Betreiber von Rechenzentren spielen eine zentrale Rolle bei der Digitalisierung und tragen große Verantwortung. Die Rechen- und Speicherleistung sollte nicht nur sicher und zeitnah bereitgestellt werden, sondern auch so energieeffizient und ressourcenschonend, wie es der Stand des Wissens und der Technik ermöglicht. Das Umweltzeichen „Blauer Engel“ will hierbei unterstützen.
Aktuelle Defizite beim energie- und ressourceneffizienten Rechenzentrumsbetrieb
Mit den digitalen Technologien sind Erwartungen an neue Lösungen für den Schutz des Klimas und der Umwelt verknüpft. Und ebenso ist mit der digitalen Transformation der Wirtschaft die Hoffnung verbunden, dass die Effektivität des Einsatzes von Energie und Rohstoffen gesteigert wird. Ob die Nettobilanz positiv für Klima- und Umweltschutz ausfällt, hängt nicht zuletzt davon ab, ob es gelingt, den Energieverbrauch der digitalen Infrastruktur zu senken und den Rohstoffbedarf auf ein Minimum zu reduzieren. In diesem Zusammenhang ist die Frage nach dem energie- und ressourceneffizienten Betrieb der Rechenzentren zentral.
Bei einer Umfrage der Firma Colt Data Centre Services unter 500 europäischen Betreibern von Rechenzentren gaben 63 Prozent an, dass ihnen Fehler bei der Kapazitätsplanung unterlaufen sind und sie mit höherem Leistungsbedarf gerechnet haben. Das bedeutet, dass die entsprechende technische Ausstattung für die abzuführende Wärme und Strombedarf überdimensioniert wurden und somit ein effizienter Betrieb kaum möglich ist. Eine im Jahr 2020 veröffentlichte Studie des amerikanischen Uptime Institute deckt weitere Defizite in den europäischen Rechenzentren auf. Sie führt unter anderem an, dass kaum strategische Entscheidungen für mehr Energieeffizienz getroffen werden und dass die Server überwiegend zu gering ausgelastet sind.
Die Gründe für ineffizienten Rechenzentrumsbetrieb sind vielschichtig und können hier nicht in Gänze erörtert werden. Vielmehr werden hier anhand von Anforderungen des Blauen Engels wichtige Aspekte der Energie- und Ressourceneffizienz von Rechenzentren beleuchtet.
Das Umweltzeichen für Rechenzentren: Der Blaue Engel
Der Blaue Engel ist keine Industrienorm, sondern ein freiwilliges Umweltzeichen, das höhere Umweltanforderungen an die Bereitstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung stellt als vom Durchschnitt erfüllt werden. Das Bundesumweltministerium ist Zeicheninhaber. Mit dem Blauen Engel sollen Impulse für ein umweltverträglicheres Handeln gesetzt und eine Orientierung für Käufer- und Nutzer*innen geboten werden.
Es existieren unterschiedliche Arten von Rechenzentren mit unterschiedlichen Betriebs- und Geschäftsmodellen. Die Betriebsmodelle beschreiben die üblichen Formen der Aufteilung von Verantwortungsbereichen und Besitzverhältnissen. Für zwei der unterschiedlichen Betriebsmodelle stehen Blaue-Engel-Produktgruppen und somit Zertifizierungsmöglichkeiten zur Verfügung:
Der Blaue Engel „Energieeffizienter Rechenzentrumbetrieb“ (DE-UZ 161) ist für Betreiber, die das gesamte RZ mit allen technischen Anlagen (Stromversorgung, Klimatisierung und IT), sowie den wirtschaftlichen und organisatorischen Aspekten verantworten.
Der Blaue Engel „Klimaschonendes Co-Location-Rechenzentrum“ (DE-UZ-214) ist für Unternehmen gedacht, die die für den Rechenzentrumsbetrieb erforderliche Infrastruktur primär betreiben, um die Flächen zu vermieten und Strom und Klimatisierung zur Verfügung stellen. Der Kunde installiert und verwaltet auf der gemieteten Fläche die IT-Systeme.
Mit dem Blauen Engel „Energieeffizienter Rechenzentrumbetrieb“ (DE-UZ 161) werden bereits seit 2012 besonders energieeffiziente Rechenzentren ausgezeichnet. Das Konzept des Umweltzeichens verfolgt einen interdisziplinären Ansatz, der alle Bereiche eines Rechenzentrums und seiner Infrastruktur umfasst. Dieser systembezogene Ansatz beinhaltet nicht nur die Energieeffizienz einzelner Komponenten, sondern das umweltbewusste Management des Rechenzentrums insgesamt. Unter den Ausgezeichneten befinden sich Rechenzentren aus der Wirtschaft, der Bundes- und Landesverwaltung sowie der Wissenschaft. Das Hauptziel des Umweltzeichens ist sehr einfach zusammengefasst: Rechenzentren sollen mit möglichst wenig Hardware – also möglichst wenig Servern und Speichertechnik – eine hohe Rechen- und Speicherleistung bei energieeffizienter Infrastrukturnutzung bereitstellen.
Der Blaue Engel „Klimaschonendes Co-Location-Rechenzentrum“ (DE-UZ-214) ist für Betreiber von Co-Location-Rechenzentrumsbetreibern relevant. Die Bedeutung der Co-Location-Rechenzentren hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Der Anteil der Co-Location-Rechenzentren an der Gesamt-Rechenzentrumsfläche lag 2017 bereits bei 32 Prozent. Vor diesem Hintergrund haben wir 2020 den Blauen Engel „Klimaschonendes Co-Location-Rechenzentrum“ eingeführt. Mit diesem Umweltzeichen können solche Co-Location-Rechenzentren ausgezeichnet werden, deren Gebäudetechnik besonders energieeffizient betrieben wird und für die eine langfristige Strategie zur Erhöhung der Energie- und Ressourceneffizienz für die Rechenzentrumsinfrastruktur vorliegt. Ein bislang vorherrschendes intransparentes Vertragsverhältnis stellt ein großes Hemmnis bei der Erhöhung der Energieeffizienz in Colocation-Rechenzentren dar. Durch garantierte Mindeststandards und transparente Berichterstattung, wie sie im Blauen Engel gefordert sind, werden Voraussetzungen für Colocation-Kunden geschaffen, ihre Informationstechnik umweltverträglich zu betreiben.
Der Blaue Engel für Rechenzentren stellt gegenüber den anderen Produktgruppen des Blauen Engels eine Besonderheit dar. Mit ihm wird der energieeffiziente und ressourcenschonende Betrieb des Rechenzentrums ausgezeichnet, also die Bereitstellung der IT-Dienstleistung des Rechenzentrums. Die Herausforderung hierbei ist, Anforderungen zu definieren, die unabhängig von der Art und Weise der Leistungserbringung sind und die alle Teilbereiche eines Rechenzentrums umfassen.
Forschungsvorhaben zur Weiterentwicklung des Blauen Engels für Rechenzentren
Das Umweltbundesamt hat das Forschungsvorhaben „Weiterentwicklung Blauer Engel für Rechenzentren“ beauftragt, das vom Öko-Institut e.V. geleitet und von der Data Center Excellence GmbH fachlich unterstützt wird. Die Vergabekriterien beider Umweltzeichen werden neu kalibriert und zu einem modularen Umweltzeichen zusammengefasst. Das heißt, dass je nach Betreibermodell unterschiedliche Anforderungen zugeordnet sind. Ein Betreiber eines gesamten Rechenzentrums muss beispielsweise Anforderungen an den Betrieb der Informations- und Gebäudetechnik erfüllen, wogegen der Colocation-Anbieter beispielsweise Anforderungen an den Betrieb der Gebäudetechnik und Informationspflichten gegenüber seinen Kunden*Kundinnen hat. Voraussichtlich Anfang 2023 wird die neue Fassung veröffentlicht. Um Best-Practice-Beispiele zu berücksichtigen und Anregungen aus der Praxis einzubeziehen, findet die Überarbeitung im engen Austausch mit Betreibern, Planern und Kunden von Rechenzentren statt.
Workshopreihe Um die Kriterien vorstellen, zu diskutieren und im Detail mit den Teilnehmenden zu verhandeln, sind mehrere Workshops zu unterschiedlichen Themen geplant.
