Indikator: Kunststoffmüll in der Nordsee

Quelle: Forschungs- und Technologiezentrum Westküste Diagramm als PDF
- Seit Beginn der Untersuchungen werden in 93 % bis 97 % der Mägen von tot gefundenen Eissturmvögeln Kunststoffmüll gefunden.
- In rund 60 % der Mägen toter Eissturmvögel an Küsten der Nordsee finden sich mehr als 0,1 Gramm Kunststoffe.
- Ein erklärtes Ziel der OSPAR-Konvention ist es, dass dieser Anteil maximal 10 % betragen sollte. Es wird noch lange dauern, bis dieses Ziel erreicht ist.
- Nach wie vor gelangen große Mengen Müll in die Meere, wo Kunststoffe nur sehr langsam abgebaut werden.
Jedes Jahr landen zwischen 4,8 und 12,7 Mio. Tonnen Kunststoffmüll in den Ozeanen (Jambeck et al. 2015). Müllteile werden von Tieren für Nahrung gehalten und können nach dem Verzehr deren Verdauungsorgane verletzen und verstopfen, was bis zum Tod der Tiere führen kann. Für rund 1.200 Arten von Meereslebewesen ist wissenschaftlich dokumentiert, dass sie mit Meeresmüll in Berührung kommen. Die prominentesten Auswirkungen sind die Aufnahme von und die Verstrickung in Müllteilen. Während das Strangulieren in Meeresmüll zu sichtbaren Verletzungen bis hin zum Tod führt, bleiben die Wirkungen des Verschluckens von Kunststoffmüll oftmals unsichtbar.
Für das Monitoring in der Nordsee kommt unter anderem der Eissturmvogel in Frage: Er ist weit verbreitet und nimmt seine Nahrung ausschließlich an der Meeresoberfläche auf der offenen See auf. Dabei verwechselt er treibende Müllteile mit Nahrungspartikeln und sammelt diese über mehrere Wochen in seinem Magen an. Für die Ostsee konnte bislang noch keine Tierart identifiziert werden, mit der ähnliche Untersuchungen möglich sind. Deshalb sind für die Ostsee bis auf weiteres keine vergleichbaren Aussagen möglich.
Der Großteil der Eissturmvögel (aktuell: 97 %), die tot an Stränden der deutschen Nordseeküste gefunden werden, hat Kunststoffmüll im Magen. Während die durchschnittlich verschluckte Kunststoffmenge in den letzten Jahren leicht rückläufig ist, bleibt der Anteil der Tiere mit mehr als 0,1 g Kunststoffen im Magen nach wie vor auf einem hohen Niveau. Er schwankt im Untersuchungszeitraum zwischen 56 % und 62 %, ohne dass ein klarer statistischer Entwicklungstrend festgestellt werden kann.
Deutschland hat die Convention for the Protection of the Marine Environment of the North-East Atlantic (OSPAR) unterzeichnet. Im Jahr 2008 entschieden die OSPAR-Vertragsstaaten, dass bei maximal 10 % aller tot gefundenen Eissturmvögel mehr als 0,1 Gramm Kunststoffe im Magen gefunden werden darf. Dieser Wert wurde von Eissturmvögeln in der relativ unbelasteten kanadischen Arktis abgeleitet.
Noch immer werden große Mengen Kunststoffmüll in die Meere eingetragen. Kunststoffe werden nur sehr langsam abgebaut. Das OSPAR-Ziel wird deshalb erst auf lange Sicht zu erreichen sein. Ein wichtiges Instrument, um weitere Einträge und vorhandene Mengen von Meeresmüll im Nordost-Atlantik zu reduzieren, ist der 2014 verabschiedete OSPAR Regional Action Plan on Marine Litter (OSPAR Commission 2014). Er adressiert eine Reihe von Maßnahmen hinsichtlich der relevanten see- und landbasierten Eintragsquellen sowie Möglichkeiten zur Bewusstseinsbildung.
Basis des Indikators sind Untersuchungen von toten Eissturmvögeln, die an der deutschen Nordseeküste gefunden werden. Im Labor der Uni Kiel werden dann verschiedene Parameter zum Gesundheitszustand und zur möglichen Todesursache ermittelt. Anschließend wird der Mageninhalt untersucht. Dann wird der prozentuale Anteil der Eissturmvögel berechnet, der mehr als 0,1 g Kunststoffe im Magen hat. Da die Werte zwischen den Jahren teilweise stark schwanken, werden für den Indikator immer die Durchschnittwerte der letzten fünf Jahre betrachtet (Guse et al. 2012). Auch in den übrigen Nordsee Anrainer-Staaten wird die Kunststoff-Belastung von Eissturmvögeln nach derselben standardisierten Methode ermittelt, um die Entwicklung zwischen den Regionen vergleichen zu können.
Ausführliche Informationen zum Thema finden Sie im Themen-Artikel „Müll im Meer“.