Vulnerabilität der Metropolregion Bremen-Oldenburg gegenüber dem Klimawandel (Synthesebericht)

Ziel der Studie

Vulnerabilitätsbewertung für 12 Sektoren in der Metropolregion Bremen-Oldenburg und Aufzeigen von Chancen des Klimawandels

Erscheinungsjahr

Untersuchungsregion/-raum

Bundesland Bremen, Niedersachsen
Untersuchungsraum Metropolregion Bremen-Oldenburg. Bremen, Niedersachsen
Räumliche Auflösung 

administrative Grenze

Verwendete Klimamodelle / Ensembles

Emissionsszenarien A1B, A2
Klimamodelle nicht dokumentiert
Ensembles ja
Anzahl der Modellläufe nicht dokumentiert
Regionales Klimamodell 

WETTREG, REMO, CLM

Weitere Parameter 

Temperatur, Niederschlag, Anzahl Starkregentage, Schneeparameter, Sturmtage, mittlerer Meeresspiegel

Klimawirkungen

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Boden

"Bodenwasserhaushalt: Die Abnahme der sommerlichen Wasserbilanz, resultierend aus dem Rückgang der Sommerniederschläge und einer gleichzeitig erhöhten Evapotranspiration, führt grundsätzlich zu einem Rückgang des Bodenwassergehalts während der Hauptvegetationsperiode (LBEG 2010). Durch die klimawandelbedingte Verlängerung der Vegetationsperiode kann sich die Evapotranspiration noch zusätzlich erhöhen, was - insbesondere bei mangelnder Wassernachlieferung durch Niederschläge oder kapillaren Aufstieg von Grundwasser - zu einer wesentlich rascheren Reduzierung der Bodenwasservorräte führen kann (Böhm 2008; LABO 2010)." (Schuchardt & Wittig 2012: 68 f.)
"Aufgrund der projizierten deutlichen Zunahme der Winterniederschläge ist von einem veränderten Infiltrations- und Abflussverhalten der Böden auszugehen (LABO 2010). Während vor allem bei sandigen und damit stark durchlässigen Geeststandorten aus diesem Grund mit höheren winterlichen Sickerwasserraten zu rechnen ist, kann eine erhöhte Wasserzufuhr bei Böden mit geringerer Wasserdurchlässigkeit (hoher Anteil an Feinsubstraten) Staunässe, erhöhte Oberflächenabflüsse und Erosion begünstigen (Böhm 2008)." (Schuchardt & Wittig 2012: 69)
"Bodenstoffhaushalt: Die Gefahr einer sich verstärkenden sommerlichen Austrocknung von Böden wird zu einer Änderung der Nährstoffdynamik führen. Da der Transport von Düngenährstoffen zur Pflanzenwurzel und die Aufnahme zahlreicher Pflanzennährstoffe an das Vorhandensein von Wasser gekoppelt sind, werden die Nährstoffverfügbarkeit und die Düngewirkung in der Hauptvegetationsperiode eingeschränkt, wodurch das Risiko von Trockenstress und Mindererträgen aufgrund schlechter Nährstoffausnutzung steigt. Aufgrund der Zunahme der Winterniederschläge und Starkregentage sowie der daraus resultierenden zunehmenden Sickerwasserraten steigt gleichzeitig das Auswaschungsrisiko für nicht sorbierbare Stoffe, insbesondere Nitrat, und damit das Belastungsrisiko von Grund- und Oberflächengewässern. Dies gilt vor allem für sandige Böden mit einer hohen Wasserdurchlässigkeit." (Schuchardt & Wittig 2012: 69 f.)
