Städte ohne Pestizide - neue Wege der Unkrautbekämpfung

Stadthaus Münster mit Wildblumen im Vordergrundzum Vergrößern anklicken
Etwas für Bienen und fürs Auge: In Münster unterdrücken Wildblumen unliebsames Unkraut.
Quelle: Stadt Münster

Pestizide sind schlecht für die Natur, die Artenvielfalt und für den Menschen – dabei gibt es Alternativen.

Nicht nur Privatleute, sondern auch immer mehr Städte und Gemeinden setzen deshalb auf pestizidfreie Unkrautbekämpfung. Aus vielen Städten und selbst ländlichen Regionen sind Wildblumen, Schmetterlinge und Bienen verschwunden – doch die biologische Vielfalt ist die Grundlage unseres Lebens. Wir brauchen Bienen, um den Weiterbestand vieler Pflanzenarten und die Erträge in der Landwirtschaft zu sichern. Wir brauchen Wiesen als Lebensraum für Insekten und wir brauchen Bäume und Sträucher, um die Luft sauber zu halten.

Der Einsatz von Pestiziden trägt wesentlich zum Verlust der biologischen Vielfalt bei. Direkt, weil Wildpflanzen und -tiere geschädigt werden können. Indirekt, weil beispielsweise Vögeln die Nahrung fehlt, wenn Wildpflanzen und Insekten mit Pestiziden beseitigt werden. Diese Veränderungen wirken sich auch auf die Lebensgrundlagen des Menschen aus. Nicht zuletzt deshalb ist es wichtig, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und damit ihre Auswirkungen auf Natur und Umwelt soweit wie möglich zu reduzieren.

Städte und Gemeinden spielen hier eine wichtige Rolle, da sie als Vorbild dienen – für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft und den Gartenbau genauso wie für jeden einzelnen Bürger. Sehr erfolgreich bewirtschaften beispielsweise Münster, Saarbrücken, Celle, Bielefeld und Tübingen bereits seit über 20 Jahren ihre Grünflächen ganz oder zumindest teilweise ohne ⁠Pestizide⁠. Auch in Dänemark, Schweden und Frankreich gibt es pestizidfreie Kommunen, die Stadt Luxemburg ist seit 2010 pestizidfrei.

Der verringerte Pestizideinsatz führt dazu, dass wieder mehr Pflanzen die Stadt besiedeln – und mehr Pflanzen erhöhen die Lebensqualität. Sie binden Feinpartikel, filtern ⁠CO2⁠ aus der Luft und geben wertvollen Sauerstoff wieder ab. Dadurch sorgen die Pflanzen für ein gutes Stadtklima. Die Pflanzen locken zudem wieder mehr Insekten an, zum Beispiel Schmetterlinge, Bienen, Hummeln, wodurch wiederum Vögeln ein größeres Nahrungsspektrum geboten wird. Den Pflanzen folgen also die Tiere – die biologische Vielfalt in der Stadt wird größer. 

Pflanzen mit hohem Deckungsgrad – zum Beispiel die Gruppierung verschiedener Staudenarten – unterdrücken das Wachstum von unerwünschten Unkräutern auf natürliche Weise, gleichzeitig müssen diese Flächen seltener gepflegt werden. Bepflanzung mit hohem Deckungsgrad hat vor allem im Sommer noch weitere Vorteile: So verdunstet das Bodenwasser langsamer, der feuchte Boden hilft, die aufgeheizte Stadtluft abzukühlen. Weil der Boden länger feucht bleibt, kann er bei ⁠Starkregen⁠ das Wasser besser aufnehmen. Offene, ausgedörrte Böden können Regenwasser nicht aufnehmen, schlimmstenfalls kann es so zu Überschwemmungen kommen. 

Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von Schotterrasen, der in der Pflege relativ anspruchslos und dennoch hübsch anzuschauen ist. Schotterrasen - eine Mischung aus Schotter, Kompost und speziellen Gräsern und Kräutern – bietet ähnliche Vorteile wie herkömmlicher Rasen, muss aber deutlich weniger gepflegt werden. Er ist ebenfalls wasserdurchlässig, kann Wasser bei starken Regenfällen besser aufnahmen und senkt damit das Hochwasser-Risiko. Im Sommer kann das abgesickerte Wasser verdunsten und die heiße Stadtluft abkühlen.

Neben diesen vorbeugenden Maßnahmen dienen natürlich bewährte mechanische Verfahren als Alternative zu Pestiziden: sei es mit Mähgeräten, Fugenkratzern oder dem schlichten Jäten mit den Händen. Darüber hinaus kommen auch thermische Verfahren, beispielsweise Abflammen oder Infrarot, zum Einsatz. Diese werden vor allem auf Splitt oder Kies und auf Pflasterflächen eingesetzt. Viele Firmen bieten hier bereits spezielle Technik wie z.B. Abflamm- und Infrarotgeräte, die mit heißem Schaum, Dampf oder Wasser arbeiten, zur pestizidfreien Unkrautbekämpfung an. Diese Hilfsmittel helfen langfristig, Personaleinsatz und –kosten zu senken. 

Auch jeder einzelne kann im eigenen Garten auf Pestizide verzichten: Anregungen und Informationen zu Alternativen finden sich z.B. im BUND-Ratgeber "Naturschutz beginnt im Garten". Interessierte Bürger und Vertreter von Kommunen können sich unter den nebenstehenden Links weiter informieren oder aber auch selbst aktiv werden. Wenden Sie sich dazu z.B. an Ihren Gemeinde- oder Stadtrat. Hier sitzen die für die Entscheidungen zuständigen Personen und können Ihnen Auskunft geben.

Um die Kommunen und damit genau diese Entscheidungsträger für dieses Thema weiter zu sensibilisieren, veranstaltet das Umweltbundesamt (⁠UBA⁠) zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) am 8./9. Juni 2015 eine Fachtagung am Dienstsitz des UBA in Dessau-Roßlau. Interessierte Vertreterinnen und Vertreter aus Umwelt- und Grünflächenverwaltungen, Kommunalpolitik, Verbänden, Planungsbüros und Forschungseinrichtungen können sich hier über das Thema informieren, Konzepte einer „pestizidfreien Kommune“ diskutieren und Fragen zu speziellen Gerätschaften zur pestizidfreien Unkrautbekämpfung klären.

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