des Alpenvorlands (Bodensee) und der Mittelgebirge (Saidenbachtalsperre) als auch die unterschiedliche Seentypen des Norddeutschen Tieflands (Großer Müggelsee, Dahme und Stechlinsee).

Die Linien-Grafik zeigt die Entwicklung des Mittels der Monatsmitteltemperaturen der Saison von März bis Oktober von 1971 für den Bodensee, die Saidenbachtalsperre, den Großen Müggelsee, den Stechlinsee und die Dahme. Alle Zeitreihen zeigen mit deutlichen Schwankungen zwischen den Jahren einen signifikant steigenden Trend.
WW-I-5: Wassertemperatur stehender Gewässer – Fallstudie

Die Linien-Grafik zeigt die Entwicklung des Mittels der Monatsmitteltemperaturen der Saison von März bis Oktober von 1971 für den Bodensee, die Saidenbachtalsperre, den Großen Müggelsee, den Stechlinsee und die Dahme. Alle Zeitreihen zeigen mit deutlichen Schwankungen zwischen den Jahren einen signifikant steigenden Trend.

Quelle: LUBW/ISF (Bodensee) TU Dresden/Ökolog. STation Neuzehnhain LTV (SaidenbachTS) IGB (Müggelsee
 

Klarer Trend zu höheren Wassertemperaturen in Seen

Die Wassertemperatur ist eine der zentralen Einflussgrößen auf die in Seen ablaufenden Prozesse und damit zugleich ein wichtiger Faktor, der die Rahmenbedingungen für die Nutzung der Seen, für ihre Lebensgemeinschaften und das wasserwirtschaftliche Management der Seen bestimmt. Die Wassertemperatur ist wiederum direkt abhängig von der Lufttemperatur und deren tages- und jahreszeitlichem Verlauf. Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, von unmittelbaren Auswirkungen des Klimawandels auf die Wassertemperatur und die Ökosysteme stehender Gewässer auszugehen.

Viele in den Gewässern vorkommende Lebewesen sind an spezifische Temperaturverhältnisse angepasst. Bereits geringfügige Veränderungen können daher Verschiebungen der Artenzusammensetzung in stehenden Gewässern nach sich ziehen. Dabei können ursprünglich vorkommenden Arten von Organismen von anderen Arten verdrängt werden. Dabei kann es sich insbesondere um nicht heimische Arten handeln, die von den höheren Temperaturen profitieren. Außerdem kann es zu Veränderungen im jahreszeitlichen Entwicklungszyklus von Lebewesen kommen.

Die Temperatur und der Wärmehaushalt eines Gewässers steuern grundlegende physikalische, biologische und chemische Prozesse. So nimmt die Reaktionsgeschwindigkeit viele chemischer und biochemischer Prozesse bei einer Temperaturerhöhung zu; Stoffe wie beispielsweise natürliche Salze lösen sich in wärmerem Wasser leichter, Gase wie Sauerstoff hingegen schwerer. Manche Organismen kommen auch mit geringen Sauerstoffgehalten oder hohen Salzkonzentrationen zurecht, wohingegen andere auf einen sehr guten Gewässerzustand angewiesen sind. Auch diese durch die Temperaturerhöhung ausgelösten stofflichen Veränderungen haben einen erheblichen Einfluss auf Pflanzen und Tiere in den Gewässern.

