Klimawandel in Sachsen - Sachstand und Ausblick

Ziel der Studie

Darstellung von Klimawandel und Klimafolgen für das Bundesland Sachsen

Erscheinungsjahr

Untersuchungsregion/-raum

Bundesland Sachsen
Untersuchungsraum Sachsen
Räumliche Auflösung 

administrative Grenze

Verwendete Klimamodelle / Ensembles

Emissionsszenarien "optimistisches" SRES-Emissionsszenario B2 und "pessimistisches" SRES-Emissionsszenario A2
Klimamodelle ECHAM4-OPYC3-T42
Ensembles nein
Anzahl der Modellläufe nicht dokumentiert
Regionales Klimamodell 

WEREX (spezielles regionalisiertes Klimamodell für Sachsen)

Weitere Parameter 

Temperaturänderungen, Niederschlagsänderung, Frosttage, Hitzeperioden

Zeitraum 

 

B2: 2050

A2: bis 2100

Klimawirkungen

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Biologische Vielfalt

"Eine Veränderung dieser klimatischen Verhältnisse führt also zwangsläufig zu einer Verschiebung des Arten- und Lebensraumspektrums. Bestimmte Arten und Ökosysteme werden zurückgedrängt, andere dagegen gefördert. Die Gefahr des Erlöschens (Extinktionsrisiko) von Populationen bestimmter Tier- und Pflanzenarten mit engerer Klima- und Standortbindung nimmt zu. Zumindest regional betroffen sind konkurrenzfähige Arten mit erworbenen Anpassungen an stabile Standort- bzw. Habitatbedingungen (so genannte K-Strategen; Müller, 1988). Besonders gefährdet sind boreal und arktisch-alpin verbreitete Arten mit kleinen, räumlich isolierten Reliktarealen in Mitteleuropa, die neue, ihnen zusagende Lebensräume nicht mehr erreichen können. [...] Ein Anstieg der Jahresmitteltemperatur um 1,5 Grad würde bedeuten, dass die betroffenen Arten eine Distanz von 125 km überwinden müssten, um auf entsprechende Standorte zu treffen und damit das langfristige Überleben zu sichern (Klose, 2000). [...] Dementsprechend werden auch die Lebensbedingungen für Ökosysteme mit Anpassungen an gemäßigt- bis kühlfeuchte Bedingungen ungünstiger, so dass in besonders betroffenen Regionen Sachsens (Tiefland und Bergland) mit qualitativen Veränderungen, Arealverschiebungen und auch mit Verlusten gerechnet werden muss. Hierzu zählen vor allem planare Buchen(misch)wälder, Tieflandsfichtenwälder, Berg(misch)wälder der höheren Lagen, (hoch)- montane Fichtenwälder, Schatthang- und Schluchtwälder, Gebirgsregenmoore, hygrophile Hochstaudenfluren. Hinzu kommen alle Biotope mit Bindung an hohen Grundwasserstand (Auen-, Bruch- und Moorwälder, Zwischenund Niedermoore, Feuchtheiden, Sümpfe, Quellen, Quellfluren, Uferstaudenfluren, Nass- und Feuchtgrünland). [...] In Sachsen kann eine Ausbreitung bzw. Einwanderung wärmebedürftiger Arten vor allem in den nach Klimaprojektionen zunehmend warmen und trockenen, z.T. durch Dürre geschädigten Bereichen des Tief- und Hügellandes angenommen werden. [...]" (Freistaat Sachsen 2005: 94)
"Als Folge der Verlagerung der Klimazonen ist bei einer Temperaturerhöhung um 1 Grad von einer Verschiebung der Vegetationszonen um etwa 200–300 km polwärts beziehungsweise um 200 Höhenmeter auszugehen. Für die sächsischen Mittelgebirge kann dies eine Ablösung montaner Fichtenwälder und Bergmischwälder durch mesophile bis wechseltrockene Eichenmischwälder, in den Kammlagen durch Buchen(misch)wälder bedeuten. Hinzu kommen Auswirkungen von künftig zunehmenden Extrem-Wetterereignissen auf Ökosysteme bzw. Ökosystemkompartimente: Einerseits kommt es zu Schadwirkungen durch Hitze-/Trockenstress, Wind- oder Schneebruch, Starkregen und Hochwasser. Andererseits werden durch diese und andere Naturprozesse Flächen bzw. Standorte geschaffen, auf denen z.T. neuartige, noch nicht im Einzelnen vorhersehbare Naturentwicklungsprozesse (Sukzessionen) in bisher nicht gekannter Vielfalt und Größenordnung ablaufen können. Besonders dort werden sich für heimische und neu einwandernde Besiedlungspioniere der Flora und Fauna mit kurzer Lebensdauer und hoher Vermehrungsrate (r-Strategen; MÜLLER, ebenda) sowie für Generalisten, die ein breites Spektrum der sich ändernden Umweltfaktoren tolerieren, neue Lebensmöglichkeiten eröffnen.
Biologische Vielfalt im Wandel: [...] In Sachsen werden über einen längeren Zeitraum mit wechselnder Intensität, aber nahezu zeitgleich Abwanderungs- und Zuwanderungsprozesse von Arten stattfinden sowie Umbildungen von Ökosystemen erfolgen. Während dieser Umbruchsund Übergangsphase kann mit einer Zunahme der Biodiversität gerechnet werden." (Freistaat Sachsen 2005: 94 f.)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Landwirtschaft

"Der prognostizierte Anstieg der Lufttemperatur in Sachsen wird zu einer Abnahme der jährlichen Anzahl von Frosttagen und damit einer weiteren Verlängerung der frostfreien Zeit um 13 Tage führen. Hierbei ist von außerordentlicher Bedeutung, dass die Abnahme in der Frosthäufigkeit ausschließlich auf die Reduktion der Frühfröste zurückzuführen ist, da im Frühjahr keine wesentlichen Änderungen der Lufttemperatur prognostiziert wurden. Dies hat außerordentliche Bedeutung für die Spätfrostgefährdung der Pflanzen. Die thermische Vegetationszeit wird sich gegenüber heute nochmals deutlich um einen Monat verlängern. Hieran sind zu gleichen Teilen der Vegetationsbeginn und das Vegetationsende beteiligt. Die längere Vegetationszeit wird vor allem in den tieferen Lagen bis ca. 450 m zu beobachten sein. In den Höhenlagen sind die Veränderungen hingegen nur gering. [...] Auf die zunehmend milderen Winter werden die Pflanzen mit einem zeitigeren Austrieb reagieren. Große Veränderungen in den Eintrittsterminen sind bei den frühen Phänophasen (z.B. Blühbeginn) zu erwarten. Der im Frühjahr vorhandene Vorsprung in der Entwicklung wird durch die ansteigenden Sommertemperaturen teilweise wieder kompensiert. Für Obstgehölze werden sich damit kaum nennenswerte Veränderungen in der Länge der Reifephase ergeben. Der gesamte Entwicklungszeitraum wird lediglich nach vorn verschoben. In Extremjahren, in denen Abweichungen der Lufttemperatur von mehr als 8°C im Januar und Februar möglich sind, wird es zu außerordentlich frühen Terminen der Blüte und Blattentfaltung kommen. Nach dem frühen Austrieb ist das Frostrisiko sehr hoch, so dass in solchen Jahren mit erheblichen Frostschäden an den Bäumen und Sträuchern zu rechnen ist. Selbst in durchschnittlichen Jahren ist von einem höheren Spätfrostrisiko auszugehen. Beim Apfel, der einen großen Stellenwert im sächsischen Obstanbau einnimmt, ist mit einer Verdoppelung der mittelschweren Fröste (-2 bis -4°C) während der Blüte zu rechnen." (Freistaat Sachsen 2005: 57)
"Ein weiterer wichtiger Aspekt des Klimawandels ist die sich in den Klimaprojektionen abzeichnende Zunahme der Trockenheit in Sachsen. Verschärfend kommt hinzu, dass in den Sommermonaten die Lufttemperatur um immerhin 2°C im Durchschnitt ansteigen wird. Damit erhöht sich für die Pflanzen die Gefahr von Trockenstress. Die abnehmenden Niederschläge werden sowohl für die Getreidearten als auch für die Hackfrüchte zu schlechteren Wachstums- und Entwicklungsbedingungen führen. Vor allem auf den leichteren Böden wird das Ertragsrisiko zunehmen. [...] Das wärmere Klima in Sachsen kann beispielsweise den Anbau von Körnermais und Wein verbessern.” (Freistaat Sachsen 2005: 58)
"Für Brandenburg wurden auf der Basis globaler Modelle die Auswirkungen der Klimaveränderung auf die Landwirtschaft abgeschätzt. Auf der Grundlage der regionalen Klimaprojektionen von Enke und Küchler (2003) ist dies auch für Sachsen möglich. Demnach werden von den verringerten Niederschlägen im Frühjahr und Sommer wahrscheinlich vor allem die sandigen Böden der sächsischen Heide- und Teichlandschaften betroffen sein. Sie besitzen eine geringe Wasserspeicherfähigkeit und die Kulturpflanzen sind daher auf Niederschläge in der Vegetationsperiode angewiesen. Stärker wasserbedürftige Fruchtarten wie Rüben, Kartoffeln, Futterkulturen,Weizen und Raps können hier mit starken Mindererträgen reagieren." (Freistaat Sachsen 2005: 60)
"Steigende Temperaturen in Verbindung mit längeren Trockenperioden lassen auch Auswirkungen auf Pflanzenschädlinge und -krankheiten sowie Unkräuter erwarten. So wird z. B. ein Anstieg von Rostkrankheiten in den Wintergetreidearten, der Netzfleckenkrankheit in Wintergerste und ein stärkeres Auftreten von Kartoffelkäfern und Getreideblattläusen erwartet. Gleichzeitig werden bei diesen Klimaveränderungen Blattfleckenerreger wie Rhynchosporium secalis und Septoria nodorum sowie die Krautfäule an Kartoffeln (Phytophthora infestans) seltener auftreten (Jahn et al., 1996). [...] In den nächsten Jahrzehnten könnte somit der Aufwand an Insektiziden gegenüber dem für Fungizide steigen. Unter Einbeziehung der Regionsunterschiede für Sachsen (welche insbesondere bei der extremen Frühjahrs- und Sommertrockenheit 2003 deutlich wurden) würden die zuvor beschriebenen Zusammenhänge vor allem für die Regionen der Sächsischen Heide- und Teichlandschaften mit vorwiegend sehr leichten Böden aber auch teilweise für die Sächsischen Lößgebiete zutreffen. Bei Schadpflanzen ist allgemein davon auszugehen, dass eine Klimaerwärmung eine Zunahme der Artenvielfalt bewirkt. [...] Profitieren werden vom Klimawandel am wahrscheinlichsten die Verwitterungsstandorte im Süden von Sachsen. Ursache sind vor allem die steigenden Temperaturen im Winter und Frühjahr, die die Vegetationsperiode verlängern sowie die niedrigen Jahresdurchschnittstemperaturen erhöhen. Beide Faktoren sind anbau- und ertragslimitierend. So könnten z.B. die Bedingungen für den Weizen- und Maisanbau in diesen Lagen günstiger werden.” (Freistaat Sachsen 2005: 61)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Wald- und Forstwirtschaft

"In einem ersten Ansatz wurde die klimatische Eignung bestimmter Hauptbaumarten bezüglich der jeweils limitierend wirkenden Umweltfaktoren Wasserversorgung (im sächsischen Tiefland) sowie Wärme (im Mittelgebirgsraum) betrachtet. Auf der Basis der ermittelten Trockentoleranzreihen und Wärmeadaptionen der Hauptbaumarten erfolgte eine „modellhafte“ Anpassung an die „veränderten“ klimatischen Bedingungen der einzelnen Wuchsbezirke. Die Klimaänderungsszenarien sind danach so weitreichend, dass es zu erheblichen Verschiebungen der potenziell natürlichen Baumartenverteilung kommen kann. In der Tieflandsregion Sachsens wird der Wasserhaushalt weit über das aktuelle Maß hinaus zum limitierenden Umweltfaktor für die Baumartenzusammensetzung und Struktur der Wälder. Der Waldumbau, verbunden mit einem Hauptbaumartenwechsel hin zu anspruchsvolleren Baumarten, wird im trockeneren Spektrum der Sandstandorte des Tieflandes fragwürdig. [...] In den Mittelgebirgen wird das Wasser nicht generell zum limitierenden Umweltfaktor, wenngleich auch hier häufiger mit temporären Austrocknungserscheinungen gerechnet werden muss. Vielmehr werden ehemals planare und kolline Waldgesellschaften aufgrund der Temperaturerhöhung bis in die höheren Lagen der Mittelgebirge hinein standortgerecht sein.“ (Freistaat Sachsen 2005: 74)

Klimawirkungen in Handlungsfeld
  • Wasser

"Die klimatische Wasserbilanz als Differenz aus dem Niederschlag und der potentiellen Verdunstung muss im Jahresgang betrachtet werden. Dem mit zunehmender Erwärmung steigenden atmosphärischen Verdunstungsanspruch stehen im Sommer abnehmende Niederschläge gegenüber. Aus der sich damit verschärfenden Wasserknappheit im Boden und den oberirdischen Gewässern resultieren zunehmend Restriktionen für aquatische und terrestrische Ökosysteme sowie die Bewirtschaftung der Ressource Wasser. Der Sommer kristallisiert sich für Sachsen als kritischster Zeitraum heraus. Die Zunahme heißer, trockener Sommer in Sachsen gekoppelt mit einem Niederschlagsrückgang in der Vegetationsperiode hat eine immer umfassendere Ausschöpfung des Bodenwassers zur Folge. Ist der Untergrund ausgetrocknet, wird die Verdunstung unterdrückt, was zu einem noch stärkeren Aufheizen der Luft führt.“ (Freistaat Sachsen 2005: 88)
"Für Grundwasservorkommen ist jedoch das langfristige mittlere Dargebot ausschlaggebend. Trotz des linearen Anstiegstrends beim Winterniederschlag kann dieser auf einem geringeren Niveau als im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts stattfinden. Je größer ein Grundwasservorkommen ist, umso besser wird es eine zunehmende Variabilität der Grundwasserneubildung ausgleichen.” (Freistaat Sachsen 2005: 89)
"In Abhängigkeit von Gebietsgröße, Bilanzzeitraum und den lokalen Verhältnissen sind in den Flusseinzugsgebieten Sachsens künftig regionalspezifisch sowohl Ab- als auch Zunahmen bis in den zweistelligen Prozentbereich denkbar. [...] Mit Zunahme der trockenen Sommer werden in den Sommermonaten auch die niedrigen Abflussverhältnisse zunehmend auftreten. Von den langjährigen mittleren Monatsdurchflüssen im Sommerhalbjahr ist zu erwarten, dass sie zukünftig geringer werden. Im Winterhalbjahr zeichnen sich besonders in den Monaten Februar und März genau gegenläufige Tendenzen ab.” (Freistaat Sachsen 2005: 89 f.)
"Hochwasser: Im Winterhalbjahr ist an vereinzelten Pegeln eine Abnahme der Jahreshöchstabflüsse vorstellbar, während insgesamt Hochwässer häufiger zu erwarten sind. Im Sommerhalbjahr zunehmende Starkniederschläge müssen sich in Abhängigkeit von Intensität, Dauer und aktuellen Gebietszuständen nur bedingt auf die Häufigkeit sommerlicher Hochwässer auswirken. Bei der Häufigkeit sommerlicher Extremhochwässer wird eine signifikante Änderung nicht nachweisbar sein. […] Niedrigwasser: Für Sachsen sind hier die durchgreifendsten Veränderungen zu erwarten. Infolge einer zunehmend früheren Anspannung der klimatischen Wasserbilanz ist bereits ab April eine Abnahme des mittleren monatlichen Abflussdargebotes und im Sommerhalbjahr eine Verschärfung von Niedrigwasserperioden in Dauer und Länge zu erwarten.” (Freistaat Sachsen 2005: 90)
"Talsperrenbewirtschaftung: So ist gegenüber der Referenzperiode von einer Niederschlagsreduzierung um 9% im Klima-Szenario 1 bzw. 12% im Szenario 2 auszugehen. Der Gebietsabfluss, der praktisch als Gesamtzufluss zur Talsperre Klingenberg aufzufassen ist, reduziert sich noch stärker. Im Szenario 1 erfährt diese Bewirtschaftungsgröße gegenüber der Referenzperiode eine Abminderung um 26%, im Szenario 2 sogar um 35%. Im Gegensatz hierzu nehmen die Verlustgrößen aus der Verdunstung deutlich zu. [...] Mit Ausnahme der Wintermonate wird über den gesamten restlichen Zeitraum des Jahres die gravierende Abnahme des Talsperrenzuflusses
deutlich. Nach den durchgeführten Speicherrechnungen mit den nach Szenario 1 und 2 veränderten Zuflussreihen ist abschließend die Veränderung bzw. Reduzierung der Leistungsfähigkeit des Talsperrensystems für Rohwasserabgaben zur Trinkwasserversorgung von Interesse.” (Freistaat Sachsen 2005: 83)

Methodischer Ansatz

Kurzbeschreibung des methodischen Ansatzes 

keine eigene Vulnerabilitätsstudie; Expositions- und Impactstudie in einigen Sektoren; Zusammenfassung vorhandener Studien und Forschungsergebnisse

Analysekonzeptansatz Eigener Ansatz
Komponenten im Analysekonzept  Klimatischer Einfluss, Klimawirkung, Anpassungskapazität
Methodik zur Operationalisierung Quantitative Wirkmodelle (z.B. Abflussmodelle), Proxy-Indikatoren, Qualitative Informationen (z.B. Experteninterviews)

Wer war oder ist beteiligt?

Herausgeber Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie; Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft
Kontakt 

Auftraggeber: Freistaat Sachsen

Auftragnehmer: Landesamt für Umwelt und Geologie (LfUG), Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Landesforstpräsidium (LFP), Landestalsperrenverwaltung (LTV)

Bibliographische Angaben 

Freistaat Sachsen 2005: Klimawandel in Sachsen: Sachstan dund Ausblick. Sachsen

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Handlungsfelder:
 Biologische Vielfalt  Landwirtschaft  Wald- und Forstwirtschaft  Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft