VE-I-3: Starkregen und Straße

Das Bild zeigt eine völlig überflutete Straßenkreuzung in einer Stadt, in die gerade zwei Autos hineinfahren.zum Vergrößern anklicken
Starkregen gefährdet die Verkehrssciherheit und kann Straßen unpassierbar machen.
Quelle: Animaflora PicsStock / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

VE-I-3: Starkregen und Straße

Starkregen⁠ können für den Straßenverkehr schwerwiegende Folgen haben. Jedes Jahr sind in Deutschland zwischen 5 bis über 20 % der Bundesfernstraßen von unwetterartigen Starkregen der Warnstufe 3 betroffen. Der gesamte zeitliche Umfang dieser Ereignisse beläuft sich für die meisten betroffenen Straßenabschnitte auf 1 bis 6 Stunden je Jahr.

Die Grafik beschreibt den Anteil der Streckenlänge von Bundesfernstraßen mit Überschreitung der Starkregen-Warnstufe 3 (Unwetter) in Prozent.
VE-I-3: Starkregen und Straße

Die Grafik beschreibt den Anteil der Streckenlänge von Bundesfernstraßen mit Überschreitung der Starkregen-Warnstufe 3 (Unwetter) in Prozent. Es werden fünf Kategorien abgebildet: 1 bis 3 Stunden, mehr als 3 bis 6 Stunden, mehr als 6 bis 12 Stunden, mehr als 12 bis 24 Stunden, über 24 Stunden. Die höchste Kategorie ist nur in wenigen Jahren vertreten. Die beiden niedrigsten Kategorien haben den deutlich höchsten prozentualen Anteil. Es erfolgte keine Trendanalyse. Die Werte schwanken deutlich zwischen den Jahren. Mit 22 Prozent war der Gesamtwert von den betrachteten Jahren 2001 bis 2017 im Jahr 2002 am höchsten.

Quelle: Deutscher Wetterdienst (RADOLAN-Klimatologie) Bundesanstalt für Straßenwesen (BISStra)
 

Starkregen – kurz, aber heftig

Auch wenn viele das Jahr 2018 vor allem wegen der lang andauernden Hitze und Trockenheit in Erinnerung behalten werden – in etlichen Teilen Deutschlands gab es auch heftige Unwetter, bei denen innerhalb kurzer Zeit große Regenmengen niedergingen und teils massive Schäden und Behinderungen verursachten. Betroffen war vielerorts auch der Straßenverkehr. Ende Mai beispielsweise kam es in einem Band von Nordrhein-Westfalen bis nach Sachsen zu Straßensperrungen, weil Straßen überschwemmt oder von Schlammmassen bedeckt waren.

Ursache dieser Sperrungen waren sogenannte ⁠Starkregen⁠. Das sind intensive Regenereignisse, die innerhalb kurzer Zeit zumeist in einem lokal begrenzten Gebiet abregnen. Häufig treten sie in den Sommermonaten in Verbindung mit heftigen Gewittern auf. Man spricht dann von konvektiven Starkregenereignissen. Sie entstehen, wenn sich bodennahe, feuchte Luftmassen schnell erwärmen und in der ⁠Atmosphäre⁠ mit starkem Auftrieb nach oben steigen. In den kühleren höheren Luftschichten kondensiert und gefriert der in der Luft enthaltene Wasserdampf. Bei der richtigen Kombination von Luftströmungen, Temperatur und Luftfeuchtigkeit können sich innerhalb weniger Stunden Konvektionsgewitter und Starkregen aufbauen.

Die kurzen und heftigen Regenfälle können schwerwiegende Folgen haben. Welche dies sind und welche Schäden sie auslösen, hängt neben der Intensität und Dauer der Regenfälle auch vom Ort des Ereignisses ab. In ebenem Gelände kann das viele Wasser weder schnell abfließen, noch kann der Boden es auf Dauer aufnehmen. Die Folge können mitunter lange andauernde Überflutungen von Straßen in Muldenlage und von Unterführungen sein. Dort sammelt sich das Wasser, das von Entwässerungsanlagen nicht mehr aufgenommen und abgeleitet werden kann. In Mittelgebirgsregionen oder im Alpenraum fließt das Wasser dagegen in der Regel an der Oberfläche und – je nach Gefälle – sehr schnell ab. Bei einem sehr heftigen Starkregen können kleinere Bäche hier zu reißenden Flüssen werden, wenn schnell ansteigende Hochwasserwellen sich durch ein enges Bachbett zwängen. Die Ausläufer dieser Sturzfluten erreichen immer wieder auch Gegenden, die vom Starkregen gar nicht selbst betroffen waren. Die abfließenden Wassermassen oder der hohe Wasserdruck können in extremen Fällen Infrastrukturen schädigen.56

Häufiger sind Fälle, in denen schlechte Straßen- und Sichtverhältnisse die Unfallgefahr erhöhen, etwa bei Aquaplaning, oder es kommt zu Behinderungen des Straßenverkehrs, beispielsweise wenn Treibgut an Nadelöhren wie Brücken oder Unterführungen zu Verklausungen führt und Verkehrsflächen überstaut werden. Behinderungen können auch auftreten, wenn Hänge und Böschungen nach starken Regenfällen ins Rutschen kommen oder unterspült werden und die Straßen dadurch verschmutzt oder beschädigt werden.

In den Jahren 2001 bis 2017 sind Starkregen praktisch in ganz Deutschland beobachtet worden und damit kein Phänomen der Mittelgebirgs- und Gebirgsregionen allein. Dies ist das Ergebnis einer Auswertung von Radardaten57 durch den ⁠DWD⁠. Die zeitliche Verlängerung dieser Datenerfassung wird in Zukunft auch Trendanalysen zur Überschreitungshäufigkeit der vom DWD verwendeten Warnstufen ermöglichen (s. S. 25).

Klimaforschende erwarten, dass die Häufigkeit von Starkregen und deren Intensität künftig allgemein zunehmen werden. Ein Grund dafür ist, dass die Luft bei höheren Temperaturen mehr Wasser aufnehmen kann – rund 7 % mehr Wasser bei einer Temperaturerhöhung um 1 ⁠Kelvin⁠. Des Weiteren führen die sich ändernden meteorologischen Verhältnisse zu einer intensivierten Wolken- und Niederschlagsbildung.58 Für Deutschland wird insbesondere für die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts bei starken regionalen und jahreszeitlichen Unterschieden davon ausgegangen, dass noch relativ selten auftretende Tagesmengen des Niederschlags zukünftig häufiger vorkommen werden. Am vergleichsweise stärksten soll die Zunahme bei den heute noch seltenen Ereignissen ausfallen.59 Treten diese Entwicklungen ein, wird die Gefahr von Störungen des Straßenverkehrs und, im extremeren Fall, von Schäden an Straßen und Infrastrukturen steigen. Öffentlich zugängliche Daten, mit denen sich der Umfang solcher Störungen und Schäden zuverlässig und ursachenbezogen beobachten ließe, gibt es bisher nicht. Der hier dargestellte ⁠Indikator⁠ nimmt daher „nur“ in den Blick, in welchem zeitlichen Umfang das Netz der Bundesfernstraßen von unwetterartigen Starkregenfällen, die mithilfe von Radardaten räumlich konkret ermittelt wurden, betroffen war.

Dass es durch alle mit dem Indikator erfassten Starkregen zu Schäden an Infrastrukturen kommt, ist eher unwahrscheinlich. Der DWD warnt vor unwetterartigem Starkregen, wenn Regenmengen über 25 Liter je Quadratmeter (l / m²) in 1 Stunde oder über 35 l / m² in 6 Stunden erwartet werden. Werden diese Warnwerte nur geringfügig überschritten, sind die Starkregen in der Regel von einer Intensität, die noch nicht zu Schäden an Straßeninfrastrukturen führt. Aber: Der DWD kennzeichnet mit der Warnstufe 3 „Unwetter“ Wettersituationen, die als sehr gefährlich eingestuft werden, und er empfiehlt, Aufenthalte im Freien zu vermeiden. Wer schon einmal von einem Starkregenguss überrascht wurde, egal ob zu Fuß, auf dem Rad oder im Auto, kann das sicher gut nachvollziehen.

56 - S. Endnote Nr. 45: 19. S. Endnote Nr. 40: 20ff.
57 - S. Endnote Nr. 46.
58 - S. Endnote Nr. 44: 1.
59 - S. Endnote Nr. 45: 21.

 

Schnittstellen

VE-I-4: Witterungsbedingte Verkehrsunfälle

BAU-I-4: Starkregen im Siedlungsbereich

 

Ziele

Der Bund wird prüfen, ob und ggf. inwieweit […] die Dimensionierung der Entwässerungsinfrastruktur an ergiebigere Niederschläge angepasst werden sollte. Der Bund […] wird die einschlägigen Vorschriften zur Dimensionierung der Entwässerungsinfrastruktur erforderlichenfalls anpassen. (⁠DAS⁠, Kap. 3.2.11)

Das Ziel eines gemeinsamen Starkregenrisikomanagements ist die Verringerung des Risikos starkregen-und sturzflutbedingter nachteiliger Folgen auf die menschliche Gesundheit, Gebäude und Infrastruktur, die Umwelt, das Kulturerbe und die wirtschaftlichen Tätigkeiten. (⁠LAWA⁠-Strategie Starkregenrisikomanagement, Kap. 1)

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 Anpassung an den Klimawandel  KomPass  Monitoringbericht