Klimawirkungsstudie Niedersachsen

Ziel der Studie

Methodische Weiterentwicklung von Vorgängerstudien zu Klimafolgen in Niedersachsen (KLIFF 2013, DWD Juni 2018). Stärkere Regionalisierung der bisherigen Erkenntnisse zu Klimafolgen in Niedersachsen.

Erscheinungsjahr

Untersuchungsregion/-raum

Bundesland Niedersachsen
Untersuchungsraum Niedersächsisches Landesgebiet unterteilt in fünf Untersuchungsregionen (nach naturräumlicher Gliederung und Klimastationsregionen LBEG): Küste, westliches Flachland, östliches Flachland, Berg- und Hügelland, Harz.
Räumliche Auflösung 

10x10 km Raster

Verwendete Klimamodelle / Ensembles

Emissionsszenarien RCP8.5
Klimamodelle EURO-CORDEX
Ensembles Oberflächengewässer: basiert auf Klimaprojektionen, die für das Projekt KliBiW genutzt wurden. Grundwasser, Bodenfunktionen: basiert auf einer Auswahlmethode des DWD, repräsentatives Ensemble für Niedersachsen
Regionales Klimamodell 

Projekt ReKliEs-De

Zeitraum 

1971-2000
2021-2050
2050-2100

Klimawirkungen

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Boden

Bodenerosion durch Wasser

- “ „Die Bedeutung der zu erwartenden Änderungen liegt besonders in den On- und Off-Site Schäden durch Extremereignisse (vor allem Starkniederschläge nach einer längeren Trockenperiode). Die Folgen der Bodenerosion durch Wasser können das gesamte Bundesland betreffen, mit reliefbedingtem Schwerpunkt auf den Süden Niedersachsens. So können in Zukunft verstärkt Einschränkungen der Nährstoffverfügbarkeit bzw. verminderte Bodenfruchtbarkeit durch den Verlust an organischer Substanz sowie eine Schädigung des Saatguts resultieren. Als Resultat können deutliche Ertragseinbußen in der Landwirtschaft auftreten. Darüber hinaus können durch die Extremereignisse zukünftig mehr Schäden an Verkehrsflächen (Off-Site-Schäden) vorkommen.“ (S.137)

Bodenstoffhaushalt

- „Die stärkste Klimawirkung für das Verlagerungsrisiko nicht sorbierbarer Stoffe liegt erwartungsgemäß im Bereich der sandigen Geestböden [...], insbesondere im zentralen Teil Niedersachsens (westliches und östliches Flachland). Hier werden klimawandelbedingt zunehmende Sickerwassermengen bei geringen Wasserspeicherkapazitäten der Böden zu einer Erhöhung des Verlagerungsrisikos nicht sorbierbarer Stoffe, wie z.B. Nitrat, aus dem Boden in das Grundwasser führen.“ (S.145)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Wasser

Grundwasser

- „Bei Betrachtung der Klimawirkung Wasserverfügbarkeit aus Grundwasser im Referenzzeitraum […], welche durch den Indikator der 30-jährigen mittleren Grundwasserneubildungsrate abgebildet wird, zeigen sich an der Küste, in den Talniederungen und am östlichen Rand Niedersachsens Bereiche mit einer niedrigen Grundwasserneubildungsrate, was einer starken Klimawirkung entspricht. Im Harz, im Berg- und Hügelland sowie in weiten Teilen des Flachlandes besteht eine hohe Wasserverfügbarkeit aus Grundwasser bzw. eine hohe Grundwasserneubildungsrate und somit eine schwache Klimawirkung.“ (S.34)
- „Die Bedeutung der möglichen zukünftigen Veränderung der 30-jährigen mittleren Grundwasserneubildungsrate liegt […] in dem Trend für das Sommer- und Winterhalbjahr. In der nahen Zukunft sind vorerst nur geringe Veränderungen zu erwarten. Je nach betrachteten Bereich der Bandbreite bzw. des Wandelszenarios ist im Sommerhalbjahr, wenn der Bedarf an Grundwasser durch den Menschen und die Vegetation am höchsten ist, in der fernen Zukunft mit größeren Abnahmen der Grundwasserneubildungsrate zu rechnen. Dies kann zum einen gravierende Auswirkungen für viele Ökosysteme und die Landwirtschaft haben. Zum anderen können dadurch Engpässe in der Trink- und Brauchwasserversorgung auftreten. Im Winterhalbjahr wird von der Mehrzahl der Modelle eine stetige Zunahme der Grundwasserneubildungsrate simuliert, wodurch die Wasserverfügbarkeit aus Grundwasser ansteigt. Dies kann zu Vernässungen sowie zu Schäden an Gebäuden durch einen Anstieg der Grundwasseroberfläche und zu verstärkter Erosion führen.“ (S. 36)

Grundwasserzustand

- „Die Bedeutung des Verlagerungsrisikos für nicht sorbierbare Stoffe (wie z.B. Nitrat) liegt in dem Stoffeintrag in das Grundwasser. Als Folge können Beeinträchtigungen der Gewässerökologie entstehen. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass es klimawandelbedingt zu einer 147 Zunahme des standörtlichen Verlagerungsrisikos für nicht sorbierbare Stoffe kommen kann. Dabei liegen die zu erwartenden Änderungen für viele Flächen bei einer Erhöhung der NAGStufe. Es ist somit unabdingbar, dass sowohl für die gegenwärtige als auch die zukünftige Situation Maßnahmenprogramme sowie standortdifferenzierte Nutzungs- und Bewirtschaftungspläne umgesetzt und erweitert werden.“ (S. 146f.)