Wir laden zu folgenden Online-Workshops ein:
Energieeffiziente Gebäudetechnik (Energieversorgung, Kälteanlagen und Abwärmenutzung)
Kontakt zum Forschungsteam: Marina Köhn, Umweltbundesamt: marina [dot] koehn [at] uba [dot] de Jens Gröger, Öko‑Institut e.V.: j [dot] groeger [at] oeko [dot] de Dr. Ludger Ackermann, Data Center Excellence GmbH: l [dot] ackermann [at] dc-e [dot] de
Bislang ist nur eine geringe Zahl an Rechenzentren zertifiziert. An einigen wesentlichen Faktoren kann dennoch festgemacht werden, weshalb es aktuell nur eine überschaubare Anzahl an zertifizierten Rechenzentren gibt:
Unter den Geltungsbereich des Blauen Engels „Energieeffizienter Rechenzentrumbetrieb“ (DE-UZ 161) fallen keine Co-Location Rechenzentren, sondern vor allem Betreiber, die sich nicht am Markt für Rechenzentren behaupten müssen, (v.a. betriebseigene Rechenzentren). Sie haben durch die Zertifizierung keinen kompetitiven Vorteil gegenüber anderen Betreibern von Rechenzentren, sondern einen Prestigegewinn und die Bestätigung, dass ihr firmeninternes Rechenzentrum energieeffizient ist. Daher hat eine erneute Zertifizierung oftmals keine Priorität. Dies gilt für acht ehemals zertifizierte Rechenzentren.
Mit dem neuen Blauen Engel für Colocation-Rechenzentren, der im Januar 2020 auf den Weg gebracht wurde, adressieren wir Rechenzentrumsdienstleister, das heißt solche Rechenzentrumsbetreiber, die Rechenzentrumsfläche und technische Infrastrukturleistung anbieten, in der die Kund*innen ihre eigene Informationstechnik (Server, Speicher- und Netzwerktechnik) betreiben. Für diese Rechenzentren kann der Blaue Engel einen kompetitiven Vorteil bedeuten, insbesondere wenn die öffentliche Beschaffung die Einhaltung dieser Kriterien fordert. Die Beantragung des Blauen Engels benötigt jedoch mindestens ein Jahr Vorlauf. Daher können derzeit noch keine Rechenzentren für diese Produktgruppe zertifiziert sein. Einige Betreiber*innen von Rechenzentren haben jedoch mit den Vorbereitungen für die Zertifizierung begonnen.
Um die Zahl der zertifizierten Rechenzentren zu steigern, muss die Nachfrage nach umweltverträglicher und energieeffizienter Rechenzentrumsleistung gesteigert werden. Unternehmen sind eher bereit sich zertifizieren zu lassen, wenn sie dadurch einen kompetitiven Mehrwert erreichen. Die öffentliche Hand sollte dazu beitragen, dass durch Berücksichtigung von Umweltkriterien bei der Auftragsvergabe von Rechenzentrums-Leistungen (z.B. Webhosting, Mietung von Rechenzentrumsfläche) die Nachfrage steigt.
Gebündelte Expertise im Blauen Engel
Die Entwicklung der Mindestanforderungen des Blauen Engels für Rechenzentren ist ein iterativer Prozess, der die Dynamik der technischen Entwicklung berücksichtigt. Bereits in die Konzeption und Entwicklung der Kriterien fließen die Erfahrungen und Kenntnisse verschiedener Forschungsdisziplinen und Expert*innen ein. Die Expert*innen kommen aus den Bereichen Klimatechnik, Planung, Beratung, Bau und Betriebsführung von Rechenzentren sowie aus dem Bereich, der sich mit Kennzahlenbildung beschäftigt.
In den Anhörungen der Expert*innen, die beim Blauen Engel zur Norm gehören, wird nicht nur die Meinung und Expertise der Wirtschaftsverbände und der großen Konzerne eingeholt, sondern auch die von kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) und Berater*innen der Rechenzentrumsbranche. Sie alle haben das gleiche Stimmrecht.
Mindestanforderungen als Maß für Verlässlichkeit
Die „Praxistauglichkeit“ der geforderten Kennzahlen und Mindestanforderungen des Blauen Engels wurde durch die erfolgreiche Zertifizierung einiger Rechenzentren bewiesen.
Um einer uneinheitlichen Beurteilung von Energieeffizienz und Ressourcenschonung eines Rechenzentrums entgegenzuwirken, sind im Blauen Engel verbindliche Mindestanforderungen festgelegt. Das gewährleistet ein hohes Maß an Transparenz und garantiert, dass ein Rechenzentrum mit dem Blauen Engel das Klima weniger belastet und zur Schonung natürlicher Ressourcen beiträgt. Eine Flexibilität in den Anforderungen und Mindesteffizienzwerten, wie vom Bundesverband Informationswirtschaft und Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) vorgeschlagen, würde dazu führen, dass die Umweltbewertung nicht mehr vergleichbar wäre und die Energieeffizienz der zertifizierten Rechenzentren erheblich voneinander abweichen könnte.
Ungeachtet der wenigen zertifizierten Rechenzentren haben sich die Kriterien des Blauen Engels bereits als Best Practice beim Rechenzentrumsneubau etabliert. Unternehmen und auch Verantwortliche in der Bundesverwaltung, in den Gemeinden und Landkreisen legen bei der Genehmigung von Bauanträgen für den Rechenzentrumsneubau großen Wert auf die Einhaltung der Kriterien dieses Umweltzeichens.
Nachgefragt bei (ehemals) mit dem "Blauen Engel" Zertifizierten
Wir haben nachgefragt, bei der ]init[ AG, deren Rechenzentrum viele Jahre mit dem Blauen Engel ausgezeichnet war und beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), dessen Rechenzentrum erneut ausgezeichnet ist: Warum haben Sie sich für die Zertifizierung mit dem Blauen Engel entschieden?
Herr Buschermöhle (Principal Architect der ]init[ AG für digitale Kommunikation): „Für ]init[ war bereits vor über 10 Jahren der energieeffiziente Betrieb von Bedeutung und wurde durch zahlreiche Maßnahmen, nicht nur durch die Nutzung von Ökostrom, untermauert. Im Laufe der Jahre haben wir unser Netzwerk und Know-how, unter anderem durch Abschlussarbeiten an Hochschulen, erweitert und beispielsweise durch eine Studie auch die Vereinbarkeit von Energieeffizienz und hoher IT-Sicherheit nach BSI nachgewiesen. Nach ersten externen Überwachungen und Zertifizierungen wollten wir unsere Leistungen durch ein etabliertes Siegel für uns und unsere Kunden nachweisen. Besonders spannend fanden wir dabei auch die Möglichkeit, die Entwicklung des Blauen Engels zu begleiten und praxisorientiert weiterzuentwickeln. Dabei ist auch viel Herzblut und Engagement in das Projekt geflossen.“
Jörg Gerdes (Referatsleiter der Informationstechnik, BSH): „Im Anschluss an eine Sanierungsmaßnahme im Rechenzentrum des BSH wollten wir ihre Wirksamkeit überprüfen. Eine Vergleichsmessung (vorher – nachher) wäre dem Umfang und der Zielsetzung der Optimierungen nicht gerecht geworden. Ein Maßstab wie der Blaue Engel wurde daher ausgewählt um unabhängige Prüfung und ein komplexes Wertesystem zu verbinden. Zusätzlich sollte durch die regelmäßige Wiederholung der Zertifizierung die Nachhaltigkeit der Maßnahmen messbar werden.“
Herr Buschermöhle, warum haben Sie nicht erneut eine Zertifizierung beantragt? Oder anders gefragt, was muss sich ändern, dass Sie den Blauen Engel für Ihr Rechenzentrum wieder beantragen? „Wir haben im Zuge unserer Serviceverbesserung das Rechenzentrum in einen zertifizierten Serverraum als abgeschlossenen Cage bei einem etablierten Colocation-Anbieter überführt. Dieses Konstrukt ermöglicht uns als Kunden in einer Colocation derzeit leider keine Zertifizierung nach dem Blauen Engel. Ich hoffe, dass dies durch die Weiterentwicklung der Zertifizierungsanforderung unterstützt wird und tragen hierzu durch die Teilnahme an Expertenanhörungen unseren Teil bei. Dann können wir erneut in Zukunft eine Zertifizierung auf Basis der weiterhin durchgeführten Maßnahmen planen.“
Durchdachte Konzepte führen zur effizienten Betriebsführung
Um ein Mindest-Energieeffizienzniveau im Rechenzentrum zu garantieren, werden im Blauen Engel auch Kennzahlen herangezogen. Power Usage Effectiveness (PUE) ist eine Kennzahl, die den jährlichen Gesamtenergiebedarf des Rechenzentrums zum Energiebedarf der Informationstechnik ins Verhältnis setzt. Die PUE ist dann besonders gut, nämlich niedrig, wenn der Energiebedarf der Infrastrukturtechnik (der Klimatechnik, der Unterbrechungsfreien Stromversorgung usw.) gering ist.
Des Weiteren wird im Blauen Engel eine Mindesteffizienz für das Kühlsystem erwartet. Sie wird allgemein mit der Jahresarbeitszahl (JAZ) angegeben. Die JAZ beschreibt das Verhältnis zwischen der abgeführten Wärmemenge und der dafür eingesetzten elektrischen Arbeit des Kühlsystems.
Beim Blauen Engel werden die Mindesteffizienzwerte für die PUE und JAZ anhand des Alters des Rechenzentrums bzw. des Kühlsystems gestaffelt festgelegt. Von einem Rechenzentrum, das vor zwei Jahren in Betrieb genommen wurde, wird eine höhere Effizienz erwartet als von einem älteren Rechenzentrum. Der Grund hierfür ist, dass die Energieeffizienz der Infrastrukturtechnik in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist und dass energieeffiziente Konzepte in Planung und im Bau von modernen Rechenzentren berücksichtigt werden sollten.
Die Mindesteffizienzwerte des Blauen Engels für die Kennzahlen PUE und JAZ sind erreichbar. Das haben Expert*innen versichert und das wird durch die Erfahrung aus der Zertifizierungs- und Beratungspraxis bestätigt. Nicht erreicht werden die geforderten Kennwerte dann, wenn bei der Planung, Bauausführung und bei der Wahl der Technik energieeffiziente Konzepte und bewährte Methoden unberücksichtigt bleiben. Als Beispiel hierfür kann das von Bitkom in seiner Stellungnahme zum Blauen Engel für Rechenzentren dargestellte Szenario in Abschnitt 3.4 dienen. Ein Co-Location-Rechenzentrum erreicht die Effizienz-Kennwerte nicht, wenn bereits zu Beginn die zentrale Kälteanlage in der Konzeption der Endausbaustufe in Betrieb genommen wird, obwohl die Auslastung erst über mehrere Jahre stufenweise angehoben wird.
Ist es nicht so, dass sich ein Co-Location-Rechenzentrum per Definition durch ein volatiles Belegungsmuster auszeichnet? Müsste sich diese Tatsache nicht auch in der Planung der technischen Auslegung der Infrastruktur widerspiegeln? Es ist nicht zu viel verlangt, dass Betreiber und Planer hierfür Lösungen erarbeiten. Wir können es uns nicht mehr leisten, ineffiziente Konzepte als gegeben hinzunehmen. Durchdachte, nachhaltige Konzepte sind auch hierfür vorhanden. Statt das gering ausgelastete Rechenzentrum über Jahre mit überdimensionierter Kälteanlage zu betreiben und Energie zu vergeuden, könnte mit kleineren, modular erweiterbaren Kälteanlagen gearbeitet werden, mit denen man auf volatile Entwicklungen reagieren kann. Mit diesem Konzept sind nicht nur die Mindestanforderungen der Kennzahlen PUE und JAZ erreichbar, sondern es zahlt sich auch für die Kunden aus, die nicht für die unnötig hohen Betriebskosten aufkommen müssen. Die Aufgabe ist klar: Alle Beteiligten (ob bei Herstellung, Planung oder Betrieb von Rechenzentren) müssen sich der Herausforderung stellen und Ideen entwickeln, die einer Verschwendung von Energie und Ressourcen entgegenwirken.
Wettbewerb durch Transparenz und Energieeffizienz
Mehrfach geäußerter Kundenwunsch ist es, die eigenen Energieverbräuche auch in einem Co-Location Rechenzentrum zu kennen (z.B. für Nachhaltigkeitsberichte), um Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs gezielt vornehmen zu können.
Bitkom hält in seiner Stellungnahme an Energie-Mindestabnahmen und pauschalen Energie-Freimengen fest. Der Verband ist der Ansicht, dass das Risiko von sehr geringer Auslastung sonst ausschließlich beim Betreibenden der Colocation liegt: „Ohne wirtschaftlichen Anreiz sind manche Kunden nicht motiviert, eine energetisch sinnvolle Auslastung herbeizuführen.“ Das Problem liegt auch hier eher im inadäquaten Konzept: Wer die Infrastrukturtechnik (Klimaanlage, usw.), die für die maximale Ausbaustufe dimensioniert ist, bereits zum Betriebsbeginn des Rechenzentrums einsetzt, ist in dem über Jahre absehbaren Teillastbetrieb ineffizient. Die Folge sind überhöhte Betriebskosten. Dessen ist sich der Betreibende bereits bei der Planung seines Rechenzentrums bewusst. Die überhöhten Betriebskosten für Kunden sichtbar zu machen, stellt keinen Eingriff in die freie Preisgestaltung dar, sondern sorgt für Transparenz bei Kunden und Wettbewerb um bessere Konzepte.
F-Gas-freie Klimatisierung
Ein wesentlicher Streitpunkt beim Blauen Engel für Rechenzentren ist die Forderung nach halogenfreier Klimatisierung. Die oftmals als Kältemittel verwendeten teilfluorierten Kohlenwasserstoffe (HFKW) haben ein sehr hohes Treibhausgaspotenzial. Die Weltgemeinschaft strebt mit dem Beschluss von Kigali zum Montrealer Protokoll den Ausstieg aus deren Nutzung an. Daher wird seit dem Jahr 2015 in der EU das HFKW-Angebot gemäß F-Gas-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 517/2014) stufenweise verknappt, wodurch bereits Lieferengpässe aufgetreten sind.
Die Behauptung, Anlagen mit natürlichen Kältemitteln stünden im Megawattbereich (d.h. Megawatt Nennkälteleistung) nicht zur Verfügung, ist nachweislich falsch. Schon seit mehr als zehn Jahren stehen Kompressionskälteanlagen mit dem Kältemittel Ammoniak und Absorptionskältemaschinen im Megawattbereich nicht nur zur Verfügung, sondern werden auch eingesetzt, wie zahlreiche Praxisbeispiele beweisen. Außerdem stellt sich auch hier die Frage, ob die Kälteanlagen an der Endausbaustufe dimensioniert werden müssen oder ob durch ein modulares Konzept auch kleinere Kühlsysteme zum Einsatz kommen können. Damit wird nicht nur die Kälteleistung am Bedarf des schrittweisen Ausbaus des Rechenzentrums angepasst, sondern auch ein hohes Maß an Flexibilität bei der Auswahl der Kühlsysteme gewährleistet. Bitkom behauptet, Anlagen mit natürlichen Kältemitteln wären häufig weniger energieeffizient als HFKW-Anlagen. Das genaue Gegenteil trifft zu.
Rechenzentrumsbetreiber müssen sich darüber bewusst sein, dass Kältemittel auf Basis teilfluorierter Kohlenwasserstoffe (HFKW), insbesondere solche mit hohem Treibhauspotential, aufgrund des HFKW-Phase-down gemäß F-Gas-Verordnung zunehmend weniger marktverfügbar sind. Dies hat Konsequenzen für die Ausfallsicherheit und damit Verfügbarkeit dieser Rechenzentren. Auch aus Gründen der geforderten Hochverfügbarkeit von Rechenzentren ist dringend davon abzuraten, diese Art der Klimatisierungstechnik bei Ersatzinvestitionen zu beschaffen.
Übrigens …
Das größte Potenzial, Energie einzusparen und wertvolle Rohstoffe zu schonen, liegt in der Art und Weise wie Server und Storage im Rechenzentrum betrieben werden. Zwischen 60 und 70 Prozent des Gesamtenergiebedarfs wird durch die Informationstechnik im Rechenzentrum verursacht. Das Effizienzpotenzial ist groß. Sowohl unsere Untersuchungen als auch internationale Studien kommen zum gleichen Ergebnis: Die Auslastung der Server muss dringend erhöht werden. Server, die keine Leistung verrichten, müssen heruntergefahren werden. Die Kapazitätsplanung muss besser an realen Bedarfen ausgerichtet werden. Sonst machen Überkapazitäten einen effizienten Betrieb so gut wie unmöglich. Ein ressourcenschonendes und klimaschutzfreundliches Rechenzentrum ist deshalb gleichzeitig kostensparend, weil es bei gleicher Leistung weniger Server und Speichergeräte und auch weniger Energie benötigt, die Klimatechnik und unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) am tatsächlichen Bedarf ausgerichtet sind und die Abwärmenutzung bereits bei der Planung berücksichtigt wurde.
„Für Mensch und Umwelt″ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
Umweltbundesamt
Kontakt
Wörlitzer Platz 1 06844 Dessau-RoßlauBitte kontaktieren Sie uns ausschließlich per E-Mail: buergerservice [at] uba [dot] de. Derzeit besteht leider keine telefonische Erreichbarkeit.Aktuell kann es zu Verzögerungen bei der Beantwortung von Anfragen kommen. Wir bitten um Verständnis.Der Besucherraum in Dessau-Roßlau ist vorübergehend geschlossen.