TOU-I-1 + 2: Badetemperaturen, Übernachtungszahlen an der Küste
Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Die Zeitdauer, in der Meerwassertemperaturen an den deutschen Nord- und Ostseeküsten herrschen, die einen Badeurlaub an diesen Küsten potenziell begünstigen, unterliegt sehr starken Schwankungen zwischen den Jahren. In der Regel stellen sich geeignete Temperaturbedingungen im Laufe des Juni ein und dauern bis in den September an. Signifikante Trends sind bisher nicht feststellbar.
Die touristische Nachfrage in den Reisegebieten an Deutschlands Küsten ist in einem besonderen Ausmaß saisonab-hängig. Auch bei steigenden Übernachtungszahlen in allen Jahreszeiten, finden noch immer etwa 55 % der Übernachtungen an Nord- und Ostsee in den Sommermonaten zwischen Juni und September statt.
Um Urlaub am Strand zu machen, im Meer zu baden oder in der Sonne zu liegen, fahren die Deutschen bislang vorrangig ins Ausland. Die beliebtesten Sommerurlaubsziele der deutschen Wohnbevölkerung waren 2018 Spanien, Italien, Mecklenburg-Vorpommern, Türkei und Schleswig-Holstein. Bade- und Strandurlaub sind mit 12,4 Millionen Reisen die beliebteste Reiseart und mit weitem Abstand die stärkste Motivation für eine Urlaubsreise. Deutschland ist für diesen Reisezweck bislang von geringerer Bedeutung: Bei den Inlandsurlauben rangierte der Strandurlaub nach Ergebnissen einer Studie von 2013 nur auf Rang vier der möglichen Motive.68 Für ausländische Gäste ist Badeurlaub als Grund für eine Reise nach Deutschland vernachlässigbar.69 Etwa 55 % der Übernachtungen an Nord und Ostsee finden in den Sommermonaten zwischen Juni und September statt. In anderen Regionen verteilen sich die Übernachtungsgäste deutlich gleichmäßiger über das Jahr.
Für Deutschland gibt es die These, dass der Strand- und Badeurlaub an den Küsten als eine typische Form des Sommertourismus von steigenden Luft- und höhere Meerwassertemperaturen in Folge des Klimawandels profitieren kann. Vor allem könnte es die Attraktivität der Badeorte erhöhen und die Badesaison zukünftig verlängern. Eine Tendenz zu höheren Meerwassertemperaturen in den deutschen Küstengewässern der Nord- und Ostsee wurde in Messungen im Stationsnetz des BSH bereits nachgewiesen. Die zeitliche Entwicklung der über die gesamte Nordsee gemittelten jährlichen Meeresoberflächentemperatur, die auf den seit 1968 am BSH durchgeführten wöchentlichen Analysen basiert, lässt sich durch ein bis 1987 andauerndes Kaltregime und den abrupten Temperatursprung um 0,8 °C von 1987/88 in das seither andauernde Warmregime charakterisieren.
Um bezogen auf die Meerwassertemperaturen das Potenzial für den Badetourismus an den Küsten abzuschätzen, wird die zeitliche Andauer als Anzahl von Tagen dargestellt, an denen die Meerwassertemperaturen in den deutschen Küstengewässern der Nord- und Ostsee einen Schwellenwert von 15 °C überschreiten. Dieser für Badetemperaturen niedrig erscheinende Schwellenwert kennzeichnet zum einen Beginn und Ende der sommerlichen Badetemperaturbedingungen. Außerdem zeigen die Zeitreihen Ergebnisse von Messungen, die in einiger Entfernung von der Küste erhoben werden und daher homogener und von kurzfristen Einflüssen unabhängiger sind. In den Badegewässern an der Küste liegen die Meerwassertemperaturen tendenziell höher und sind – auch durch einen stärkeren Tagesgang – potenziell „badetauglich“. Signifikante Trends für die 1990 einsetzenden und damit vollständig in das rezente Warmregime fallenden Zeitreihen sind angesichts der beobachteten Schwankungsbreiten bislang nicht feststellbar.
Ein Zusammenhang zwischen den beobachteten Badetemperaturen und der Entwicklung der Übernachtungszahlen in den deutschen Küstenregionen ist bisher nicht zu erkennen. Ein solcher lässt sich grundsätzlich auch schwer herstellen. Zum einen beeinflussen zahlreiche allgemeine Faktoren, beispielsweise die konjunkturelle Entwicklung, das Reiseverhalten und die touristische Nachfrage die Entwicklung der Übernachtungszahlen. Zum anderen sind die Wassertemperaturen nur ein Aspekt unter den zahlreichen klimaverbundenen Einflussgrößen, die die Attraktivität der Nord- und Ostseeküste als Destination für den Strand- und Badetourismus ausmachen. Zu den Faktoren, die hier nicht berücksichtigt sind, zählen etwa die Sonnenscheindauer und die Luftqualität sowie die bioklimatischen Verhältnisse im Zusammenspiel von Lufttemperatur, Wind, Strahlungsverhältnissen und Luftfeuchte70, aber auch das Auftreten von Algen oder Quallen an den Badestränden.
68 - DZT – Deutsche Zentrale für Tourismus e. V. (Hrsg.) 2013: Das Reiseverhalten der Deutschen im Inland. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Frankfurt a. M., 59 S. www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/studie-zum-inlandsreiseverhalten.html
69 - DZT (Hrsg.) 2018: Deutschland das Reiseland, Zahlen, Daten, Fakten 2017 Frankfurt a. M., 15 S.
70 - Endler C. & Matzarakis A. 2010: Klimatrends in den Modellregionen Nordsee und Schwarzwald aus einer tourismus-klimatischen Sichtweise – Analyse hoch aufgelöster regionaler Klimasimulationen. Schlussbericht zum Teilvorhaben „Klima- und Wetteranalyse“ des BMBF klimazwei Verbundprojekts Kuntikum. Freiburg, 81 S.