"Bodenbiodiversität: Der Boden ist Lebensraum für zahlreiche Lebewesen (pflanzliche Organismen, tierische Einzeller und Vielzeller, Bakterien, Pilze), die wiederum eine maßgebliche Rolle für die Erhaltung bzw. Ausprägung der Eigenschaften, ökosystemaren Funktionen und Standortqualitäten von Böden spielen (Nds. MU 2007). So tragen Bodenorganismen zum Abbau und zur Mineralisierung der organischen Substanz (Humusaufbau), zur Durchmischung und Stabilisierung organischer und mineralischer Partikel (Bodenaggregation), zur Bindung atmosphärischen Stickstoffs sowie zu Verwitterungsprozessen und zur Bodenbildung (Pedogenese) bei.[...] Der projizierte Temperaturanstieg und die Veränderungen des Niederschlagsregimes werden sich unmittelbar auf Bodentemperatur und -wasserhaushalt und damit auch auf Bodenorganismen auswirken. Es besteht jedoch noch erheblicher Forschungsbedarf hinsichtlich der Auswirkungen der Klimaveränderungen auf die Bodenbiodiversität (LABO 2010; LBEG 2010)." (Schuchardt & Wittig 2012: 70)
"Bodenverdichtung: Infolge starker mechanischer Belastungen (z. B. durch landwirtschaftliche Bearbeitung bzw. Befahrung) kann es zu Schadverdichtungen des Bodens kommen. Die damit einhergehende Verringerung der Wasserleitfähigkeit und Infiltrationskapazität des Bodens kann Staunässe begünstigen und zur Erhöhung des Erosionsrisikos beitragen. Darüber hinaus können sich die Durchwurzelbarkeit und die nutzbare Feldkapazität reduzieren, was sich langfristig negativ auf die Bodenfruchtbarkeit auswirkt (Böhm 2008; LBEG 2010). Grundsätzlich verdichtungsanfällig sind vor allem bindige und schluffreiche Böden bei einer hohen Bodenfeuchtigkeit." (Schuchardt & Wittig 2012: 71)
"Bodenerosion: Durch die projizierte Zunahme der Winterniederschläge und Starkregentage kann es im Winter zu einer häufigeren Wassersättigung und damit zu einer Überschreitung der Wasseraufnahmekapazität von Böden kommen – mit der Folge, dass der Oberflächenabfluss und damit auch der durch Wassererosion hervorgerufene Bodenabtrag zunimmt (LBEG 2010). Andererseits kann die prognostizierte Abnahme der Schneemenge und Eistage dazu führen, dass sich die Erosionsgefährdung, die durch oberhalb von gefrorenem Boden ablaufendes Schmelz- bzw. Regenwasser hervorgerufen wird, reduziert (Böhm 2008)." (Schuchardt & Wittig 2012: 71)
"Bodenfunktionen: Aufgrund der sich ändernden klimatischen Bedingungen besteht zudem die Gefahr, dass die Eigenschaften von schutzwürdigen Böden soweit verändert werden, dass sie ihre besonderen Standorteigenschaften verlieren. So können z. B. Feuchtstandorte und Moore infolge zunehmender Sommertrockenheit stärker austrocknen. Auf der anderen Seite können Trockenstandorte durch zunehmende Winterniederschläge feuchter und damit in ihren besonderen Standorteigenschaften beeinträchtigt werden [...]. Es ist jedoch auch eine gegenläufige Entwicklung möglich: Die Auswirkungen des Klimawandels könnten bei einigen Standorten zu einer Verbesserung der Standorteigenschaften (z. B Erhöhung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit) führen (LBEG 2010)." (Schuchardt & Wittig 2012: 72)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Bevölkerungsschutz