Beobachtbare Veränderungen der Artenzusammensetzung auf den ⁠Klimawandel⁠ zurückzuführen, ist schwierig, da zahlreiche Einflussfaktoren vor allem der Nutzung der Gewässer und ihrer Randbereiche zusammenwirken. Möglich ist es daher aus derzeitiger Sicht nur, aus sich verändernden Temperaturverhältnissen wahrscheinliche Einflüsse auf die Artenzusammensetzung in den Seen abzuleiten. Unsicherheiten gelten ebenso für die Auswirkungen des Klimawandels auf die Nutzungsmöglichkeiten der Seen und die wasserwirtschaftlichen Herausforderungen. Hier sind zahlreiche andere Einflussfaktoren von erheblicher Bedeutung.57

Mit der Lage im Hochgebirge oder Tiefland verändern sich die Charakteristika der Gewässer. Unterschiede ergeben sich vor allem beim Kalkgehalt, dem Wasserdurchfluss und häufig auch der Gewässertiefe. Damit ist auch die Wassertemperatur stark von der geographischen Lage der jeweiligen Seen abhängig. Als wesentliche Größe, anhand derer sich klimawandelbedingte Veränderungen darstellen lassen, wird die Entwicklung der Wassertemperatur anhand repräsentativer Seen für unterschiedlicher Naturräume dargestellt.

Der Bodensee ist ein typischer See des Naturraums Alpen und Alpenvorland. Er bezieht sein Wasser zum größten Teil aus seinem alpinen ⁠Einzugsgebiet⁠ über die Zuflüsse des Alpenrheins und der Bregenzer Aach. Die sommerliche Wasserführung der Alpenflüsse bestimmt wesentlich auch die Temperatur des Sees. Der Bodensee ist der drittgrößte See Mitteleuropas und hat infolgedessen auch eine ausgeprägte Temperaturschichtung.

Die Saidenbachtalsperre ist repräsentativ für die Gruppe der geschichteten, calciumreichen Mittelgebirgsseen, die ein relativ großes Einzugsgebiet haben. Bei der Saidenbachtalsperre kann aufgrund ihres regelmäßigen Betriebs eine relevante anthropogene, d. h. betriebsbedingte Beeinflussung der Oberflächentemperatur ausgeschlossen werden kann, sodass sie sich grundsätzlich eignet, die klimawandelbedingten Temperaturänderungen abzubilden.

Die Seen der norddeutschen Tiefebene werden durch wärmere und calciumreiche Zuflüsse geprägt. Es gibt sehr flache Flussseen wie beispielsweise die Dahme, ein Nebenfluss der Spree, und viele polymiktische Seen wie der Große Müggelsee, die aufgrund ihrer verhältnismäßig geringen Wassertiefe keine länger anhaltenden thermischen Schichtungsphasen aufweisen. Ebenso gibt es aber auch eiszeitgeprägte Seen mit deutlich größerer Tiefe. Der Stechlinsee ist mit rund 70 Metern der tiefste See in Brandenburg. Er entwickelt daher während des Jahres stabile Schichtungen. Bei der Darstellung der Temperaturentwicklung wurde berücksichtigt, dass der Stechlinsee bis zum Jahr 1990 stark vom Kühlkreislauf des Kernkraftwerks Rheinsberg beeinflusst wurde. Die Temperaturkurve wurde um diesen Einfluss bereinigt.

Die Wassertemperaturen aller hier analysierten Seen sind in den jeweiligen Betrachtungszeiträumen signifikant gestiegen und zwar sowohl im ganzjährigen Mittel als auch im Mittel der Saison zwischen März und Oktober. Gegenüber dem Monitoringbericht 2015, in dem der ⁠Indikator⁠ basierend auf dem Mittel der beiden jeweils wärmsten Monate berechnet wurde, ergibt sich bei den Mitteltemperaturen ein sehr klarer Trend. Am Bodensee betrug der Anstieg in der Saison zwischen 1971 und 2017 beispielsweise rund zwei Grad, in der Saidenbachtalsperre zwischen 1977 und 2016 sogar drei Grad.

 

Schnittstellen

WW-I-6: Dauer der Stagnationsperiode in stehenden Gewässern

FI-I-2: Vorkommen wärmeliebender Arten in Binnengewässern

 

Ziele

Bewirtschaftungsziele für oberirdische Gewässer: guter ökologischer und chemischer Zustand / gutes ökologisches und chemisches Potenzial (WHG, § 27)

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