Hintergrund und Ziele
Hochwässer sind die am weitesten verbreitete Naturgefahr in Europa für Gebiete an Flüssen, Ästuaren und an den Küsten. Daten von Versicherungen belegen, dass die finanziellen Hochwasserschäden seit 1990 erheblich gestiegen sind. Im April 2007 haben das Europäische Parlament und der Rat deshalb die Europäische Richtlinie über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken (EG-Hochwasserrichtlinie) verabschiedet.
FLOODsite ist ein Forschungsvorhaben zur Unterstützung der Ziele dieser Richtlinie. Das Projekt beschäftigt sich mit den physischen, ökologischen und sozioökonomischen Aspekten von Hochwasser. Hochwasserrisiken werden durch Hochwasserentstehung, Überflutung und deren Konsequenzen für die betroffenen Menschen, Sachgüter und die Umwelt bestimmt. Hochwasserrisikomanagement ist ein Prozess, der Vorbeugung und Vorbereitung, das Katastrophenmanagement sowie die Nachsorge umfasst. Die Forschung im Projekt beinhaltet Aspekte zu Entscheidungshilfetechnologien, Unsicherheitsabschätzungen sowie Pilotanwendungen an Flüssen, Ästuaren und Küsten in den Ländern Belgien, der Tschechischen Republik, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Italien, den Niederlanden, Spanien und Großbritannien. Das Projekt fördert weiterhin aktiv die Verwertung der Forschungsergebnisse in der Praxis durch die Erstellung von Anleitungen für Fachleute, Informationen für die Öffentlichkeit sowie von Ausbildungsmaterialien.
Ziel des Projekts ist die Zusammenführung von Forschern und Praktikern aus Regierungen, Fachverwaltungen, Wirtschaftssektoren und Forschungsorganisationen zur Entwicklung eines integrierten Flut- und Hochwasserrisikomanagements. Dazu werden physikalische, umweltrelevante und ökologische sowie sozioökonomische Aspekte von Überflutungen durch Flüsse und Meere untersucht.
Es werden folgende Themenbereichen behandelt:
1. Risikoanalyse: Gefahrenquellen, Wirkungspfade und Vulnerabilität von Betroffenen;
2. Risikomanagement: Vorsorgemaßnahmen und Notfallmanagement;
3. technische Integration: Entscheidungsunterstützung und Unsicherheit;
4. Pilotanwendungen: für Flüsse, Ästuare und Küstengebiete;
5. Training und Wissensverbreitung: Richtlinien für professionelle Akteure, Informationen für die Öffentlichkeit und Lernmaterial;
6. Netzwerkbildung, Nachprüfung und Bewertung;
7. Koordination und Management.
Laufzeit
bisUntersuchungsregion/-raum
- Belgien
- Deutschland
- europaweit
- Großbritannien
- Italien
- Niederlande
- Rumänien
- Spanien
- Tschechien
- Ungarn
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Sachsen-Anhalt
- Schleswig-Holstein
- Erzgebirge, Thüringer und Bayrischer Wald
- Küste
- Südostdeutsche Becken und Hügel
Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel
Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben
Fokussierung auf die Eintrittswahrscheinlichkeit von Extremereignissen und auf die Effekte der Klimavariabilität. Dafür werden Analysen der Wahrscheinlichkeiten von klimatischen Extremen (asymptotische und multi-parametrische Verteilung, eingebundene langzeitige Trends) und statistische Techniken (klimatischen Langzeittrends, Unsicherheiten im meteorologischen "downscaling") durchgeführt. Es werden auch Szenarien sozioökonomischer Entwicklungen und des sozialen Wandels berücksichtigt.
- Flusshochwasser
- Veränderte Niederschlagsmuster
- Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten
- Sturm
Abflüsse, Tide, Wellenklima
- kurzfristig = die nächsten Jahre/Jahrzehnte
- mittelfristig = bis 2050
- langfristig = bis 2100 und darüber hinaus
Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)
Es werden alle relevanten heutigen Hochwasserwirkungen und -folgen betrachtet. Zu den ökonomischen Folgen gehören Gebäudeschäden, Materialschäden, Schäden an der Infrastruktur, Kosten für den Katastrophenschutz und Produktionsverluste. Sozial-kulturelle Folgen sind Todesopfer, Gesundheitswirkungen, Verteilungswirkungen und -konflikte sowie Verlust kultureller Güter. Ökologische Folgen sind z.B. die Auswirkung durch verschmutztes Überschwemmungswasser und Wirkungen auf ökologische Systeme durch Artenverlust. Die Folgen des Klimawandels werden für die hydro-meteorologischen Ursachen von Flutereignissen betrachtet.
Describe here, which approach for the vulnerability analysis, risks and/or chances is/was used within your project and which results emerged from it or are expected
Die Vulnerabilität eines Systems wird im Projekt durch das Schadenspotenzial beschrieben. Diese wird als Kombination aus Anfälligkeit bzw. Empfindlichkeit und Wert verstanden (also ohne gesellschaftliche Anpassungskapazität). Hochwasserrisiko (Hochwasserschaden pro Jahr) ist das Produkt aus Wahrscheinlichkeit (Überflutungswahrscheinlichkeiten in Prozent oder Jährlichkeiten) und Verwundbarkeit (kontextbezogene Schäden und Schadensanfälligkeit). Ziel der Verletzlichkeitsanalyse ist:
- Entwicklung abgestimmter Richtlinien für Europa zur sozioökonomischen Bewertung der wichtigsten Typen von Überflutungsschäden;
- Verbesserung von Methoden zur Modellierung und Abschätzung von Verlusten an Menschenleben, der Effektivität von Warnsystemen zur Vermeidung von Schäden und von Schadensabschätzungen im Falle heterogener Schadenskriterien;
- Verbesserung des Verständnisses über das Verhalten der Bevölkerung hinsichtlich Bereitschaft, Risikowahrnehmung, Anfälligkeit, soziale Resilienz und Akzeptanz gegenüber Flutereignissen.
Es werden sog. "Hot-Spots" identifiziert, für die vordringlich Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden müssen.
Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen
Ziel ist die Entwicklung eines integrierten Hochwasserrisikomanagements. Dazu ist ein Paradigmenwechsel in der Hochwasserschutzpolitik in Europa notwendig, der statt konkreter Hochwasserschutzvorgaben ein Management von Hochwasserrisiken in den Vordergrund stellt. Ein integriertes Management umfasst alle Komponenten der Hochwasserrisiken und berücksichtigt alle Politikebene, komplette Flusseinzugsgebiete, Vorsorge, Katastrophenmanagement, Nachsorge, ganzheitliche Risikobewertung sowie Wahrnehmung und Akzeptanz von Risiken in der Bevölkerung. So werden im Projekt Werkzeuge entwickelt, die eine bessere Informationsweitergabe an die Öffentlichkeit, an Lern- und Fortbildungseinrichtungen und an Experten ermöglichen, in dem ein integriertes Informationsmanagement, ein text- und webbasierter Wissenstransfer sowie eine persönliche Wissensweitergabe betrieben wird.
Eine Analyse von Risikowahrnehmung und lokalen Verarbeitungsstrategien (Wahrnehmungen, Bewertungen und Handlungen) der Bewohner gefährdeter und in jüngster Zeit durch ein starkes Hochwasser betroffener Gemeinden ist durchgeführt worden. Von Interesse waren insbesondere die Wechselbeziehungen von subjektiver Risikowahrnehmung und individuellen Vorsorgestrategien einerseits sowie der Bedeutung verschiedener sozialer Netzwerke während und nach einer Flut andererseits. In einem internationalen Vergleich zwischen Deutschland (Vereinigte Mulde), Italien (Adige/Etsch, Sarca und Tagliamento) und Großbritannien (Themse) wurde Wissen über angemessene, akzeptierte und mögliche Vorsorgestrategien aus Perspektive der Betroffenen generiert und diese mit der Sicht von Entscheidungsträgern gespiegelt.
Die empirische Untersuchung zeigte, dass eine beträchtliche Kluft zwischen der Darstellung des Hochwasserrisikos aus "Experten"-Sicht sowie ihren Forderungen nach einem integrierten Hochwasserrisikomanagement auf der einen Seite und den Sichtweisen der betroffenen Bevölkerung auf der anderen Seite zu konstatieren ist. Während "Experten" (Entscheidungsträger und auch Wissenschaftler) annehmen, dass die Öffentlichkeit am Hochwasserrisikomanagement teilnehmen sollte (und möchte), z.B. in Form von Vorsorgemaßnahmen oder der Aufnahme von Informationen aus Hochwassergefahrenkarten, ist einem Großteil der Bevölkerung diese Forderung nicht nur nicht bekannt, sie wird auch als ungebührend zurückgewiesen: Hochwasserschutz ist, so die vorherrschende Meinung, weiterhin eine öffentliche Aufgabe, und keine private. Das viel zitierte Paradigma "Hochwasserrisikomanagement" muss somit als große Herausforderung und eine Langzeitaufgabe betrachtet werden, deren Umsetzung mit Gesetzeswerken und Direktiven nicht zu bewerkstelligen ist. Es gilt, die Betroffenen zu beteiligen und ihre Akzeptanz für den Übergang vom Hochwasserschutz zum Hochwasserrisikomanagement zu gewinnen. Auf der Basis der Untersuchungsergebnisse zu den Themen Risikobewusstsein, individuelles Verhalten und soziale Verwundbarkeit wurden Praxisempfehlungen formuliert, die darlegen, welche impliziten Annahmen in dem somit notwendigen Dialog zu berücksichtigen sind und wie dieser Dialogprozess ausgestaltet werden könnte.
20, 50 und 100 Jahre
Es werden Landnutzungskonflikte in den Pilotstudien betrachtet.
Schritt 4: Maßnahmen planen und umsetzen
Es wird ein Leitfaden für die ökonomische Bewertung von Hochwasserrisiken entwickelt und eine Bewertung indirekter makro-ökonomischer Effekte durchgeführt. Die ökonomische Bewertung beinhaltet Gebäudeschäden, Materialschäden, Schäden an der Infrastruktur, Kosten für Katastrophenschutz und Produktionsverluste.
Wer war oder ist beteiligt?
6. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union, thematischen Priorität "Nachhaltige Entwicklung, globaler Wandel und Ökosysteme"
HR Wallingford Ltd (Großbritannien)
37 Partnerorganisationen aus 13 verschiedenen europäischen Ländern. Zusammenarbeit in Deutschland: Leichtweiss-Institut für Wasserbau, Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung e. V., Universität Potsdam, Universität Kiel,Technische Universität Dresden, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, Dresden Flood Research Center.
HR Wallingford Ltd
Howbery Park, Wallingford
8BA Oxfordshire
UK-OX10