"Der Klimawandel wird sich im Bereich Bevölkerungs- und Katastrophenschutz in erster Linie durch die zu erwartende Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen wie Hitzeperioden, Starkregen, Binnenhochwassern, Stürmen und Sturmfluten bemerkbar machen. Daneben können sich aber auch 'schleichende' Veränderungen auf den Bevölkerungsschutz auswirken, da dies möglicherweise zu einer Zunahme von vektorgebundenen Krankheiten führen kann. Obwohl der Bevölkerungsschutz grundsätzlich bereits heute auf die Bewältigung von Extremwetterereignissen eingestellt ist, können durch die klimatischen Veränderungen dennoch neue bzw. zusätzliche Herausforderungen für den Bevölkerungsschutz und den Schutz von Kritischen Infrastrukturen entstehen (BBK 2009; BMI 2009), die laut der DAS die 'materiellen Ressourcen, das Krisen- und Notfallmanagement sowie die Planung des operativen Einsatzes betreffen' (Bundesregierung 2008)." (Schuchardt & Wittig 2012: 141)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Biologische Vielfalt

"Zusammenfassend sind folgende Sensitivitäten und potenziellen Auswirkungen für den Handlungsbereich Biodiversität und Naturschutz in der MPR HB-OL beobachtbar bzw. möglich:
- Terrestrische und aquatische Ökosysteme und ihre Biozönose reagieren bereits in komplexer Weise auf den Klimawandel (global, deutschlandweit und in der MPR HB-OL). Es sind bereits deutliche Verfrühungen in den phänologischen Hauptjahreszeiten in der Region aufgetreten und weitere Verfrühungen phänologischer Erscheinungen sind zu erwarten (v. a. für den Frühling). Veränderungen sind auch für die Verbreitung von Arten, die Artenzusammensetzung (auch durch Neobiota) und für die Synchronisation ökologischer Beziehungen beobachtbar (Details in Schuchardt et al. 2011). Hier sind klimawandelbedingt hohe potenzielle Auswirkungen zu erwarten.
- Der Klimawandel stellt eine zusätzliche Belastung bzw. einen zusätzlichen Stressfaktor dar, der sich zu den bekannten anthropogenen Belastungen wie Habitatfragmentierung, Eutrophierung, Flächenverbrauch usw. addiert. Die „Verinselung“ von Populationen führt zu genetischer Verarmung und damit zu verminderter Vitalität von Arten. Genetische verarmte Populationen sind wenig plastisch und können sich an veränderte Situationen weniger gut anpassen (CBD 2003, Townsend et al. 2003). Die klimawandelbedingten Artenverluste könnten in den nächsten Jahrzehnten höher sein, als die durch Lebensraumverluste (Harrington et al. 1999, Hughes 2000, Hare 2003, Thomas et al. 2004).
- Neben den potenziellen Auswirkungen auf Artebene, wird der Klimawandel auch Einfluss auf Lebensräume und Schutzgebiete haben (die Analyse erfolgte v. a. anhand der Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie nach Petermann et al. (2007): s. Schuchardt et al. 2011)." (Schuchardt & Wittig 2012: 78)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Bauwesen

"In der Metropolregion Bremen-Oldenburg (MPR HB-OL) sind insbesondere folgende potenzielle Auswirkungen des Klimawandels auf Gebäude und Bauwerke und damit auf den Sektor Bauwesen zu erwarten (vgl. BMVBS & BBR 2008c; Grothmann et al. 2009):
- Infolge der erhöhten Eintrittswahrscheinlichkeit von Temperaturextremen und Hitzeperioden ist mit einer Zunahme der Hitzebelastung von Wohn- und Arbeitsstätten sowie mit höherem Hitzestress für die dort lebenden bzw. arbeitenden Menschen zu rechnen. Die Sensitivität von Gebäuden gegenüber Sonneneinstrahlung und hohen Temperaturen ergibt sich aus dem Zusammenspiel verschiedener Faktoren wie z. B. Gebäudeausrichtung, Größe und Anordnung von Fensterfronten, Wärmedämmung der Außenhülle etc. Insbesondere in den Städten der MPR HB-OL kann es zu einer klimawandelbedingten Verstärkung von Wärmeinseleffekten kommen, die sich auch auf den Gebäudebestand auswirken werden. Dies kann neben Einschränkungen der Lebensqualität bzw. des thermischen Komforts sowie der Arbeitsproduktivität auch gesundheitliche Probleme (Herz-Kreislauf-Erkrankungen etc.) oder sogar Todesfälle nach sich ziehen [...]. Aufgrund der küstennahen Lage sind in der MPR HB-OL aber trotz der Zunahme von Sommer- bzw. Hitzetagen und Tropennächten nur relativ moderate Auswirkungen durch zunehmende Hitzebelastungen auf den Gebäudebestand zu erwarten.
- Im Zuge des Klimawandels ist mit häufigeren und intensiveren Starkregenereignissen zu rechnen. Diese können direkt (durch Schlagregen) oder indirekt (durch Überlastung der Dachentwässerungssysteme, Rückstau aus der Kanalisation, anstauendes Oberflächenwasser im Gebäudeumfeld) zu Schäden an bzw. in Gebäuden führen (z.B. Durchfeuchtung von Fassaden- und Sockelbereichen, Eintritt von Wasser ins Gebäudeinnere). [...]
- Die saisonale Verschiebung der Jahresniederschläge und die Veränderungen der klimatischen Wasserbilanz führen zu länger anhaltenden Trockenperioden im Sommer und Nässeperioden im Winter. Dies kann vor allem in den stark grundwasserbeeinflussten Marsch- und Moorgebieten der MPR HB-OL stärkere Schwankungen des Bodenwasserhaushalts und Grundwasserspiegels und daraus resultierende negative Folgen für Baugrund und Bauwerke nach sich ziehen (z. B. Setzungsrisse an Bauwerken infolge von Hebungs- und Senkungsprozessen aufgrund schwankender Wassersättigung des Baugrunds, Durchfeuchtung von im Erdreich liegenden Bauwerksteilen infolge hoher Grundwasserspiegel, Geländesackungsprozesse in Moorgebieten und Fäulnisschäden an Holzrammpfählen mangels Luftabschluss infolge niedriger Grundwasserspiegel)." (Schuchardt & Wittig 2012: 39 f.)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Energiewirtschaft