Wasserverfügbarkeit

- „Die stärkste Klimawirkung des Zusatzwasserbedarfes liegt für den Referenzzeitraum im zentralen Teil Niedersachsens (vor allem im östlichen, z.T. auch im westlichen Flachland), im Bereich der sandigen und grundwasserfernen Geestböden mit geringer Wasserspeicherfähigkeit. Dabei ist die Klimawirkung im Osten Niedersachsens am höchsten, weil dort die Klimatische Wasserbilanz, bedingt durch die geringeren Niederschlagsmengen (von West nach Ost zunehmende Kontinentalität), am niedrigsten ist. Für die Küste sowie das Berg- und Hügelland ist die Klimawirkung nur schwach ausgeprägt, da diese Regionen von den höheren Niederschlagsmengen sowie von Böden mit höherer Wasserspeicherkapazität profitieren. Der Übergang der eher sandigen Böden im Norden zu den Löss- und Verwitterungsböden im Süden des östlichen sowie westlichen Flachlandes ist im Zusatzwasserbedarf deutlich erkennbar.“ (S.155)
- „Die Bedeutung der zu erwartenden Änderungen ist vor allem in den Gebieten des niedersächsischen Flachlandes besonders hoch. Bereits heute sind diese Gebiete aufgrund der sandigen, grundwasserfernen Böden von Sommertrockenheit betroffen (z.B. Landkreis Uelzen oder Samtgemeinde Ostheide). Im Zuge längerer Trockenperioden werden die ansässigen Landwirte in Zukunft in der Vegetationszeit voraussichtlich noch häufiger beregnen müssen um keine Ertragseinbußen hinnehmen zu müssen.“ (S. 156)

Abflussverhältnisse (von Oberflächengewässern)

- „Die Darstellungen der räumlich differenzierten Analyseergebnisse für die Klimawirkung der Abflusshöhe des mittleren Durchflusses [..] zeigen, dass die größten absoluten Abflusshöhen bei mittleren Abflussverhältnissen überwiegend im Harz vorkommen. Diese Dominanz tritt unabhängig vom Zukunftszeitraum auf, ist im Winterhalbjahr jedoch stärker ausgeprägt als im Sommerhalbjahr. Auch das Berg- und Hügelland hebt sich in diesem Zusammenhang noch geringfügig von den anderen Regionen ab, wenn auch nicht so deutlich wie der Harz.“ (S.53)
- „Die Bedeutung der zukünftigen Veränderungen ist für alle Regionen als insgesamt eher gering bis mittel zu bezeichnen. Die Abnahmen der Abflusshöhen im Harz unter dem schwachen bzw. mittleren Szenario im Sommerhalbjahr könnten die vorhandenen Gewässerökosysteme sowie die Bewirtschaftung der Talsperren (unter den Aspekten der Trinkwasserversorgung und Energiegewinnung) ggf. vor neue Herausforderungen stellen. Auch die deutlichen Zunahmen der Abflüsse im gesamten Untersuchungsgebiet unter dem starken Szenario, vor allem in der fernen Zukunft, könnten ggf. die Ausgangssituation bei drohenden Hochwasserlagen verschärfen und die Anpassung von regionalen Vorsorge- und Schutzmaßnahmen notwendig machen.“ (S. 54)
- „ Die Bedeutung der zukünftigen Veränderungen der Hochwasserscheitel-Abflusshöhen ist für den Bereich des Harzes als eher gering bis mittel anzusehen. Zum einen fallen die Zunahmen hier zumeist relativ moderat aus. Lediglich im Sommerhalbjahr unter dem starken Wandelszenario können sich die bestehenden Verhältnisse erheblich verschärfen. […] Die Veränderungen bzw. Zunahmen der Abflusshöhen in den anderen Regionen fallen, mit Ausnahme des schwachen Wandelszenarios, z.T. deutlicher aus. Unter dem mittleren, vor allem aber unter dem starken Wandelszenario ist hier mit einer erheblichen Verschärfung der Hochwassersituation zu rechnen, die aufgrund der regional meist flachen Geländestrukturen größere Überschwemmungsflächen zur Folge hätte.“ (S. 67)
- „ Die zukünftigen Veränderungen der Hochwasser-Häufigkeiten haben für den Bereich des Harzes eine eher geringe Bedeutung. Die Veränderungen fallen hier je nach Szenario unterschiedlich aus, so dass keine eindeutige Entwicklungsrichtung (bzw. Zunahme) erkennbar ist. Zudem überwiegen natürliche Landnutzungsformen (Wald) und es gibt nur wenige Siedlungsflächen an Gewässern, so dass das Schadenspotenzial bei (kleinen) Hochwässern, wie sie an dieser Stelle betrachtet werden, relativ begrenzt bleibt. […] Im Berg- und Hügelland und vor allem im Flachland sowie an der Küste nehmen die Häufigkeiten von Hochwasserereignissen unter fast allen Szenarien und Halbjahren zu (mit Ausnahme des schwachen Szenarios in der nahen Zukunft). Hier wird ein erheblicher Teil der Flächen landwirtschaftlich genutzt und es gibt zahlreiche Siedlungsbereiche an den Gewässern, die ein erhöhtes Schadenspotenzial bilden. Allerdings existieren in diesen Gebieten bereits zahlreiche Schutzkonzepte gegenüber Hochwasser.“ (S.82)
„Eine maßgeblich eher hohe Bedeutung von Sturzfluten ist grundsätzlich für alle Regionen im Betrachtungsraum gegeben. Dies liegt zum einen daran, dass heutige Schutz- und Vorsorgemaßnahmen häufig eher auf Flusshochwasser und nicht auf in der Fläche auftretende Sturzfluten ausgerichtet sind. Zum anderen sind auch die kurzen Vorwarnzeiten entsprechender Ereignisse eine große Herausforderung für alle Regionen. Das Sturzflutpotenzial ist zwar im Harz und Harzvorland am größten, aber die Gefahr von Starkregenereignissen besteht innerhalb des gesamten Betrachtungsraumes.“ (S.97)
„Insgesamt haben die Niedrigwasserabflüsse (NM7Q) eine mittlere Bedeutung für die Regionen in Niedersachsen. Die Bereiche der Flachländer weisen gegenwärtig relativ niedrige Abflusshöhen auf, die zukünftig prozentual zwar leicht zunehmen können, hinsichtlich der Absolutwerte jedoch nach wie vor vergleichsweise gering bleiben.“ (S. 117)

Infrastruktur an Binnengewässern
-
„Es ist von einer eher geringen bis mittleren Bedeutung des Klimawandels für die Talsperrenbewirtschaftung auszugehen. Aktuell kann auf die sich abzeichnenden Veränderungen noch durch zyklisch angepasste Betriebsregeln reagiert werden. Für die ferne Zukunft müssen jedoch (vor allem aufgrund der räumlichen Verschiebung der Niederschläge) alternative Maßnahmen ins Auge gefasst werden, um die Daseinsvorsorge zu gewährleisten. (S.126)

Methodischer Ansatz

Kurzbeschreibung des methodischen Ansatzes 

Die wesentlichen Methodenbausteine bestehen aus Wasserhaushaltsmodellen bzw. hydrologischen Modellen sowie Werkzeugen der statistischen Analyse. Deren Ergebnisse wurden klassifiziert und mittels Karten nach Betrachtungszeitraum und -ort differenziert dargestellt.
Dazu werden nach der Beschreibung der direkten und indirekten Verbindungen zwischen klimatischem Einflussfaktoren und Klimawirkungen, die zugehörigen quantifizierbaren Indikatoren und Operationalisierungen erläutert. Die Indikatoren wurde aufgrund der räumlichen Heterogenität der Ergebnisse nicht mit spezifischen Schwellenwerten versehen, stattdessen wurden die minimalen und maximalen Klassengrenzen für die Zuordnung verwendet.

Analysekonzeptansatz Eigener Ansatz
Komponenten im Analysekonzept  Klimatischer Einfluss, Räumliches Vorkommen, Klimawirkung, Vulnerabilität, Anpassungskapazität
Methodik zur Operationalisierung Quantitative Wirkmodelle (z.B. Abflussmodelle), Proxy-Indikatoren, Qualitative Informationen (z.B. Experteninterviews)

Wer war oder ist beteiligt?

Herausgeber Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz
Förderung / Finanzierung Klimakompetenznetzwerk Niedersachsen (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz; Landesbauamt für Bergbau, Energie und Geologie; Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz)
Autor / Auftragnehmer Dr. Jörg Elbracht, Nicole Engel, Denise Harders, Dr. Udo Müller, Dirk Prause, Tobias Schlinsog, Markus Anhalt, Uwe Petry, Christine Schnorr, Jens Becker, Carina Holl, Lena Hübsch, Dr. Christian Jacobs, Petra Schilling
Kontakt 

Dr. Christian Jacobs (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz)

Bibliographische Angaben 

Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (2019): Klimawirkungsstudie Niedersachsen – Wissenschaftlicher Hintergrundbericht. Hannover.

Quellenangabe 

Nds. MUEBK 2019

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Handlungsfelder:
 Boden  Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft