Industrieemissionsrichtlinie - Beste verfügbare Techniken

Die Industrieemissionsrichtlinie bildet die Grundlage für die Genehmigung besonders umweltrelevanter Industrieanlagen. Zur Vereinheitlichung europäischer Umweltstandards werden in einem Informationsaustausch Emissionsminderungstechniken und verbindliche Emissionsbandbreiten für verschiedene Branchen in Merkblättern der besten verfügbaren Techniken zusammengefasst und festgelegt.

Inhaltsverzeichnis

Die Industrieemissionsrichtlinie fordert eine Abstimmung zwischen den Mitgliedsstaaten, der Industrie und Nichtregierungsorganisationen, um Merkblätter der besten verfügbaren Techniken (BVT-Merkblätter) zur Minderung von Immissionen  zu verabschieden. Der Entstehungsprozess dieser BVT-Merkblätter ist ein Informationsaustausch, auch Sevilla-Prozess genannt.

 

Industrieemissionsrichtlinie

Die Industrieemissionsrichtlinie  (IE-Richtlinie, 2010/75/EU) ist das zentrale Regelwerk des Emissionsschutzes  in Europa. In ihr werden die Genehmigung, der Betrieb, die Überwachung und die Stilllegung von europaweit ca. 52.000 Industrieanlagen betrachtet. Dabei werden sämtliche Emissionen in Luft und Abwasser, aber auch Lärm, Abfälle und Einflüsse auf den Boden miteinbezogen. Zusätzlich sind in der IE-Richtlinie Anforderungen an die Energieeffizienz und zur Verhinderung von Unfällen gestellt.

Ziel der IE-Richtlinie ist ein europaweit einheitlicher hoher Emissionsschutz. So werden über die gemeinsame IE-Richtlinie Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Industrieanlagen verschiedener EU-Mitgliedsstaaten verringert. Zusätzlich sollen durch die in branchenspezifischen BVT-Merkblättern festgelegten Bestimmungen und Emissionsbandbreiten  Vollzugsunterschiede innerhalb der Europäischen Union (EU) abgebaut werden. Durch das in der IE-Richtlinie festgeschriebene Verfassen und Novellieren von BVT-Merkblättern werden die besten Emissionsminderungstechniken aufgezeigt und der Einsatz dieser forciert.

Zur Überwachung der angestrebten Verbesserungen wurden in der IE-Richtlinie zusätzlich Auskunfts- und Überwachungspflichten für die Anlagenbetreiber und die zuständigen Behörden in den Mitgliedsstaaten festgelegt.

 

Informationsaustausch/Sevilla-Prozess

Die BVT-Merkblätter werden in einem durch die ⁠IE-Richtlinie⁠ und den Durchführungsbeschluss 2012/119/EU festgelegten Prozess erarbeitet und novelliert. Dieser Prozess wird Informationsaustausch oder Sevilla-Prozess genannt. Der Name Sevilla-Prozess ergibt sich aus der Tatsache, dass das zuständige europäische Büro seinen Sitz in Sevilla hat und alle Sitzungen, die im Verlauf des Informationsaustauschs auf europäischer Ebene stattfinden, in Sevilla durchgeführt werden.

Das zuständige Büro heißt im Deutschen IVU-Büro (Büro zur integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung). Allerdings ist auch im deutschen Sprachgebrauch die englische Abkürzung EIPPC-Büro (European Integrated Pollution Prevention and Control Bureau) durchaus üblich und wird im Weiteren verwendet. Das EIPPC-Büro ist für die Planung und Durchführung der Neuerarbeitung und der Revisionsprozesse von BVT-Merkblättern zuständig.

Die Neuentwicklung oder Revision eines BVT-Merkblattes beginnt auf nationaler Ebene. Zunächst werden in Arbeitsgruppen BVTs gesammelt und Standpunkte zu Emissionsbandbreiten diskutiert. Das Ergebnis wird dem EIPPC-Büro übermittelt und in einem Auftakttreffen in Sevilla zwischen den Mitgliedsstaaten, der Industrie und Umweltorganisationen diskutiert. Dem folgt eine in Industrieanlagen aus ganz Europa stattfindende Datenerhebung zu Prozess- und Emissionsdaten, deren Ergebnisse in den ersten Entwurf des neuen BVT-Merkblattes einfließen. Nach verschiedenen Kommentierungsrunden und einer weiteren Sitzung in Sevilla wird das fertige BVT-Merkblatt im europäischen Artikel 13-Forum begutachtet und diskutiert und vom Artikel 75-Ausschuss verabschiedet. Zur Erstellung oder Überarbeitung eines BVT-Merkblattes mit BVT-Schlussfolgerungen werden etwa drei Jahre Bearbeitungszeit angesetzt. Eine Überarbeitung erfolgt ca. alle zehn Jahre. 

 

BVT-Merkblätter

Die BVT-Merkblätter sind sehr umfangreiche Dokumente mit großem Informationsgehalt. Anlagenbetreiber und Genehmigungsbehörden können sich an ihnen orientieren. Sie sind in ihrer Gänze in der Bundesrepublik Deutschland jedoch nicht rechtsverbindlich. Es werden für verschiedene Branchen die zugehörigen Techniken, Anforderungen an die Emissionen einer Anlage und Betriebsbedingungen und alle relevanten organisatorischen Aspekte des Betriebes von Industrieanlagen auf einem möglichst hohen Umweltschutzniveau dargestellt.

Lediglich das Kapitel der BVT-Schlussfolgerungen hat im BVT-Merkblatt einen besonderen Status. Es ist Teil des BVT-Merkblatts und wird auch als Durchführungsbeschluss veröffentlicht. Die enthaltenen Anforderungen sind verbindlich in allen EU-Mitgliedsstaaten anzuwenden. Sie gelten für neue Anlagen unmittelbar nach der Veröffentlichung und für bestehende Anlagen spätestens nach vier Jahren. Die BVT-Schlussfolgerungen enthalten neben Emissionsbandbreiten und den dazugehörigen Emissionsminderungstechniken verbindliche Anforderungen für die Genehmigung und den Betrieb von Anlagen des jeweiligen Sektors. Im deutschen Sprachgebrauch sind die englischen Bezeichnungen für BVT-Merkblätter - ⁠BREF⁠ (Best Available Techniques Reference Document) und für die BVT-Schlussfolgerungen – BAT Conclusion (Best Available Technique Conclusion) durchaus üblich und werden in Diskussionen synonym verwendet.

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