"Der Energiecluster in der Metropolregion Bremen-Oldenburg ist in verschiedener Weise dem Klimawandel ausgesetzt. Es wird deswegen in der Analyse zwischen direkten und indirekten Wirkungen des Klimas auf den Energiecluster unterschieden. Direkte Wirkungen für den Energiecluster haben insbesondere Änderungen in den Klimaparametern Temperatur (auch Kenntage), Niederschlag, Windgeschwindigkeiten, Stürme, Hochwasserstände, niedrige Wasserstände plus heiße Tage (Kühlwasser) und Tropennächte (s. Kap. 3). Die Entwicklung dieser Parameter für das regionale Klima ist in den Klimaszenarien dargestellt (s. Schuchardt et al. 2010a und 2010b [...]). [...] Indirekte Wirkungen können zum Beispiel aus der Rückkopplung des möglichen Klimawandels mit anderen für die Energieversorgung relevanten Bereichen resultieren, hierzu zählen:
- zunehmende Starkwetterereignisse führen zu höheren Versicherungskosten;
- Verstärkung der nationalen Klimaschutzbemühungen und Auswirkungen auf Regulierung oder Genehmigungen;
- Verstärkung politischer Instabilitäten in Ressourcenländern aufgrund klimatischer Belastung (Dürre, Extremereignisse usw.)." (Schuchardt & Wittig 2012: 96)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Küsten-und Meeresschutz

"Wie die ‚nordwest2050’-Klimaszenarien verdeutlichen, führen der mittlere Meeresspiegelanstieg, der zusätzliche Anstieg des mittleren Tidehochwassers und die Zunahme des Windstaus zu einem Anstieg der Sturmflutwasserstände mit insgesamt sehr großen Spannweiten (s. Schuchardt et al. 2010b). Zudem ist mit einer erhöhten Eintrittswahrscheinlichkeit von Sturmfluten zu rechnen, da die ‚nordwest2050’-Klimaszenarien sowohl eine Zunahme der Sturmtage als auch der für ein Sturmflutereignis relevanten westlichen bis nördlichen Windrichtungen voraussagen. Aufgrund der klimawandelbedingt ansteigenden Hochwasser- und Sturmflutwasserstände sowie der erhöhten Eintrittswahrscheinlichkeit von Sturmfluten werden sowohl die Höhe als auch die Häufigkeit der den Deich erreichenden Wasserstände zunehmen (Wittig et al. 2007b). Zudem ist mit länger anhaltenden Sturmfluten zu rechnen, da ein hoher Windstau nicht wie bisher im Mittel sieben bis acht Stunden am Deich stehen würde, sondern möglicherweise zwei bis drei Stunden länger (Woth & von Storch 2008). Beides führt zu einer Zunahme der Belastung von Küstenschutzbauwerken. Darüber hinaus könnten klimawandelbedingte Veränderungen der morphodynamischen Prozesse im Küstenvorfeld eine Verringerung der seegangs- und strömungsdämpfenden Eigenschaften der natürlichen Schutzelemente (Wattflächen, Platen, Deichvorländer) und damit Einschränkungen der Regulationsfunktion für den Küstenschutz bewirken (Wittig et al. 2007a)." (Schuchardt & Wittig 2012: 58)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Menschliche Gesundheit

"In der Metropolregion Bremen-Oldenburg sind potenzielle Auswirkungen des Klimawandels aufgrund sozialräumlicher (Akklimatisierung und demografische Entwicklung) und naturräumlicher (Hitzeperioden und Hitzeinseleffekte, Krankheitsüberträger und Infektionskrankheiten sowie Allergene) Sensitivitätsaspekte für den Sektor menschliche Gesundheit zu erwarten:
- Die Menschen bzw. die Bevölkerung der Region ist wenig an heiße Temperaturen und Hitzeperioden akklimatisiert und die Akklimatisierungsfähigkeit älterer Menschen und Bevölkerungsgruppen ist eingeschränkt (Kropp et al. 2009a; UBA 2009b). Soziale Aspekte und gesundheitliche Vorbelastungen verstärken die Sensitivität. Die Abnahme der Kältekenntage und reduzierter Kältestress hat vorteilhafte Auswirkungen auf Wohlbefinden und Gesundheit. Über die temperaturbedingten Veränderungen der Todesraten im Jahresdurchschnitt ist wenig bekannt; die potenziellen Auswirkungen werden aber v. a. in der hitzebedingten Zunahme von Morbiditäts- und Mortalitätsraten deutlich werden (EEA 2008, Koppe et al. 2003).
- In der Altersgruppe mit Menschen über 65 Jahren sowie Pflegebedürftigen in Krankenhäusern, Gesundheitseinrichtungen und Altenheimen nimmt die Mortalität während Hitzperioden deutlich zu (Huyen et al. 2001; Koppe et al. 2004; UBA 2009a). Der prognostizierte demografische Wandel führt zu einer deutlichen Vergrößerung dieser Altersgruppe, woraus sich hohe Herausforderungen für das Gesundheitssystem ergeben (Nds. MUK 2009). Die regionalen 'nordwest2050'-Klimaszenarien zeigen bezüglich der Temperaturkenntage heiße Tage, Sommertage und Tropennächte ebenso eine deutliche Zunahme wie für Tage mit Hitzestress und bezüglich der Intensität von Hitzeperioden, so dass hier hohe potenzielle Auswirkungen auf den Sektor menschliche Gesundheit zu erwarten sind.
- Extreme Wetter- und Klimaereignisse wie Starkregentage und Sturmtage haben für die Region vergleichsweise geringe potenzielle Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. So kann eine extreme Sturmflut zwar sehr hohe Auswirkungen durch eine große Zahl von Todesopfer haben, über deren zukünftige Häufigkeitsänderung können aber keine Angaben gemacht werden und die Eintrittwahrscheinlichkeit für einen solchen Schaden ist sehr gering. Zunehmende gesundheitliche Belastungen aus Extremereignissen können aus vermehrtem Stress und höherer psychischer Belastungen resultieren (Kropp et al. 2009a, Grothmann 2005).
- Vektoren als Überträger von Krankheitserregern wie Stechmücken, Zecken, Flöhe und Wanzen können klimawandelbedingt ihr Endemiegebiet ausweiten und für sie günstigere Lebensbedingungen auch in der MPR HB-OL vorfinden (EEA 2008; UBA 2010). Aufgrund der verbesserten Ausbreitungs- und Übertragungsbedingungen kann die Gefahr für Infektionskrankheiten ansteigen. Damit ist ein erhöhtes gesundheitliches Risiko durch Krankheiten wie Lyme-Borreliose, Frühsommer Meningoenzephalitis (FSME), Malaria, Leishmaniose, Dengue-Fieber, West-Nil-Fieber und Hanta-Fieber verbunden, wobei allerdings Wissenslücken bezüglich der Ausbreitungsmöglichkeiten und der optimalen klimatischen Bedingungen für einen Vektor vorhanden sind (Lozán et al. 2008; UBA 2003). Über Höhe und Eintrittszeitpunkt dieser potenziellen Auswirkungen für die Region können daher keine konkreten Aussagen gemacht werden." (Schuchardt & Wittig 2012: 35 f.)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Raumordnung, Regional- und Bauleitplanung

"Obwohl die meisten Folgen des Klimawandels eine räumliche Dimension des Auftretens haben und sich über bestimmte Verbreitungspfade (Boden, Wasser, Luft) im Raum auswirken, müssen sie nicht unmittelbar relevant für die Raumplanung (Raumordnung und Bauleitplanung) sein. Nach Greiving & Fleischhauer (2008) kann eine sog. Wirkfolge des Klimawandels erst dann als raumplanungsrelevant eingestuft werden, 'wenn mit Hilfe raumplanerischer Instrumente Eintrittswahrscheinlichkeit, Intensität oder Konsequenzen von Klimafolgen für bestimmte, ausreichend sicher identifizierbare Entstehungs- und/oder Betroffenheitsräume beeinflussbar sind oder Anpassungsstrategien gestaltet werden können'. [...] Von den als unmittelbar raumplanungsrelevant identifizierten Auswirkungen des Klimawandels sind folgende auch in der Metropolregion Bremen-Oldenburg (MPR HB-OL) von Bedeutung: steigende Gefährdung der Artenvielfalt, zunehmende Schwankungen der Grundwasserstände und Einschränkung der nutzbaren Wasserressourcen, häufigere Hitzeperioden oder Hitzewellen, häufigere lokale Überschwemmungen durch Starkregenereignisse, Veränderung von Häufigkeit und Stärke von Flusshochwassern, steigender Meeresspiegel, häufigere und höhere Sturmflutwasserstände sowie häufigere Beeinträchtigung und Zerstörung von Infrastrukturen." (Schuchardt & Wittig 2012: 129)
"Im Folgenden werden die aus den raumplanungsrelevanten Auswirkungen des Klimawandels resultierenden Handlungserfordernisse für die Raumplanung in der MPR HB-OL dargestellt:
- Schutz von Siedlungsräumen vor Extremwetterereignissen: Bedingt durch die Zunahme von Sommer- und Hitzetagen sowie Tropennächten wird es in der MPR HB-OL zu einer – wenn auch aufgrund der küstennahen Lage vergleichsweise moderaten – Verstärkung von Hitzebelastungen kommen, die insbesondere in verdichteten Siedlungsbereichen zu verstärkten Wärmeinseleffekten führen können [...]. Zur Milderung von Hitzefolgen ist es daher erforderlich, siedlungsklimatisch bedeutsame Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete sowie -abflussbahnen freizuhalten und zu sichern. Zudem übernehmen Freiräume vor allem in der Nähe urbaner Zentren (wie z. B. Bremen) eine Naherholungsfunktion für die städtische Bevölkerung. Die Sicherung dieser Funktion wird mit steigender Häufigkeit klimatischer Belastungssituationen weiter bedeutsam. Infolge der klimawandelbedingten Zunahme von Starkregenereignissen werden sich außerdem die zum Teil bereits heute auftretenden Probleme bei der Abführung großer Niederschlagsmengen, die sich in der Überschreitung der Aufnahmekapazität von Kanalsystemen bzw. Vorflutern und daraus resultierenden lokalen Überschwemmungen ausdrücken, voraussichtlich verschärfen [...].
- Vorsorge für Biodiversität und Naturschutz: Die Veränderungen der Klimaparameter Temperatur, Niederschlag und klimatische Wasserbilanz sowie der Anstieg der Tidewasserstände erhöhen das Gefährdungspotenzial insbesondere für solche Arten, die sehr spezifische Lebensraumansprüche haben und denen nur ein kleines potenzielles Verbreitungsgebiet zur Verfügung steht oder die sich neue Lebensräume wegen schlechter Ausbreitungsmöglichkeiten nicht oder nur schwer erschließen können (Nds. MUK 2009). Zu den besonders anfälligen Lebensräumen können z. B. Gewässer, Feuchtgebiete und Küstenregionen gehören [...]. Die klimawandelbedingte Veränderung der Standortfaktoren naturnaher Lebensräume kann nicht nur zu einer Verschiebung der Artenzusammensetzung, sondern auch zu Lücken im regionalen und überregionalen Biotopverbundsystem führen (ARL 2009).
- Wassermanagement und Schutz von Wasserressourcen: Der Klimawandel wird sich auf das Wassermanagement in zweierlei Hinsicht auswirken: Zum einen kann es infolge der Veränderung der klimatischen Wasserbilanz im Sommer ggf. zu Einschränkungen des Wasserdargebots kommen. Zum anderen können die Zunahme von winterlichen Niederschlagsmengen bzw. häufigere und intensivere Starkregenereignissen insbesondere in den Küstenniederungen der MPR HB-OL zu Engpässen in der Binnenentwässerung führen [...]." (Schuchardt & Wittig 2012: 130)
"- Flächen- und Risikovorsorge für den Binnenhochwasserschutz: Der Klimawandel wird voraussichtlich eine Zunahme von Hochwasserereignissen bewirken, da sowohl die saisonale Verschiebung der Niederschlagsmengen in das Winterhalbjahr als auch die Zunahme lokal begrenzter Starkregenereignisse erhöhte Abflussmengen in den Fließgewässern nach sich ziehen können [...].
- Flächen- und Risikovorsorge für den Küstenschutz: Der Anstieg der Tide- und Sturmflutwasserstände in Nordsee, Jadebusen und Weserästuar wird – ohne eine entsprechende Anpassung des Küstenschutzes - eine Verminderung der Sicherheit der Küstenschutzanlagen und damit eine Erhöhung des Sturmflutrisikos für das Küstenhinterland zur Folge haben [...]. Gleichzeitig wächst aufgrund der fortschreitenden Bebauung und Nutzung küstennaher Flächen (Wohn- und Gewerbegebiete) sowie der Errichtung bzw. des Ausbaus aufwändiger Infrastrukturen (Häfen, Industrieanlagen,
Ferienzentren etc.) die Summe der geschaffenen Werte sowie die regionale Wertschöpfung in den Küstengebieten. Diese Entwicklungen führen dazu, dass die Schadensanfälligkeit, d. h. das volkswirtschaftliche Risiko, das durch Sturmfluten entstehen kann, kontinuierlich steigt." (Schuchardt & Wittig 2012: 130)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Verkehr

"Die potenziellen Auswirkungen des Klimawandels auf die Hafen- und Logistikwirtschaft werden durch die zu erwartenden klimawandelbedingten Störereignissen und die Sensitivitäten bestimmt [...]. Bei den Klimaveränderungen ist zwischen regionalen und globalen Verschiebungen zu unterscheiden. Auch zeigen sich Unterschiede bei den Auswirkungen von Extremwetterereignissen (z. B. Starkregenereignisse) und der Veränderung von Durchschnittswerten (z. B. Anstieg des Meeresspiegels), da dies die Wirtschaftsakteure in unterschiedlicher Weise betrifft. Bei den Auswirkungen dieser Veränderungen ist zwischen direkten und indirekten zu unterscheiden. Ersteren sind Schäden an Standorten, Gebäuden/Lagerflächen und Transportmitteln zu zurechnen. Bei den Standorten kann zwischen Überflutungen aufgrund von Starkregenereignisse, Hochwasser von Flüssen oder Deichbruch bei Sturmfluten unterschieden werden. Beschädigung der Baustruktur und/oder Schäden an Maschinen und gelagerten Waren durch Hochwasser- und Sturmereignisse oder Starkniederschläge betreffen die Gebäude/Lagerflächen. So kann auch das Be- und Entladen der Schiffe am Hafen durch erhöhte Windgeschwindigkeiten erschwert werden. Und auch die Schiffe selbst sind bei Sturmereignissen sowohl im Hafen als auch auf See potentiell betroffen (ISL 2010b: 3-14). Durch anhaltende Hitzeperioden kann es bei verderblichen Waren zu Problemen bei der Kühlung kommen. [...] Bei den Transportmitteln sind Beschädigungen von Schiffen durch Hochsee-Sturmereignisse oder verringerte Nutzungsdauer von Containern/Planen aufgrund verstärkter Abnutzung durch Witterungseinflüsse möglich. Zudem können LKWs aber auch Züge durch Stürme beschädigt werden. Ein Beispiel für die Folgen veränderter Durchschnittswerte sind morphologische Veränderungen in den Schifffahrtsstrassen, die aufgrund des Anstiegs des Meeresspiegels auftreten können und zusätzliche Ausbaggerungen der Fahrrinnen nach sich ziehen und damit zu finanziellen Belastungen und Herausforderungen für die Infrastrukturanbieter werden (ISL 2010b)." (Schuchardt & Wittig 2012: 112)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Wasser

"Der Handlungsbereich Wasserwirtschaft und Hochwasserschutz hat in der Metropolregion Bremen-Oldenburg (MPR HB-OL) vielfältige, mit jeweils unterschiedlichen Problemlagen behaftete Aufgaben und wird deshalb untergliedert in die Teilbereiche Binnenhochwasserschutz, Wassermanagement in den Küstenniederungen, Siedlungswasserwirtschaft sowie Gewässerschutz und Sicherung von Wasserressourcen. [...] Wie die Ergebnisse der im Rahmen von 'nordwest2050' durchgeführten Niederschlagsabflussmodellierung der Weser und ihrer Teileinzugsgebiete verdeutlichen, werden die in den ‚nordwest2050’- Klimaszenarien projizierten Veränderungen im Niederschlagsregime (Verschiebung der Niederschläge vom Sommer in den Winter) zu einer Zunahme des mittleren Abflusses (MQ) in den Wintermonaten führen (DHI-WASY 2010). Auch Hennegriff et al. (2006) gehen davon aus, dass infolge der Zunahme winterlicher Niederschläge und einer häufigeren Feuchtigkeitssättigung des Bodens in den Wintermonaten zukünftig mehr Niederschlagswasser zum Abfluss gelangen wird." (Schuchardt & Wittig 2012: 46 f.)
"Im Hinblick auf die Entwässerung der Küstenniederungsgebiete der MPR HB-OL ist insbesondere die in den 'nordwest2050'-Klimaszenarien projizierte starke Zunahme der Niederschlagsmengen in Herbst und Winter von Bedeutung. Darüber hinaus ist mit einem häufigeren Auftreten von Starkregenereignissen zu rechnen. Beides führt dazu, dass die zu entwässernde Wassermenge (die sich aus dem direkt in der Küsten- bzw. Unterwesermarsch anfallenden Wasser sowie den zusätzlich aus den umliegenden Geestgebieten oberirdisch und grundwasserbürtig zufließenden Wassermengen zusammensetzt) unter Klimawandelbedingungen sowohl saisonal als auch temporär (nach Starkregenereignissen) erheblich zunehmen kann. [...] Im Hinblick auf den Bedarf an Zuwässerung ist die in den 'nordwest2050'-Klimaszenarien projizierte Abnahme der sommerlichen Niederschläge sowie die mit dem Temperaturanstieg einhergehende Erhöhung der Evapotranspiration von Bedeutung. Beides zusammen führt dazu, dass sich die klimatische Wasserbilanz verschlechtert und damit die Wasserverfügbarkeit abnimmt, so dass insbesondere in den Sommermonaten vermehrt aus der Unterweser zugewässert werden muss." (Schuchardt & Wittig 2012: 47)
"Im Bereich der Trinkwasserversorgung ist infolge der in den 'nordwest2050'-Klimaszenarien projizierten steigenden sommerlichen Durchschnittstemperaturen und der Zunahme an Sommer- bzw. Hitzetagen und Tropennächten mit einer stärkeren Erwärmung des Trinkwassers im Verteilnetz zu rechnen. Insbesondere in dicht bebauten und versiegelten Gebieten, in denen sich die Oberfläche und darunter liegende Bodenschichten besonders stark aufheizen, sowie in Netzbereichen mit geringem Durchfluss kann sich daher das Risiko einer Wiederverkeimung des Trinkwassers leicht erhöhen (MUNLV NRW 2010). Aufgrund der sich verschlechternden sommerlichen klimatischen Wasserbilanz und vor dem Hintergrund länger anhaltender Trockenperioden kann es in der MPR HB-OL darüber hinaus gebiets- und zeitweise zu einem geringeren für die Wasserversorgung nutzbaren Grundwasserdargebot kommen. Da dies gleichzeitig mit einer Erhöhung des privathaushaltlichen, gewerblichen und landwirtschaftlichen Wasserbedarfs in den trockener und wärmer werdenden Sommermonaten einhergehen wird, können im Extremfall u. U. Engpässe in der Trinkwasserversorgung auftreten (Pinnekamp et al. o. J.)." (Schuchardt & Wittig 2012: 48)

Methodischer Ansatz

Kurzbeschreibung des methodischen Ansatzes 

Umfangreiche Recherchen (Literatur, Internet, Forschungsprojekte usw.) sowie auf Befragungen von Akteuren und Entscheidungsträgern der Region; Vulnerabilitätsanalyse auf Basis von Voruntersuchungen, einer klimawandelfokussierten Systemanalyse und regionalen Klimaszenarien (Klimamodelle REMO und CLM)

Analysekonzeptansatz früherer IPCC-Ansatz (2004, 2007)
Komponenten im Analysekonzept  Klimatischer Einfluss, Sensitivität, Vulnerabilität, Anpassungskapazität
Methodik zur Operationalisierung Quantitative Wirkmodelle (z.B. Abflussmodelle), Proxy-Indikatoren

Wer war oder ist beteiligt?

Herausgeber Projektkonsortium ‚nordwest2050’
Kontakt 

Auftraggeber: nordwest2050 – Perspektiven für klimaangepasste Innovationsprozesse in der Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten, Delmenhorst
Auftragnehmer: Bastian Schuchardt, Stefan Wittig (BioConsult Schuchardt & Scholle GbR, Bremen)

Bibliographische Angaben 

Schuchardt, Bastian; Wittig, Stefan (Hrsg.) 2012: Vulnerabilität der Metropolregion Bremen-Oldenburg gegenüber dem Klimawandel (Synthesebericht). Bremen/Oldenburg

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Handlungsfelder:
 Gebäude  Biologische Vielfalt  Boden  Energieinfrastruktur  Küsten- und Meeresschutz  Menschliche Gesundheit und Pflege  Raumplanung, Stadt- und Siedlungsentwicklung  Tourismuswirtschaft  Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft